So sehr Martyrium und Pornographie sich zu widersprechen scheinen, wurzeln sie doch beide in der Sehnsucht nach Verschmelzung mit dem Anderen - dem anderen irdischen Leib in der Sexualität oder dem anderen mystischen Leib in der Religion. Das Fleischliche ohne Bezug zum Geist und das Geistige ohne -Verunreinigung- durch fleischliche Gelüste sind Vorstellungen der dualistisch geprägten Erotik des Christentums. Während die Hagiographen ständig über die Seele sprechen, obwohl spürbar der Leib mit Schweiß, Blut und Wunden im Vordergrund steht, zeigen die Pornographen unzählige seelenlose Kopulationen, die die emotionale Bedürftigkeit des Lesers erst recht thematisieren, Hagiographen und Pornographen bleiben damit der christlichen Logik verhaftet, in der die Wollust die Mitwirkung der Seele ausschließt. Wer genießt, liebt nicht, und wer liebt, genießt nicht.