Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2007Die Liebe der Laken
Es ist fraglos richtig, dass sich das Leben in New York nach dem 11. September 2001 verändert hat. Die Frage ist nur: Gibt diese Veränderung den Stoff her für einen Roman? Die belletristischen Versuche bisher legen nahe: nein. Und Jay McInerneys Beitrag zum Thema ist nicht dazu angetan, diesen Eindruck zu revidieren. Bei ihm treffen im Umfeld der Anschläge zwei Welten aufeinander: ein Investmentbanker von der Upper Eastside, der sich mit Mitte vierzig zur Ruhe gesetzt hat, um ein Buch über Samurai-Filme zu schreiben, und eine Anwältin aus Tribeca, die ihren Job aufgegeben hat, um die Kinder großzuziehen, und nun an einem Drehbuch arbeitet. Wir erfahren, was sie am 10. September machen (Essen mit Freunden, Wohltätigkeitsveranstaltung) und dass sie in ihren Ehen nicht ganz glücklich sind, und dann treffen sie sich am 12. Angesichts von Katastrophen scheint ja immer alles möglich, was ein wahres Gefühl, aber literarisch ein Klischee ist, und so bleibt, was im Folgenden geschieht, vorhersehbar. Ein wenig überraschend ist allerdings McInerneys einfallslose und doch verblasene Sprache, die pompös ist (statt Aids schreibt er "die Epidemie") und gleichzeitig simpel und Bilder bemüht, die an Leserverspottung grenzen. Vielleicht sollte man Bücher an ihren Liebesszenen messen. "Die weiße Fläche der Bettdecke schien vor Erwartung gespannt", heißt es im "Guten Leben". Was dann geschieht, wird wenigstens die Bettdecke zufriedengestellt haben. (Jay McInerney: "Das gute Leben". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ingo Herzke. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, 443 S., geb., 22,90 [Euro].) lue.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es ist fraglos richtig, dass sich das Leben in New York nach dem 11. September 2001 verändert hat. Die Frage ist nur: Gibt diese Veränderung den Stoff her für einen Roman? Die belletristischen Versuche bisher legen nahe: nein. Und Jay McInerneys Beitrag zum Thema ist nicht dazu angetan, diesen Eindruck zu revidieren. Bei ihm treffen im Umfeld der Anschläge zwei Welten aufeinander: ein Investmentbanker von der Upper Eastside, der sich mit Mitte vierzig zur Ruhe gesetzt hat, um ein Buch über Samurai-Filme zu schreiben, und eine Anwältin aus Tribeca, die ihren Job aufgegeben hat, um die Kinder großzuziehen, und nun an einem Drehbuch arbeitet. Wir erfahren, was sie am 10. September machen (Essen mit Freunden, Wohltätigkeitsveranstaltung) und dass sie in ihren Ehen nicht ganz glücklich sind, und dann treffen sie sich am 12. Angesichts von Katastrophen scheint ja immer alles möglich, was ein wahres Gefühl, aber literarisch ein Klischee ist, und so bleibt, was im Folgenden geschieht, vorhersehbar. Ein wenig überraschend ist allerdings McInerneys einfallslose und doch verblasene Sprache, die pompös ist (statt Aids schreibt er "die Epidemie") und gleichzeitig simpel und Bilder bemüht, die an Leserverspottung grenzen. Vielleicht sollte man Bücher an ihren Liebesszenen messen. "Die weiße Fläche der Bettdecke schien vor Erwartung gespannt", heißt es im "Guten Leben". Was dann geschieht, wird wenigstens die Bettdecke zufriedengestellt haben. (Jay McInerney: "Das gute Leben". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ingo Herzke. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, 443 S., geb., 22,90 [Euro].) lue.
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"Jay McInerney is the type of American novelist to whom English readers instinctively warm." (Sunday Telegraph)