"Es mag seltsam klingen, aber ich bin die einzige, die erzählen kann, wie ich endete." Es ist die Zeit der Diktatur des Militärs in Griechenland. Marys Bericht beginnt mit ihrer Liebe zu Dimos, einem Anführer der Studentenbewegung. Im November 1973 wird Mary festgenommen, in den Verliesen des Sicherheitsdiensts ist sie Hunger, Kälte und Folter ausgesetzt. Nur sie weiß von ihrer Schwangerschaft, dem Kind von Dimos. Aber Mary erzählt auch von der Solidarität unter den gefangenen Frauen, wie es ihr gelang zu überleben, ohne Verrat zu begehen. Mit großer literarischer Kraft beschreibt Aris Fioretos, der Autor aus Schweden, die existentielle Krise einer jungen Frau, die vor einem unlösbaren Konflikt steht.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensentin Jutta Person freut sich über den neuen Roman des schwedischen Autors Aris Fioretos, der ihr nicht nur unpathetische Einblicke in die grausame griechische Militärdiktatur der Jahre 1973 und 1974 gewährt, sondern auch von der Leidensgeschichte der schwangeren, inhaftierten und gefolterten Mary erzählt. Allein, wie Fioretos die körperliche und seelische Verfasstheit seiner so verletzlichen wie sich nach außen unverletzbar gebenden Ich-Erzählerin schildert, ringt der Kritikerin größte Anerkennung ab. Überhaupt weiß der Autor in seinen grandiosen Beschreibungen mit verschiedenen Aggregatzuständen, Farben, Formen und Körpern umzugehen, lobt Person, die dieses ebenso philosophisch grundierte wie poetische Buch unbedingt empfehlen kann.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.02.2017Die Schale hölzern, im Innern strahlende Lebendigkeit
Aus den Tagen der griechischen Junta: Aris Fioretos erzählt in "Mary" von Unmenschlichkeit und Widerstand
Mit "Die halbe Sonne" aus dem Jahr 2013 hat der schwedische Schriftsteller Aris Fioretos nicht nur seinem griechischen Vater ein ebenso melancholisches wie komisches Denkmal gesetzt. In den Prosaminiaturen, aus denen das Buch nach und nach, entgegen der Chronologie, das Leben des Vaters zusammenfügt, wird darüber hinaus in einem grundlegenderen Sinne einerseits die Erfahrung des Exils literarisch verdichtet, wie auf der anderen Seite die prägende Erfahrung des Ich-Erzählers, dass zu der Vertrautheit des eigenen Vaters immer auch das Moment des Fremd- oder Andersseins innerhalb der schwedischen Umgebung gehört. So taucht auch die titelgebende halbe Sonne in dem schmalen Buch in verschiedenen Gestalten auf. Als Emblem auf einer Streichholzschachtel, als Orange, die der Vater schält, oder auch in dessen Bemerkung, in Schweden würde allenfalls eine halbe Sonne scheinen, im Gegensatz zu seiner griechischen Heimat.
Insofern ließe sich Fioretos' jüngster Roman "Mary" als eine Art Komplementärroman zu dessen Vorgänger genauso wie auch zu "Der letzte Grieche" aus dem Jahr 2011 lesen. Der Blick richtet sich nun nicht mehr auf das griechische Leben im Exil, sondern auf Griechenland selbst. Es ist allerdings alles andere als die fehlende Hälfte der Sonne, die Fioretos in "Mary" erstrahlen lässt, vielmehr berichtet er von einem der dunkelsten Kapitel der griechischen Geschichte: die Militärdiktatur, die von 1967 bis 1974 währte.
Wenngleich die historische Vorlage identifizierbar ist, verleiht Fioretos ihr durch die Aussparung von Ortsnamen eine über sich selbst hinausweisende Bedeutung. Die Mechanismen politischer Repression, deren Auswirkungen der 1960 Geborene mit einer schwer erträglichen Ruhe und Detailliertheit ausbuchstabiert, gelten in ihrer menschenverachtenden Gewalt für Unrechtsregime jenseits von spezifischen historischen Konstellationen.
