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Frau. Schwarz. Lesbisch. Prekär. Schriftstellerin. Vierzig Jahre lang waren das die Stigmata, mit denen Bernardine Evaristo konfrontiert wurde. Doch von Anfang an hat sie dagegen angekämpft, dagegen angeschrieben, sich eingesetzt. Für einen Raum der Vielfalt und Toleranz für alle. In Manifesto erinnert und erzählt sie erstmals ihre einzigartige Geschichte, die Höhen und die Tiefen ihres Lebens, von der Kindheit im armen Süden Londons in den 1960er-Jahren bis hin zum Durchbruch mit dem Gewinn des Booker Prizes, als erste Schwarze Frau - ein Manifest dafür, niemals aufzugeben. 1959 als Tochter…mehr

Produktbeschreibung
Frau. Schwarz. Lesbisch. Prekär. Schriftstellerin. Vierzig Jahre lang waren das die Stigmata, mit denen Bernardine Evaristo konfrontiert wurde. Doch von Anfang an hat sie dagegen angekämpft, dagegen angeschrieben, sich eingesetzt. Für einen Raum der Vielfalt und Toleranz für alle. In Manifesto erinnert und erzählt sie erstmals ihre einzigartige Geschichte, die Höhen und die Tiefen ihres Lebens, von der Kindheit im armen Süden Londons in den 1960er-Jahren bis hin zum Durchbruch mit dem Gewinn des Booker Prizes, als erste Schwarze Frau - ein Manifest dafür, niemals aufzugeben.
1959 als Tochter einer englischen Mutter und eines nigerianischen Vaters geboren, aufgewachsen im armen Süden Londons, war Bernardine Evaristo dazu bestimmt, als Mensch zweiter Klasse gesehen zu werden. Rassismus wurde erst 1965 zur Straftat erklärt und bis zur gesetzlichen Gleichbehandlung der Frau dauerte es noch einmal zehn Jahre. Doch sie lernte schon von klein auf, dass es sich nicht lohnt, ihre Herkunft zu verstecken. Dass sie vielmehr gerade deswegen ihr Leben leben, sich ausprobieren muss. Und so erzählt sie von ihren Lieben, ihrer Familie, aber auch ihrem Ringen mit der Kunst und ihrer Suche nach einer eigenen Sprache für ihre Erfahrungen. Vom Ausprobieren queerer Beziehungen, dem Leben im künstlerisch-explosiven London der 1980er- und 1990er-Jahre und auch der Beharrlichkeit, die sie sich als Mensch, als Frau und als Autorin aneignen musste, um ihre Ziele zu erreichen und schließlich 2019 als erste Schwarze Frau den Booker-Preis zu gewinnen und den internationalen Durchbruch zu schaffen.
Das intime, inspirierende und kompromisslose Zeugnis eines faszinierenden Lebens. Ein augenöffnendes Buch und mitreißendes Leseerlebnis.
Autorenporträt
Bernardine Evaristo wurde 1959 als viertes von acht Kindern in London geboren. Sie ist Professorin für Kreatives Schreiben an der Brunel University London und stellvertretende Vorsitzende der Royal Society of Literature. Für ihren Roman Mädchen, Frau etc. wurde sie als erste schwarze Schriftstellerin 2019 mit dem Booker-Preis ausgezeichnet. Tanja Handels, geboren 1971 in Aachen, übersetzt zeitgenössische britische und amerikanische Romane, u.a. von Zadie Smith, Regina Porter, Nicole Flattery und Charlotte McConaghy. Für ihre Übersetzungen wurde sie vielfach ausgezeichnet, zuletzt 2019 mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

Die hier rezensierende Autorin Jackie Thomae folgt interessiert der Lebensgeschichte von Bernadine Evaristo in ihrem "Manifesto". Die englisch-nigerianische Autorin erzählt darin persönlich und hochpolitisch von ihrem Weg zum Erfolg vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen in England. Trotz der Schwere, die einen Teil dieses Weges prägt, bleibt der Ton Evaristos stets wohltuend optimistisch, ist weder reine Opfergeschichte noch Positive-Thinking-Lektion, lobt Thomae. Das eigentliche Manifest, dass sich auf anderthalb Seiten am Ende des Memoirs wiederfindet, hätte amerikanisch-ratgeberisch wirken können, doch nach dem Lesen des eindrucksvollen Lebenswegs der Autorin wirken die Affirmationen eher wie eine erfrischende Belohnung, versichert die Kritikerin.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2022

Von der Power des Herausredens

Die preisgekrönte britische Autorin Bernardine Evaristo erzählt ihr Leben als Manifest. Feiert die Kraft der Fehler und der Unbeugsamkeit. Und sich selbst.

