§The stunning only novel by the celebrated poet and first Black author to win a Pulitzer Prize, introduced by Margo Jefferson.
'Such a wonderful book. Utterly unique, exquisitely crafted and quietly powerful. I loved it and want everyone to read this lost literary treasure.' Bernardine Evaristo
'Maud Martha finds beauty in the brutal formative moments that make us. It is one of my favorite depictions of how a woman comes to trust her eyes.' Raven Leilani
'The quotidian rises to an exquisite portraiture of black womanhood in the hands of one of America's most foundational writers.' Claudia Rankine
'Maud Martha reveals the poetry, power and splendor of an ordinary life.' Tayari Jones
'Incredible ... She is a quietly radical seer, she is literature itself, a person in the world. It's a rare kind of perfect!' Max Porter
What, what, am I to do with all of this life?
Maud Martha Brown is a little girl growing up on the South Side of 1940s Chicago. Amidst the crumbling taverns and overgrown yards, she dreams: of New York, romance, her future. She admires dandelions, learns to drink coffee, falls in love, decorates her kitchenette, visits the Jungly Hovel, guts a chicken, buys hats, gives birth. But her lighter-skinned husband has dreams too: of the Foxy Cats Club, other women, war. And the 'scraps of baffled hate' - a certain word from a saleswoman; that visit to the cinema; the cruelty of a department store Santa Claus- are always there .
Written in 1953 but never published in Britain, Maud Martha is a poetic collage of happenings that forms an extraordinary portrait of an ordinary life: one lived with wisdom, humour, protest, rage, dignity, and joy.
'Such a wonderful book. Utterly unique, exquisitely crafted and quietly powerful. I loved it and want everyone to read this lost literary treasure.' Bernardine Evaristo
'Maud Martha finds beauty in the brutal formative moments that make us. It is one of my favorite depictions of how a woman comes to trust her eyes.' Raven Leilani
'The quotidian rises to an exquisite portraiture of black womanhood in the hands of one of America's most foundational writers.' Claudia Rankine
'Maud Martha reveals the poetry, power and splendor of an ordinary life.' Tayari Jones
'Incredible ... She is a quietly radical seer, she is literature itself, a person in the world. It's a rare kind of perfect!' Max Porter
What, what, am I to do with all of this life?
Maud Martha Brown is a little girl growing up on the South Side of 1940s Chicago. Amidst the crumbling taverns and overgrown yards, she dreams: of New York, romance, her future. She admires dandelions, learns to drink coffee, falls in love, decorates her kitchenette, visits the Jungly Hovel, guts a chicken, buys hats, gives birth. But her lighter-skinned husband has dreams too: of the Foxy Cats Club, other women, war. And the 'scraps of baffled hate' - a certain word from a saleswoman; that visit to the cinema; the cruelty of a department store Santa Claus- are always there .
Written in 1953 but never published in Britain, Maud Martha is a poetic collage of happenings that forms an extraordinary portrait of an ordinary life: one lived with wisdom, humour, protest, rage, dignity, and joy.
Such a wonderful book. Utterly unique, exquisitely crafted and quietly powerful. I loved it and want everyone to read this lost literary treasure. Bernardine Evaristo
Süddeutsche ZeitungVom Aufstehen
Endlich erscheint der Roman „Maud Martha“ von Gwendolyn Brooks auf Deutsch, er erzählt die Geschichte einer widerständigen Frau
Maud Martha Brown ist ein unscheinbares Wesen, zurückhaltend ist sie und ein wenig versonnen; niemand würde sich auf der Straße nach ihr umsehen. Ihre Schwester Helen dagegen ist beliebter und hübscher. Nicht einmal Maud Marthas Träume sind sonderlich ausgefallen; sie passen sich notgedrungen an die tristen Umstände an, in denen nicht nur sie, sondern die meisten schwarzen Frauen vor 100 Jahren aufwuchsen. Es ist ein von Rassismus und Armut geprägtes Leben, ohne üppige Aufstiegschancen.
Trotzdem wird man sich in Maud Martha verlieben. In der Art, wie Gwendolyn Brooks sie beschreibt, liegt eine beiläufige Schönheit: „(…) hauptsächlich sah sie Löwenzahn. Gelbe Alltagsedelsteine, mit denen das geflickte grüne Kleid ihres Hinterhofs verziert war. Sie mochte diese nüchterne Schönheit, mehr noch aber ihre Alltäglichkeit, denn darin glaubte sie ein Abbild ihrer selbst zu erkennen, und es war tröstlich, dass etwas, was gewöhnlich war, gleichzeitig eine Blume sein konnte.“
Die 1917 geborene Maud Martha trägt einige Züge ihrer Schöpferin, der gleichaltrigen Gwendolyn Brooks. Beide entstammen einfachsten Verhältnissen, wachsen in der South Side Chicagos auf, wo nach dem amerikanischen Bürgerkrieg, vor allem aber während der Industrialisierung viele Schwarze aus den Südstaaten ihr Glück suchten. Die afroamerikanische Gemeinde war zunächst in Bronzeville um die 35. Straße herum beheimatet, dem „Black Belt“ der Metropole; nach dem Zweiten Weltkrieg dann auch in anderen Teilen der South Side.
