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Kaum ein Autor hat Bildbeschreibungen so vollendet als Gestaltungsmittel einzusetzen gewusst wie Marcel Proust. In seinem Meisterwerk 'Auf der Suche nach der verlorenen Zeit' zeichnet er seine Figuren anhand von Bildern der europäischen Kunstgeschichte. Eric Karpeles' großzügig illustriertes Kunstbuch macht diese enge Beziehung von Malerei und Literatur sichtbar: Er verbindet Botticellis Engel, Manets Kurtisanen, Mantegnas Krieger, Carpaccios Heilige, Monets Wasserlilien oder Piranesis Veduten mit ihren Schilderungen im Roman. Karpeles' so intelligente wie unterhaltsame Methode bietet auch dem…mehr

Produktbeschreibung
Kaum ein Autor hat Bildbeschreibungen so vollendet als Gestaltungsmittel einzusetzen gewusst wie Marcel Proust. In seinem Meisterwerk 'Auf der Suche nach der verlorenen Zeit' zeichnet er seine Figuren anhand von Bildern der europäischen Kunstgeschichte. Eric Karpeles' großzügig illustriertes Kunstbuch macht diese enge Beziehung von Malerei und Literatur sichtbar: Er verbindet Botticellis Engel, Manets Kurtisanen, Mantegnas Krieger, Carpaccios Heilige, Monets Wasserlilien oder Piranesis
Veduten mit ihren Schilderungen im Roman. Karpeles' so intelligente wie unterhaltsame Methode bietet auch dem erfahrenen Proustianer einen neuen Blick auf diesen großen Autor. Ein erhellender Essay begleitet die Paarungen aus Zitat und Abbildung. Die amüsanten Erläuterungen und ein umfangreiches
Register aller Maler und Gemälde machen den Band zu einem außergewöhnlichen Handbuch.

- Alle im Roman erwähnten Bilder erstmals in einem Band

Link: www.erickarpeles.com
Autorenporträt
Eric Karpeles wuchs in New York auf, schloss das Haverford College, die Oxford University und The New School ab. In den 1970er Jahren lebte Karpeles in Frankreich als Stipendiat an der Cité Internationale des Arts in Paris und bei der Camargo Foundation in Cassis. Er schreibt über Malerei und benachbarte Themen in Literatur und visueller Ästhetik. Eric Karpeles lebt in Nordkalifornien.Marcel Proust, geb. am 10. Juli 1871 in Auteuil, starb am 18. November 1922 in Paris. Sein siebenbändiges Romanwerk 'Auf der Suche nach der verlorenen Zeit' ist zu einem Mythos der Moderne geworden. Eine Asthmaerkrankung beeinträchtigte schon früh Prousts Gesundheit. Noch während des Studiums und einer kurzen Tätigkeit an der Bibliothek Mazarine widmete er sich seinen schriftstellerischen Arbeiten und einem nur vermeintlich müßigen Salonleben. Es erschienen Beiträge für Zeitschriften und die Übersetzungen zweier Bücher von John Ruskin. Nach dem Tod der über alles geliebten Mutter 1905, der ihn in eine tiefe Krise stürzte, machte Proust die Arbeit an seinem Roman zum einzigen Inhalt seiner Existenz. Sein hermetisch abgeschlossenes, mit Korkplatten ausgelegtes Arbeits- und Schlafzimmer ist legendär. 'In Swanns Welt', der erste Band von Prousts opus magnum, erschien 1913 auf Kosten des Autors im Verlag Grasset. Für den zweiten Band 'Im Schatten junger Mädchenblüte' wurde Proust 1919

mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet. Die letzten Bände der Suche nach der verlorenen Zeit wurden nach dem Tod des Autors von seinem Bruder herausgegeben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.12.2011

Anmutige Zeichen, aus der Meisterhand geschüttelt

Unentbehrlicher Katalog, unerschöpfliches Aufschlagewerk: Eric Karpeles sammelt die Bilder, die Marcel Proust in seinem Roman schreibend nachgebildet hat.

