Mit seinen provokanten Fragen wirft Norbert Häring einen kritischen und unverstellten Blick auf die Welt der Wirtschaft.
Warum sind Finanzinstitute schon lange zu mächtig, um vernünftig reguliert zu werden?Warum sind Kleinanleger für sie so leichte Beute?Wie haben die Ökonomen den Vorständen geholfen, ihre Gehälter zu vervielfachen?Warum bestimmt vor allem Verhandlungsmacht die Höhe der Löhne?Was steckt wirklich hinter den guten Wirtschaftszahlen der USA?
Schonungslos zeigt der Bestsellerautor, wie wirtschaftliche Macht unser Leben bestimmt und warum die ökonomische Wissenschaft davon nichts wissen will. Anhand jüngster Erkenntnisse der führenden Wirtschaftsfakultäten der Welt sowie aktueller und historischer Beispiele beweist er: Was uns als unabdingbare Forderung ökonomischer Vernunft verkauft wird, dient allzu häufig nur den wirtschaftlichen Interessen bestimmter Gruppen.
Ein Buch, das Tabus bricht und Überraschendes ans Licht bringt.
Warum sind Finanzinstitute schon lange zu mächtig, um vernünftig reguliert zu werden?Warum sind Kleinanleger für sie so leichte Beute?Wie haben die Ökonomen den Vorständen geholfen, ihre Gehälter zu vervielfachen?Warum bestimmt vor allem Verhandlungsmacht die Höhe der Löhne?Was steckt wirklich hinter den guten Wirtschaftszahlen der USA?
Schonungslos zeigt der Bestsellerautor, wie wirtschaftliche Macht unser Leben bestimmt und warum die ökonomische Wissenschaft davon nichts wissen will. Anhand jüngster Erkenntnisse der führenden Wirtschaftsfakultäten der Welt sowie aktueller und historischer Beispiele beweist er: Was uns als unabdingbare Forderung ökonomischer Vernunft verkauft wird, dient allzu häufig nur den wirtschaftlichen Interessen bestimmter Gruppen.
Ein Buch, das Tabus bricht und Überraschendes ans Licht bringt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.12.2010Gegen den Strich
Allerlei Einwände gegen die neoklassische Ökonomie
Der Journalist Norbert Häring hat allerlei Einwände gegen die neoklassische Ökonomie zusammengetragen. Vieles ist zutreffend, manches überzogen und in den Schlussfolgerungen fragwürdig. Die Annahme vom vollständigen Wettbewerb (in dem Unternehmen nur Preisnehmer sind und keine Macht über Preise und Marktanteile haben) stellt er grundsätzlich in Frage. Als Alternative bietet er ein Sammelsurium unorthodoxer Theorien. Er schöpft aus vielen Quellen, sowohl klassischen, keynesianischen, österreichischen, marxistischen und institutionalistischen Theorien als auch modernen behaviouristischen und experimentellen Erkenntnissen.
Dieser Eklektizismus ergibt zwar keine überzeugende geschlossene Gegentheorie, aber doch eine Menge Stoff zum Nachdenken. Angenehm für den Leser ist, dass Häring seine Ausführungen mit vielen empirischen Studien unterfüttert. Für den Mut, gegen den Strich zu bürsten, gebührt ihm Respekt. Liberalen wird das Buch zu links sein, Linken aber doch auch zu liberal, weil Häring grundsätzlich wirtschaftlichen Wettbewerb als notwendige Triebfeder für Fortschritt und Dynamik anerkennt. Nur meint er eben, dass die gängige Theorie den Wettbewerb in einer Weise idealisiere, die nicht der Realität entspreche.
Dabei ist es falsch zu behaupten, dass es "ein Tabu" sei, die Kategorie der "Macht" in der Wirtschaftswissenschaft anzusprechen. Marktmacht wird viel diskutiert. Die Kritik an der Konzentration wirtschaftlicher und politischer Macht war Ausgangspunkt der Überlegungen der ordoliberalen Schule. Bezeichnenderweise spricht Häring in seinem leicht verschwörungstheoretischen dogmengeschichtlichen Abriss die ordoliberale Freiburger Schule mit keinem Wort an. Hauptgegner ist die Chicagoer Schule.
