George Steinmetz zeigt in atemberaubenden Fotografien eine der unwirtlichsten Gegenden der Welt, die Wüste Rub al-Khali. Das so genannte »leere Viertel« ist eine Herausforderung für erfahrene Abenteurer und den Autor. Er reiste mit Sondererlaubnis eines arabischen Prinzen in die größte geschlossene Sandwüste der Erde und traf auf die Gastfreundschaft der Beduinen, auf seltene Onyx-Antilopen und modernste Ölförderungs- und Bewässerungsanlagen. Doch vor allem entdeckte er die unermessliche Schönheit des kargen Landstrichs.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.02.2010Reisebuch
Der Wendekreis des Gleitschirms
George Steinmetz fotografiert die Wüste Rub al-Khali zwischen Saudi-Arabien, Oman und dem Jemen aus der Luft
Übersetzt aus dem Arabischen, heißt die Wüste Rub al-Khali das Leere Viertel. Wobei diese Bezeichnung verniedlichend ist, denn von Überschaubarkeit, wie das bei einem Viertel gemeinhin der Fall ist, kann hier keine Rede sein: Die Rub al-Khali, die die bewohnten Gebiete von Saudi-Arabien, dem Oman, Jemen und den Vereinigten Arabischen Emiraten voneinander trennt, ist größer als Frankreich und die Benelux-Staaten zusammen. Sie ist eine der unwirtlichsten Wüsten des Planeten, als Folge davon weiß man sehr wenig über sie.
Sicherlich hätten zahllose Araber das Leere Viertel durchquert, schreibt George Steinmetz in seinem Fotografie-Band „Meer aus Sand”, „aber nur Fremde wie Thomas, Philby und Thesiger hinterließen einen schriftlichen Bericht”. Bertram Thomas, Harry St. John Philby und Wilfred Thesiger sind die ersten westlichen Forscher, von denen man weiß, dass sie sich an eine Durchquerung der Rub al-Khali gewagt haben – in den 1930er und 1940er Jahren. „Ich fand seit Thesiger nur eine Handvoll Berichte über die Durchquerung des Leeren Viertels”, sagt Steinmetz über die Vorbereitungen zu seinen eigenen drei Reisen in diese Region zwischen 2002 und 2008. Die Bezeichnung trifft insofern doppelt zu, da die Rub al-Khali nicht nur leer ist im Sinne von kaum besiedelt, sondern auch leer an Bildern und Eindrücken.
Wenn George Steinmetz auch nicht der Erste ist, der Bilder aus dem Leeren Viertel liefert, wenn es für ihn im strengen Sinn also nichts mehr zu entdecken gibt, was nicht schon jemand vor ihm gesehen hätte, so macht er die Rub al-Khali mit seinem Buch doch einem größeren Publikum zugänglich als je einer vor ihm. Und einige Anblicke hat Steinmetz tatsächlich exklusiv. Der Fotograf führte auf seinen Reisen in die Rub al-Khali nämlich einen motorisierten Gleitschirm mit sich und hat dadurch vieles aus der Luft gesehen – und fotografiert –, was andere vor ihm nur vom Boden aus erkunden konnten.
So sehr George Steinmetz jedoch vom unerbittlichen, lebensbedrohlichen Inneren der Rub al-Khali fasziniert ist, von den Stern- und Sicheldünen, den Treibsandkratern: Noch mehr interessiert ihn der Rand der Wüste, „wo es Menschen oder einen Übergang in anderes Terrain gibt”. Vor allem in diesen Gebieten lohnt der Blick aus der Höhe, wenn man dem Verlauf einer Straße folgen kann, wenn man ganze Siedlungen und Städte überblickt oder Ölförderanlagen. Insbesondere landwirtschaftliche Anbauflächen wirken aus der Distanz irreal wie die Bewässerungsareale in Saudi-Arabien, wo fossiles Wasser aus dem Boden gepumpt wird und in einem wie mit dem Zirkel gezogenen Kreis Weizen oder Tomaten gedeihen lässt. Jenseits davon, ganz abrupt: nichts als Sand.
Die Fotografien machen neugierig, weil sie eine vollkommen fremde Welt zeigen. Weshalb es aber auch erläuternder Texte bedarf, um zu verstehen, was man da eigentlich sieht. STEFAN FISCHER
GEORGE STEINMETZ: Meer aus Sand. Eine spektakuläre Reise ins Herz der Rub al-Khali. Aus dem Englischen von Verena Küstner. Frederking & Thaler Verlag, München 2009. 208 Seiten mit 240 Fotos, 49,90 Euro.
