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"Gone with the Wind" von Margaret Mitchell ist einer der schönsten Liebesromane aller Zeiten und wurde nicht zuletzt durch die Verfilmung mit Vivian Leigh und Clark Gable unsterblich gemacht. Lesen Sie hier nun diese wunderbare Geschichte neu erzählt aus Rhett Butlers Sicht ...

Produktbeschreibung
"Gone with the Wind" von Margaret Mitchell ist einer der schönsten Liebesromane aller Zeiten und wurde nicht zuletzt durch die Verfilmung mit Vivian Leigh und Clark Gable unsterblich gemacht. Lesen Sie hier nun diese wunderbare Geschichte neu erzählt aus Rhett Butlers Sicht ...
Autorenporträt
Der Schriftsteller Donald McCaig wurde eigens von den Nachlassverwaltern Margaret Michells autorisiert, einen neuen Roman auf der Grundlage von "Vom Winde verweht" zu verfassen. Unter aufwendigen Recherchen an Originalschauplätzen und in historischen Archiven arbeitete der 1940 geborene Autor zwölf Jahre lang an "Rhett".
Für seine weiteren Romane über den amerikanischen Bürgerkrieg hat er mehrere Preise erhalten, darunter den John Esten Cooke Award für die beste Südstaatenliteratur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2007

Noch mehr Trara um Tara

Mit lautem Getöse erscheint jetzt schon die zweite Nachdichtung des Südstaaten-Klassikers "Vom Winde verweht". Nur wer hat einen Roman über "Rhett" gebraucht?

Ein Teil der Geschichte geht so: 1936 erscheint "Vom Winde verweht" von Margaret Mitchell, ein opulenter Südstaaten-Roman zur Zeit des Bürgerkrieges samt komplizierter Liebesgeschichte zwischen dem undurchsichtigen Lebemann Rhett Butler und der Südstaaten-Schönheit Scarlett O'Hara, die zwar fasziniert ist von Rhett, aber so lange der faden Jugendliebe Ashley Wilkes nachtrauert, bis es zu spät ist. Vielleicht jedenfalls, das Ende ist offen. Das Buch wird ein Welterfolg und verkauft sich bis heute über achtundzwanzig Millionen Mal, erhält 1937 den Pulitzer-Preis und wird 1939 verfilmt mit Clark Gable und Vivien Leigh. Der mehrfach Oscar-prämierte Film ist bis heute der kommerziell erfolgreichste Film überhaupt.

Margaret Mitchell weigerte sich standhaft und trotz lukrativer Verlockungen, ihre Geschichte weiterzuspinnen. Das offene Ende sollte offenbleiben. 1949 starb sie an den Folgen eines Autounfalls. Schließlich entdeckten ihre Erben 1987 das finanzielle Potential der Geschichte und sorgten, unbekümmert um den Willen der Urheberin, für eine Fortsetzung, für die sie die Trivialautorin Alexandra Ripley gewinnen konnten, die mit "Scarlett" ein von der Kritik einhellig abgelehntes, aber vielgelesenes Buch vorlegte, das sich weltweit sechs Millionen Mal verkaufte. Da Ripley ihrerseits für eine Fortsetzung ihrer Fortsetzung nicht zur Verfügung stand, folgte ein weiteres Autorencasting. Eine erste Version geriet den Erben zu britisch, und der zweite Kandidat, der Südstaaten-Schriftsteller Par Conroy, stieß sich an den Auflagen der Rechteinhaber, weder Homosexualität noch Inzest, noch "Rassenmischung" in der Geschichte zuzulassen. Conroy zog seine Bewerbung zurück, indem er öffentlich den Beginn seines Buches darlegte: "Nachdem sie miteinander geschlafen hatten, drehte sich Rhett zu Ashley Wilkes um und sagte: ,Ashley, habe ich dir je erzählt, dass meine Großmutter schwarz war?'"

