The long-awaited follow-up to the megabestseller Kitchen Confidential In the ten years since his classic Kitchen Confidential first alerted us to the idiosyncrasies and lurking perils of eating out, from Monday fish to the breadbasket conspiracy, much has changed for the subculture of chefs and cooks, for the restaurant business?and for Anthony Bourdain. Medium Raw explores these changes, moving back and forth from the author's bad old days to the present. Tracking his own strange and unexpected voyage from journeyman cook to globe-traveling professional eater and drinker, and even to fatherhood, Bourdain takes no prisoners as he dissects what he's seen, pausing along the way for a series of confessions, rants, investigations, and interrogations of some of the most controversial figures in food. Beginning with a secret and highly illegal after-hours gathering of powerful chefs that he compares to a mafia summit, Bourdain pulls back the curtain?but never pulls his punches?on the modern gastronomical revolution, as only he can. Cutting right to the bone, Bourdain sets his sights on some of the biggest names in the foodie world, including David Chang, the young superstar chef who has radicalized the fine-dining landscape; the revered Alice Waters, whom he treats with unapologetic frankness; the Top Chef winners and losers; and many more. And always he returns to the question "Why cook?" Or the more difficult "Why cook well?" Medium Raw is the deliciously funny and shockingly delectable journey to those answers, sure to delight philistines and gourmands alike.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.12.2010Der Bauch der Küche
Anthony Bourdain setzt seine Geständnisse fort – er schreibt
nur nicht mehr als Koch, sondern als moralische Autorität
Werte sind wieder sehr beliebt, aber Moralisten haben es trotzdem schwer. Hochgeschätzt werden sie allenfalls, wenn sie sehr alt sind, also aus einer fernen, besseren, anständigeren Zeit. Oder Koch. Im besten Fall allerdings nicht irgendein Koch, sondern Anthony Bourdain.
Anthony Bourdain ist der New Yorker Küchenchef, der vor elf Jahren in der hochangesehenen Zeitschrift New Yorker einen aufsehenerregenden Artikel schrieb: „Don’t eat before reading this. A New York Chef spills some trade secrets“ – Essen Sie nichts mehr, bevor Sie dies hier nicht gelesen haben. Ein New Yorker Chefkoch verrät ein paar Geschäftsgeheimnisse. Aus dem Artikel wurde bald ein Buch, „Kitchen Confidential“, und aus dem Buch ein Bestseller, der unter dem Titel „Geständnisse eines Küchenchefs – Was Sie über Restaurants nie wissen wollten“ auch in Deutschland ein großer Erfolg war. Und zwar völlig zu Recht.
Bourdain war damals 44 Jahre alt, und er konnte Geschichten aus der Küche so gut erzählen wie vielleicht niemand vor ihm: atemlos, leidenschaftlich, rücksichtslos, pointensicher und mit der Autorität und Präzision eines Mannes der in seinen 27 Berufsjahren offenbar wirklich alles Mögliche und Unmögliche gesehen, getan, gesoffen, geraucht und geschnupft hatte, was in einer Restaurantküche und verwandten Orten so gesehen, getan, gesoffen, geraucht und geschnupft werden kann. Also eine auf dieser Seite der Theke kaum vorstellbare Menge.
Er schrieb: „Ich möchte Ihnen von den finsteren Abgründen im Bauch der Gastronomie erzählen, von einer Subkultur, deren jahrhundertealte militärische Hierarchie und Ethik aus Fusel, Ficken und neunschwänziger Peitsche einen Cocktail aus unerschütterlicher Ordnung und nervenzerfetzendem Chaos ergeben.“ Und das tat er dann. „Kitchen Confidential“ war ein Aufklärungsbuch, aber das Aufklärungsbuch eines Mannes, der die irre, harte Welt und die irren, harten Menschen von denen er berichtete, aufrichtig liebte. Die meisten jedenfalls. Die guten.
Es war so informativ, temporeich, unterhaltsam und klug geschrieben, wie es vielleicht nur in einem Land möglich ist, in dem Menschen leben, für die Stil- und Geschmacksfragen etwas sind, was man auf keinen Fall den Hochglanz-Illustrierten überlassen darf.
