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Band 23. Komödie.Herzog Vincentio will der wilden Sittenlosigkeit in Wien entgegenwirken, indem er ein altes Gesetz wieder in Kraft setzt, das jeden Verführer eines unschuldigen Mädchens mit dem Tod bestraft. Zur Überwachung dieser Anordnung setzt er den sittenstrengen Angelo als Statthalter ein, gibt vor, auf eine Reise zu gehen, mischt sich aber in einer Mönchskutte unter das Volk. Der junge Claudio, dessen Geliebte Julia ein Kind erwartet, wird, obgleich mit Julia verlobt, als erstes Opfer des neuen Gesetzes zum Tode verurteilt. Seine Schwester Isabella, die in ein Kloster eintreten will, bittet den Statthalter um Gnade. Angelo erfasst eine heftige Leidenschaft für die schöne Bittstellerin: Er verspricht ihr, Claudio zu begnadigen, wenn sie sich ihm hingibt. Entrüstet weist ihn Isabella zurück und erklärt ihrem um sein Leben bettelnden Bruder, dass sie sein Leben nicht um diesen Preis erkaufen könne. Da greift der als Mönch verkleidete Herzog ein. Er rät Isabella, zum Schein auf den Antrag Angelos einzugehen, sorgt aber dafür, dass statt ihr im Schutz der Dunkelheit Angelos verlassene Braut Mariana seine Geliebte wird. Obwohl Angelo die Täuschung nicht bemerkte, ordnet er die Hinrichtung Claudios an, da er seine Rache fürchtet. Nun kehrt der Herzog offiziell zurück, Isabella klagt Angelo öffentlich an, und der Herzog verurteilt ihn zu der gleichen Strafe wie Claudio. Da aber Claudio durch das Eingreifen des Herzogs noch lebt, wird auch Angelo begnadigt, und beide müssen die von ihnen verführten Frauen heiraten. Der Herzog bittet Isabella, beeindruckt von ihrer strengen Moral, um ihre Hand.Ein Experiment bildet den Ausgangspunkt dieser Komödie mit tragischen Zügen: Der Herzog, der die Sittenverwilderung in der Stadt seiner lässigen Milde zuschreibt, versucht es nun mit gnadenloser Strenge, die er einen anderen praktizieren lässt. Er wird damit Zeuge, wie die in Angelo verkörperte unbarmherzige Härte schließlich selbst der Gnade bedarf, wie Macht zum Missbrauch verführt und wie auch das strengste Gesetz nicht zur Steigerung der Sittlichkeit des Volkes beitragen kann. Shakespeare zeigt eine Verabsolutierung der Sittlichkeit, die schon wieder in Unsittlichkeit abkippt. Dem in Unsittlichkeit Unmenschlichen stellt er die in Sittlichkeit Unmenschliche gegenüber: dem Moralfanatiker Angelo, der über Nonnenkeuschheit strauchelt und über das Ausbrechen seiner Sinnlichkeit selbst erschrickt, die einem abstrakten Reinheitsideal das Leben ihres Bruders opfernde Isabella. Die vor Claudio ihre Keuschheit verteidigende Reinheitsfanatikerin bildet zwar einen Gegenpol zu der von Shakespeare besonders krass und hemmungslos geschilderten Lasterhaftigkeit der Welt der Huren, Kuppler und Spitzbuben. Sie bleibt aber in ihrem Beharren auf dem Vorrang der Keuschheit vor der Menschlichkeit dennoch fragwürdig. - Wie fragwürdig ein Experiment mit Menschen grundsätzlich ist, machte Peter Zadek in den sechziger Jahren mit seinen Inszenierungen in Ulm und Bremen deutlich, in denen er die Zumutungen erkennen ließ, die der Herzog an die Menschen stellt. Diese bis zur Todesangst getriebenen Zumutungen, die unter dem Vorwand, Menschen zu bekehren, begangen werden, kristallisierten sich bei Zadek zu verwerflichen Spielen mit der Todesangst des Menschen.Zweisprachige Ausgabe mit Anmerkungen des Übersetzers, Bericht aus der Übersetzerwerkstatt und einem einführenden Essay von Kurt Tetzeli von Rosador.
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