Schließlich fand man jemanden, die Zeit drängte - fünfundsiebzig Jahre nach dem Erscheinen des Romans, in vier Jahren also, endet der Rechtsschutz der Autorin und damit die Ertragsquelle ihrer Erben. Donald McCaig, Autor einiger Südstaaten-Romane und Hundebücher, serviert nun ein über sechshundert Seiten langes Südstaaten-Epos, das im Original "Rhett Butler's People", auf Deutsch schlicht "Rhett" heißt und in einer weltweiten Auflage von 1,2 Millionen Exemplaren, zweihunderttausend auf Deutsch, auf den Markt drängt. Angeblich soll George Clooney an einer Verfilmung interessiert sein - er selbst als der neue Clark-Gable-Rhett, versteht sich. Sicher nur Zufall ist da, dass der deutsche Verlag Hoffmann und Campe die siebzehn CDs umfassende Hörbuchversion von "Rhett" von Martin Umbach einsprechen ließ, der deutschen Synchronstimme von George Clooney.

Die Vermarktungsstrategie ist also abgestimmt bis ins Detail - und wenn der Fortsetzungsvorgänger "Scarlett" eines gezeigt hat, dann, dass man auch ein Buch, um es freundlich auszudrücken: minderer Qualität mit den entsprechenden Mitteln am Markt durchsetzen kann. Doch nun zum anderen Teil der Geschichte: Was ist über Donald McCaigs Roman selbst zu sagen?

McCaig setzt nicht am Schmachtfetzen seiner Vorgängerin Ripley an, sondern direkt an "Vom Winde verweht" und schlüpft in die Lücken, die Margaret Mitchell gelassen hatte. Vor allem die Vorgeschichte des geheimnisvollen Rhett wird nun erzählt, beginnend mit einem Duell, bei dem Rhett den Sohn des Verwalters seines Vaters erschießt - im Original nur nebenher erwähnt - und endend mit der fortgesponnenen Liebesgeschichte zwischen Rhett und Scarlett.

"Rhett" hat dabei durchaus starke Seiten, etwa bei der Schilderung des Bürgerkrieges. Es ist sogar so, dass McCaig immer dort gute Passagen gelingen, wo er sich vom Urroman entfernt. Nur ist das nicht oft der Fall. Im Gegenteil ist es McCaigs oberstes Anliegen, Rhett Butler in einem neuen Licht zu zeigen, ihn gegen seine Erfinderin zu verteidigen, die ihn betont zwielichtig angelegt hatte. Hinweise auf Rhetts Vergangenheit und sein Treiben werden von McCaig aufgenommen und in Geschichten überführt, die ihn am Ende fast als Gentleman präsentieren.

Sein Abenteurer- und Rebellentum erklärt sich nach McCaig aus der Familiengeschichte und dem brutalen Vater, der seine Sklaven quält, und den Sohn, der freundschaftlich mit ihnen verkehrt, schwer bestraft. Mitchells Hinweis auf einen unehelichen Sohn Rhetts in New Orleans nimmt McCaig auf und macht daraus eine sein besseren Figuren, Taz, und eine milchig-rührige Erklärungsgeschichte. Der Kriegsgewinnler Rhett wird zum vorausblickenden Realisten, der schließlich doch noch für die Sache des Südens patriotisch Partei ergreift. Und der Hinweis auf einen Mord Rhetts, den Mitchell eingestreut hatte, wird auch kassiert. Mitchell hatte geschrieben, Rhett habe einen Schwarzen getötet, "weil er unverschämt gegen eine Frau gewesen war". Nun konstruiert McCaig eine Verleumdung gegen einen schwarzen Freund von Rhett, der schließlich, um nicht gelyncht zu werden, Rhett bittet, ihn zu töten, was dieser schweren Herzens ausführt. Und Rhetts Eintreten für den Klu-Klux-Klan, der ja überhaupt bei Mitchell als notwendige Reaktion auf die Verbrechen der nun freien Schwarzen auftrat, wird auch in milderes Licht getaucht. Um die Einsicht zu gewinnen, dass Mitchells Roman nicht nur eine großartige Liebesgeschichte, sondern auch ein rassistischer Roman ist, hätte man Donald McCaig wohl nicht gebraucht. Und nebenher macht er aus Rhett, dem großen Geheimnismann, einen faden Langweiler. So genau wollten wir das nicht wissen.