„Ein bisschen blutig – Neue Geständnisse eines Küchenchefs“ ist also nicht die Fortsetzung irgendeines Buches. Zwingend ist die Veröffentlichung eines zweiten Teils dennoch nicht. Geheimnisse kann man nur einmal verraten, und Bourdain hatte eigentlich schon alle wesentlichen verraten. Der englische Titel ist deshalb, wie so oft, besser: „Medium Raw: A Bloody Valentine to the World of Food and the People Who Cook“.
In der Popmusik wäre das Buch ein Sampler mit alten Hits, ein paar bislang unveröffentlichten frühen Aufnahmen und mit diversen neuen Songs. Allesamt sind die 21 Kapitel des neuen Buches erkennbar das Ergebnis vollständig veränderter Lebensumstände des Autors. Bourdain steht längst nicht mehr in einer Restaurantküche hinter dem Herd. Er wurde berühmt und bekam eine eigene, erfolgreiche Fernsehshow. Zu gestehen gibt es also nichts mehr. Seine tolle Wut hat er trotzdem nicht verloren.
Bourdain ist vielmehr ein Autor geworden, der sich seines hart erarbeiteten Status als moralische Autorität bewusst ist: „In der Küche gibt es keine Lügen. Und auch keinen Gott. Er könnte einem sowieso nicht helfen. Entweder kann man ein Omelett zubereiten oder nicht. Entweder kann man (. . . ) mit den anderen Köchen mithalten, die bestellten Gerichte wieder und wieder perfekt zubereiten oder nicht. Kein Empfehlungsschreiben, kein Ausweichmanöver, keine noch so wohlformulierten Sätze und kein jämmerliches Flehen um Gnade können über die grundlegenden Fakten hinwegtäuschen. Die Küche ist die letzte Meritokratie – eine Welt des Absoluten; am Ende jedes Tages weiß man unmissverständlich, was man geleistet hat. ,Gut‘ und ,Böse‘ werden leicht und sofort als das erkannt, was sie sind.“ Wo lässt sich das heute sonst noch so einfach sagen?
Bourdain fällt es leicht, nicht mehr nur beherzt als Kochkritiker (Alain Ducasse ist ein „arroganter Flachwichser“), abschreckender Nachwuchs-Berater („Bin ich für einen Koch zu dick? Noch so eine Frage, die Sie sich besser stellen sollten.“), Restaurantkritiker („Bei jedem Gang lungerte der Kellner wie ein frisch indoktriniertes, immer noch fröhliches Mitglied der Moon-Sekte neben unserem Tisch“) und Restaurantkritikerkritiker („aufgeblasener Arsch“; mit einem Gratisessen leicht zu „bekehren“; „unglaublicher Schnorrer“) aufzutreten, sondern auch als Kinderfilmkritiker („Was genau hat ,Der rote Ballon‘ uns zu sagen?“), Erziehungsberater („Kinder sind vielleicht noch nicht alt genug, um zu wissen, was cool ist, aber sie spüren ganz genau, was uncool ist.“) und brachialer Prominenten-Kritiker („Würde Donatella Versace an Ihrer Schwelle auftauchen, um Ihnen Kosmetika zu verkaufen, würden Sie ihr die Tür vor der Nase zuschlagen, den Schlüssel zweimal umdrehen und gleich die Nachbarn anrufen, um sie zu
warnen.“).
Der Größenwahn, der einen aus diesem Buch anspringt, wird durch die Tatsache, dass sich Bourdain immer wieder schuldbewusst zu ihm bekennt, nicht erträglicher. Aber warum muss einer, der ein so mitreißendes Porträt eines Fischfiletierers schreiben kann wie Bourdain im 19. Kapitel des neuen Buches, auch noch unbedingt ein netter und bescheidener Menschen sein muss? Es reicht, wenn er die entscheidenden Fragen stellt. Also zum Beispiel: „Welche Handgriffe sollten wir, so sie wirklich beherrscht werden, als besondere Fähigkeiten bewundern, die einen Menschen als ganzheitliches, tiefgründiges und interessantes Individuum hervorheben?“ Und wenn er dann auch noch die richtigen Antworten gibt: „Sie sollten eine Zwiebel hacken können.“
JENS-CHRISTIAN RABE
Anthony Bourdain
Ein bisschen blutig
Neue Geständnisse eines Küchenchefs. Aus dem Englischen von Anne Emmert und Heike Schlatterer. Blessing Verlag, München 2010. 400 Seiten, 19,95 Euro.