Im ersten Kapitel analysiert er das Geld- und Finanzsystem. Dieses Kapitel gehört zu den stärksten: Häring kritisiert die enge Verquickung von Banken, Zentralbanken und Politik, die es dem Finanzsektor erlaubt, exzessive Gewinne zu machen. Die Geschädigten sind oftmals die gutgläubigen Kunden. "Betrug und Desinformation in der Branche sind endemisch", schreibt Häring. Hier greift die Kritik an der Neoklassik, dass der Wettbewerb nicht so glatt läuft und alle Surplus-Gewinne eliminiert, etwa weil Informationen eben nicht vollständig und gleichmäßig verteilt sind.
Der Finanzsektor erscheint insgesamt aufgebläht, weit über das Maß, das für einen funktionierenden Kapitalmarkt notwendig wäre. Häring plädiert für eine Aufspaltung zu großer Banken. Um den Banken die Geldschöpfungsgewinne zu nehmen, plädiert er für eine 100-Prozent-Mindestreserve bei den Zentralbanken, deren Unabhängigkeit er stärken möchte. Allerdings war ja die lockere Zinspolitik der Zentralbanken nicht unbeteiligt an der jüngsten Krise. Das blendet er aus, ebenso wichtige Aspekte der Subprime-Kreditblase, die durch staatliche Regulierung gefördert wurde. Auch das passt nicht ins Konzept des Buches.
Berechtigt sind die kritischen Anmerkungen zur Macht der Manager im zweiten Kapitel. Häring unterzieht die Praxis der leistungsbezogenen Vergütung einer vernichtenden Kritik. Die an die kurzfristige Kursentwicklung gebundenen Boni-Zahlungen bieten Spielraum für Manipulationen. Clevere Managern entziehen sich der Kontrolle durch Aktionäre, sie haften kaum für Versagen.
Sehr viel schwächer sind die Ausführungen in den drei letzten Kapiteln, die Machtfragen auf Gütermärkten, Arbeitsmärkten und in der Politik analysieren. Dass es auf Gütermärkten in der Realität vielfach monopolistische Konkurrenz gibt, ist wohl jedem neoklassischen Ökonomen bewusst. Daraus leichterhand für unterschiedliche Branchen staatliche industriepolitische Interventionen abzuleiten, um Effizienz und Verteilung zu verbessern, erscheint fragwürdig.
Das gilt auch für den Arbeitsmarkt: Gäbe es keinen Wettbewerb unter Arbeitgebern, wären staatliche Eingriffe in die Lohnfindung überlegenswert. Da dies aber nicht zutrifft, wirkt Härings Plädoyer für Mindestlöhne zweifelhaft. Unschön ist, dass er andersdenkende Ökonomen, die Mindestlöhne als Barriere für Geringqualifizierte ansehen, als Büttel der Kapitalseite darstellt und ihnen die wissenschaftliche Redlichkeit abspricht.
An dieser Tendenz krankt auch sein kurzer historischer Abriss der Neoklassik. Was an deren Stelle treten sollte, deutet Häring nur diffus an. Er stellt sich eine Theorie vor, die wesentlich mehr staatliche Interventionen rechtfertigt. Dabei unterschätzt er deren Missbrauchspotential.
PHILIP PLICKERT.
Norbert Häring: Markt und Macht.
Schäffer-Pöschel, Stuttgart 2010, 292 Seiten, 19,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Allerlei Einwände gegen die neoklassische Ökonomie
Der Journalist Norbert Häring hat allerlei Einwände gegen die neoklassische Ökonomie zusammengetragen. Vieles ist zutreffend, manches überzogen und in den Schlussfolgerungen fragwürdig. Die Annahme vom vollständigen Wettbewerb (in dem Unternehmen nur Preisnehmer sind und keine Macht über Preise und Marktanteile haben) stellt er grundsätzlich in Frage. Als Alternative bietet er ein Sammelsurium unorthodoxer Theorien. Er schöpft aus vielen Quellen, sowohl klassischen, keynesianischen, österreichischen, marxistischen und institutionalistischen Theorien als auch modernen behaviouristischen und experimentellen Erkenntnissen.