Liebesszenen sind nicht die Stärke von McCaig. Da sitzt ein junges Liebespaar "unter dem Blätterdach der alten Kastanien und Ulmen", wo sie "all die gewichtigen Gedanken und Gefühle austauschten, die junge Menschen an solch einem Ort zum Ausdruck bringen". Die da wären: "Das Paar sprach über Literatur und Schönheit." Man versteht, warum McCaig die Darstellung von Liebe meidet, wo er kann - schließlich muss sogar die Ranch "Tara" dran glauben, um eine finale Liebesszene zu verhindern. Der Versuch, die Faszination, die Scarlett ausübt, aus Rhetts Perspektive zu vermitteln, gelingt mit McCaigs Mitteln nicht.

Gelegentlich gewinnt der Roman nahezu parodistische Züge. "Fürwahr" rufen sich die Herrenreiter zur Bestätigung zu, "garstige Insekten" quälen die Kinder auf den Plantagen. Und dann die geballte Wucht an Lebensweisheit: "Kein Mann kann aus dem Bett einer Frau aufstehen, ohne etwas für die Urheberin seines Vergnügens zu empfinden." Oder: "Keine Frau ist einer Geschlechtsgenossin, die ihre Gunst verkauft, wohlgesinnt." Das alles kann ja nicht nur die Schuld der Übersetzung sein, auch wenn einen angesichts des funkelnden Schlusses bei Mitchell doch Zweifel überkommen. Auf die zu späte Liebesbeteuerung von Scarlett hatte Rhett entgegnet: "Frankly, my dear, I don't give a damn." In deutscher Übersetzung, braver: "Das ist mir ganz egal." Und nun, bei McCaig: "Das ist mir einerlei."

War's das jetzt? Der Schlusssatz von "Rhett" ("Und das war noch lange nicht das Ende") deutet anderes an. Man hat nun die Perspektive von Margaret Mitchell, die schmalzige Scarlett-Version, eine Parodie aus der Sicht der Sklaven (von den Mitchell-Erben erfolglos vor Gericht gezerrt) und nun die Rhett-Butler-Perspektive. Fehlt noch Tecumseh und wie er die Sache sieht. Nicht der Shawnee-Häuptling - das Pferd von Rhett.

TILMANN LAHME

Donald McCaig: "Rhett". Roman. Aus dem Amerikanischen von Kathrin Razum. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2007. 639 S., geb., 23,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.11.2007