Mary, eigentlich Maria, hat sich längst von ihrer regimetreuen Familie losgesagt. Anders aber als ihr älterer Bruder, der das Land bereits verlassen hat, studiert die junge Frau Architektur in ihrer Heimatstadt und erlebt eine intensive Liebe mit Dimos, einem der Wortführer der Studentenbewegung, die sich gegen die Militärjunta auflehnt. Als die Studenten die Universität besetzen, wird Mary als eine von unzähligen jungen Menschen festgenommen, ohne dass sie direkt an den Aufständen beteiligt gewesen wäre. Nur leere Hefte hat sie gekauft, aus deren Seiten sich Flugblätter machen ließen.
Was ihr genau zur Last gelegt wird, ob die Junta von ihrer Verbindung zu Dimos weiß - Mary erfährt es nicht, von einer Auskunft über die Dauer, die sie im Gefängnis bleiben muss, oder über ein anberaumtes Verfahren ganz zu schweigen.
Das abrupte Geworfenwerden in umfassende Unsicherheit ist die subtile und perfide Zersetzungsmethode, mit der die Gefangenen traktiert werden, so dass den willkürlich anberaumten Verhören, den brutalen Folterungen, die das Fristen in den Einzelzellen unterbrechen, beinahe schon ein Hauch von Hoffnung beigegeben ist, weil sie das zeitlose Dunkel zumindest für eine kurze Zeit aufheben.
Es wäre ein Leichtes für Mary, sich freizukaufen durch Namen von Aufständischen, die man von ihr hören will. Vielleicht auch durch den Verweis auf ihre Familie. Aber die junge Frau schweigt, beharrlich, unerbittlich auch gegen sich selbst. Sie weiß, nun kann sie nur überleben, wenn es ihr gelingt, sich abzuschotten gegen den Schmerz, der ihr zugefügt wird, und sich zu zwingen, die immerfort zehrende Unsicherheit zu bändigen. Sie solle Schmerz und Person trennen, an diesen früheren Rat eines Kommilitonen erinnert sie sich, dann werde die Ungewissheit ihr Freund. Die junge Frau tritt gleichsam aus sich heraus, um das Unerträgliche zu überstehen.
Womöglich hat die Polioerkrankung, unter der Mary als Kind litt, sie darauf vorbereitet, Schmerz in ihren Alltag zu integrieren. Vor allem aber ist es ihre noch junge Schwangerschaft, von der sie dem geliebten Dimos an ebenjenem Tag erzählen wollte, als sie festgenommen wird, die ihr Denken und Handeln fortan bestimmt. Diese Schwangerschaft, die sie verletzbar und erpressbar macht und die ihr zugleich den unbedingten Willen verleiht, sich gegen den sukzessiven Entzug von Leben zur Wehr zu setzen, verleiht Fioretos' Geschichte eine zusätzliche tragische Wucht. Mary gleicht mehr und mehr dem Granatapfel, den Fioretos in diesem Roman ein ums andere Mal als Bild verwendet: die Schale hart, hölzern, vermeintlich undurchdringlich, im Innern süße, strahlende Lebendigkeit.
Es ist eine doppelte Gegenbewegung, die Fioretos erzählerisch vollzieht. Während immer mehr der Inhaftierten freigelassen werden, wird Mary mit einer Handvoll anderer Frauen auf eine Gefängnisinsel verbannt, ein von Ratten bevölkertes Eiland, das auf geradezu gespenstische Weise aus allen zivilisatorischen Rahmen herausgefallen ist, ein archaischer, unwirtlicher Ort, an dem die basalen Bedingungen des Daseins unterlaufen werden. Auch hier fällt der Name der griechischen Gefängnisinsel Gyaros nicht, aber die Nähe ist offensichtlich. Nicht nur formt sich hier durch die Solidarität der Frauen untereinander eine kleine, humane Enklave innerhalb der Drangsale der Machthaber. Auch wächst in Mary das neue Leben heran, das sie wahlweise als Sonne oder mit den Namen verschiedener Früchte bedenkt.
Zudem wird aus der jungen Frau eine Erzählerin, als sie schließlich auch noch aus dem Kreis der Frauen verbannt wird. Dass sie deren Müll nach Verwertbarem durchsuchen darf, ist das letzte unwürdige Ritual, das ihr gestattet ist.
Aus dem Hässlichen, Unmenschlichen entsteht bei Fioretos eine poetische Schönheit, ohne dass er die Grausamkeit verklären würde. Dass Mary selbst unter diesen Umständen ihr Schweigen nicht bricht und dem System gegenüber standhaft bleibt, gerät bei Fioretos nicht zu einer Heldenerzählung, sondern zur stummen Anklage an Unrechtsregimes. Die Besonderheit liegt dabei gerade in der Sachlichkeit, in der Genauigkeit der Beschreibung, die kein Pathos, sei es nun wahr oder falsch, benötigt.