Dieser Eklektizismus ergibt zwar keine überzeugende geschlossene Gegentheorie, aber doch eine Menge Stoff zum Nachdenken. Angenehm für den Leser ist, dass Häring seine Ausführungen mit vielen empirischen Studien unterfüttert. Für den Mut, gegen den Strich zu bürsten, gebührt ihm Respekt. Liberalen wird das Buch zu links sein, Linken aber doch auch zu liberal, weil Häring grundsätzlich wirtschaftlichen Wettbewerb als notwendige Triebfeder für Fortschritt und Dynamik anerkennt. Nur meint er eben, dass die gängige Theorie den Wettbewerb in einer Weise idealisiere, die nicht der Realität entspreche.
Dabei ist es falsch zu behaupten, dass es "ein Tabu" sei, die Kategorie der "Macht" in der Wirtschaftswissenschaft anzusprechen. Marktmacht wird viel diskutiert. Die Kritik an der Konzentration wirtschaftlicher und politischer Macht war Ausgangspunkt der Überlegungen der ordoliberalen Schule. Bezeichnenderweise spricht Häring in seinem leicht verschwörungstheoretischen dogmengeschichtlichen Abriss die ordoliberale Freiburger Schule mit keinem Wort an. Hauptgegner ist die Chicagoer Schule.
Im ersten Kapitel analysiert er das Geld- und Finanzsystem. Dieses Kapitel gehört zu den stärksten: Häring kritisiert die enge Verquickung von Banken, Zentralbanken und Politik, die es dem Finanzsektor erlaubt, exzessive Gewinne zu machen. Die Geschädigten sind oftmals die gutgläubigen Kunden. "Betrug und Desinformation in der Branche sind endemisch", schreibt Häring. Hier greift die Kritik an der Neoklassik, dass der Wettbewerb nicht so glatt läuft und alle Surplus-Gewinne eliminiert, etwa weil Informationen eben nicht vollständig und gleichmäßig verteilt sind.
Der Finanzsektor erscheint insgesamt aufgebläht, weit über das Maß, das für einen funktionierenden Kapitalmarkt notwendig wäre. Häring plädiert für eine Aufspaltung zu großer Banken. Um den Banken die Geldschöpfungsgewinne zu nehmen, plädiert er für eine 100-Prozent-Mindestreserve bei den Zentralbanken, deren Unabhängigkeit er stärken möchte. Allerdings war ja die lockere Zinspolitik der Zentralbanken nicht unbeteiligt an der jüngsten Krise. Das blendet er aus, ebenso wichtige Aspekte der Subprime-Kreditblase, die durch staatliche Regulierung gefördert wurde. Auch das passt nicht ins Konzept des Buches.
Berechtigt sind die kritischen Anmerkungen zur Macht der Manager im zweiten Kapitel. Häring unterzieht die Praxis der leistungsbezogenen Vergütung einer vernichtenden Kritik. Die an die kurzfristige Kursentwicklung gebundenen Boni-Zahlungen bieten Spielraum für Manipulationen. Clevere Managern entziehen sich der Kontrolle durch Aktionäre, sie haften kaum für Versagen.
Sehr viel schwächer sind die Ausführungen in den drei letzten Kapiteln, die Machtfragen auf Gütermärkten, Arbeitsmärkten und in der Politik analysieren. Dass es auf Gütermärkten in der Realität vielfach monopolistische Konkurrenz gibt, ist wohl jedem neoklassischen Ökonomen bewusst. Daraus leichterhand für unterschiedliche Branchen staatliche industriepolitische Interventionen abzuleiten, um Effizienz und Verteilung zu verbessern, erscheint fragwürdig.
Das gilt auch für den Arbeitsmarkt: Gäbe es keinen Wettbewerb unter Arbeitgebern, wären staatliche Eingriffe in die Lohnfindung überlegenswert. Da dies aber nicht zutrifft, wirkt Härings Plädoyer für Mindestlöhne zweifelhaft. Unschön ist, dass er andersdenkende Ökonomen, die Mindestlöhne als Barriere für Geringqualifizierte ansehen, als Büttel der Kapitalseite darstellt und ihnen die wissenschaftliche Redlichkeit abspricht.
An dieser Tendenz krankt auch sein kurzer historischer Abriss der Neoklassik. Was an deren Stelle treten sollte, deutet Häring nur diffus an. Er stellt sich eine Theorie vor, die wesentlich mehr staatliche Interventionen rechtfertigt. Dabei unterschätzt er deren Missbrauchspotential.
PHILIP PLICKERT.
Norbert Häring: Markt und Macht.
Schäffer-Pöschel, Stuttgart 2010, 292 Seiten, 19,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main