Für die romantisch gestimmte Leserin ist vieles kalter Kaffee
Donald McCaig, der Verfasser des dritten Teils von „Vom Winde verweht”, hat für „Rhett” gründlich recherchiert und Rhett Butler entmystifiziert
Es wird nicht mehr allzu lange dauern, bis die Leute ausgestorben sind, die noch wissen, dass Margaret Mitchells Roman „Gone With The Wind” nicht „das Buch zum Film” war, sondern drei Jahre vor der Kino-Adaption auf den Markt kam und 1937 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde. Nachwachsenden Generationen, die eher großen bunten Bildern als kleinen schwarzen Buchstaben vertrauen, dürfte das ohnehin egal sein. Dabei sind die spezifisch literarischen Qualitäten des tausendseitigen Welterfolgs nicht zu unterschätzen, auch wenn es sich „nur” um einen soliden Unterhaltungsschmöker handelt. Gewiss, der Film zum Buch hat seine magischen Momente und gilt zu Recht als Markstein der Hollywood-Ästhetik. Doch fatalerweise plauderte Scarlett-Darstellerin Vivien Leigh später aus, wie sehr sie sich bei den Kussszenen durch Clark Gables Mundgeruch belästigt fühlte, was man dann leider nie wieder vergaß.
Das Buch hingegen, das den unwiderstehlichen Rhett Butler und den schönen, etwas faden Ashley Wilkes inklusive aller Duft-Assoziationen ganz der Vorstellungskraft der Leserin anheimgibt, bleibt als Pubertätslektüre für junge und ältere Mädchen eine sichere Bank – vorausgesetzt natürlich, dass Schule oder Elternhaus die begleitende Aufklärung über sexistische und rassistische Klischees leisten, die aufmerksame Pädagogen hier zuhauf finden können. Die Vermeidung des Happy-Ends aber hält die Romanze in respektgebietender Schwebe über vergleichbaren Erzeugnissen – kein Wunder, dass Margaret Mitchell, die ein Jahrzehnt an ihrem einzigen großen Werk arbeitete, sich bis zu ihrem Unfalltod im Jahr 1949 nie zu einem Folge-Epos überreden ließ.
Ganz anders ihre Erben: Sie schmücken sich weder mit Pietät noch mit künstlerischen Skrupeln, sondern treten ungeniert als Nachfahren Dagobert Ducks auf. Nachdem sie in den frühen Neunzigern mit „Scarlett”, einer Fortsetzung des Millionensellers aus der Feder der gecasteten Autorin Alexandra Ripley, sowie einer daraus destillierten Fernsehserie schon gründlich abgeräumt hatten, gaben sie keine Ruhe, bis der dritte Teil unter Dach und Fach war. Zwar ist morgen auch noch ein Tag, wie es im berühmten Schlusssatz des Originals heißt, aber die Urheberrechte gelten nur bis 2011, und da heißt es rechtzeitig schauen, ob nicht noch was geht.
Bei der Fahndung nach dem idealen Verfasser von Nummer drei hat es sich der Mitchell-Clan nicht leicht gemacht. Vor zwölf Jahren wurde die Engländerin Emma Tennant engagiert, die schon Jane Austens „Stolz und Vorurteil” erfolgreich weitergesponnen hatte. Sie verfertigte ein Manuskript unter dem Titel „Tara”, das ordnungsgemäß dort einsetzte, wo Ripleys Zweitverwertungs-Opus aufhört: Nachdem die eigensinnige Heldin Scarlett O’Hara in Irland, der Heimat ihrer Ahnen, allerlei Abenteuer erlebt hat, kehrt sie nach Georgia zurück, um auf der Plantage Tara einen Neuanfang mit dem geliebten, verhassten Rhett Butler zu wagen. Aber die Auftraggeber befanden, der Text sei zu britisch-vernünftig und Tennant habe kein Gespür für das Südstaaten-Flair; sie ließen den Vertrag platzen und untersagten die Publikation.