Ein interessantes, tiefgründiges
Individuum wird man nur
mit dem Hackmesser
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Anthony Bourdain setzt seine Geständnisse fort – er schreibt
nur nicht mehr als Koch, sondern als moralische Autorität
Werte sind wieder sehr beliebt, aber Moralisten haben es trotzdem schwer. Hochgeschätzt werden sie allenfalls, wenn sie sehr alt sind, also aus einer fernen, besseren, anständigeren Zeit. Oder Koch. Im besten Fall allerdings nicht irgendein Koch, sondern Anthony Bourdain.
Anthony Bourdain ist der New Yorker Küchenchef, der vor elf Jahren in der hochangesehenen Zeitschrift New Yorker einen aufsehenerregenden Artikel schrieb: „Don’t eat before reading this. A New York Chef spills some trade secrets“ – Essen Sie nichts mehr, bevor Sie dies hier nicht gelesen haben. Ein New Yorker Chefkoch verrät ein paar Geschäftsgeheimnisse. Aus dem Artikel wurde bald ein Buch, „Kitchen Confidential“, und aus dem Buch ein Bestseller, der unter dem Titel „Geständnisse eines Küchenchefs – Was Sie über Restaurants nie wissen wollten“ auch in Deutschland ein großer Erfolg war. Und zwar völlig zu Recht.
Bourdain war damals 44 Jahre alt, und er konnte Geschichten aus der Küche so gut erzählen wie vielleicht niemand vor ihm: atemlos, leidenschaftlich, rücksichtslos, pointensicher und mit der Autorität und Präzision eines Mannes der in seinen 27 Berufsjahren offenbar wirklich alles Mögliche und Unmögliche gesehen, getan, gesoffen, geraucht und geschnupft hatte, was in einer Restaurantküche und verwandten Orten so gesehen, getan, gesoffen, geraucht und geschnupft werden kann. Also eine auf dieser Seite der Theke kaum vorstellbare Menge.
Er schrieb: „Ich möchte Ihnen von den finsteren Abgründen im Bauch der Gastronomie erzählen, von einer Subkultur, deren jahrhundertealte militärische Hierarchie und Ethik aus Fusel, Ficken und neunschwänziger Peitsche einen Cocktail aus unerschütterlicher Ordnung und nervenzerfetzendem Chaos ergeben.“ Und das tat er dann. „Kitchen Confidential“ war ein Aufklärungsbuch, aber das Aufklärungsbuch eines Mannes, der die irre, harte Welt und die irren, harten Menschen von denen er berichtete, aufrichtig liebte. Die meisten jedenfalls. Die guten.
Es war so informativ, temporeich, unterhaltsam und klug geschrieben, wie es vielleicht nur in einem Land möglich ist, in dem Menschen leben, für die Stil- und Geschmacksfragen etwas sind, was man auf keinen Fall den Hochglanz-Illustrierten überlassen darf.
„Ein bisschen blutig – Neue Geständnisse eines Küchenchefs“ ist also nicht die Fortsetzung irgendeines Buches. Zwingend ist die Veröffentlichung eines zweiten Teils dennoch nicht. Geheimnisse kann man nur einmal verraten, und Bourdain hatte eigentlich schon alle wesentlichen verraten. Der englische Titel ist deshalb, wie so oft, besser: „Medium Raw: A Bloody Valentine to the World of Food and the People Who Cook“.
In der Popmusik wäre das Buch ein Sampler mit alten Hits, ein paar bislang unveröffentlichten frühen Aufnahmen und mit diversen neuen Songs. Allesamt sind die 21 Kapitel des neuen Buches erkennbar das Ergebnis vollständig veränderter Lebensumstände des Autors. Bourdain steht längst nicht mehr in einer Restaurantküche hinter dem Herd. Er wurde berühmt und bekam eine eigene, erfolgreiche Fernsehshow. Zu gestehen gibt es also nichts mehr. Seine tolle Wut hat er trotzdem nicht verloren.