Im siebten und letzten Band von Marcel Prousts Roman "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" geht der Erzähler durch die Bibliothek des Fürsten von Guermantes und denkt darüber nach, ob an ihm ein Büchersammler verlorengegangen ist. Er kann sich durchaus ausmalen, dass ihn die Bücherliebhaberei hätte ergreifen können, freilich in einer Variante, die den seriösen Sammlern pervers hätte vorkommen müssen - obwohl sie den in ihrer Passion durchbrechenden Trieb in reiner Form befriedigt hätte, ohne trügerisches Dekorum.

Die Jagdleidenschaft des Bibliophilen richtet sich nicht auf den in jeder Ausgabe identischen Text eines Buches, sondern auf ein individuelles Exemplar. Illustre Vorbesitzer erhöhen den Preis. So kann man dem Sammelstück den Wert nicht ansehen - der Sammler muss zu jedem Buch dessen Geschichte erzählen. Das Büchersammeln ist ein kommunikatives, aber auch exklusives und privates Hobby. Prousts Erzähler hätten nur die Bücher angezogen, die er mit seiner eigenen Geschichte in Verbindung hätte bringen können. Daraus ergaben sich Umdefinitionen der bibliothekarischen Grundbegriffe: Die Erstausgabe wäre die gewesen, in der er ein Werk zum ersten Mal gelesen hatte.

In einer solchen, für einen einzigen Leser zusammengestellten, nach dessen Tod nutzlos werdenden Privatbibliothek könnten massenhaft reproduzierte Bände die kostbarsten Trophäen ersetzen, die durch Ausmalung einmaligen Prachtexemplare. Die Bücher, die der Erzähler in Venedig oder Combray gelesen hatte, hat sein "Gedächtnis gleich einem Illuminator mit zahllosen Bildern bereichert", und sie wären "jenen ,Bilderbüchern' ebenbürtig, die der Liebhaber niemals aufschlägt, um den Text zu lesen, sondern nur, um sich wieder einmal an den Farben zu berauschen, die ihnen irgendein Schüler Foucquets hinzugefügt hat und die den ganzen Wert des Werkes ausmachen".

Eric Karpeles, ein aus New York gebürtiger, in Frankreich lebender Maler, hat eine Ausgabe von Prousts "Recherche" hergestellt, die ein solches Bilderbuch ist. In dieser einbändigen Kurzfassung des Romans steht auf der linken Seite ein Textausriss mit knapper Zusammenfassung des Kontextes und rechts ein Bild. Es handelt sich nicht um Bilder von der Hand von Karpeles. Das Buch ist ein Album: Karpeles hat alle Stellen des Romans ausgeschnitten, die ein identifizierbares Gemälde oder eine Zeichnung erwähnen beziehungsweise auf ein solches Werk bezogen werden können, und dem jeweiligen Zitat eine Abbildung in hervorragender Farbqualität gegenübergestellt.

Dieser Katalog ist zunächst einmal ein überaus nützliches Hilfsmittel. Wie Jeffrey Meyers 1972 feststellte, verlangt Proust ein spezialistischeres Wissen über die bildenden Künste und ein genaueres Gedächtnis, als selbst dem gebildetsten und gründlichsten Leser zur Verfügung stehen werden. Aber dieses Buch ist nicht hauptsächlich zum Nachschlagen da, sonst wäre eine Datenbank praktischer. Es ist ein Aufschlagewerk: Man wird wieder und wieder darin blättern, weil die von Karpeles versammelten Bilder Erinnerungen wachrufen an Lektüreerlebnisse und Museumsbesuche. Prägnante Anmerkungen (ausnahmsweise ist man einmal froh darüber, dass sie am Ende des Buches stehen) unterrichten über die Reisen und Studien, denen Proust seine Kenntnis der Bilder verdankte. In Botticellis Zippora, der Frau des Moses, auf dem Fresko in der Sixtina erkennt Swann ein Porträt seiner Geliebten Odette. Proust besaß eine Ausgabe von John Ruskins Buch "Mornings in Florence" mit Ruskins Aquarellstudie der Zippora als Frontispiz.

