Carlos Ruiz Zafón hat drei phänomenale Weltbestseller geschaffen - 'Der Schatten des Windes', 'Das Spiel des Engels' und nun endlich auf Deutsch: 'Marina'.
"Wir alle haben im Dachgeschoss der Seele ein Geheimnis unter Verschluss. Das hier ist das meine." So beginnt Óscar Drai seine Erzählung. Der junge Held des Romans sehnt sich danach, am Leben Barcelonas teilzuhaben, und streift am liebsten durch die verwunschenen Villenviertel der Stadt. Eines Tages trifft er auf ein faszinierendes Mädchen. Sie heißt Marina, und sie wird sein Leben für immer verändern.
Gemeinsam werden die beiden in das düstere Geheimnis um den ehemals reichsten Mann Barcelonas gesogen. Schmerz und Trauer, Wut und Größenwahn reißen sie mit sich, eine höllische Verbindung von vernichtender Kraft. Aber auch Marina umgibt ein Geheimnis. Als Óscar schließlich dahinterkommt, ist es das jähe Ende seiner Jugend.
In 'Marina' beschwört Carlos Ruiz Zafón erstmals sein unnachahmliches Barcelona herauf, eine Stadt voller Magie und Leidenschaft, und erzählt in unvergleichlicher Weise die dramatische Geschichte eines jungen Mannes, der um sein Glück und seine große Liebe kämpft.
"Wir alle haben im Dachgeschoss der Seele ein Geheimnis unter Verschluss. Das hier ist das meine." So beginnt Óscar Drai seine Erzählung. Der junge Held des Romans sehnt sich danach, am Leben Barcelonas teilzuhaben, und streift am liebsten durch die verwunschenen Villenviertel der Stadt. Eines Tages trifft er auf ein faszinierendes Mädchen. Sie heißt Marina, und sie wird sein Leben für immer verändern.
Gemeinsam werden die beiden in das düstere Geheimnis um den ehemals reichsten Mann Barcelonas gesogen. Schmerz und Trauer, Wut und Größenwahn reißen sie mit sich, eine höllische Verbindung von vernichtender Kraft. Aber auch Marina umgibt ein Geheimnis. Als Óscar schließlich dahinterkommt, ist es das jähe Ende seiner Jugend.
In 'Marina' beschwört Carlos Ruiz Zafón erstmals sein unnachahmliches Barcelona herauf, eine Stadt voller Magie und Leidenschaft, und erzählt in unvergleichlicher Weise die dramatische Geschichte eines jungen Mannes, der um sein Glück und seine große Liebe kämpft.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.04.2011Das Phantom des Gran Teatro Real
Bestsellerträchtiges Schauermärchen aus Barcelona: Carlos Ruiz Zafón versenkt in seinem Frühwerk "Marina" die romantische Seele in der spanischen Kanalisation.
Carlos Ruiz Zafón gefiel der kryptische Satz "Wir erinnern uns nur an das, was nie geschehen ist" offenbar so gut, dass er ihn jeder Hauptfigur von "Marina" mindestens einmal in den Mund legen und im Vorwort auch für sich selbst reklamieren musste. Wie der junge Oscar Drai besuchte er einst ein Jesuiteninternat in der Sarrià, einem Villenviertel am Rande Barcelonas. Vielleicht ist das schon das Geheimnis, das wir alle "im Dachgeschoss der Seele" unter Verschluss halten. Zafón hat seines jedenfalls gut gehütet.
"Marina", angeblich sein Lieblingsroman, entstand 1996/97 in Los Angeles, als ihm die Jugend "mit der Geschwindigkeit eines Ozeandampfers zu entgleiten drohte". Bis dahin hatte er nur drei Jugendromane veröffentlicht; "Marina" sollte den Übergang zu einer "ehrgeizigeren und persönlicheren" Form des Erzählens markieren. Dass sich sein deutscher Verlag erst jetzt daran erinnert, hat allerdings seine Gründe. "Marina" ist zwar nur ein kitschiger Schauerroman für die reifere Jugend, aber eine Million Leser können nicht irren: Nach den Bestsellern "Der Schatten des Windes" und "Das Spiel des Engels" konnte man dem Publikum Zafóns Frühwerk nicht länger vorenthalten.
