Die Havarie im Louvre begann mit Stromausfall. Sofort wurden alle Ausgänge verriegelt. Niemand verlässt das Gebäude mit einem Bild unterm Arm. Die elektronischen Sirenen hatten ihre Notbatterien bald leergelutscht, wurden schwächer und fiepten dann nur noch gelegentlich hintennach. Führungen wurden mit Taschenlampen fortgesetzt. Das Schlurfen tausender touristischer Füsse auf dem alten Parkettboden. Als die gläserne Pyramide über dem Eingang zerbarst, gab es keinen Alarm. Den Aufzug hats auch zerdeppert, sagte eine Frau im Dunkeln, wir kommen hier nicht mehr raus. Schluchzen, tränenersticktes Geschniefe ins Taschentuch. Wie lange noch, für manche wirds womöglich zu lang
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Bernhard Fetz ist begeistert von diesem experimentellen Buchprojekt, dem letzten Produkt der sich 2002 aufgelösten Schreib-Firma Tongue Tongue Hongkong, hinter der als Mastermind die Berliner Autorin Petra Coronato steht. Auch wenn das Lesevergnügen sich bisweilen nur mühsam und mit viel Willen zur Konzentration erschließt, lohnt sich Fetz' Meinung nach die Arbeit. Was die Arbeit von Tongue Tongue Hongkong ausmachte, fasst der Rezensent so zusammen: "Camouflage war ihr Prinzip, Recycling ihre Praxis". Im Falle dieses Buches bildet eine Wachschutzzentrale und das, was die Wachschützer da auf dem Bildschirm flackern sehen, den Rahmen des Erzählten. Das Projekt bedient sich verschiedener Primärquellen, um daraus eine Geschichte zu basteln. Nach Meinung des Rezensenten "hätte es ein zweckloses Unbehagen zur Folge, wollte man alle Quellentexte in 'Matrix Louvre' identifizieren". Fetz entdeckt in der Arbeitsweise Parallelen zur modernen Musik: "Unverkennbar" findet er das Projekt geprägt "von den Samplingtechniken der elektronischen Musik und dem abgeklärten Habitus der Szene". Die Art und Weise, wie Tongue Tongue Hongkong mit dem vorgefundenen Material umgeht, gefällt dem Rezensenten, auch wenn dieser Ansatz nichts Bahn brechend Neues mehr sei.
© Perlentaucher Medien GmbH
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