Wichtige schwarze Politiker machten sich von dort aus auf Richtung Washington, allen voran Jesse Jackson und Barack Obama. Für Gwendolyn Brooks selbst, die im Jahr 2000 starb, wäre ein afroamerikanischer Präsident wohl kaum vorstellbar gewesen. Die South Side war aber auch ein Ort, an dem Schwarze Künstlerinnen und Künstler sich entwickeln konnten, und eine der bekanntesten von ihnen war Gwendolyn Brooks selbst. Sie war noch keine 20 Jahre alt, da hatte sie Dutzende von Gedichten im Chicago Defender veröffentlicht, der damals bedeutendsten, bereits 1905 gegründeten afroamerikanischen Zeitung. Für ihren zweiten Gedichtband „Annie Allen“ aus dem Jahr 1949 wurde Brooks als erste schwarze Autorin mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, viele weitere Lyriksammlungen und Ehrungen folgten. Ihr Einfluss in den USA ist kaum zu überschätzen: „Ich erwähne Gwendolyn Brooks gegenüber jedem schwarzen Dichter, und jedes Mal wird das Offensichtliche deutlicher: Gwendolyn Brooks ist eine Vorfahrin von uns allen; wir alle schreiben in ihrer Nachfolge“, so beschrieb es der Lyriker Bernard Ferguson 2021 in der Paris Review.
In deutscher Übersetzung kann man Brooks’ Gedichte noch nicht lesen. Dafür nun aber ihren einzigen Roman „Maud Martha“ aus dem Jahr 1953, „ein Buch“, so der Essayist Daniel Schreiber in seinem Nachwort, „das das Leben der Schwarzen amerikanischen Arbeiterklasse von den Zwanzigerjahren bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ausleuchtet und nicht zuletzt die Rolle der Frauen in diesem Milieu untersucht“.
Brooks hatte weder einen Thesen- noch einen soziologischen Roman im Sinn. Andererseits steckt in diesem Leben, das in kurzen, poetischen Prosaminiaturen erzählt wird, eben doch eine gesellschaftliche Dimension – wenn es um die Wohnsituation für schwarze Familien geht, um die Frage der Hauttönung, verschiedenen Grade von Blackness. Hellere und dunklere Teints setzten auch innerhalb der Community Distinktionsmechanismen in Gang, und Maud Martha spürt darin den Rassismus ebenso wie ihre vermeintliche Unzulänglichkeit, das Gefühl, einem gängigen Schönheitsideal nicht zu entsprechen.
Wir wohnen Alltagsszenen bei, etwa der peinigenden Verwendung des N-Worts durch eine weiße Verkäuferin. Marthas Bekannte kommentiert diese gedankenlos-selbstverständliche Bemerkung lakonisch: „Unsereiner muss aufhören, wegen solcher Wörter wie ‚Nigger‘ und dergleichen so empfindlich zu sein.“ Es sei ja nicht böse gemeint. In solchen Szenen sind gender und race troubles wie in eine Nussschale gepackt.
Gwendolyn Brooks folgt ihrer Heldin von der Kindheit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Sie ist bei ihr, als sie ihren Mann kennenlernt und ihr erstes Kind bekommt, sich eine mickrige Wohnung schönträumt und sich als Hausmädchen in den besseren Kreisen Chicagos verdingen muss. Durch ihr vignettenhaftes, episodisches Erzählen lässt sie vieles unausgesprochen. Die Leerstellen aber bieten Raum, den die selbstsicherer werdende und zugleich bescheidene Maud Martha gänzlich ausfüllt, sie kann darin wachsen, erwachsen werden.
Nicht zuletzt ist es Brooks’ andeutungsreiche Sprache, die in wenigen Sätzen viele verschiedene Stimmungen erzeugen kann. In den Kindheitsszenen erscheint Maud Marthas Welt von einer verzaubernden Anmut, sie wird in hinreißenden Bildern eingefangen, in einem lyrischen Ton – den Andrea Ott anstrengungslos und zum Glück ohne allzu enge Bindung oder Anbiederung ans Original ins Deutsche bringt. Denn der spezifische, teils swingende Rhythmus und die Verspieltheit von Brooks’ Englisch, die Binnenreime und Alliterationen lassen sich kaum nachahmen, wenn sie etwa fast rappend eine Straßenszene lebendig werden lassen, die „bits of pink, of blue, white, yellow, green, purple, brown, black, carried by jerky little stems of brown or yellow or brown-black, blew by the unhandsome gray and decay of the double-apartment buildings …“
Otts Deutsch ist notgedrungen prosaischer, aber nicht weniger einnehmend. Einen kleinen Fauxpas allerdings leistet sie sich, und auch dem Lektorat ist er durchgerutscht. Einmal ist bei Brooks die Rede von „pompadours“, die Übersetzerin macht daraus „Elvis-Tollen“. Im Jahr 1953, als das Buch erschien, war Elvis allerdings ein Hobby-Sänger, den kein Mensch kannte. Und in der Zeit, in der die Szene spielt, noch nicht einmal geboren.