Das "Dachgeschoss der Seele" ist die Rumpelkammer der schwarzen Romantik, eine Freakshow monströser Abnormitäten. Alles, was in den Schauerromanen des neunzehnten Jahrhunderts Rang und Namen hatte, schleicht in "Marina" durch die Gassen und Abwasserkanäle des alten Barcelona: Faust- und Golem-Sagen, siamesische Zwillinge und deutsche Schäferhunde, Grabschänder und Leichenräuber, lebende Marionetten, untote Kreaturen und gotische Wasserspeier, "Der Graf von Monte Cristo" und E. T. A. Hoffmanns "Sandmann", die mad scientists und verrückten Millionäre Jules Vernes und Villiers de L'Isle-Adams "Künftige Eva".
Ewa, die russische Sängerin, ist das wiedergeborene Phantom der Oper: Seit ihr Ziehvater durch ein Säureattentat ihre Schönheit und Stimme zerstörte, spukt sie unerlöst durch das Gran Teatro Real. Ihr Wohltäter ist ein Doktor Frankenstein, der in Prag aus der Kanalisation kroch und in Barcelona mit der Erfindung genialer Prothesen unermesslich reich wurde; seine Tochter heißt Maria Shelley. So wie dieser degenerierte Künstler aus Leichenteilen künstliche Gliedmaßen und "Ausgeburten der Hölle" zusammenflickt, ist auch Zafóns Roman eklektisches Flickwerk, künstlich belebt durch Elektroschocks und Elixiere aus Schmetterlingen, die "Teufel" heißen und ihre Brut fressen.
Dabei beginnt "Marina" klassisch harmlos. Oscar stiehlt sich bei Tageslicht aus seiner jesuitischen Harry-Potter-Trutzburg und entdeckt auf seinen Streifzügen durch die Umgebung eine verfallene Villa, die von einem dekadenten Maler und seiner ebenso schönen wie schwermütigen Tochter Marina bewohnt wird. Weil Oscar ein netter Junge, wenn nicht gar ein "ahnungsloser Einfaltspinsel" und "Marina" absolut jugendfrei ist, entlädt sich die erotische Spannung nur in keuschen Küssen und länglichen Erzählungen im Schein flackernder Kerzen. Umso wüster geht es freilich außerhalb des verwunschenen Hauses zur Sache: Zafóns Barcelona ist ein Pandämonium unheimlicher Schatten, schwefliger Dünste und kannibalischer Zombies. Im alten Gewächshaus tanzen kopflose Puppen, Missgeburten und Monster; in der Kanalisation heulen und schmatzen gallertartige Ghuls, bis selbst die Gullys (jedenfalls in der deutschen Übersetzung) zu brüllen beginnen. Kein Licht, nirgends, nur Spinnweb, Leichengeruch und unaufhörlich trommelnder Regen. Das muffige Märchen spielt im Jahr 1980, aber kein Barcelona-Touristen wundert sich, wenn nachts Droschken mit unheimlichen Kutschern durchs Barrio Gótico jagen. "Künstler leben in der Zukunft oder in der Vergangenheit", erklärt die angehende Schriftstellerin Marina einmal, "niemals in der Gegenwart."
Zafón erzeugt nicht einmal ungeschickt klaustrophobe Spannung und eine morbide Atmosphäre. Allerdings trägt er den Hautgout von Moder und Magie immer eine Spur zu dick und kostbar auf. Nicht nur Marinas bleiche Schönheit leuchtet hell im Mondlicht: Wenn Kater Kafka einen Spatz frisst, leuchten selbst die Blutstropfen wie "scharlachrote Perlen" im letzten Abendlicht. Der Regen ist ein goldener Tränenvorhang, die Dämmerung eine gräuliche Marmorwand, der Himmel ein bleierner Grabstein, und das Meer atmet wie ein "versteinerter Wal". Leider wird der edle Schimmer der Nacht durch die flapsige Übersetzung immer wieder in ein unfreiwillig komisches Zwielicht getaucht. Wo anderen das Herz in die Hose rutscht, trägt Oscar "die Seele zuunterst in der Hosentasche". Nicht einmal im Bahnhof geht es mit rechten Dingen zu: "Der Zug fuhr in vollem Galopp ein und peilte sein Gleis an."