Bourdain ist vielmehr ein Autor geworden, der sich seines hart erarbeiteten Status als moralische Autorität bewusst ist: „In der Küche gibt es keine Lügen. Und auch keinen Gott. Er könnte einem sowieso nicht helfen. Entweder kann man ein Omelett zubereiten oder nicht. Entweder kann man (. . . ) mit den anderen Köchen mithalten, die bestellten Gerichte wieder und wieder perfekt zubereiten oder nicht. Kein Empfehlungsschreiben, kein Ausweichmanöver, keine noch so wohlformulierten Sätze und kein jämmerliches Flehen um Gnade können über die grundlegenden Fakten hinwegtäuschen. Die Küche ist die letzte Meritokratie – eine Welt des Absoluten; am Ende jedes Tages weiß man unmissverständlich, was man geleistet hat. ,Gut‘ und ,Böse‘ werden leicht und sofort als das erkannt, was sie sind.“ Wo lässt sich das heute sonst noch so einfach sagen?
Bourdain fällt es leicht, nicht mehr nur beherzt als Kochkritiker (Alain Ducasse ist ein „arroganter Flachwichser“), abschreckender Nachwuchs-Berater („Bin ich für einen Koch zu dick? Noch so eine Frage, die Sie sich besser stellen sollten.“), Restaurantkritiker („Bei jedem Gang lungerte der Kellner wie ein frisch indoktriniertes, immer noch fröhliches Mitglied der Moon-Sekte neben unserem Tisch“) und Restaurantkritikerkritiker („aufgeblasener Arsch“; mit einem Gratisessen leicht zu „bekehren“; „unglaublicher Schnorrer“) aufzutreten, sondern auch als Kinderfilmkritiker („Was genau hat ,Der rote Ballon‘ uns zu sagen?“), Erziehungsberater („Kinder sind vielleicht noch nicht alt genug, um zu wissen, was cool ist, aber sie spüren ganz genau, was uncool ist.“) und brachialer Prominenten-Kritiker („Würde Donatella Versace an Ihrer Schwelle auftauchen, um Ihnen Kosmetika zu verkaufen, würden Sie ihr die Tür vor der Nase zuschlagen, den Schlüssel zweimal umdrehen und gleich die Nachbarn anrufen, um sie zu
warnen.“).
Der Größenwahn, der einen aus diesem Buch anspringt, wird durch die Tatsache, dass sich Bourdain immer wieder schuldbewusst zu ihm bekennt, nicht erträglicher. Aber warum muss einer, der ein so mitreißendes Porträt eines Fischfiletierers schreiben kann wie Bourdain im 19. Kapitel des neuen Buches, auch noch unbedingt ein netter und bescheidener Menschen sein muss? Es reicht, wenn er die entscheidenden Fragen stellt. Also zum Beispiel: „Welche Handgriffe sollten wir, so sie wirklich beherrscht werden, als besondere Fähigkeiten bewundern, die einen Menschen als ganzheitliches, tiefgründiges und interessantes Individuum hervorheben?“ Und wenn er dann auch noch die richtigen Antworten gibt: „Sie sollten eine Zwiebel hacken können.“
JENS-CHRISTIAN RABE
Anthony Bourdain
Ein bisschen blutig
Neue Geständnisse eines Küchenchefs. Aus dem Englischen von Anne Emmert und Heike Schlatterer. Blessing Verlag, München 2010. 400 Seiten, 19,95 Euro.
Ein interessantes, tiefgründiges
Individuum wird man nur
mit dem Hackmesser
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'As ferociously rude as anything Bourdain has done before' Kathryn Hughes, Guardian
"Bourdain has insight, access and good taste, and he's a naturally engaging writer...Bourdain is a hopeless romantic when it comes to food and the people who cook. The subtitle's real valentines are two elegantly written profiles." New York Times Book Review