Allein, schon der Prolog verrät, dass Fioretos so naiv nicht ist, dass er uns glauben machen würde, das Erzählen selbst könne die Rettung sein. Jedenfalls nicht für seine Figur. Auf einem der Zettel, die Mary sich aus weggeworfenen Zeitungen zurechtschneidet, um ihre Geschichte darauf aufzuschreiben, und die sie in einer Dose verwahrt, notiert sie es gleich zu Beginn: "Manchmal frage ich mich, was ich hier mache, dann verstehe ich, dass ich keine andere Wahl habe. Es mag seltsam klingen, aber ich bin die Einzige, die erzählen kann, wie ich endete."
Gerade angesichts des unbändigen, konzentrierten Überlebenswillens von Mary ist das Ende des Romans umso furchtbarer. Mary, die ihre Schwangerschaft irgendwann nicht mehr verbergen kann, wird mit einer brutalen Alternative konfrontiert, zwischen der sie unmöglich wählen kann. Der Vernichtungswille des Systems siegt. Und dennoch bleibt nach der Lektüre von Aris Fioretos' Roman das untergründige Wissen von einem Vermögen von Literatur, der politischen Repression und ihren Apparaten, für die kein Individuum einen Wert hat, etwas entgegenzusetzen: durch ihre Schönheit und ihre Menschlichkeit.
WIEBKE POROMBKA.
Aris Fioretos: "Mary". Roman.
Aus dem Schwedischen von Paul Berf. Carl Hanser Verlag, München 2016. 352 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Aus den Tagen der griechischen Junta: Aris Fioretos erzählt in "Mary" von Unmenschlichkeit und Widerstand
Mit "Die halbe Sonne" aus dem Jahr 2013 hat der schwedische Schriftsteller Aris Fioretos nicht nur seinem griechischen Vater ein ebenso melancholisches wie komisches Denkmal gesetzt. In den Prosaminiaturen, aus denen das Buch nach und nach, entgegen der Chronologie, das Leben des Vaters zusammenfügt, wird darüber hinaus in einem grundlegenderen Sinne einerseits die Erfahrung des Exils literarisch verdichtet, wie auf der anderen Seite die prägende Erfahrung des Ich-Erzählers, dass zu der Vertrautheit des eigenen Vaters immer auch das Moment des Fremd- oder Andersseins innerhalb der schwedischen Umgebung gehört. So taucht auch die titelgebende halbe Sonne in dem schmalen Buch in verschiedenen Gestalten auf. Als Emblem auf einer Streichholzschachtel, als Orange, die der Vater schält, oder auch in dessen Bemerkung, in Schweden würde allenfalls eine halbe Sonne scheinen, im Gegensatz zu seiner griechischen Heimat.
Insofern ließe sich Fioretos' jüngster Roman "Mary" als eine Art Komplementärroman zu dessen Vorgänger genauso wie auch zu "Der letzte Grieche" aus dem Jahr 2011 lesen. Der Blick richtet sich nun nicht mehr auf das griechische Leben im Exil, sondern auf Griechenland selbst. Es ist allerdings alles andere als die fehlende Hälfte der Sonne, die Fioretos in "Mary" erstrahlen lässt, vielmehr berichtet er von einem der dunkelsten Kapitel der griechischen Geschichte: die Militärdiktatur, die von 1967 bis 1974 währte.
Wenngleich die historische Vorlage identifizierbar ist, verleiht Fioretos ihr durch die Aussparung von Ortsnamen eine über sich selbst hinausweisende Bedeutung. Die Mechanismen politischer Repression, deren Auswirkungen der 1960 Geborene mit einer schwer erträglichen Ruhe und Detailliertheit ausbuchstabiert, gelten in ihrer menschenverachtenden Gewalt für Unrechtsregime jenseits von spezifischen historischen Konstellationen.
Mary, eigentlich Maria, hat sich längst von ihrer regimetreuen Familie losgesagt. Anders aber als ihr älterer Bruder, der das Land bereits verlassen hat, studiert die junge Frau Architektur in ihrer Heimatstadt und erlebt eine intensive Liebe mit Dimos, einem der Wortführer der Studentenbewegung, die sich gegen die Militärjunta auflehnt. Als die Studenten die Universität besetzen, wird Mary als eine von unzähligen jungen Menschen festgenommen, ohne dass sie direkt an den Aufständen beteiligt gewesen wäre. Nur leere Hefte hat sie gekauft, aus deren Seiten sich Flugblätter machen ließen.