Am Ende geht Oscar dennoch gereift aus dem Hexensabbat hervor. Dass er Dessous für seine todkranke Geliebte kauft, darf man wohl als magisches Zeichen für seine verlorene Unschuld deuten. Das alte Barcelona ist dahin, Inspektor Florian, der wackere Aufklärer, stirbt in der Kanalisation, und zuletzt haucht auch Marina ihre schwindsüchtige Seele aus. "Manchmal zweifle ich an meinem Gedächtnis", sinniert Oscar zuletzt, "und frage mich, ob ich mich einzig an das werde erinnern können, was niemals geschah. Marina, du hast alle Antworten mitgenommen." Carlos Ruiz Zafón hat mit diesem wenig erinnerungswürdigen Frühwerk wenigstens Abschied von Gespenstern seiner Jugend genommen.
MARTIN HALTER
Carlos Ruiz Zafón: "Marina". Roman.
Aus dem Spanischen von Peter Schwaar. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2011. 350 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bestsellerträchtiges Schauermärchen aus Barcelona: Carlos Ruiz Zafón versenkt in seinem Frühwerk "Marina" die romantische Seele in der spanischen Kanalisation.
Carlos Ruiz Zafón gefiel der kryptische Satz "Wir erinnern uns nur an das, was nie geschehen ist" offenbar so gut, dass er ihn jeder Hauptfigur von "Marina" mindestens einmal in den Mund legen und im Vorwort auch für sich selbst reklamieren musste. Wie der junge Oscar Drai besuchte er einst ein Jesuiteninternat in der Sarrià, einem Villenviertel am Rande Barcelonas. Vielleicht ist das schon das Geheimnis, das wir alle "im Dachgeschoss der Seele" unter Verschluss halten. Zafón hat seines jedenfalls gut gehütet.
"Marina", angeblich sein Lieblingsroman, entstand 1996/97 in Los Angeles, als ihm die Jugend "mit der Geschwindigkeit eines Ozeandampfers zu entgleiten drohte". Bis dahin hatte er nur drei Jugendromane veröffentlicht; "Marina" sollte den Übergang zu einer "ehrgeizigeren und persönlicheren" Form des Erzählens markieren. Dass sich sein deutscher Verlag erst jetzt daran erinnert, hat allerdings seine Gründe. "Marina" ist zwar nur ein kitschiger Schauerroman für die reifere Jugend, aber eine Million Leser können nicht irren: Nach den Bestsellern "Der Schatten des Windes" und "Das Spiel des Engels" konnte man dem Publikum Zafóns Frühwerk nicht länger vorenthalten.
Das "Dachgeschoss der Seele" ist die Rumpelkammer der schwarzen Romantik, eine Freakshow monströser Abnormitäten. Alles, was in den Schauerromanen des neunzehnten Jahrhunderts Rang und Namen hatte, schleicht in "Marina" durch die Gassen und Abwasserkanäle des alten Barcelona: Faust- und Golem-Sagen, siamesische Zwillinge und deutsche Schäferhunde, Grabschänder und Leichenräuber, lebende Marionetten, untote Kreaturen und gotische Wasserspeier, "Der Graf von Monte Cristo" und E. T. A. Hoffmanns "Sandmann", die mad scientists und verrückten Millionäre Jules Vernes und Villiers de L'Isle-Adams "Künftige Eva".
Ewa, die russische Sängerin, ist das wiedergeborene Phantom der Oper: Seit ihr Ziehvater durch ein Säureattentat ihre Schönheit und Stimme zerstörte, spukt sie unerlöst durch das Gran Teatro Real. Ihr Wohltäter ist ein Doktor Frankenstein, der in Prag aus der Kanalisation kroch und in Barcelona mit der Erfindung genialer Prothesen unermesslich reich wurde; seine Tochter heißt Maria Shelley. So wie dieser degenerierte Künstler aus Leichenteilen künstliche Gliedmaßen und "Ausgeburten der Hölle" zusammenflickt, ist auch Zafóns Roman eklektisches Flickwerk, künstlich belebt durch Elektroschocks und Elixiere aus Schmetterlingen, die "Teufel" heißen und ihre Brut fressen.
