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'Medium und Revolution' ist der Versuch, in kreisenden Denkbewegungen einen unmöglichen Standpunkt zu ertasten: den atopischen Punkt, von dem allein aus Revolution gedacht werden kann. An diesen Ort kann ihr auch die Philosophie nicht folgen, denn "so sehr sie das Ereignis begehrt, das ins Andere reißt, so sehr sehnt sie sich nach Empfang. Keine Philosophie, die sich schon in der Revolution befände. Gerade eine revolutionäre Philosophie befindet sich in einer Ordnung, der sie nicht angehören will." Trawny legt die Verfasstheit einer Gesellschaft bloß, in der eine kommende - reale oder irreale - Revolution möglich wäre, und liest deren Vorzeichen.…mehr

Produktbeschreibung
'Medium und Revolution' ist der Versuch, in kreisenden Denkbewegungen einen unmöglichen Standpunkt zu ertasten: den atopischen Punkt, von dem allein aus Revolution gedacht werden kann. An diesen Ort kann ihr auch die Philosophie nicht folgen, denn "so sehr sie das Ereignis begehrt, das ins Andere reißt, so sehr sehnt sie sich nach Empfang. Keine Philosophie, die sich schon in der Revolution befände. Gerade eine revolutionäre Philosophie befindet sich in einer Ordnung, der sie nicht angehören will." Trawny legt die Verfasstheit einer Gesellschaft bloß, in der eine kommende - reale oder irreale - Revolution möglich wäre, und liest deren Vorzeichen.
Autorenporträt
Trawny, PeterPeter Trawny, 1964 in Gelsenkirchen geboren, ist Philosoph und lehrte an den Universitäten Wuppertal, Wien und Shanghai. Er ist Mitherausgeber der Martin Heidegger-Gesamtausgabe und Autor zahlreicher Bücher.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.01.2012

Occupy ist
eine Marke
Wann kommt die Revolution? Peter
Trawny liest die Zeichen der Zeit
„Revolution!“ – dazu luden im Mai vergangenen Jahres Aktivisten ein, die angesichts des arabischen Frühling in den Protesten in Athen und Madrid einen europäischen Sommer sahen; und seit sich im Herbst die Occupy-Bewegung in New York und Frankfurt am Main formierte, geistert der Begriff wieder durch die Medien, beschworen und herbeigewünscht von unzähligen Sympathisanten. Doch eine Revolution könne und werde sich nicht ereignen, sie sei unmöglich geworden. Das zumindest ist die Meinung von Peter Trawny. Denn anders als früher, so der in Wuppertal lehrende Philosoph, stoße die Revolution heute nicht mehr auf die Bourgeoisie, auf den Kapitalismus oder den Faschismus, sondern einzig und allein auf das „Medium“. Zum ihm würden Geld genauso wie „Twitter“ oder „Facebook“ gehören; es sei gleichsam die „immaterielle Einheit von Kapital und Technik“, die „widerstandslose“, „unwiderstehliche“, „alles vermittelnde Potenz“, die sich selbst in die „Widerstandslosigkeit“ verschiebe und damit alles eingemeinde, was existiere – auch das Aufmüpfige, Rebellische, die Revolution.
Im Klartext heißt das: Revolution ist heute eine Marke und gut für das Geschäft; ihr Hauch bringt Kunden und Leser. Wie sich ein T-Shirt mit dem Bildnis von Che Guevara verkauft, so machen auch Schriften Kasse, die das System anklagen oder aufrufen, es zu zerstören, wie etwa das kürzlich in Frankreich erschienene Manifest „Der kommende Aufstand“: „Alles, was in der Gegenwart gedacht und geschrieben wird,“ heißt es bei Trawny, „ist konformistisch. Jede Kritik fügt sich dem Gebot, konstruktiv sein zu sollen. Die linke Theorie verschweigt ihre revolutionäre Herkunft. Auch die konservativen Kräfte integrieren sich. Es wird kommuniziert. Es herrscht eine tiefe Zufriedenheit.“
So sehr dieses an Carl Schmitt und Martin Heidegger geschulte Traktat eine erhellende Diagnose der Zeit darstellt, in der die „ortlose“ Ordnung kapitalistischen Gewinnstrebens die Mentalität der Menschen veränderte und zum alleinigen Maßstab individuellen Handelns geworden ist, so dunkel bleiben Trawnys Ausführungen, wie das „Verhältnis zum Medium“ zu zerschlagen sei. Seine „gefühlte Gemeinschaft“, in der Menschen sich unmittelbar begegnen und womöglich außerhalb der vermittelnden (Markt)Mechanismen stellen, erscheint zwar sympathisch aber genauso ortlos oder utopisch.
Auch die Occupy-Bewegung in Berlin vermied Kosten, als sie sich kürzlich vom Bundespressestrand zurückzog: „aus Respekt vor den Polizeibeamten“, wie es vermittelnd hieß. Zudem scheint Trawny den Begriff der Revolution eben nicht aus der aufklärerischen Perspektive zu lösen, die ökonomisch und moralisch beständigen Fortschritt verheißt. Es wäre möglich, dass etwa die Revolution in Ägypten keineswegs in medial vermittelter „Unmöglichkeit“ oder gar „Zufriedenheit“ endet. Eingedenk der jüngsten Wahlerfolge von Muslimbrüdern und Salafisten könnten diese durchaus die Gesellschaft zu einem alten Zustand „zurückrollen“ – so wie es das lateinische Verb besagt, aus dem das Substantiv „Revolution“ entlehnt ist: revolvere.
MICHAEL BÖHM
PETER TRAWNY: Medium und Revolution. Matthes & Seitz, Berlin 2011. 85 Seiten, 10 Euro.
„Es wird kommuniziert.
Es herrscht eine
tiefe Zufriedenheit.“
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