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Max Beckmann zählt zu den größten Malern des 20. Jahrhunderts. Seine eindrucksvollen Selbstporträts, seine Frauenfiguren und explosiven Großstadtszenen, das philosophisch verschlüsselte Spätwerk haben seinen internationalen Ruf begründet. In dieser Biografie stellt Stephan Reimertz Leben und Werk des Malers vor. Er schildert dessen persönliche und künstlerische Entwicklung, seinen Aufstieg und Fall in Deutschland und die quälenden Jahre des Exils in den USA.

Produktbeschreibung
Max Beckmann zählt zu den größten Malern des 20. Jahrhunderts. Seine eindrucksvollen Selbstporträts, seine Frauenfiguren und explosiven Großstadtszenen, das philosophisch verschlüsselte Spätwerk haben seinen internationalen Ruf begründet. In dieser Biografie stellt Stephan Reimertz Leben und Werk des Malers vor. Er schildert dessen persönliche und künstlerische Entwicklung, seinen Aufstieg und Fall in Deutschland und die quälenden Jahre des Exils in den USA.
Autorenporträt
Stephan Reimertz, geb. 1962 in Aachen, studierte Kunstgeschichte, zog viele Jahre kreuz und quer durch die Welt und veröffentlichte 2001 den Roman "Papiergewicht".
Reimertz gilt als einer der besten Kenner des Beckmannschen Werkes.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.10.2003

Nur das Alleräußerste ist genug
Einzelgänger: Stephan Reimertz beäugt das Leben Max Beckmanns

Ein belebendes Element von Biographien ist das Zitat. Wer über eine Jahrhundertgestalt wie Max Beckmann schreibt, kann dabei mit dem Pfunde wuchern. Beckmann war ein sprachgewaltiger Maler. Er vertraute viel dem Wort an, und er setzte es mit Klarheit und Härte, wie die Farbe, in seiner Malerei ein. Allein ein Rückgriff auf seine Gedanken ist Garant für ein lebendiges Buch. Er hinterließ eine Reihe von Schriften, Vorträgen, eine Fülle von Briefen und eine Autobiographie. Außerdem hat Beckmann zeit seines Lebens Tagebuch geführt, vollständig erhalten blieben jedoch nur seine Aufzeichnungen der letzten Jahre, von 1940 bis 1950.

Auch von Kunsthistorikern und Zeitgenossen wurde viel über den Maler publiziert. Wichtige Quellen sind die "Erinnerungen", die seine beiden Frauen, Minna Beckmann-Tube und Mathilde "Quappi" Beckmann, sein Sohn Peter, die Schülerin Marie-Louise von Motesiczky und die Freunde Stephan Lackner, Wilhelm Hausenstein, Benno Reifenberg hinterließen. Ein gewaltiger Fundus, den zu verwalten keine leichte Aufgabe ist. Stephan Reimertz' Max-Beckmann-Biographie ist ein Beispiel für eine in Passagen immer wieder aus der Kontrolle geratene Gedankenflut, für den Dominoeffekt des Zitats.

Quellen- und facettenreich folgt der Band im Aufbau dem Lebensstrang einer klassischen Biographie. Er beginnt mit der Feststellung: "Max Beckmann wurde am 12. Februar 1884 in Leipzig geboren." Und endet mit vergleichbarer Sachlichkeit: "Am 28. Dezember 1950 gegen elf Uhr morgens fiel Max Beckmann an der Ecke 61st Street und Central Park West nach einem Gehirnschlag tot um." Die Lebensdaten geben der Biographie das klare Gerüst, um das sich aber zusehends mehr rankt. Wie die von Beckmann um 1920 als Bühnen entworfenen Bildszenen sind die Tableaus, die aus der Erzählung aufsteigen, bis zum Bersten gefüllt. Und sie öffnen sich Szenen aus Literatur, Musik, Film, Politik, selbst aus der Medizin, wenn es um seine Herzkrankheit geht. Es hätte eines guten Lektorats bedurft, dieses so informative, gut geschriebene Buch zu straffen, ihm seine stellenweise verunglückten Sätze und vereinzelt geschwätzigen Kommentare zu nehmen.

Vor zwei Jahren hat Reimertz seinen ersten Roman vorgelegt: "Papiergewicht". In Beckmann findet er jetzt eine Künstlerpersönlichkeit und mit ihm einen ebenso weltläufigen wie geistreichen, illustren Kreis, die einen guten Romanstoff hergeben würden. Die Erfahrung allerdings, in eine Romanfigur verwandelt zu werden, blieb dem Künstler zu Lebzeiten erspart.

Die Form der Biographie legt Reimertz Fesseln an. Er sucht die Romanform und erschafft so etwas wie einen großen Collageroman. Material gibt es in Hülle und Fülle. Der Horizont, vor dem die Gestalt Beckmann erscheint, ist das kulturelle, gesellschaftliche und politische Zeitgeschehen der ersten Jahrhunderthälfte, auf das der Maler mit der Entwicklung und den Themen seiner Kunst in vielen Facetten reagierte: die Wilhelminische Zeit, der Erste Weltkrieg, die Jahre des Erfolgs, die Salons, die hereinbrechende NS-Herrschaft, Verfolgung, schließlich Emigration. Als Kunsthistoriker greift Reimertz freilich auch zurück und dehnt seine Kopfreisen in andere Jahrhunderte und Länder aus. Beckmann ist dabei ein lohnendes Objekt, weil er als Rahmen für seine Kunst die alte Malerei bevorzugte. Immer wieder hat er sich, wie Reimertz belegen kann, auf Bosch, Holbein, Jörg Ratgeb, Grünewald, Altdorfer, Dürer und Brueghel bezogen.

Außer den schriftlichen Zeugnissen ist Beckmanns Malerei hilfreiches Zeitdokument für den Biographen. Er porträtierte die Menschen, die in engerem Kontakt zu ihm standen, außer seinen beiden Frauen die vielen, die seine Kunst unterstützten, die Sammler, Galeristen, Museumsleute. Er malte darüber hinaus Ansichten der Orte, in denen er lebte: Berlin, Frankfurt am Main, Paris, Amsterdam, St. Louis, New York. Und er porträtierte sich in den verschiedenen Lebensstadien und Lebensumständen, mal am Fuße, mal auf der obersten Sprosse der Erfolgsleiter.

Wie aber haben wir uns Max Beckmann als Person vorzustellen? Der Autor schildert ihn als selbstbewußten, weltläufigen Großbürger. Die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft hat Beckmann stets beschäftigt, deutlich ablesbar an seinen Selbstporträts. 1927, kurz vor dem Höhepunkt seiner Karriere und unmittelbar vor dem gewaltsamen Ende seines Ruhms in Deutschland, hat er sich noch im Smoking porträtiert - eine "triumphale Selbstrepräsentation", wie Reimertz anmerkt, die ihn als Mitglied der gesellschaftlichen Elite darstellt, als einen Malerfürsten in der Nachfolge von Stuck, Liebermann, Lenbach.

Eine der wichtigsten und liebenswertesten Eigenschaften Beckmanns, die Reimertz' Biographie durchzieht, ist dessen Fähigkeit zu innigen Freundschaften und Partnerschaften, die Konstanz seiner Beziehungen, wofür die lebenslange Freundschaft zu seiner ersten Frau, Minna Beckmann-Tube, beispielhaft ist. Wie aber stand es um den politischen Menschen? Reimertz geht verschiedentlich auf diese Frage ein. Im ersten Drittel des Buches lesen wir: "Wie viele Künstler neigte Max Beckmann dazu, politische Systeme danach zu beurteilen, ob sie einen geeigneten Boden für die Verbreitung seiner Kunst bereiteten. Als die Sowjetregierung 1926 seinen Litho-Zyklus ,Die Hölle' ankaufte, meinte er: ,Im Ausland ist's besser. Wilhelm II wird ja für meine Kunst nichts übrig haben. So hoffe ich also auf eine deutsche Republik.'" Das hört sich etwas opportunistisch an.

Später lernt man Beckmanns Haltung etwas besser kennen. Als Künstler, Individualist, Einzelgänger verachtete er das Kollektiv, die Nivellierung des Menschen in der Masse. In seinem Vortrag "Über meine Malerei", 1938 in London gehalten, bezeichnet er den "Collectivismus" als "größte Gefahr" der Menschheit. "Überall wird versucht, das Glück oder die Lebensmöglichkeiten des Menschen auf das Niveau eines Termitenstaates herabzuschrauben. Dem widersetze ich mich mit der ganzen Kraft meiner Seele."

Als junger Maler glaubte Beckmann noch, die Welt mit seiner Kunst verändern zu können. "Ich werde die Menschen wieder zur Kunst zwingen. Zu ihrem eigenen Heil." Und in einem Brief an seine spätere Frau Quappi bekennt er: "Ich will das Alleräußerste. Neue Gesetze schaffen der absoluten Form. Die Welt soll nach meinem Rhythmus marschieren, wie sie nach dem Rhythmus von Napoleon, Cäsar oder Lenin marschiert." Das klingt, wie er selbst zugibt, ein "bißchen größenwahnsinnig", und im Hinblick auf das, was bald darauf politisch in Deutschland passieren sollte, auch etwas militant. Letztlich jedoch ging es Beckmann, wie er bei anderer Gelegenheit vermerkte, um den Aufbruch in tiefere Wirklichkeiten, zu den "wesentlichen Dingen an sich, die hinter den Erscheinungen stehen".

BARBARA CATOIR

Stephan Reimertz: "Max Beckmann". Biographie. Luchterhand Literaturverlag, München 2003. 480 S., Abb., geb., 28,- [Euro].

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Die Beckmann-Renaissance
Max Beckmann war nie ein Unbekannter gewesen: Schon seit der ersten Ausstellung in der Berliner Secession 1906, spätestens aber seit den großen Werkschauen der 20er Jahre kannte ihn ein großes Publikum. In den vergangenen Jahren erlebte sein Werk eine Art Renaissance mit Ausstellungen im Centre Pompidou, Prado, Museum of Modern Art (N.Y.). Astronomische Auktionspreise haben ihn zum "teuersten" deutschen Maler überhaupt gemacht.
Die Faszination des Ausdrucks
Es verwundert sehr, dass bislang noch keine umfassende Biografie über diesen Ausnahmekünstler vorlag, der in den drei großen Themenkomplexen "Frau", "Großstadt" und "Selbstbildnisse" immer seinem individuellen Stil treu blieb. Weder die Gegenstandslose Malerei noch der Expressionismus beeindruckten ihn nachhaltig. Wie sonst vielleicht nur Picasso oder Klee versuchte er "den Menschen und den Gegenstand zu analysieren und in seiner ganzen Vielfalt, Schönheit und Hinfälligkeit zu zeigen". Mit seinen Triptychen wagte er sich als einer der Letzten an die "große Erzählung" in der Malerei.
Stationen eines Lebens
Diese überzeugend geschriebene Biografie begleitet Beckmanns Leben von der Kindheit in Pommern bis zum plötzlichen Tod in New York. Reimertz ist auf der ständigen Suche nach Verbindungslinien zwischen dem persönliche Werdegang und der künstlerischen Entwicklung. Die Kunstausbildung, der Sanitätseinsatz im Ersten Weltkrieg, der schnelle Ruhm in Berlin, die ausgedehnten Reisen, die Krisen, das Exil, die Rückkehr nach Deutschland und die Jahre in den USA - dies sind einige Stationen seines Lebens. Man muss dem Autor ein großes Kompliment für diese lang erwartete, schön gestaltete Biografie machen.
(Henrik Flor, literaturtest.de)
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Barbara Catoir bedauert, dass diese Beckmann-Biografie "ein Beispiel für eine in Passagen immer wieder aus der Kontrolle geratene Gedankenflut" geworden ist. Dieses im übrigen nämlich, wie sie lobt, "so informative, gut geschriebene Buch" hätte ihrer Ansicht nach also eigentlich nur eines guten Lektorats bedurft, um es zu "straffen" und ihm seine zum Teil "geschwätzigen Kommentare zu nehmen". Die Rezensentin erklärt sich das Problem vor allem daraus, dass die Form der Biografie dem Romanautor Stephan Reimertz wohl Fesseln angelegt habe, und entschuldigt ihn damit, dass die Literatur zu Beckmann - wie auch die vom Maler selbst hinterlassenen schriftlichen Zeugnisse - ein gewaltiger Fundus seien. Und schließlich kann man auf den Gedanken kommen, dass in dem Kritisierten vielleicht sogar ein Vorzug des Buches sich verbirgt. Wenn die Rezensentin nämlich ihr Urteil über die ausschweifenden "Kopfreisen" des Autors - "in andere Jahrhunderte und Länder" der Malerei zum Beispiel - dann noch einmal in folgendes Bild kleidet: die "Tableaus", die aus Reimertz' Erzählung "aufsteigen" würden, seien "bis zum Bersten gefüllt", und darin eigentlich den "von Beckmann um 1920 als Bühnen entworfenen Bildszenen" verwandt.

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"Mehr als andere, die bisher über Beckmann geschrieben haben, belegt der Autor auch die einsame Ausnahmefigur des Künstlers, der sich, entgegen der späteren Einordnung, Zeit seines Lebens gar nicht so sehr als Expressionist empfand." (Abendzeitung, München)