Die Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks sind heutzutage schier unbegrenzt. Daher drängen immer mehr Positionen ins Rampenlicht des Kunstmarkts und versuchen, sich durch scheinbare Innovation von der Konkurrenz zu unterscheiden. Trotz angestrengter Bemühungen um Authentizität und Originalität sind es jedoch häufig eher die spezifischen Produktionsmuster der einzelnen Neuerungen, die charakteristischer und mitunter überraschender erscheinen als diese selbst. Was die Presets in der elektronischen Musik, die Standardsituationen im Fußball und die einschlägigen Tricks im Liebeswerben, das sind längst auch der Kunst ihre spezifischen Maschen geworden - notorische Wirkmittel, bizarre, bedenkenswerte, verengende oder produktive Routinen des Einmaligkeitszwangs im zeitgenössischen Kunstbetrieb. Christian Janecke identifiziert und benennt diese Routinen, zeigt ihre Ursprünge auf und präsentiert sie, scharfsinnig kommentiert, in 36 kurzweiligen Artikeln. Anhand dieses Spektrums lerntder Leser abzuschätzen, was von den einzelnen Erscheinungsformen jüngerer Kunst nach Abzug der Maschen tatsächlich übrig bleibt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.09.2011Kunstgeläufigkeiten
Partizipationsfolklore, Selbstkuratierungskunst, Filmhuberei oder Idyllbrechung - das Inhaltsverzeichnis von Christian Janeckes Buch gibt Rätsel auf. Der Titel "Maschen der Kunst" erklärt da schon mehr. Christian Janecke, Professor für Kunstgeschichte an der Hochschule für Gestaltung Offenbach, hat zu Stereotypen gewordene künstlerische Strategien aufs Korn genommen. Es ist eine Anleitung zur Skepsis gegenüber der Innovationskraft der Kunst (Alles war schon mal da!). Mal amüsiert, mal besorgt, zeugen die Texte trotz aller Verwunderung von Zuneigung für die Schräglagen der Gegenwartskunst. Der kleine Band lässt sich an jeder Stelle aufschlagen, um ein paar Seiten zu lesen: Auf Seite 76 taucht Cyprien Gaillard auf, seit zwei Tagen Träger des Preises der Nationalgalerie 2011. Seine Kunst passt für Janecke in die Kategorie "Eventualitätsplattform": "Damit sich aber irgendwelche Nutzer der Eventualitätsplattform erbarmen, bedarf es entweder kostenlos bereitgestellter Unmengen Alkohols, um die Besucher in eine wohl postsituationistisch gemeinte kommunikative Gegenbewegung zu versetzen." Er spielt auf Gaillards gefeierte Bierkisten-Pyramide in den Berliner Kunstwerken an. Schade nur, dass der passend manierierte Stil von Janecke in der Einleitung anstrengend wird. Mit seinen eigenen Worten würde man den Vorbau wohl "Selbstbespiegelungstext" nennen. Trotzdem: Dieser Band macht Spaß. So schmal er auch ist, sollte ihm nicht das Schicksal der "Beiläufigkeitkultivierung" widerfahren: "Auf der documenta X 1997 bemühten sich Künstler wie Carsten Nicolai derart um Unauffälligkeit, dass tatsächlich ein Großteil des Besuchervolks daran vorbeizog." Dieses Buch wird dagegen seine Leser finden. (Christian Janecke: "Maschen der Kunst". Zu Klampen Verlag, Springe 2011. 235 S., geb., 19,80 [Euro].)
