In der Geschichte der Medizin ist die Vorstellung des idealen Menschen von jeher präsent. Schon im 2. Jahrhundert u.Z. deutet der Gelehrte Galen von Pergamon die symmetrische und ideale Anatomie des menschlichen Körpers als Ausdruck eines vollkommenen Schöpfungsplans und als Inbegriff des ästhetischen Anliegens der gerechten Natur. Dreizehn Jahrhunderte später bemühen sich angesehene Mediziner in Padua und Bologna, den Wert der Schönheit medizinisch festzulegen. Im Rückgriff auf die antiken medizintheoretischen Überlegungen erklären sie die Kosmetik zu einem Kompetenzbereich der Medizin. Im Rahmen der Diskussion, die mit der Perfektionierung und Verbreitung der plastischen Chirurgie in der zweiten Hälfte des 16. Jh.s einhergeht, werden indes nicht nur theoretische Positionen geklärt: mitten im ästhetischen Diskurs werden plötzlich auch Patienten 'sichtbar'. Es sind Patienten, die Gesichtsteile verloren haben und nach der Wiederherstellung ihrer äußeren Erscheinung streben, die nicht 'ungesund' sind und trotzdem ärztliche Hilfe suchen, um sich vom Stigma des Hässlichen und Verunstalteten zu befreien. Die Ärzte, die diese spezielle Kunstfertigkeit besitzen, die ihnen erlaubt, die Körpernorm wiederherzustellen, agieren im Sinne der ursprünglichen Bedeutung des Terminus kosmein im Sinne von 'ordnen'. Indem sie verstümmelte Nasen, Lippen und Ohren rekonstruieren, stellen sie die natürliche Ordnung wieder her, wobei es in den glücklichsten Fällen sogar geschehen kann, dass der geschickte Arzt die Natur überbietet. Ein medizinhistorischer Beitrag zu einer immer noch aktuellen Debatte, der vor allem das Versprechen der plastischen Chirugie nach idealer Schönheit und normierter Gesundheit kritisch beleuchtet. Aus dem Inhalt I. Gesunde Schönheit: Vollkommene Körperformen und -funktionen II. Ars decoratoria: Die ästhetische Normierung der Gesundheit III. Ars reparatoria: Die Debatte um die plastische Chirugie IV. Medizinische Ästhetik und Ordnung des Wissens