Dabei beginnt "Marina" klassisch harmlos. Oscar stiehlt sich bei Tageslicht aus seiner jesuitischen Harry-Potter-Trutzburg und entdeckt auf seinen Streifzügen durch die Umgebung eine verfallene Villa, die von einem dekadenten Maler und seiner ebenso schönen wie schwermütigen Tochter Marina bewohnt wird. Weil Oscar ein netter Junge, wenn nicht gar ein "ahnungsloser Einfaltspinsel" und "Marina" absolut jugendfrei ist, entlädt sich die erotische Spannung nur in keuschen Küssen und länglichen Erzählungen im Schein flackernder Kerzen. Umso wüster geht es freilich außerhalb des verwunschenen Hauses zur Sache: Zafóns Barcelona ist ein Pandämonium unheimlicher Schatten, schwefliger Dünste und kannibalischer Zombies. Im alten Gewächshaus tanzen kopflose Puppen, Missgeburten und Monster; in der Kanalisation heulen und schmatzen gallertartige Ghuls, bis selbst die Gullys (jedenfalls in der deutschen Übersetzung) zu brüllen beginnen. Kein Licht, nirgends, nur Spinnweb, Leichengeruch und unaufhörlich trommelnder Regen. Das muffige Märchen spielt im Jahr 1980, aber kein Barcelona-Touristen wundert sich, wenn nachts Droschken mit unheimlichen Kutschern durchs Barrio Gótico jagen. "Künstler leben in der Zukunft oder in der Vergangenheit", erklärt die angehende Schriftstellerin Marina einmal, "niemals in der Gegenwart."
Zafón erzeugt nicht einmal ungeschickt klaustrophobe Spannung und eine morbide Atmosphäre. Allerdings trägt er den Hautgout von Moder und Magie immer eine Spur zu dick und kostbar auf. Nicht nur Marinas bleiche Schönheit leuchtet hell im Mondlicht: Wenn Kater Kafka einen Spatz frisst, leuchten selbst die Blutstropfen wie "scharlachrote Perlen" im letzten Abendlicht. Der Regen ist ein goldener Tränenvorhang, die Dämmerung eine gräuliche Marmorwand, der Himmel ein bleierner Grabstein, und das Meer atmet wie ein "versteinerter Wal". Leider wird der edle Schimmer der Nacht durch die flapsige Übersetzung immer wieder in ein unfreiwillig komisches Zwielicht getaucht. Wo anderen das Herz in die Hose rutscht, trägt Oscar "die Seele zuunterst in der Hosentasche". Nicht einmal im Bahnhof geht es mit rechten Dingen zu: "Der Zug fuhr in vollem Galopp ein und peilte sein Gleis an."
Am Ende geht Oscar dennoch gereift aus dem Hexensabbat hervor. Dass er Dessous für seine todkranke Geliebte kauft, darf man wohl als magisches Zeichen für seine verlorene Unschuld deuten. Das alte Barcelona ist dahin, Inspektor Florian, der wackere Aufklärer, stirbt in der Kanalisation, und zuletzt haucht auch Marina ihre schwindsüchtige Seele aus. "Manchmal zweifle ich an meinem Gedächtnis", sinniert Oscar zuletzt, "und frage mich, ob ich mich einzig an das werde erinnern können, was niemals geschah. Marina, du hast alle Antworten mitgenommen." Carlos Ruiz Zafón hat mit diesem wenig erinnerungswürdigen Frühwerk wenigstens Abschied von Gespenstern seiner Jugend genommen.
MARTIN HALTER
Carlos Ruiz Zafón: "Marina". Roman.
Aus dem Spanischen von Peter Schwaar. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2011. 350 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Bei "Marina" handelt es sich um einen der ersten Romane Carlos Ruiz Zafons, wie Martin Halter informiert. Und er lässt durchblicken, dass man bisher mit einigem Recht darauf verzichtet hat, dieses "wenig erinnerungswürdige Frühwerk" Zafons deutscher Fangemeinde vorzusetzen. Der adoleszente Oscar und die leidende Schönheit Marina stehen im Zentrum der im Barcelona des Jahres 1980 angesiedelten Geschichte, teilt der Rezensent mit. Seine volle Aufmerksamkeit findet die zarte Liebesbeziehung hingegen nicht - stattdessen amüsiert sich Halter über die Gruselgestalten, mit denen Zafon die nächtliche Stadt bevölkert. Vom Sandmann über Frankenstein bis hin zum Phantom der Oper lasse Zafon in schönster eklektischer Manier alles antreten, was das 19. Jahrhundert an grausigen Berühmtheiten hervorgebracht hat. Zuviel des Guten ist das für den Rezensenten, auch sprachlich, und er ist froh, dass Zafon mittlerweile über diesen "kitschigen Schauerroman für die reifere Jugend" hinaus ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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