swka
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Partizipationsfolklore, Selbstkuratierungskunst, Filmhuberei oder Idyllbrechung - das Inhaltsverzeichnis von Christian Janeckes Buch gibt Rätsel auf. Der Titel "Maschen der Kunst" erklärt da schon mehr. Christian Janecke, Professor für Kunstgeschichte an der Hochschule für Gestaltung Offenbach, hat zu Stereotypen gewordene künstlerische Strategien aufs Korn genommen. Es ist eine Anleitung zur Skepsis gegenüber der Innovationskraft der Kunst (Alles war schon mal da!). Mal amüsiert, mal besorgt, zeugen die Texte trotz aller Verwunderung von Zuneigung für die Schräglagen der Gegenwartskunst. Der kleine Band lässt sich an jeder Stelle aufschlagen, um ein paar Seiten zu lesen: Auf Seite 76 taucht Cyprien Gaillard auf, seit zwei Tagen Träger des Preises der Nationalgalerie 2011. Seine Kunst passt für Janecke in die Kategorie "Eventualitätsplattform": "Damit sich aber irgendwelche Nutzer der Eventualitätsplattform erbarmen, bedarf es entweder kostenlos bereitgestellter Unmengen Alkohols, um die Besucher in eine wohl postsituationistisch gemeinte kommunikative Gegenbewegung zu versetzen." Er spielt auf Gaillards gefeierte Bierkisten-Pyramide in den Berliner Kunstwerken an. Schade nur, dass der passend manierierte Stil von Janecke in der Einleitung anstrengend wird. Mit seinen eigenen Worten würde man den Vorbau wohl "Selbstbespiegelungstext" nennen. Trotzdem: Dieser Band macht Spaß. So schmal er auch ist, sollte ihm nicht das Schicksal der "Beiläufigkeitkultivierung" widerfahren: "Auf der documenta X 1997 bemühten sich Künstler wie Carsten Nicolai derart um Unauffälligkeit, dass tatsächlich ein Großteil des Besuchervolks daran vorbeizog." Dieses Buch wird dagegen seine Leser finden. (Christian Janecke: "Maschen der Kunst". Zu Klampen Verlag, Springe 2011. 235 S., geb., 19,80 [Euro].)
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'Das Buch wird seine Leser finden.' Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. September 2011 'Mit seinem Buch setzt Christian Janecke stilistisch und inhaltlich einen neuen Akzent in der kunstwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst. In Diktion und Duktus eröffnet es einen alternativen Zugang zur Gegenwartskunst, macht sich damit aber zweifelsohne streitbar. Und wer nach der Lektüre der Maschen der Kunst in absehbarer Zeit eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst besucht, wird sich vermutlich angesichts des ein oder anderen Exponats ein Schmunzeln nicht verkneifen können - in Anbetracht der Maschen, die KünstlerInnen bis heute pflegen und darüber hinaus weiter entwickeln.' Lars Blunck in: Sehepunkte - Rezensionsjournal für die Geisteswissenschaften, Januar 2012 'brillant geschriebene Miniaturen über die Possen eines Kunstbetriebs, der längst stillschweigend den merkantilen Erfolg eines Werks mit dessen ästhetischer Qualität gleichsetzt.' Michael Mayer, www.artnet.de, 19. Dezember 2011 '. es geht weniger um eine Be- oder Aburteilung einzelner Künstler und Kunstwerke, sondern um eine kritische Sicht von übergreifenden Tendenzen jenseits künstlerischer Mittel. (.) Christian Janeckes Kompendium regt die Fantasie des Lesers so sehr an, dass er mit Blick auf die Gegenwartskunst selbst neue Kategorien entdeckt.' Kommune - Politik.Ökonomie.Kultur, 1/12, Februar 2012 'Lektüre, die unbedingt zu empfehlen ist. (.) In 36 höchst aufschlussreichen und amüsanten Essays entfaltet Janecke ein Feuerwerk von Routinen in der Präsentation von Kunst.' Gabriele Klempert in: KunstbuchAnzeiger.de, 20. Februar 2012 '.unbedingte Pflichtlektüre für alle, die mit Kunst, Medien und Werbung zu tun haben.' Benjamin Jahn Zschocke, Sezession, April 2012 '.das macht Spaß, stellt den gesamten Kunst(schaffens)betrieb auf den Prüfstand, Liebgewonnenes wird als Masche decouvriert. (.) eine mitunter geradezu köstlich satirische Sezierung künstlerischer Gewohnheiten und Muster.' Katharina Knieß in 'und - Das Münchner Kunstjournal', Heft Nr. 50, Mai 2012 'Humorvoll, brillant und scharf analysiert Christian Janecke unseren aktuellen Kunstbetrieb. (.) so treffend sind Janeckes Beobachtungen und Wortschöpfungen, so demaskierend sind seine Analysen - und so erschreckend ist die Erkenntnis am Ende, dass die zeitgenössische Kunst sich offenbar tief in den Techniken der Maschen verheddert hat.' www.kunstbuecher.at, Juni 2012 'Wer an Thesen wie 'Kunstmessenkunst', 'Kunsthochschulkunst', 'Mobilitätslook', 'Häufungshumbuk'oder 'Wimmelbildnerei' seine Freude hat, für den bietet 'Maschen der Kunst' ein wahres Arsenal an Köstlichkeiten. Dem Autor geht es nicht um Rechthaben, sondern um eine mitunter geradezu köstlich satirische Sezierung künstlerischer Gewohnheiten und Muster. Auch der Kunstliebhaber fühlt sich und seine Sehgewohnheiten amüsiert ertappt.' Kunst:Medien - Neues aus der Werlt der Bücher, 3. März 2014