Mit den Desillusionierungen, die das Leben für Maud Martha mit sich bringt, wird auch die Sprache von Brooks nüchterner. Ihre urbane Heldin aber bewahrt sich ihre kindliche Unschuld und einen liebevollen Blick, den sie trotz ihrer wenig romantischen Ehe und unzähliger enttäuschender Erfahrungen nicht verliert. Sie weiß um die banale und brutale Welt – und um die raren Glücksmomente. Maud Marthas Talent besteht darin, diese zu erkennen, sie nicht achtlos vorübergehen zu lassen.
„Insgesamt, fand sie, war das Leben eher eine Komödie als eine Tragödie. Fast alle Geschehnisse hatten auch etwas Komisches an sich, und es war gar nicht mal so sehr versteckt. Früher oder später gab es in fast jeder Situation etwas zu lachen. Letzten Endes bewahrte das die Menschen davor, wahnsinnig zu werden.“ Die unscheinbar schillernde Maud Martha behält nicht nur ihre sieben Sinne, sondern auch ihre Menschlichkeit. Der radikale Weg, den Gwendolyn Brooks einschlug, als sie sich der Bürgerrechtsbewegung anschloss und in ihren Gedichten den strukturellen Rassismus der US-Gesellschaft anprangerte, war für Maud Martha noch nicht gangbar. Aber in dieser „lovely little person“ ist er doch bereits angelegt.
ULRICH RÜDENAUER
Hellere und dunklere Teints
führten auch innerhalb
der Community zu Rassismus
Trotz diskriminierender
Erfahrungen bewahrt sich
Maud Martha ihre Menschlichkeit
1950 gewann Gwendolyn Brooks den Pulitzer-Prize für ihre Lyriksammlung „Annie Allen“.
Foto: Bettmann Archive/ Getty Images
Gwendolyn Brooks: Maud Martha. Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Andrea Ott. Mit einem Nachwort von Daniel Schreiber. Manesse Verlag. München 2023. 156 Seiten. 22 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Endlich erscheint der Roman „Maud Martha“ von Gwendolyn Brooks auf Deutsch, er erzählt die Geschichte einer widerständigen Frau
Maud Martha Brown ist ein unscheinbares Wesen, zurückhaltend ist sie und ein wenig versonnen; niemand würde sich auf der Straße nach ihr umsehen. Ihre Schwester Helen dagegen ist beliebter und hübscher. Nicht einmal Maud Marthas Träume sind sonderlich ausgefallen; sie passen sich notgedrungen an die tristen Umstände an, in denen nicht nur sie, sondern die meisten schwarzen Frauen vor 100 Jahren aufwuchsen. Es ist ein von Rassismus und Armut geprägtes Leben, ohne üppige Aufstiegschancen.
Trotzdem wird man sich in Maud Martha verlieben. In der Art, wie Gwendolyn Brooks sie beschreibt, liegt eine beiläufige Schönheit: „(…) hauptsächlich sah sie Löwenzahn. Gelbe Alltagsedelsteine, mit denen das geflickte grüne Kleid ihres Hinterhofs verziert war. Sie mochte diese nüchterne Schönheit, mehr noch aber ihre Alltäglichkeit, denn darin glaubte sie ein Abbild ihrer selbst zu erkennen, und es war tröstlich, dass etwas, was gewöhnlich war, gleichzeitig eine Blume sein konnte.“
Die 1917 geborene Maud Martha trägt einige Züge ihrer Schöpferin, der gleichaltrigen Gwendolyn Brooks. Beide entstammen einfachsten Verhältnissen, wachsen in der South Side Chicagos auf, wo nach dem amerikanischen Bürgerkrieg, vor allem aber während der Industrialisierung viele Schwarze aus den Südstaaten ihr Glück suchten. Die afroamerikanische Gemeinde war zunächst in Bronzeville um die 35. Straße herum beheimatet, dem „Black Belt“ der Metropole; nach dem Zweiten Weltkrieg dann auch in anderen Teilen der South Side.