Wer regelmäßig von einer der zahlreichen Listen deprimiert ist, die dreißig ganz besonders erfolgreiche Leute unter dreißig vorstellen, dem bietet die Schriftstellerin Bernardine Evaristo Trost. Als sie für ihren Roman "Mädchen, Frau etc." den Booker Prize gewann, einen der berühmtesten Literaturpreise der Welt, war sie sechzig Jahre alt. Und hatte schon einige Jahrzehnte von der Öffentlichkeit mehr oder weniger unbemerkt Romane veröffentlicht. Inzwischen ist sie Bestsellerautorin und, laut Forbes, eine von fünfzig besonders erfolgreichen Frauen über fünfzig. Manche mögen es nun unpassend finden, Literatur in Superlativen dieser Art zu messen. Und es ist ja auch einigermaßen unsinnig. Dass Bernardine Evaristo auf dieser Liste steht, passt aber trotzdem ganz gut. Zumindest denkt man das, nachdem man ihr neuestes Buch "Manifesto - Warum ich niemals aufgebe" gelesen hat.

In sieben Teilen beschreibt Evaristo in diesem autobiographischen Text ihren Werdegang: Kindheit und Jugend als Außenseiterin in einem mehrheitlich weißen Viertel, ihre Jahre beim Theater, Beziehungen und Affären, zahlreiche Umzüge, Zwischenmieten und kurzfristige Anstellungsverhältnisse, mit denen sich die Schriftstellerin ziemlich lange durchschlägt, um niemals Abstriche bei dem zu machen, was sie eigentlich möchte: Schreiben.

All das hat sich nun, Jahrzehnte später, ausgezahlt. Nicht nur ist Evaristo Professorin, preisgekrönte und gefragte Autorin, sondern auch Vorsitzende der Royal Society of Literatur, als zweite Frau, erste Schwarze und auch als erste Person, die weder in Eton, Oxford noch Cambridge war. Das ist erschreckend - und macht Hoffnung. Lässt sich doch an Evaristo und ihrer Biographie ziemlich gut zeigen, wie sich die Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten geändert hat. Und wie viel von diesen Veränderungen man unermüdlichen Kämpferinnen wie ihr zu verdanken hat.

"Manifesto" ist deshalb zu großen Teilen ein inspirierendes Buch, wenn auch nicht unbedingt so, wie es sein Titel verspricht. Man kann Evaristo für ihr Selbstbewusstsein und ihr Durchhaltevermögen wirklich nur bewundern - es nervt allerdings ein wenig, dass sie das selbst auch so ausgiebig tut. Gerade der zweite Teil ihres Buches, in dem es um ihre Entwicklung zur Schriftstellerin geht, liest sich manchmal wie der Ratgeber eines Erfolgsgurus: "Selbst wenn sich wirklich alles gegen mich verschworen hatte, gelang es mir noch irgendwie zu glauben, dass mir eines Tages der Durchbruch gelingen würde." Oder: "Ich rede mich selbst schon wieder aus der Enttäuschung heraus, noch während ich sie erlebe, sodass ich gar nicht erst in die Abwärtsspirale des Selbstmitleids gerate." Sie sei, schreibt Evaristo, deshalb schon als "Positivpropagandistin" bezeichnet worden. In dieser Art der Erzählung hat auch jede Niederlage einen tieferen Sinn: Sie macht stärker und schärft die Persönlichkeit.

Das lässt sich alles gut sagen, wenn der eigene Plan aufgegangen ist und nach der Niederlage dann auch der Erfolg kam - bei vielen anderen kommt er allerdings nie. Ist das, wie diese Art von Aufsteigermärchen implizit nahelegt, deren eigene Schuld? Haben diese Leute es einfach nicht genug gewollt?

Zu Evaristos Verteidigung muss man sagen, dass sie von dem darwinistischen Weltbild, nach dem diese Sätze klingen, weit entfernt ist: Sie kennt die gesellschaftlichen Einschränkungen, unter denen bestimmte Bevölkerungsgruppen zu leiden haben, sie benennt und bekämpft sie. Sie entscheidet sich für eine Schauspielschule, die den Studiengang "Community-Theatre" anbietet, in dem es nicht nur um die persönliche schauspielerische Entwicklung, sondern auch um die Arbeit für und mit bestimmten Gruppen geht. Sie hat den "International African Poetry Prize" ins Leben gerufen und gibt bei Penguin die Reihe "Black Britain: Writing Back" heraus, in der sie vergessene Werke schwarzer Schriftsteller wieder auflegt. Das erfordert, neben politischem Willen, auch eine ganze Menge Energie. Vor allem wenn der Hauptberuf als Schriftstellerin ja eigentlich ein anderer ist.