Was ihr genau zur Last gelegt wird, ob die Junta von ihrer Verbindung zu Dimos weiß - Mary erfährt es nicht, von einer Auskunft über die Dauer, die sie im Gefängnis bleiben muss, oder über ein anberaumtes Verfahren ganz zu schweigen.
Das abrupte Geworfenwerden in umfassende Unsicherheit ist die subtile und perfide Zersetzungsmethode, mit der die Gefangenen traktiert werden, so dass den willkürlich anberaumten Verhören, den brutalen Folterungen, die das Fristen in den Einzelzellen unterbrechen, beinahe schon ein Hauch von Hoffnung beigegeben ist, weil sie das zeitlose Dunkel zumindest für eine kurze Zeit aufheben.
Es wäre ein Leichtes für Mary, sich freizukaufen durch Namen von Aufständischen, die man von ihr hören will. Vielleicht auch durch den Verweis auf ihre Familie. Aber die junge Frau schweigt, beharrlich, unerbittlich auch gegen sich selbst. Sie weiß, nun kann sie nur überleben, wenn es ihr gelingt, sich abzuschotten gegen den Schmerz, der ihr zugefügt wird, und sich zu zwingen, die immerfort zehrende Unsicherheit zu bändigen. Sie solle Schmerz und Person trennen, an diesen früheren Rat eines Kommilitonen erinnert sie sich, dann werde die Ungewissheit ihr Freund. Die junge Frau tritt gleichsam aus sich heraus, um das Unerträgliche zu überstehen.
Womöglich hat die Polioerkrankung, unter der Mary als Kind litt, sie darauf vorbereitet, Schmerz in ihren Alltag zu integrieren. Vor allem aber ist es ihre noch junge Schwangerschaft, von der sie dem geliebten Dimos an ebenjenem Tag erzählen wollte, als sie festgenommen wird, die ihr Denken und Handeln fortan bestimmt. Diese Schwangerschaft, die sie verletzbar und erpressbar macht und die ihr zugleich den unbedingten Willen verleiht, sich gegen den sukzessiven Entzug von Leben zur Wehr zu setzen, verleiht Fioretos' Geschichte eine zusätzliche tragische Wucht. Mary gleicht mehr und mehr dem Granatapfel, den Fioretos in diesem Roman ein ums andere Mal als Bild verwendet: die Schale hart, hölzern, vermeintlich undurchdringlich, im Innern süße, strahlende Lebendigkeit.
Es ist eine doppelte Gegenbewegung, die Fioretos erzählerisch vollzieht. Während immer mehr der Inhaftierten freigelassen werden, wird Mary mit einer Handvoll anderer Frauen auf eine Gefängnisinsel verbannt, ein von Ratten bevölkertes Eiland, das auf geradezu gespenstische Weise aus allen zivilisatorischen Rahmen herausgefallen ist, ein archaischer, unwirtlicher Ort, an dem die basalen Bedingungen des Daseins unterlaufen werden. Auch hier fällt der Name der griechischen Gefängnisinsel Gyaros nicht, aber die Nähe ist offensichtlich. Nicht nur formt sich hier durch die Solidarität der Frauen untereinander eine kleine, humane Enklave innerhalb der Drangsale der Machthaber. Auch wächst in Mary das neue Leben heran, das sie wahlweise als Sonne oder mit den Namen verschiedener Früchte bedenkt.
Zudem wird aus der jungen Frau eine Erzählerin, als sie schließlich auch noch aus dem Kreis der Frauen verbannt wird. Dass sie deren Müll nach Verwertbarem durchsuchen darf, ist das letzte unwürdige Ritual, das ihr gestattet ist.
Aus dem Hässlichen, Unmenschlichen entsteht bei Fioretos eine poetische Schönheit, ohne dass er die Grausamkeit verklären würde. Dass Mary selbst unter diesen Umständen ihr Schweigen nicht bricht und dem System gegenüber standhaft bleibt, gerät bei Fioretos nicht zu einer Heldenerzählung, sondern zur stummen Anklage an Unrechtsregimes. Die Besonderheit liegt dabei gerade in der Sachlichkeit, in der Genauigkeit der Beschreibung, die kein Pathos, sei es nun wahr oder falsch, benötigt.