Wichtige schwarze Politiker machten sich von dort aus auf Richtung Washington, allen voran Jesse Jackson und Barack Obama. Für Gwendolyn Brooks selbst, die im Jahr 2000 starb, wäre ein afroamerikanischer Präsident wohl kaum vorstellbar gewesen. Die South Side war aber auch ein Ort, an dem Schwarze Künstlerinnen und Künstler sich entwickeln konnten, und eine der bekanntesten von ihnen war Gwendolyn Brooks selbst. Sie war noch keine 20 Jahre alt, da hatte sie Dutzende von Gedichten im Chicago Defender veröffentlicht, der damals bedeutendsten, bereits 1905 gegründeten afroamerikanischen Zeitung. Für ihren zweiten Gedichtband „Annie Allen“ aus dem Jahr 1949 wurde Brooks als erste schwarze Autorin mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, viele weitere Lyriksammlungen und Ehrungen folgten. Ihr Einfluss in den USA ist kaum zu überschätzen: „Ich erwähne Gwendolyn Brooks gegenüber jedem schwarzen Dichter, und jedes Mal wird das Offensichtliche deutlicher: Gwendolyn Brooks ist eine Vorfahrin von uns allen; wir alle schreiben in ihrer Nachfolge“, so beschrieb es der Lyriker Bernard Ferguson 2021 in der Paris Review.
In deutscher Übersetzung kann man Brooks’ Gedichte noch nicht lesen. Dafür nun aber ihren einzigen Roman „Maud Martha“ aus dem Jahr 1953, „ein Buch“, so der Essayist Daniel Schreiber in seinem Nachwort, „das das Leben der Schwarzen amerikanischen Arbeiterklasse von den Zwanzigerjahren bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ausleuchtet und nicht zuletzt die Rolle der Frauen in diesem Milieu untersucht“.
Brooks hatte weder einen Thesen- noch einen soziologischen Roman im Sinn. Andererseits steckt in diesem Leben, das in kurzen, poetischen Prosaminiaturen erzählt wird, eben doch eine gesellschaftliche Dimension – wenn es um die Wohnsituation für schwarze Familien geht, um die Frage der Hauttönung, verschiedenen Grade von Blackness. Hellere und dunklere Teints setzten auch innerhalb der Community Distinktionsmechanismen in Gang, und Maud Martha spürt darin den Rassismus ebenso wie ihre vermeintliche Unzulänglichkeit, das Gefühl, einem gängigen Schönheitsideal nicht zu entsprechen.
Wir wohnen Alltagsszenen bei, etwa der peinigenden Verwendung des N-Worts durch eine weiße Verkäuferin. Marthas Bekannte kommentiert diese gedankenlos-selbstverständliche Bemerkung lakonisch: „Unsereiner muss aufhören, wegen solcher Wörter wie ‚Nigger‘ und dergleichen so empfindlich zu sein.“ Es sei ja nicht böse gemeint. In solchen Szenen sind gender und race troubles wie in eine Nussschale gepackt.
Gwendolyn Brooks folgt ihrer Heldin von der Kindheit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Sie ist bei ihr, als sie ihren Mann kennenlernt und ihr erstes Kind bekommt, sich eine mickrige Wohnung schönträumt und sich als Hausmädchen in den besseren Kreisen Chicagos verdingen muss. Durch ihr vignettenhaftes, episodisches Erzählen lässt sie vieles unausgesprochen. Die Leerstellen aber bieten Raum, den die selbstsicherer werdende und zugleich bescheidene Maud Martha gänzlich ausfüllt, sie kann darin wachsen, erwachsen werden.
Nicht zuletzt ist es Brooks’ andeutungsreiche Sprache, die in wenigen Sätzen viele verschiedene Stimmungen erzeugen kann. In den Kindheitsszenen erscheint Maud Marthas Welt von einer verzaubernden Anmut, sie wird in hinreißenden Bildern eingefangen, in einem lyrischen Ton – den Andrea Ott anstrengungslos und zum Glück ohne allzu enge Bindung oder Anbiederung ans Original ins Deutsche bringt. Denn der spezifische, teils swingende Rhythmus und die Verspieltheit von Brooks’ Englisch, die Binnenreime und Alliterationen lassen sich kaum nachahmen, wenn sie etwa fast rappend eine Straßenszene lebendig werden lassen, die „bits of pink, of blue, white, yellow, green, purple, brown, black, carried by jerky little stems of brown or yellow or brown-black, blew by the unhandsome gray and decay of the double-apartment buildings …“
Otts Deutsch ist notgedrungen prosaischer, aber nicht weniger einnehmend. Einen kleinen Fauxpas allerdings leistet sie sich, und auch dem Lektorat ist er durchgerutscht. Einmal ist bei Brooks die Rede von „pompadours“, die Übersetzerin macht daraus „Elvis-Tollen“. Im Jahr 1953, als das Buch erschien, war Elvis allerdings ein Hobby-Sänger, den kein Mensch kannte. Und in der Zeit, in der die Szene spielt, noch nicht einmal geboren.
