Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 7,90 €
  • Broschiertes Buch

Die Entwicklung der Arbeitsgesellschaft hat für die und den Einzelne/n wie für die Gesellschaft zunehmend negative Folgen. Arbeit ohne Ende - körperliche und psychische Erkrankungen der Betroffenen sind die Folge. Arbeitssucht ist nicht mehr das zweifelhafte Privileg von Eliten, sondern betrifft zunehmend und vorrangig auch Menschen in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen. Was ist Arbeitssucht? Wie entsteht sie und was sind ihre historischen Bedingungen? Wie und warum wird sie zum Massenphänomen? Welche rechtlichen Grundlagen existieren für den Umgang mit Arbeitssucht als Berufskrankheit?…mehr

Produktbeschreibung
Die Entwicklung der Arbeitsgesellschaft hat für die und den Einzelne/n wie für die Gesellschaft zunehmend negative Folgen. Arbeit ohne Ende - körperliche und psychische Erkrankungen der Betroffenen sind die Folge. Arbeitssucht ist nicht mehr das zweifelhafte Privileg von Eliten, sondern betrifft zunehmend und vorrangig auch Menschen in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen.
Was ist Arbeitssucht? Wie entsteht sie und was sind ihre historischen Bedingungen? Wie und warum wird sie zum Massenphänomen? Welche rechtlichen Grundlagen existieren für den Umgang mit Arbeitssucht als Berufskrankheit? Welche Auswege sind möglich?
Die Beiträge dieses Buches stellen die historischen, ökonomischen, politischen und auch persönlichen Aspekte dieser neuen "Volkskrankheit" dar und schaffen damit einen umfassenden Einblick in die Bedeutung dieses Phänomens. Gerade dieser interdisziplinäre Blick macht dieses Buch zu einem wichtigen aktuellen Grundlagenwerk, in dem Arbeitssucht über die persönliche Betroffenheit hinaus als gesellschaftliches Problem wahrgenommen wird. So eröffnet es auch der einzelnen LeserIn Wege aus der Krankheit.
Weitere Informationen und Kontakt zum Herausgeber unter http://www.seari.uni-bremen.de
Autorenporträt
Elvira Behnken, Suchtbeauftragte der Universität Bremen
Sergio Bologna, Prof. Dr., Politikwissenschaftlicher, Historiker, Milano
Holger Heide, Prof. Dr., Ökonomie, Institut SEARI, Uni Bremen
Su-Dol Kang, Prof. Dr., Managementwissenschaft, Korea-Uni Chochiwon
Norbert Krischke, Dr., Psychologe, Uni Bremen
Stephan Meins, Dipl. Oek., Doktorand, Institut SEARI, Uni Bremen
Claus Oellerking, Studienrat, Suchthelfer Schulen, Reg.-Bez. Lüneburg
Lothar Peter, Prof. Dr., Arbeitssoziologe, Institut für Soziologie, Uni Bremen
Karl-Heinz Roth, Dr. Dr., Historiker, Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, Bremen
Peter Stutz, Dipl. Oek., Dip. Soz., Gewerkschaftssekretär Angestellte, IG Metall Bremen
Oliver Tieste, LL.M.EUR., Doktorand, Arbeitsrechtler, Uni Bremen
Roderich Wahsner, Prof. Dr., Arbeits- und Sozialrecht, Institut SEARI, Uni Bremen
Sabine Wolf, Dr., sozialökonomische Genderforschung, Institut SEARI, Uni Bremen
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.11.2002

Wirtschaftsbuch
Holger Heide (Hrsg.): Massenphänomen Arbeitssucht. Historische Hintergründe und aktuelle Entwicklung, Atlantik-Verlag Bremen, 2002; 302 Seiten, 15,00 Euro
Arbeit kostet
das halbe Leben
Wann sich Freude an der Arbeit in ein exzessives Bedürfnis verkehrt, ist nicht genau auszumachen. Arbeit ist in einer Arbeitsgesellschaft eine für jeden jederzeit zugängliche Droge. Einem Arbeitssüchtigen kann man auch nicht raten, das Suchtmittel für immer zu meiden, verbindliche Handlungsanweisungen dürfte es daher auch nicht geben. Solche vorzulegen war wohl auch nicht der Anspruch eines Workshops, den das Institut für sozialökonomische Handlungsforschung an der Universität Bremen ausrichtete. Der 300 Seiten starke Sammelband ist das Resultat dieses Workshops.
Institutsleiter Holger Heide initiierte das Symposium, zu dem neben Ökonomen auch Soziologen, Historiker, Psychologen, Gewerkschafter und Suchtbeauftragte geladen waren – aber leider keine Personalleiter von Unternehmen. Man hätte wohl aneinander vorbei geredet. Denn die Ansicht des Herausgebers, der die „enorme Zunahme psychischer und physischer Krankheiten” in direkten Zusammenhang „mit der Entgrenzung der gesellschaftlichen Arbeitszeit und Arbeitsintensität in der gegenwärtigen neoliberalistischen Offensive” setzt, steht in krassem Gegensatz zu Forderungen nach leistungsbezogener Vergütung, Risikobereitschaft und und Verantwortung für den eigenen Arbeitsplatz.
In einer selten gesehenen Mischung aus Wirtschaftswissenschaft und Psychoanalyse schildert Heide die Entwicklung von der mittelalterlichen Feudalgesellschaft, in der sich seiner Ansicht nach Arbeit und Muße noch im Gleichgewicht befanden, zur Arbeitsgesellschaft unserer Tage. Es ist ein provokantes Buch, schon weil das Vokabular und die politische Sicht der Autoren gängigen Managementstrategien zuwiderlaufen. Arbeitssucht begründet sich nach Überzeugung des Historikers Karl-Heinz Roth mit der „Arbeitsethik der bürgerlichen Gesellschaft”. Manufaktur, Dampfmaschine, Fließbandarbeit, Dienstleistung, Digitalisierung: Je weiter die Geschichte voranschritt, desto komplexer der Zugriff auf menschliche Ressourcen.
Als Mutterland der Arbeitssucht machen die Autoren Japan aus. Karoshi - Tod durch Überarbeiten - sei dort zum verbreiteten Phänomen geworden. Exzessive Arbeitssucht, schreibt der Arbeits- und Sozialrechtler Roderich Wahsner, verursache Herzinfarkte oder könne gar im Selbstmord enden. Der Jurist Oliver Tieste verweist darauf, dass ausschließlich monokausale Ursache-Wirkungsprozesse unter den Berufskrankenheitenbegriff des Sozialgesetzbuches fallen. Arbeitssucht aber sei stets durch mehrere Faktoren bedingt. Tieste appelliert an die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber. Wer sich gezielt des Managements by stress bediene, obwohl er merke, dass die Beschäftigten exzessiv arbeiten, der solle zumindest zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.
Nach Schätzungen gibt es rund 200000 Arbeitssüchtige in Deutschland. In allen größeren Städte sind Selbsthilfegruppen entstanden; nach dem Vorbild der Anonymen Alkoholiker nennen sie sich Anonyme Arbeitssüchtige. Auf jeden Fall ist Arbeitssucht ein Phänomen, das mehr Beachtung verdient. Das Buch macht einen Anfang.
Godehard Weyerer
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr