Schreibstil & Story
„Diese Geschichte ist lang, und sie ist kurz, sie ist verwirrend und vertrackt, verworren ist sie auch, und manch einer würde sagen, sie ist verrückt, aber ich nicht.“ (Seite 18)
Wenn ich über „Mehr Schwarz als Lila“ schreibe, muss ich mit dem Schreibstil beginnen. Denn er
ist es, der die Story meiner Ansicht nach ausmacht. Der Schreibstil steht für die Gedankenwelt von…mehrSchreibstil & Story
„Diese Geschichte ist lang, und sie ist kurz, sie ist verwirrend und vertrackt, verworren ist sie auch, und manch einer würde sagen, sie ist verrückt, aber ich nicht.“ (Seite 18)
Wenn ich über „Mehr Schwarz als Lila“ schreibe, muss ich mit dem Schreibstil beginnen. Denn er ist es, der die Story meiner Ansicht nach ausmacht. Der Schreibstil steht für die Gedankenwelt von Alex, jugendlich, manchmal widersprüchlich, unfertig und kantig, aber auch für die „vertrackte“ Geschichte, wie Alex es formuliert.
Alex hat einen besten Freund, Paul, und eine beste Freundin, Ratte. Die drei sind unzertrennlich. Sie möchten sich von der Masse abheben, eigenständig sein, sie sind getrieben von dem Wunsch, individuell zu sein. Sie leben diesen Drang in verrückten, gewagten Spielen aus, die sie an ihre persönlichen Grenzen und die Grenzen ihrer Freundschaft treibt. In einem dieser Spiele geht Alex schlussendlich zu weit, und davon berichtet sie in abgehackten, teils unfertigen Sätzen, sie spricht frei heraus und unreflektiert. Ihr Bericht ist roh, voller Gedankensprünge und liest sich enorm holprig. Vor allem, wenn Lena Gorelik teilweise komplett gegensätzliche Aussagen mit einem „und“ verknüpft, wird es kompliziert.
Die Autorin entwirft in ihrem Buch ein fragiles Bild von Freundschaft und geht der Frage nach, was passiert, wenn Liebe Platz in einer engen Freundschaft einfordert. Welche Dynamiken werden dann losgetreten? Grundsätzlich passiert in „Mehr Schwarz als Lila“ nicht viel, zumindest nicht, was die Handlung betrifft. Sie entsprach daher auch nicht meinen Erwartungen. Zwischenzeitlich wurde mir durch den Schreibstil sogar zu viel Bedeutung in Nichts gelegt.
Doch in Alex drin passiert dafür umso mehr. Was in ihrem Inneren, in ihrer Gedankenwelt, geschieht, war intensiv und aufwühlend. Ich war geradezu fieberhaft damit beschäftigt, ihr Verhalten zu interpretieren, und ehe ich es mich versah, begann ich ihre Handlungen und Worte zu analysieren, ganz so wie früher im Deutschunterricht. Wie gerne hätte ich tatsächlich eine Arbeit über dieses Buch geschrieben, kein Buch hat mich seit langem so sehr dazu angeregt.
Charaktere
„Dazwischen sind diese Blicke, von denen ich mir nicht sicher bin, ob ich nicht zu viel aus ihnen ziehe, und ob das Ziehen nicht nur ein hilfloser Versuch ist, ein Gefühl zu finden.“ (Seite 156)
Alex ist kein sympathischer Charakter. Tatsächlich wurde sie mir im Laufe des Buches immer unsympathischer. Sie ist egoistisch und unsensibel, und ihr Verhalten hat mich teilweise richtig wütend gemacht. Gleichzeitig ist sie aber auch Träumerin, die Halt braucht und sich nach Liebe sehnt, und beides auf verschiedenen Wegen sucht. Da sind einerseits ihre Empfindungen für den Referendar, aber auch ihre Freundschaft zu Ratte und Paul.
Was den Charakter von Alex ausmacht, ist aber sicherlich ein großer Interpretationsfreiraum. Lena Gorelik hat Alex nicht in Stein gemeißelt, vielmehr wird sich jeder Leser ein eigenes Bild von ihr machen können, zwischen den Zeilen lesen und seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen können. Das finde ich einen enorm spannenden Ansatz.
Ratte und Paul hingegen wirken im Vergleich sehr fertig. Sie tragen sich weniger mit Zweifeln herum als Alex. Natürlich haben auch sie ihre Probleme, die Familien sind nicht perfekt, aber welche sind das schon? Von allen war mir Paul der sympathischste Charakter im Buch. Er ist ruhig, nachdenklich und feinfühlig.
Fazit
„Mehr Schwarz als Lila“ ist keine Geschichte, von der ich sagen kann: die habe ich gerne gelesen, sie gefiel mir gut. Doch es ist eine Geschichte mit Wucht, über die ich nachdenke, die mich forderte, die mir teils unerträglich war und in seiner Intensität überwältigte.