Mit den Desillusionierungen, die das Leben für Maud Martha mit sich bringt, wird auch die Sprache von Brooks nüchterner. Ihre urbane Heldin aber bewahrt sich ihre kindliche Unschuld und einen liebevollen Blick, den sie trotz ihrer wenig romantischen Ehe und unzähliger enttäuschender Erfahrungen nicht verliert. Sie weiß um die banale und brutale Welt – und um die raren Glücksmomente. Maud Marthas Talent besteht darin, diese zu erkennen, sie nicht achtlos vorübergehen zu lassen.
„Insgesamt, fand sie, war das Leben eher eine Komödie als eine Tragödie. Fast alle Geschehnisse hatten auch etwas Komisches an sich, und es war gar nicht mal so sehr versteckt. Früher oder später gab es in fast jeder Situation etwas zu lachen. Letzten Endes bewahrte das die Menschen davor, wahnsinnig zu werden.“ Die unscheinbar schillernde Maud Martha behält nicht nur ihre sieben Sinne, sondern auch ihre Menschlichkeit. Der radikale Weg, den Gwendolyn Brooks einschlug, als sie sich der Bürgerrechtsbewegung anschloss und in ihren Gedichten den strukturellen Rassismus der US-Gesellschaft anprangerte, war für Maud Martha noch nicht gangbar. Aber in dieser „lovely little person“ ist er doch bereits angelegt.
ULRICH RÜDENAUER
Hellere und dunklere Teints
führten auch innerhalb
der Community zu Rassismus
Trotz diskriminierender
Erfahrungen bewahrt sich
Maud Martha ihre Menschlichkeit
1950 gewann Gwendolyn Brooks den Pulitzer-Prize für ihre Lyriksammlung „Annie Allen“.
Foto: Bettmann Archive/ Getty Images
Gwendolyn Brooks: Maud Martha. Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Andrea Ott. Mit einem Nachwort von Daniel Schreiber. Manesse Verlag. München 2023. 156 Seiten. 22 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Frankfurter Allgemeine ZeitungWer braucht noch Antworten, wenn er im Himmel ist?
Die Fragen stellen sich auf der Erde: "Maud Martha", ein Klassiker amerikanischer Literatur aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, erscheint nun endlich auch auf Deutsch.
Von Verena Lueken
Maud Martha liebt Löwenzahn. Lebte sie anderswo, würde sie vielleicht auch japanische Iris lieben, aber da, wo sie ist, in Chicagos South Side, sieht sie, wenn sie sich umschaut, nur Löwenzahn. "Sie mochte diese nüchterne Schönheit, mehr noch aber ihre Alltäglichkeit, denn darin glaubte sie ein Abbild ihrer selbst zu erkennen, und es war tröstlich, dass etwas, was gewöhnlich war, gleichzeitig eine Blume sein konnte."
Das ist der Ton, in dem Gwendolyn Brooks von Maud Martha und deren Leben erzählt. Es ist ein materiell einfaches Leben, was nicht bedeutet, es wäre ohne Träume, ohne komplizierte Gefühle und Gedanken, ohne Enttäuschungen. Es ist das Leben einer schwarzen Frau in den Zwanziger-, Dreißiger- und Vierzigerjahren in Chicago, die in einer von der weißen Mehrheit noch unhinterfragten rassistischen Welt sich im Leben einrichtet, klaglos, aber nicht ohne Widerständigkeit. Wobei die Widerständigkeit eine innere ist. Eine, die es Maud Martha erlaubt, selbst zu entscheiden, wer sie unter den gegebenen Umständen sein will.
Zu den gegebenen Umständen gehören neben Diskriminierung und Ghettoisierung durch die weiße Gesellschaft die patriarchale Familienorganisation ebenfalls innerhalb der schwarzen Gemeinschaft wie auch die Fixierung auf den Braunton der Haut und die Struktur der Haare. Martha ist dunkel "wie Kakao". Heller, wie Milchkaffee, wäre besser.
34 kleine Geschichten, so nannte Gwendolyn Brooks selbst die je kaum dreiseitigen Vignetten, aus denen ihr Roman "Maud Martha" besteht, geschrieben in einer auf Äußerste verdichteten Weise, poetisch konzise, in aller Verknappung vollkommen klar. Es sind Geschichten aus dem Alltag - vom Tod der Großmutter oder eines Onkels, dem Besuch eines weißen Mitschülers, den ersten Verehrern, der Ehe, dem Kind, verbunden mit den Gedanken der heranwachsenden, schließlich erwachsenen Maud. Warum hieß es, Gott gebe die Antworten auf die entscheidenden Fragen des Lebens im Himmel, wenn es zu spät war? Gab es einen Ort, an dem "der Regen so herrlich langweilig" trommelte wie auf das Haus ihrer Kindheit? Und schließlich das umfassende Grau, das in ihrem Eheleben in der Kitchenette-Wohnung alles überzieht, "die Schluchzer, die Enttäuschungen, die kleinen Feindseligkeiten, die großen hässlichen Feindseligkeiten, die sich Bahn brechenden Funken Liebe, die Langeweile". Es gibt sehr viel Grau dort, wo Maud Martha gelandet ist.
