'Sun Shuyun führt uns zurück in das China der Jahre 1934/35, ein von Bürgerkrieg und japanischer Besetzung zerrissenes Land. Von der nationalistischen Kuomintang bedrängt, entschließt sich die Führung der Kommunistischen Partei zum Rückzug in die unwegsamen Nordwest-Provinzen. Innerhalb eines Jahres legen 90 000 Rotarmisten in entbehrungsreichen Gewaltmärschen 12 500 Kilometer zurück, nur 8 000 erreichen das Ziel, den Bezirk Yan an an der Grenze zur Mongolei. Sun Shuyun hat mit Veteranen des Marsches gesprochen und lokale Archive aufgesucht. Meisterhaft gelingt es ihr, die Leidenschaft und Opferbereitschaft der Teilnehmer, aber auch ihre Verzweiflung und Wut angesichts des hohen Blutzolls und der fragwürdigen Entscheidungen der Führung um Mao Zedong lebendig werden zu lassen.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Höchst verdienstvoll und aufschlussreich findet Rezensent Tilman Spengler diese "Entglorifizierung" von Maos Langem Marsch durch die chinesische Historikerin Sun Shuyun, in denen sie seinen Informationen zufolge viel goldenen Lack abblättern lässt und manche Legende als historische Lüge entlarvt. Zum Beispiel jene, dass sich die Kämpfer von Maos so genannter Volksbefreiungsarmee ihm freiwillig angeschlossen hätten, und von der Bevölkerung überall jubelnd empfangen worden seien. Insgesamt erschüttert die Historikerin aus Spenglers Sicht zwar nicht wirklich den gegenwärtigen Stand der Forschung, kann ihn aber mit einem sehr subjektiven Blick auf die verschiedenen Schichten chinesischer Selbstwahrnehmung zwischen gestern und heute gewinnbringend ergänzen.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH