Rolf Wiggershaus widmet sich dem neben Theodor W. Adorno wohl bekanntesten Kopf einer kritischen Wissenschafts- und Gesellschaftstheorie. Max Horkheimer, schon deutlich vor dem Zweiten Weltkrieg einer der führenden Intellektuellen der "geistigen Linken" in der Blütezeit der Frankfurter Universität, wurde zu einem prominenten Opfer ihrer "Säuberung", konnte seine Arbeit im Exil jedoch fortsetzen. Die Entwicklungen der frühen 30er Jahre antizipierend, gelang es ihm durch kluges Handeln, das Frankfurter Institut für Sozialforschung und mit ihm die Aktivitäten einer ganzen Forschergruppe in die USA zu überführen. Er verstand es, "europäische Ideen" im pragmatischen amerikanischen Forschungskontext Geltung zu verschaffen - mit nachhaltiger Wirkung. Nicht nur deshalb trug er auf besondere Weise zum Ruhm Frankfurts und seiner Universität bei.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Detlev Claussen ist ziemlich ungehalten über Rolf Wiggershaus' Horkheimer-Biografie: Lediglich Anfängern in Sachen Kritischer Theorie möchte er einen Nutzen aus diesem Buch in Aussicht stellen, Lob findet immerhin noch Wiggershaus' Rechercheaufwand. Doch abseits solcher Zugeständnisse hagelt es Schelte: Krumm nimmt der Kritiker dem Autor nicht nur, dass dieser Horkheimer von Habermas und dessen "Frankfurter Schule" aus kommend einschätzt, wo sich diese - wie Claussen findet: lediglich behauptete - Theorietradition erst nach Horkheimers Tod gebildet hat: Doch während die "Frankfurter Schule" bewusst den Einzug in die Wissenschaft sucht, war die Kritische Theorie im Ursprung als revolutionäre Gesellschaftskritik angelegt und gegenüber dem Wissenschaftsbetrieb und dessen Glaube an die Aufklärung höchst skeptisch. Auch rauft sich der Rezensent manches Haar darüber, dass Wiggershaus Horkheimers Texte als biografische Belege heranzieht: "Aus einem Wald der Erkenntnis wird biografistisches Kleinholz", ätzt Claussen, der hier einen intellektuellen Großmeister mit scharfem Blick für die Katastrophen seiner Zeit zum akademischen Stubenhocker degradiert sieht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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