Gwendolyn Brooks lebte von 1917 bis 2000, und tatsächlich schrieb sie vor allem Gedichte. Ihr Lyrikband "Annie Allen" war es auch, mit dem sie im Jahr 1950 die erste schwarze Pulitzer-Preisträgerin wurde - eine Überraschung, an der sie die nächsten fünfzig Jahre herumknabberte. Daniel Schreiber berichtet in seinem emphatischen Nachwort davon, wie Brooks in fast jedem Interview, bei fast jedem öffentlichen Auftritt der nächsten Jahrzehnte von dem Augenblick erzählte, in dem sie von dem Preis erfuhr. Der Strom war gerade abgestellt worden, weil sie für ihre Kitchenette-Wohnung die Rechnung nicht bezahlen konnte. Doch am Abend nach der Preisentscheidung ging das Licht plötzlich wieder an.
In dieser Anekdote sprach Gwendolyn Brooks weniger von ihrem Preis als davon, wie der alltägliche Rassismus "bis in die hintersten Winkel des Lebens reichte", so Schreiber, der im Folgenden erklärt, was es mit der "Kitchenette" auf sich hat, in der die Autorin lebte und auch ihre Protagonistin Maud Martha. Es handelt sich um die Antwort von Vermietern auf den gesteigerten Wohnungsbedarf für Schwarze nach der großen Wanderung in die Städte des Nordens. Sie teilten größere Wohnungen in mehrere kleine, die jeweils eine Küchenzeile hatten, aber Bad und Toilette auf der Etage mit den Bewohnern der Nachbarwohnungen teilen mussten. Entsprechend klein waren diese Wohnungen, entsprechend problematisch die hygienischen Bedingungen, und entsprechend schwierig war es, von dort wieder wegzukommen.
Maud Martha heiratet einen Mann, der von einer prächtigeren Wohnung träumte, einen Mann, der auch gern eine hellhäutigere Frau geheiratet und Mitglied des Foxy Cats Club geworden wäre, wo sie einmal zu einer Party eingeladen waren. Maud Martha weiß das, aber es verbittert sie nicht. Was blieb ihr übrig? Maud Martha bemerkt auch, dass sie einmal die einzigen Schwarzen in einem Kino sind, dass die Friseurin sich in ihrer Gegenwart ganz selbstverständlich rassistisch äußert und dass die Frau, der sie im Haushalt hilft, sie bittet, den Hintereingang zu nehmen. An den Rand der Bitterkeit aber bringt sie erst der Weihnachtsmann in einem Supermarkt, der den Kindern zuhört und sie beschenkt - außer Mauds Tochter, die er ignoriert. Da spürt sie einen stummen Hass in sich hochsteigen, den sie vorher nicht kannte.
Man spürt die Lyrikerin in diesem einzigen Roman, den Gwendolyn Brooks geschrieben hat, erschienen 1953 und nun erstmals ins Deutsche übersetzt, siebzig Jahre nach Erscheinen des Originals. Auch eine britische Ausgabe kam erstmals im vergangenen Jahr heraus. Der Manesse Verlag behandelt das Buch als Klassiker - gebunden, mit einem in der Anmutung der Fünfziger stilisierten Schutzumschlag, prominenten Preisungen auf der Rückseite und eben dem Nachwort von Daniel Schreiber. Nach Lektüre des schmalen Buchs besteht kein Zweifel an dem Rang, den "Maud Martha" im Kanon klassischer amerikanischer Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts einnimmt. Warum hatten wir hier früher nie von Gwendolyn Brooks gehört?
Möglicherweise waren es die Bücher zweier anderer Autoren, die etwa zur selben Zeit erschienen und übersetzt wurden - Ralph Ellisons "Invisible Man" (1952, deutsch 1954) und James Baldwins "Go Tell it on the Montain" (1953, deutsch 1966) -, die im Bewusstsein der lesenden Öffentlichkeit keinen Raum ließen für ein weiteres Buch mit vermeintlich "schwarzen" Themen. "Maud Martha" ist schließlich ein Buch, in dem es um Leben und Gedanken einer schwarzen Frau geht, die nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt, mit Weißen zusammenkommt und den erfahrenen Rassismus nicht zum Zentrum ihrer Überlegungen macht. Möglicherweise war das Buch zu leise, zu zart, zu bescheiden in der Anlage der Titelfigur, die von sich denkt, "sie wollte der Welt einfach eine gute Maud Martha schenken. Das war ihr Angebot, das Stückchen Kunst, das von niemand anderem kommen konnte."