Bilder, die neugierig machen auf eine äußerst fremde Welt
George Steinmetz fliegt mit seinem motorisierten Gleitschirm über Shibam im Hadramaut, Jemen. Obwohl er seinen Flug angemeldet hat, wird er anschließend von der Polizei vernommen. Die Beamten sind ungehalten wegen der Aufregung, die sein Flug bei der Bevölkerung ausgelöst hat. Foto: George Steinmetz
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Der Wendekreis des Gleitschirms
George Steinmetz fotografiert die Wüste Rub al-Khali zwischen Saudi-Arabien, Oman und dem Jemen aus der Luft
Übersetzt aus dem Arabischen, heißt die Wüste Rub al-Khali das Leere Viertel. Wobei diese Bezeichnung verniedlichend ist, denn von Überschaubarkeit, wie das bei einem Viertel gemeinhin der Fall ist, kann hier keine Rede sein: Die Rub al-Khali, die die bewohnten Gebiete von Saudi-Arabien, dem Oman, Jemen und den Vereinigten Arabischen Emiraten voneinander trennt, ist größer als Frankreich und die Benelux-Staaten zusammen. Sie ist eine der unwirtlichsten Wüsten des Planeten, als Folge davon weiß man sehr wenig über sie.
Sicherlich hätten zahllose Araber das Leere Viertel durchquert, schreibt George Steinmetz in seinem Fotografie-Band „Meer aus Sand”, „aber nur Fremde wie Thomas, Philby und Thesiger hinterließen einen schriftlichen Bericht”. Bertram Thomas, Harry St. John Philby und Wilfred Thesiger sind die ersten westlichen Forscher, von denen man weiß, dass sie sich an eine Durchquerung der Rub al-Khali gewagt haben – in den 1930er und 1940er Jahren. „Ich fand seit Thesiger nur eine Handvoll Berichte über die Durchquerung des Leeren Viertels”, sagt Steinmetz über die Vorbereitungen zu seinen eigenen drei Reisen in diese Region zwischen 2002 und 2008. Die Bezeichnung trifft insofern doppelt zu, da die Rub al-Khali nicht nur leer ist im Sinne von kaum besiedelt, sondern auch leer an Bildern und Eindrücken.
Wenn George Steinmetz auch nicht der Erste ist, der Bilder aus dem Leeren Viertel liefert, wenn es für ihn im strengen Sinn also nichts mehr zu entdecken gibt, was nicht schon jemand vor ihm gesehen hätte, so macht er die Rub al-Khali mit seinem Buch doch einem größeren Publikum zugänglich als je einer vor ihm. Und einige Anblicke hat Steinmetz tatsächlich exklusiv. Der Fotograf führte auf seinen Reisen in die Rub al-Khali nämlich einen motorisierten Gleitschirm mit sich und hat dadurch vieles aus der Luft gesehen – und fotografiert –, was andere vor ihm nur vom Boden aus erkunden konnten.
So sehr George Steinmetz jedoch vom unerbittlichen, lebensbedrohlichen Inneren der Rub al-Khali fasziniert ist, von den Stern- und Sicheldünen, den Treibsandkratern: Noch mehr interessiert ihn der Rand der Wüste, „wo es Menschen oder einen Übergang in anderes Terrain gibt”. Vor allem in diesen Gebieten lohnt der Blick aus der Höhe, wenn man dem Verlauf einer Straße folgen kann, wenn man ganze Siedlungen und Städte überblickt oder Ölförderanlagen. Insbesondere landwirtschaftliche Anbauflächen wirken aus der Distanz irreal wie die Bewässerungsareale in Saudi-Arabien, wo fossiles Wasser aus dem Boden gepumpt wird und in einem wie mit dem Zirkel gezogenen Kreis Weizen oder Tomaten gedeihen lässt. Jenseits davon, ganz abrupt: nichts als Sand.
Die Fotografien machen neugierig, weil sie eine vollkommen fremde Welt zeigen. Weshalb es aber auch erläuternder Texte bedarf, um zu verstehen, was man da eigentlich sieht. STEFAN FISCHER
GEORGE STEINMETZ: Meer aus Sand. Eine spektakuläre Reise ins Herz der Rub al-Khali. Aus dem Englischen von Verena Küstner. Frederking & Thaler Verlag, München 2009. 208 Seiten mit 240 Fotos, 49,90 Euro.
Bilder, die neugierig machen auf eine äußerst fremde Welt
George Steinmetz fliegt mit seinem motorisierten Gleitschirm über Shibam im Hadramaut, Jemen. Obwohl er seinen Flug angemeldet hat, wird er anschließend von der Polizei vernommen. Die Beamten sind ungehalten wegen der Aufregung, die sein Flug bei der Bevölkerung ausgelöst hat. Foto: George Steinmetz
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