Von seinem Mentor Ruskin emanzipierte sich Proust, indem er Whistler zu einem der Vorbilder des Malers Elstir machte, bei dem der Erzähler in die Schule des Sehens geht. Wenn Proust im Roman auf Gemälde Whistlers Bezug nimmt, dann entsprechen den Titeln meist keine Nummern im tatsächlichen Werkverzeichnis des Künstlers. Proust stellt die Elemente der Farbkompositionen anders zusammen: Schreiben ist kein Abmalen. Karpeles illustriert die "Harmonie in Gold und Rosa", in die, wie in "Im Schatten junger Mädchenblüte" steht, unser abstrahierendes Gedächtnis die Erinnerung an eine rosige und blonde Frauenerscheinung verwandelt, daher mit Whistlers "Symphonie in Fleischfarben und Pink". Warum gerade mit diesem Bild? Das zweite Beispiel für die Übertreibung durch Auswahl in der erotischen Gedächtnisarbeit ist die Hochgewachsene, die unter Absehung von allen ihren anderen Eigenschaften als "Studie" einer überlangen Frau in Erinnerung bleibt - und Whistler hat das fast monochrome Porträt der Mrs. Frances Leyland so komponiert, dass das Auge staunend an ihrem tief herunterfallenden Kleid emporsteigt.

Proust spielte in seiner Jugend mit dem Gedanken, Kurator im Louvre zu werden. In den Entscheidungen, die Karpeles zu treffen hatte, wo im Roman keine eindeutige Vorlage benannt wird, zeigt sich die Virtuosität eines sicheren Geschmacks, der diskrete Interpretationshinweise zu geben versteht. Saint-Loup beobachtet in "Guermantes" einen Tänzer, dem seine Geliebte, wie er meint, zu viel Aufmerksamkeit schenkt: "einen jungen Mann mit einer schwarzen Samtkappe und einem hortensienfarbenen Frauenrock, der, die Wangen mit Rötelstift gezeichnet wie ein Albumblatt von Watteau, mit lächelndem Munde und zum Himmel erhobenem Blick anmutige Zeichen mit der Handfläche beschrieb". Karpeles wählt eine Studie Watteaus für das Gemälde "L'Indifférent" ("Der Gleichgültige"). 1920 erstellte Proust eine Liste seiner Lieblingsbilder im Louvre. Zwischen dem "Gleichgültigen" und Watteaus "Einschiffung nach Kythera" wollte er sich, mit der Pose der Indifferenz spielend, nicht entscheiden.

"L'Indifférent" ist auch der Titel einer 1978 aus dem Nachlass veröffentlichten Erzählung, die den Keim der Geschichte von Swann und Odette darstellt. So verbindet das Thema der durch Gleichgültigkeit erregten Eifersucht die Schicksale Saint-Loups und Swanns: Wenn Swann allein war, heißt es in "Unterwegs zu Swann", blieb von der Gestalt der Geliebten nur das Lächeln zurück, das sie ihm geschenkt hatte, um sogleich vervielfältigt zu werden durch die Erinnerung an ihr Lächeln in diesem und jenem anderen Moment. "Das Leben Odettes in der übrigen Zeit aber war für ihn, da er nichts davon wusste, mit seinem farblos neutralen Ton wie jene Blätter Watteaus, auf denen man überall in Dreifarbenzeichnung auf chamoisfarbenem Papier unzählige Studien eines Lächelns sieht." Auf dem Studienblatt, das Karpeles zeigt, blicken die Augen der Dame gleichzeitig in die verschiedensten Richtungen: So liegt im mehrfachen Lächeln des quasi kubistischen Gedächtnisporträts, das Swann von Odette zeichnet, die Drohung mit der Eifersucht.