Der Stimme, in der dieses Buch aus der intimen Perspektive einer dritten Person spricht, möchte man unbedingt weiter zuhören. In den Gedichten, die vieles mit diesem wunderbaren Roman gemein haben, wäre dazu Gelegenheit. Am besten zweisprachig, weil die vermeintlich einfachen Sätze der Gwendolyn Brooks ihren Zauber im Original noch einmal voller entfalten.
"In Wirklichkeit war es so: Wenn man aus seinem Leben eine gute Tragödie herausholte, eine einzige gute, fantastische Tragödie, echt, ernst, erschöpfend, nicht das Ergebnis menschlicher Dummheit, dann hatte man seine Sache gut gemacht, fand sie, sehr gut gemacht." Mehr Witz und Weisheit wäre für diese autonome Frau vermutlich auch in einer glamouröseren Umgebung nicht zu holen gewesen.
Gwendolyn Brooks: "Maud Martha". Roman.
Aus dem amerikanischen Englisch von Andrea Ott. Nachwort von Daniel Schreiber. Manesse Verlag München 2023. 153 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Fragen stellen sich auf der Erde: "Maud Martha", ein Klassiker amerikanischer Literatur aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, erscheint nun endlich auch auf Deutsch.
Von Verena Lueken
Maud Martha liebt Löwenzahn. Lebte sie anderswo, würde sie vielleicht auch japanische Iris lieben, aber da, wo sie ist, in Chicagos South Side, sieht sie, wenn sie sich umschaut, nur Löwenzahn. "Sie mochte diese nüchterne Schönheit, mehr noch aber ihre Alltäglichkeit, denn darin glaubte sie ein Abbild ihrer selbst zu erkennen, und es war tröstlich, dass etwas, was gewöhnlich war, gleichzeitig eine Blume sein konnte."
Das ist der Ton, in dem Gwendolyn Brooks von Maud Martha und deren Leben erzählt. Es ist ein materiell einfaches Leben, was nicht bedeutet, es wäre ohne Träume, ohne komplizierte Gefühle und Gedanken, ohne Enttäuschungen. Es ist das Leben einer schwarzen Frau in den Zwanziger-, Dreißiger- und Vierzigerjahren in Chicago, die in einer von der weißen Mehrheit noch unhinterfragten rassistischen Welt sich im Leben einrichtet, klaglos, aber nicht ohne Widerständigkeit. Wobei die Widerständigkeit eine innere ist. Eine, die es Maud Martha erlaubt, selbst zu entscheiden, wer sie unter den gegebenen Umständen sein will.
Zu den gegebenen Umständen gehören neben Diskriminierung und Ghettoisierung durch die weiße Gesellschaft die patriarchale Familienorganisation ebenfalls innerhalb der schwarzen Gemeinschaft wie auch die Fixierung auf den Braunton der Haut und die Struktur der Haare. Martha ist dunkel "wie Kakao". Heller, wie Milchkaffee, wäre besser.
34 kleine Geschichten, so nannte Gwendolyn Brooks selbst die je kaum dreiseitigen Vignetten, aus denen ihr Roman "Maud Martha" besteht, geschrieben in einer auf Äußerste verdichteten Weise, poetisch konzise, in aller Verknappung vollkommen klar. Es sind Geschichten aus dem Alltag - vom Tod der Großmutter oder eines Onkels, dem Besuch eines weißen Mitschülers, den ersten Verehrern, der Ehe, dem Kind, verbunden mit den Gedanken der heranwachsenden, schließlich erwachsenen Maud. Warum hieß es, Gott gebe die Antworten auf die entscheidenden Fragen des Lebens im Himmel, wenn es zu spät war? Gab es einen Ort, an dem "der Regen so herrlich langweilig" trommelte wie auf das Haus ihrer Kindheit? Und schließlich das umfassende Grau, das in ihrem Eheleben in der Kitchenette-Wohnung alles überzieht, "die Schluchzer, die Enttäuschungen, die kleinen Feindseligkeiten, die großen hässlichen Feindseligkeiten, die sich Bahn brechenden Funken Liebe, die Langeweile". Es gibt sehr viel Grau dort, wo Maud Martha gelandet ist.
Gwendolyn Brooks lebte von 1917 bis 2000, und tatsächlich schrieb sie vor allem Gedichte. Ihr Lyrikband "Annie Allen" war es auch, mit dem sie im Jahr 1950 die erste schwarze Pulitzer-Preisträgerin wurde - eine Überraschung, an der sie die nächsten fünfzig Jahre herumknabberte. Daniel Schreiber berichtet in seinem emphatischen Nachwort davon, wie Brooks in fast jedem Interview, bei fast jedem öffentlichen Auftritt der nächsten Jahrzehnte von dem Augenblick erzählte, in dem sie von dem Preis erfuhr. Der Strom war gerade abgestellt worden, weil sie für ihre Kitchenette-Wohnung die Rechnung nicht bezahlen konnte. Doch am Abend nach der Preisentscheidung ging das Licht plötzlich wieder an.