Allein, schon der Prolog verrät, dass Fioretos so naiv nicht ist, dass er uns glauben machen würde, das Erzählen selbst könne die Rettung sein. Jedenfalls nicht für seine Figur. Auf einem der Zettel, die Mary sich aus weggeworfenen Zeitungen zurechtschneidet, um ihre Geschichte darauf aufzuschreiben, und die sie in einer Dose verwahrt, notiert sie es gleich zu Beginn: "Manchmal frage ich mich, was ich hier mache, dann verstehe ich, dass ich keine andere Wahl habe. Es mag seltsam klingen, aber ich bin die Einzige, die erzählen kann, wie ich endete."
Gerade angesichts des unbändigen, konzentrierten Überlebenswillens von Mary ist das Ende des Romans umso furchtbarer. Mary, die ihre Schwangerschaft irgendwann nicht mehr verbergen kann, wird mit einer brutalen Alternative konfrontiert, zwischen der sie unmöglich wählen kann. Der Vernichtungswille des Systems siegt. Und dennoch bleibt nach der Lektüre von Aris Fioretos' Roman das untergründige Wissen von einem Vermögen von Literatur, der politischen Repression und ihren Apparaten, für die kein Individuum einen Wert hat, etwas entgegenzusetzen: durch ihre Schönheit und ihre Menschlichkeit.
WIEBKE POROMBKA.
Aris Fioretos: "Mary". Roman.
Aus dem Schwedischen von Paul Berf. Carl Hanser Verlag, München 2016. 352 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Aus dem Hässlichen, Unmenschlichen entsteht bei Fioretos eine poetische Schönheit, ohne dass er die Grausamkeit verklären würde." Wiebke Porombka, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.02.17
"Jetzt hat der schwedische Schriftsteller einen Roman vorgelegt, dessen Geschehen sich schmerzhaft in den Leser einschreibt und ihn in eine Schutzlosigkeit treibt, die zugleich eine Kraft hervorbringt, die mitten im Schrecken wächst... Bewegt legt man das Buch aus der Hand und beginnt, in sich selbst nach den Reserven politischer und moralischer Courage zu suchen." Gabriele von Arnim, Der Tagesspiegel, 09.01.17
"Für seine Ich-Erzählerin hat Aris Fioretos eine Sprache gefunden, die ungeschminkt und zugleich behutsam festhält, was der Protagonistin alles widerfährt auf der Gefängnisinsel. Diese verknappte, aufs Wesentliche reduzierte Sprache glänzt und funkelt auch in der deutschen Übersetzung von Paul Berf und lässt einen mit stockendem Atem weiterlesen." Sandra Leis, NZZ am Sonntag, 27.11.16
"'Mary' hat die Authentizität, die Dringlichkeit, die sie als Kassiber aus dem Fegefeuer der Diktatur an die freie Welt braucht. Als Menetekel, als Erinnerung daran, was es zu verhindern gilt. In Griechenland und überall. 'Mary' ist der Roman zur Zeit." Elmar Krekeler, Literarische Welt, 26.11.16
"Diese Passionsgeschichte ist nicht nur großartig erzählt, sondern zudem höchst politisch und aktuell. Weil sie zeigt, was Gefängnis und Folter anrichten können. ... Die Prinzipien der Gewalt sind universell und auf alle Unrechtsregime anwendbar. Was sich in den Folterkellern dieser Welt abspielt, wird hier auf eine stille Weise geschildert, die deshalb umso eindringlicher und erschütternder ist." Dorothea Westphal, Deutschlandradio Kultur, 15.09.16
"Dieses Buch, das einer Figur bis in ihr Innerstes folgt, ist von einem erzählerischen Reichtum, wie er in der Gegenwartsliteratur nur selten begegnet." Ulrich Rüdenauer, Süddeutsche Zeitung, 22.08.16
"Wenn Mary den Hunger mit schwarzen Aalen vergleicht, die sich in die Eingeweide fressen, oder die Wellen der winterlichen Ägäis sie an Vögel aus Blei erinnern, die vergebens abzuheben versuchen - dann spürt der Leser, dass es darum geht, um der Würde der eigenen Existenz willen die Grenzen des Sagbaren auszuweiten." Manuel Gogos, Neue Zürcher Zeitung, 10.09.16