Karpeles bietet auch eine Stundenbuchillustration aus der Schule Jean Foucquets, sogar ein eigenhändiges Blatt des Meisters. Er hatte völlig freie Wahl unter allen Stoffen der Heilsgeschichte und entschied sich für einen Johannes auf Patmos. Die Farben, das leuchtende Rot des Mantels, das satte Grün der Wiese und das tiefe Blau von Kleid und Meer, die im heraldischen Unterbau des Bildes gespiegelt werden, sind wahrhaftig berauschend. Aber der einsame, mit gesenkten Augen den Stift führende Schreiber eignet sich auch perfekt als Figur für den Schriftsteller, zu dem der Erzähler im Laufe der sieben Bände geworden ist. Johannes schrieb auf Patmos die Apokalypse nieder, das letzte Buch der Bibel. Das Septett von Vinteuil ist ein Symbol für den Roman, den der Erzähler schreiben wird. Im Entscheidungskampf der Motive bricht "eine unaussprechliche Freude" durch, "die aus dem Paradies zu kommen schien", eine Freude, wie sie "ein in Scharlach gekleideter Erzengel Mantegnas" verkündet, "der in die Drommete stößt". Johannes, bei Foucquet von seinem Adler begleitet, ist aber auch der Verfasser des Evangeliums, dessen erster Satz lautet: "Im Anfang war das Wort." Der Erzähler wird nicht zum Maler.

Patmos, im Stundenbuch von einem ganz schmalen Wassergraben umgeben, ist das Gegenmodell zur Liebesinsel Kythera. Kurios, dass Karpeles die "Einschiffung" in der Einleitung abbildet, aber nicht die Stelle im siebten Band über den im Aufwachen verfliegenden Liebestraum aufgenommen hat: "ein ganzes bezauberndes Gemälde aus zärtlichen Gefühlen, aus Wonnen, aus unbestimmt verschwebenden Sehnsuchtsgefühlen, eine Einschiffung nach Kythera der Leidenschaften, deren Nuancen wir für den Wachzustand festhalten möchten, Nuancen von einer köstlichen Wahrheit, die aber entschwindet wie ein allzu stark verblichenes Bild, das man nicht mehr restaurieren kann".

PATRICK BAHNERS

Eric Karpeles: "Marcel Proust und die Gemälde aus der Verlorenen Zeit".

Aus dem Englischen von Edith und Gerhard Binder. DuMont Buchverlag, Köln 2010. 352 S., geb., 34,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Ein prachtvoller Band, der beim Kenner für tiefergehende Einsichten sorgen und beim Neueinsteiger für die Lust auf die anspruchvolle Lektüre wecken wird. Beide werden sich vor Staunen die Augen reiben." ROLLING STONE "Sehr fruchtbar und erhellend." Ijoma Mangold in "Die Vorleser", ZDF "Dieses Buch ist nicht hauptsächlich zum Nachschlagen da. Es ist ein Aufschlagewerk: Man wird wieder und wieder darin blättern, weil die von Karpeles versammelten Bilder Erinnerungen wachrufen an Lektüreerlebnisse und Museumsbesuche." FAZ

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Genial findet Rezensent Tobias Schwartz diese Buch gewordene Idee des Proust-Spezialisten Eric Karpeles, die alle in Prousts monumentalem Erzählwerk erwähnten Gemälde in einem Bildband versammelt. Denn damit hat Karpeles aus Sicht des Kritikers als "wunderbare Ergänzung" einen Kunstführer durch Prousts Welt kreiert, dessen Abbildungen ihm nun "wie der Duft einer in Tee getunkten Madeleine" einen sinnlichen Zugang zum Werk verschaffen. Auch die kurze Zusammenfassung der Handlung, in der das jeweils abgebildete Gemälde vorkommt sowie der "instruktive Essay" des Herausgebers heben die Kritikerstimmung sehr.

© Perlentaucher Medien GmbH