Marianne von Willemer (1784-1860) war die dritte Frau des Frankfurter Bankiers Johann Jakob von Willemer. Er hatte die mehr als zwanzig Jahre jüngere Marianne Jung 1800 in sein Haus als Pflegetochter aufgenommen. Aus dem Vater-Tochter-Verhältnis wurde im Laufe der Jahre jedoch eine
Intimbeziehung.
Der Theaterliebhaber Willemer pflegte freundschaftliche Kontakte zu Johann Wolfgang von Goethe.…mehrMarianne von Willemer (1784-1860) war die dritte Frau des Frankfurter Bankiers Johann Jakob von Willemer. Er hatte die mehr als zwanzig Jahre jüngere Marianne Jung 1800 in sein Haus als Pflegetochter aufgenommen. Aus dem Vater-Tochter-Verhältnis wurde im Laufe der Jahre jedoch eine Intimbeziehung.
Der Theaterliebhaber Willemer pflegte freundschaftliche Kontakte zu Johann Wolfgang von Goethe. Als der 65jährige Weimarer Dichterfürst im Sommer 1814 eine lang ersehnte Reise in die Rhein-Main-Gegend und seine Heimatstadt Frankfurt unternahm, besuchte er auch die Bankiersfamilie und lernte dabei die künstlerisch begabte Marianne kennen. Zu diesem Zeitpunkt lebte die inzwischen fast 30jährige mit Willemer bereits zwölf Jahre in „wilder Ehe“. Bis 1806 hatte Goethe mit Christiane Vulpius ein ähnliches Leben geführt.
Als Goethe ein Jahr später, im September 1815, wieder nach Frankfurt kam, war Marian-ne inzwischen von der Pflegetochter zur Gattin von Willemers geworden. Aber weder die-ser Umstand noch der große Altersunterschied hinderten das Entstehen einer tiefen Zuneigung zwischen Goethe und Marianne.
Diese leidenschaftliche Sympathie fand ihren literarischen Niederschlag in einem längeren Briefwechsel, aus dem sich dann der berühmte „West-östlichen Divan“ entwickelte. Der Gedichtzyklus (1819) gehört zum Spätwerk Goethes und gilt als Meisterwerk deutscher Dichtkunst. Marianne erscheint darin als Suleika, die Geliebte des Persers Hafis-Hatem, mit dem Goethe sich identifiziert. Marianne fügte aber auch einige Verse und Sprüche hinzu, die Goethe unter seinem Namen veröffentlichte.
Die Beziehung scheiterte schließlich an Goethes Angst vor Komplikationen. Nach 1815 sahen sie sich die beiden Liebenden nie wieder. Dagmar von Gersdorff hat sich mit ihrem Buch auf Spurensuche begeben und hat die Geschichte dieser Liebe nachgezeichnet. Im Mittelpunkt steht dabei Marianne von Willemer, deren Biografie mit großer Anteilnahme erzählt wird. Dabei spekuliert die Autorin nicht, sondern zeichnet eindrucksvoll den bemerkenswerten Lebensweg einer anmutigen und intelligenten Frau nach, die als einzige der vielen Frauen Goethes auch einen eigenen literarischen Beitrag geleistet hat. Die vorliegende Taschenbuchausgabe des Insel Verlages ist mit zahlreichen Abbildungen illustriert.
Manfred Orlick