Zum nächsten Kandidaten erkor man den gestandenen Südstaaten-Romancier und Mitchell-Spezialisten Pat Conroy. Der jedoch stieß sich an einer Vertragsklausel, die vorschrieb, dass die Geschichte von jeder Anspielung auf (man glaubt es kaum) „Homosexualität oder Rassenmischung” frei bleiben müsse. Und so verkündete er öffentlich, er werde seine Version mit den Sätzen beginnen lassen: „Nach dem Liebesakt drehte Rhett Butler sich zu Ashley Wilkes um und sagte: Ashley, habe ich eigentlich schon erwähnt, dass meine Großmutter eine Schwarze war?” Was keine gute Basis für eine Zusammenarbeit gewesen wäre.
Als Retter nahte Donald McCaig, ein Schafzüchter und Schriftsteller im Rentenalter, der zwar „Vom Winde verweht” nie gelesen, dafür aber dem amerikanischen Publikum mehrere Bürgerkriegsromane und diverse Hundebücher geschenkt hatte. Nach seiner verspäteten Lektüre der Jahrhundert-Liebesgeschichte war ihm klar, dass darin etwas Entscheidendes fehlte, nämlich die Perspektive des Mannes. Deshalb beschloss er, nicht an die Irland-Hypothese seiner seligen Vorgängerin Alexandra Ripley anzuknüpfen, sondern die Originalstory neu zu erzählen – aus der Sicht von Rhett Butler. Er selbst war, nach harten Verhandlungen, Manns genug, die seit den dreißiger Jahren gewandelte Einstellung zu den Themen „Rasse” und „Sex” wenigstens anzudeuten, indem er einen Fall verkappter Schwulität und eine (wenn auch marginale) schwarz-weiße Liebesaffäre wie Ostereier in seinem Plot versteckte. Andererseits beharrte er darauf, politisch unkorrekt, aber historisch akkurat von „Negern” oder gar „Niggern” reden zu dürfen, wie Mrs. Mitchell es zu ihrer Zeit noch ganz unbefangen tat.
Sympathisch wirkt McCaigs Geständnis, seine Motivation, den Auftrag anzunehmen, habe aus „sechs Teilen Hybris und vier Teilen Geldnot” bestanden. Für sein (geheimgehaltenes) Honorar hat er jedenfalls jahrelang recherchiert und fabuliert, während der US-Verlag St. Martin’s Press schon mal die gigantische Marketing-Kampagne für den 600-Seiten-Wälzer vorbereitete, der heute unter dem Titel „Rhett Butler’s People”, in der deutschen Fassung kurz und knackig „Rhett”, mit einer weltweiten Startauflage von 1,5 Millionen Exemplaren ins Bestseller-Rennen geschickt wird. Ob die Welt darauf gewartet hat, steht dahin.
Als Margaret Mitchell die schillernde Figur des Abenteurers, Kriegsgewinnlers, Zynikers und Charmeurs Rhett Butler erfand, war sie eine junge Frau mit turbulenten Eheerfahrungen und mit einer lebhaften erotischen Phantasie, die sie sehr geschickt in das Korsett eines historischen Romans schnürte. Die Wirren des Sezessionskonflikts, die letzten Tage der alten Südstaaten-Pracht schilderte sie opulent, gefühlvoll und farbenfroh, aber das eigentlich Spannende war der Liebeskrieg, das Wechselspiel von Anziehung und Abstoßung, Verführung und Verweigerung zwischen der verwöhnten Pflanzerstochter Scarlett und dem schwer durchschaubaren Außenseiter Rhett. Donald McCaig hingegen ist ein älterer Herr, liebesmäßig wohl aus dem Gröbsten heraus, der sich auf die Geschichte des Bürgerkriegs versteht und vermutlich auch auf die Konstruktion von Romanhandlungen, der hier jedoch an einem fertigen Stoff entlanggeschrieben und dabei das hehre Ziel verfolgt hat, erstens historische Vorgänge ins rechte Licht zu rücken, zweitens eine männliche Legende zu entmystifizieren und moralisch aufzuwerten. „Die ganze Wahrheit über Rhett Butler” lautet der Werbeslogan – aber mit Sensationsenthüllungen ist hier nicht zu rechnen.