"Überhaupt, Farben und Formen, Konsistenzen und Körper: Aris Fioretos, Jahrgang 1960, ist ein fantastischer Beobachter all dessen, was Philosophen in der Nachfolge von Aristoteles als Akzidentien bezeichnet haben. Nur dass das Flüssige, Farbige oder Runde der Substanz in seinem Werk eben keineswegs nachgeordnet ist ... 'Die Trauer ist ein Geschenk', sagt die älteste Mitgefangene zu Mary, und: 'Erzähl.' Diese bittere Pille des Erzählens und Erinnerns hat Aris Fioretos in eine wahrlich grandiose Form gebracht." Jutta Person, Die Zeit, 13.10.16
"Ein ehrenwerter, sprachlich hochdifferenzierter Roman, der auch vorführt, wie die Diktatur die Sprache missbraucht." Martin Ebel, Tages-Anzeiger, 17.11.16
"Jetzt hat der schwedische Schriftsteller einen Roman vorgelegt, dessen Geschehen sich schmerzhaft in den Leser einschreibt und ihn in eine Schutzlosigkeit treibt, die zugleich eine Kraft hervorbringt, die mitten im Schrecken wächst... Bewegt legt man das Buch aus der Hand und beginnt, in sich selbst nach den Reserven politischer und moralischer Courage zu suchen." Gabriele von Arnim, Der Tagesspiegel, 09.01.17
"Für seine Ich-Erzählerin hat Aris Fioretos eine Sprache gefunden, die ungeschminkt und zugleich behutsam festhält, was der Protagonistin alles widerfährt auf der Gefängnisinsel. Diese verknappte, aufs Wesentliche reduzierte Sprache glänzt und funkelt auch in der deutschen Übersetzung von Paul Berf und lässt einen mit stockendem Atem weiterlesen." Sandra Leis, NZZ am Sonntag, 27.11.16
"'Mary' hat die Authentizität, die Dringlichkeit, die sie als Kassiber aus dem Fegefeuer der Diktatur an die freie Welt braucht. Als Menetekel, als Erinnerung daran, was es zu verhindern gilt. In Griechenland und überall. 'Mary' ist der Roman zur Zeit." Elmar Krekeler, Literarische Welt, 26.11.16
"Diese Passionsgeschichte ist nicht nur großartig erzählt, sondern zudem höchst politisch und aktuell. Weil sie zeigt, was Gefängnis und Folter anrichten können. ... Die Prinzipien der Gewalt sind universell und auf alle Unrechtsregime anwendbar. Was sich in den Folterkellern dieser Welt abspielt, wird hier auf eine stille Weise geschildert, die deshalb umso eindringlicher und erschütternder ist." Dorothea Westphal, Deutschlandradio Kultur, 15.09.16
"Dieses Buch, das einer Figur bis in ihr Innerstes folgt, ist von einem erzählerischen Reichtum, wie er in der Gegenwartsliteratur nur selten begegnet." Ulrich Rüdenauer, Süddeutsche Zeitung, 22.08.16
"Wenn Mary den Hunger mit schwarzen Aalen vergleicht, die sich in die Eingeweide fressen, oder die Wellen der winterlichen Ägäis sie an Vögel aus Blei erinnern, die vergebens abzuheben versuchen - dann spürt der Leser, dass es darum geht, um der Würde der eigenen Existenz willen die Grenzen des Sagbaren auszuweiten." Manuel Gogos, Neue Zürcher Zeitung, 10.09.16
"Überhaupt, Farben und Formen, Konsistenzen und Körper: Aris Fioretos, Jahrgang 1960, ist ein fantastischer Beobachter all dessen, was Philosophen in der Nachfolge von Aristoteles als Akzidentien bezeichnet haben. Nur dass das Flüssige, Farbige oder Runde der Substanz in seinem Werk eben keineswegs nachgeordnet ist ... 'Die Trauer ist ein Geschenk', sagt die älteste Mitgefangene zu Mary, und: 'Erzähl.' Diese bittere Pille des Erzählens und Erinnerns hat Aris Fioretos in eine wahrlich grandiose Form gebracht." Jutta Person, Die Zeit, 13.10.16
"Ein ehrenwerter, sprachlich hochdifferenzierter Roman, der auch vorführt, wie die Diktatur die Sprache missbraucht." Martin Ebel, Tages-Anzeiger, 17.11.16