Max Nix lebt mit seinen sechs Brüdern und Mama und Papa Nix in Winkelburg. Max ist glücklich, aber nicht ganz: Max möchte nichts lieber auf der Welt besitzen als einen maßgeschneiderten Anzug. Eines Tages klopft der Postbote an die Tür und liefert ein großes Paket ab. Als Familie Nix die Sendung auspackt kommt ein wolliger, molliger, nigelnagelneuer senfgelber Anzug zum Vorschein. Und der erste, der diesen Anzug anprobiert, ist Papa Nix ...
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.06.1996Senfgelb
Ein weiteres Kinderbuch aus dem Nachlaß der Sylvia Plath
Eine, die ihren klugen Kopf daheim in den Gasofen legte, um jung zu sterben; eine, die die ihr folgende Generation tief verstörte (und betörte) mit dunklen Gedichten und Erzählungen und einem verzweifelten Roman; eine, der Wut und Ängste nachstiegen als eine paradoxe Pein - könnte so eine Babysitter sein?
Sylvia Plath Autorin des Kultbuchs "Die Glasglocke", bis heute Projektionsfigur westlicher Weiblichkeitstragödien, hat sich wirklich eine Gutenachtgeschichte zusammengereimt. Sie heißt "Das Bett-Buch" und erschien auf deutsch 1989, lange nach dem Tod der Verfasserin: eine Verführung zum Schlafengehen, die sich in ihrer verspielten Anarchie indes angenehm vom Kanon unterscheidet.
Auch "Max Nix", wie "Das Bett-Buch" 1959 entstanden, setzt auf offensiven Charme, auf Sprach- und Aberwitz statt auf praxisnahe Pädagogenpoesie. Diesmal ein lockerer Plauderton: Max Nix, sieben Jahre alt, ist der siebte der sieben Söhne der Familie Nix. Nichts wünscht er sich so sehr wie einen Anzug, in dem er "alles" tun und lassen kann: Hochzeiten feiern und Ski fahren, Kühe heimtreiben und umherstolzieren vor dem Lehrer, dem Bäcker, dem Bürgermeister und deren "tonangebenden Frauen". Wie Max zu seinem senfgelben Anzug kommt - eine herrlich sonnenferne Farbe! -, das hat mit Mut zum Eigensinn zu schaffen, mehr noch aber mit Erzählrhythmen, die den letzten zum ersten machen, ganz wie es uns gefällt. Die älteren, längeren, breiteren Nix-Brüder nämlich müssen zunächst verzichten - und das tun sie gern, denn wer schon will ausgerechnet in Senfgelb in die Welt?
Anproben, skeptische Blicke hinaus in womöglich prekäre Situationen: Einer schiebt dem anderen den Stoff zu, und eine kundige Mutter sorgt sechsmal für perfekte Paßform. Kleiner und kleiner wird ein Stück Gelb, im Gegenzug wächst der Spaß an Text und Bild. Ihr schon im "Bett-Buch" gezeigtes Vielerlei der Details und der arrangierten Szene bewährt sich wieder beim Thema Kleidermode (mit dem Sylvia Plath journalistisch umging): Rotraut Susanne Berner hat "Max Nix" sichtlich inspiriert illustriert. Alissa Walser hat mit Pfiff übersetzt. Ihr verdanken wir insbesondere die Rekonstruktion der zentralen Pointe: Die Metamorphose des Protagonisten "Max Nix" zur Parole "Macht nichts" ist allein im Deutschen zu haben (das Sylvia Plath beherrschte). "Macht nichts": Nur Max schert sich nicht darum, was die Leute zu seinem Anzug sagen, wie Kuhstall, Kirchplatz und Skipiste passen werden zu seinem neuen Ich. ESTHER RÖHR.
Sylvia Plath: "Max Nix". Aus dem Amerikanischen von Alissa Walser. Mit Bildern von Rotraut Susanne Berner. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1996. 45 S., geb., 19,80 DM. Ab 5 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein weiteres Kinderbuch aus dem Nachlaß der Sylvia Plath
Eine, die ihren klugen Kopf daheim in den Gasofen legte, um jung zu sterben; eine, die die ihr folgende Generation tief verstörte (und betörte) mit dunklen Gedichten und Erzählungen und einem verzweifelten Roman; eine, der Wut und Ängste nachstiegen als eine paradoxe Pein - könnte so eine Babysitter sein?
Sylvia Plath Autorin des Kultbuchs "Die Glasglocke", bis heute Projektionsfigur westlicher Weiblichkeitstragödien, hat sich wirklich eine Gutenachtgeschichte zusammengereimt. Sie heißt "Das Bett-Buch" und erschien auf deutsch 1989, lange nach dem Tod der Verfasserin: eine Verführung zum Schlafengehen, die sich in ihrer verspielten Anarchie indes angenehm vom Kanon unterscheidet.
Auch "Max Nix", wie "Das Bett-Buch" 1959 entstanden, setzt auf offensiven Charme, auf Sprach- und Aberwitz statt auf praxisnahe Pädagogenpoesie. Diesmal ein lockerer Plauderton: Max Nix, sieben Jahre alt, ist der siebte der sieben Söhne der Familie Nix. Nichts wünscht er sich so sehr wie einen Anzug, in dem er "alles" tun und lassen kann: Hochzeiten feiern und Ski fahren, Kühe heimtreiben und umherstolzieren vor dem Lehrer, dem Bäcker, dem Bürgermeister und deren "tonangebenden Frauen". Wie Max zu seinem senfgelben Anzug kommt - eine herrlich sonnenferne Farbe! -, das hat mit Mut zum Eigensinn zu schaffen, mehr noch aber mit Erzählrhythmen, die den letzten zum ersten machen, ganz wie es uns gefällt. Die älteren, längeren, breiteren Nix-Brüder nämlich müssen zunächst verzichten - und das tun sie gern, denn wer schon will ausgerechnet in Senfgelb in die Welt?
Anproben, skeptische Blicke hinaus in womöglich prekäre Situationen: Einer schiebt dem anderen den Stoff zu, und eine kundige Mutter sorgt sechsmal für perfekte Paßform. Kleiner und kleiner wird ein Stück Gelb, im Gegenzug wächst der Spaß an Text und Bild. Ihr schon im "Bett-Buch" gezeigtes Vielerlei der Details und der arrangierten Szene bewährt sich wieder beim Thema Kleidermode (mit dem Sylvia Plath journalistisch umging): Rotraut Susanne Berner hat "Max Nix" sichtlich inspiriert illustriert. Alissa Walser hat mit Pfiff übersetzt. Ihr verdanken wir insbesondere die Rekonstruktion der zentralen Pointe: Die Metamorphose des Protagonisten "Max Nix" zur Parole "Macht nichts" ist allein im Deutschen zu haben (das Sylvia Plath beherrschte). "Macht nichts": Nur Max schert sich nicht darum, was die Leute zu seinem Anzug sagen, wie Kuhstall, Kirchplatz und Skipiste passen werden zu seinem neuen Ich. ESTHER RÖHR.
Sylvia Plath: "Max Nix". Aus dem Amerikanischen von Alissa Walser. Mit Bildern von Rotraut Susanne Berner. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1996. 45 S., geb., 19,80 DM. Ab 5 J.
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