Aus McCaigs Erzählung, die einen Zeitraum von drei Jahrzehnten umfasst, also zwei mehr als „Vom Winde verweht”, erfahren wir, dass der junge Rhett von seinem Vater drangsaliert und vom grausamen Schicksal mancher Sklaven tief erschüttert wurde. Daher rühren sein demonstratives Rebellentum, seine Aufsässigkeit in Wort und Tat, seine Weigerung, sich für die Sache der Konföderierten, überhaupt für den Krieg in Anspruch nehmen zu lassen. Doch hinter der Fassade des abgebrühten Blockadebrechers, der zwischen den Fronten tänzelnd seine Geschäfte abwickelt, verbirgt sich ein feiner Kerl, ein aufrechter Gentleman, loyaler Freund und fürsorglicher Bruder – wir haben es immer geahnt. Auch hätten wir uns selber denken können, was ihm in den Schlüsselszenen mit Scarlett so durch den Kopf geht, bei den Dialogen, die zum Teil wörtlich aus dem Original entlehnt sind: Er liebt sie wahnsinnig, vom ersten Augenblick an, aber sie treibt es einfach zu weit mit ihrem Starrsinn und ihrem albernen Schmachten nach Ashley Wilkes, und irgendwann reicht es ihm. Das alles konnte er aber im Finale des Originals schon so ausführlich wie ergreifend erläutern.
Leider begeht Donald McCaig auch noch einen handwerklichen Fauxpas, indem er unvermittelt wieder zu Scarletts Perspektive überläuft und so sein eigenes Konstrukt demontiert. Dafür dürfen die beiden vor ihrem schicksalhaften Zerwürfnis noch ein wenig mehr Spaß haben, als es Margaret Mitchells Erzählzeit erlaubte. Ihr Auftrags-Epigone muss die Zeit bis zum – diesmal unumgänglichen – Happy-End irgendwie herumkriegen und füllt sie fleißig mit Nebenhandlungen, Nebenschauplätzen, altbekannten und neuen Nebenfiguren, die kaum je zu fesseln vermögen, überwiegend blass und eindimensional bleiben. Das liegt nicht zuletzt an der kurzatmig lakonischen Sprache, die wenig Raum für Differenzierung bietet. Wer sich für Schlachtenverläufe und militärische Konstellationen erwärmen kann, kommt schon eher auf seine Kosten. Als „zugereister” Südstaatler, den es von Montana über New York nach Virginia verschlagen hat, übt sich McCaig in einem ausgewogen-distanzierten Blick auf den Bürgerkrieg und weiß sich darin solidarisch mit Rhett Butler. Und die kritische Haltung etwa gegenüber den Machenschaften des Ku-Klux-Klan, an der Mrs. Mitchell es noch mangeln ließ, versteht sich hier von selbst. Der unsägliche Slang allerdings, in dem die armen Neger reden müssen („Nix da! Das fällt ihn' gar nich ein!”), verbreitet zumindest in der deutschen Übersetzung schon wieder einen leicht rassistischen Hautgout.
Für die Hauptzielgruppe, die der romantisch gestimmten Leserinnen, ist das sowieso alles kalter Kaffee. Sie fanden Rhett Butler schon toll, bevor sie von seiner schweren Jugend wussten, und werden deshalb immer eiliger weiterblättern, bis es endlich zur ersehnten Versöhnung zwischen den beiden Königskindern kommt. Um eine leidenschaftliche Liebesszene drückt sich der Autor, indem er in letzter Minute noch einen Großbrand inszeniert. Doch am Ende grüßen Rhett und Scarlett als sittlich gereiftes Paar in herzerwärmender Harmonie. Was heißt hier übrigens Ende? Im letzten Satz wird indirekt mit einer weiteren Fortsetzung gedroht. Wir drohen zurück: In Zukunft rezensieren wir nur noch Parodien. KRISTINA MAIDT-ZINKE
DONALD MCCAIG: Rhett. Roman. Aus dem Amerikanischen von Kathrin Razum. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2007. 634 Seiten, 23 Euro.
Die Urheberrechte gelten nur bis 2011, da heißt es rechtzeitig schauen, ob nicht noch was geht.
Margaret Mitchell war eine Frau mit Eheerfahrungen und einer lebhaften erotischen Phantasie.
Vivien Leigh in der Verfilmung von „Vom Winde verweht” aus dem Jahr 1939 Foto: Cinetext
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