Warum es sich lohnt, "Manifesto" zu lesen, liegt an der wahrhaft unkonventionellen Art seiner Autorin und ihrer erzählenswerten Biographie. Ihre Mutter, schreibt Evaristo an einer Stelle, habe ihr einmal gesagt, "sie habe mich als Kind nicht sonderlich gemocht, weil ich 'zu viel Charakter' gezeigt hätte". Von diesem Charakter bekommt man beim Lesen eine ganze Menge mit. Die Außenseiterinnenposition, in der sich Evaristo als eins von acht Kindern aus der "Brown Immigrant Class" zwangsläufig befindet, hat sie zur Tugend gemacht. Dass sie, wie es an einer Stelle heißt, noch mit Anfang vierzig "bei sämtlichen gesellschaftlichen Initiationsriten" - Kinder, Ehe, fester Wohnsitz, gutes Gehalt, sichere Rente - versagt hat, kümmert sie zwar, doch nicht so sehr, als dass sie deshalb Kompromisse eingehen würde. Und auch jetzt, da sie mit ihren Romanen so genau den Zeitgeist zu treffen scheint, tut sie das doch nicht so ganz.

Das Konzept von "kultureller Aneignung", dass also beispielsweise Weiße nicht über die Erfahrungen Schwarzer schreiben können, hält sie für Unsinn. Und auf ihr früheres aktivistisches Selbst schaut sie kritisch zurück: So sei, schreibt sie einmal, ihre damalige feministische Haltung "wenig mehr als Makulatur" gewesen. "Hätte es, als ich Anfang zwanzig war, schon die sozialen Medien gegeben, ich wäre vermutlich eine von denen geworden, die ich gern als die 'geifernden Wölfe der Twittersphäre' bezeichne, ich hätte mich auf alle gestürzt, die mit meiner politischen Haltung nicht übereinstimmten, und keinerlei Differenzierung zugelassen."

Man kann sich vorstellen, dass solche Äußerungen von jemandem, der nicht Bernardine Evaristo ist, als reaktionär gewertet werden würden, andere vielleicht als unverzeihlich: Da lässt sie etwa, gegenüber einem Ex-Freund, der sie nach einem Betrug würgt und die Treppe hinunterschmeißt, erstaunlich viel Milde walten. Doch zu einer der starken Meinungen Evaristos gehört auch, dass Meinungen und Menschen sich ändern können und dass man nicht für das verurteilt werden sollte, was man einmal war. Denn ihr Optimismus hört im Privatleben offenbar nicht auf: Trotz ihrer beständigen Kritik an Rassismus, Sexismus und der Diskriminierung von Älteren übersieht sie niemals die Fortschritte, die es trotz allem eben auch gibt. Und diese Haltung, so banal sie auch klingt, ist in Zeiten beständiger Weltuntergangsstimmung sympathisch unberechenbar. ANNA VOLLMER

Bernadine Evaristo, "Manifesto. Warum ich niemals aufgebe". Aus dem Englischen von Tanja Handels. Tropen, 256 Seiten, 22 Euro

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»'Manifesto' ist eine Meditation über Identität und Dichotomien, vor allem aber ein Rückblick auf die Unwägbarkeiten, die ihre [Evaristos] Lebenslinien durchziehen. [...] Bloß erzählt sie nicht nur die eine Geschichte ihres Lebens, sondern viele Geschichten und Anekdoten, die sich als erzählerische Assemblage zu einem Bild verdichten.« Kira Kramer, FAZ, 19. April 2022 Kira Kramer FAZ 20220419
Rezensentin Jutta Person liest das brutal ehrliche Manifesto Bernadine Evaristos mit großem Interesse. Die 1959 geborene nigerianisch-englische Autorin lässt darin ihr Leben Revue passieren und propagiert zeitgleich die Kunst des positiven Denkens, indem sie jedem Scheitern stets rückblickend einen Nutzen zuspricht, erklärt Person. Evaristos stählerne Direktheit und aufgeräumte Poetik bringt die Rezensentin zum Grübeln und erinnert sie eher an mathematische Formeln als an "außer Kontrolle geratene Poesie". Absprechen will sie ihr eine Vorliebe für literarische Kontrollosigkeit aber nicht, denn im deutschsprachigen Raum kenne man ja erst einen ihrer Romane. Die Rezensentin freut sich schon auf weitere Übersetzungen.

© Perlentaucher Medien GmbH