In dieser Anekdote sprach Gwendolyn Brooks weniger von ihrem Preis als davon, wie der alltägliche Rassismus "bis in die hintersten Winkel des Lebens reichte", so Schreiber, der im Folgenden erklärt, was es mit der "Kitchenette" auf sich hat, in der die Autorin lebte und auch ihre Protagonistin Maud Martha. Es handelt sich um die Antwort von Vermietern auf den gesteigerten Wohnungsbedarf für Schwarze nach der großen Wanderung in die Städte des Nordens. Sie teilten größere Wohnungen in mehrere kleine, die jeweils eine Küchenzeile hatten, aber Bad und Toilette auf der Etage mit den Bewohnern der Nachbarwohnungen teilen mussten. Entsprechend klein waren diese Wohnungen, entsprechend problematisch die hygienischen Bedingungen, und entsprechend schwierig war es, von dort wieder wegzukommen.
Maud Martha heiratet einen Mann, der von einer prächtigeren Wohnung träumte, einen Mann, der auch gern eine hellhäutigere Frau geheiratet und Mitglied des Foxy Cats Club geworden wäre, wo sie einmal zu einer Party eingeladen waren. Maud Martha weiß das, aber es verbittert sie nicht. Was blieb ihr übrig? Maud Martha bemerkt auch, dass sie einmal die einzigen Schwarzen in einem Kino sind, dass die Friseurin sich in ihrer Gegenwart ganz selbstverständlich rassistisch äußert und dass die Frau, der sie im Haushalt hilft, sie bittet, den Hintereingang zu nehmen. An den Rand der Bitterkeit aber bringt sie erst der Weihnachtsmann in einem Supermarkt, der den Kindern zuhört und sie beschenkt - außer Mauds Tochter, die er ignoriert. Da spürt sie einen stummen Hass in sich hochsteigen, den sie vorher nicht kannte.
Man spürt die Lyrikerin in diesem einzigen Roman, den Gwendolyn Brooks geschrieben hat, erschienen 1953 und nun erstmals ins Deutsche übersetzt, siebzig Jahre nach Erscheinen des Originals. Auch eine britische Ausgabe kam erstmals im vergangenen Jahr heraus. Der Manesse Verlag behandelt das Buch als Klassiker - gebunden, mit einem in der Anmutung der Fünfziger stilisierten Schutzumschlag, prominenten Preisungen auf der Rückseite und eben dem Nachwort von Daniel Schreiber. Nach Lektüre des schmalen Buchs besteht kein Zweifel an dem Rang, den "Maud Martha" im Kanon klassischer amerikanischer Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts einnimmt. Warum hatten wir hier früher nie von Gwendolyn Brooks gehört?
Möglicherweise waren es die Bücher zweier anderer Autoren, die etwa zur selben Zeit erschienen und übersetzt wurden - Ralph Ellisons "Invisible Man" (1952, deutsch 1954) und James Baldwins "Go Tell it on the Montain" (1953, deutsch 1966) -, die im Bewusstsein der lesenden Öffentlichkeit keinen Raum ließen für ein weiteres Buch mit vermeintlich "schwarzen" Themen. "Maud Martha" ist schließlich ein Buch, in dem es um Leben und Gedanken einer schwarzen Frau geht, die nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt, mit Weißen zusammenkommt und den erfahrenen Rassismus nicht zum Zentrum ihrer Überlegungen macht. Möglicherweise war das Buch zu leise, zu zart, zu bescheiden in der Anlage der Titelfigur, die von sich denkt, "sie wollte der Welt einfach eine gute Maud Martha schenken. Das war ihr Angebot, das Stückchen Kunst, das von niemand anderem kommen konnte."
Der Stimme, in der dieses Buch aus der intimen Perspektive einer dritten Person spricht, möchte man unbedingt weiter zuhören. In den Gedichten, die vieles mit diesem wunderbaren Roman gemein haben, wäre dazu Gelegenheit. Am besten zweisprachig, weil die vermeintlich einfachen Sätze der Gwendolyn Brooks ihren Zauber im Original noch einmal voller entfalten.
"In Wirklichkeit war es so: Wenn man aus seinem Leben eine gute Tragödie herausholte, eine einzige gute, fantastische Tragödie, echt, ernst, erschöpfend, nicht das Ergebnis menschlicher Dummheit, dann hatte man seine Sache gut gemacht, fand sie, sehr gut gemacht." Mehr Witz und Weisheit wäre für diese autonome Frau vermutlich auch in einer glamouröseren Umgebung nicht zu holen gewesen.
Gwendolyn Brooks: "Maud Martha". Roman.
Aus dem amerikanischen Englisch von Andrea Ott. Nachwort von Daniel Schreiber. Manesse Verlag München 2023. 153 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main