In dieser Arbeit wurde ein Mehrskalenmodell entwickelt, welches Spanungs- und Prozesskenngrößen mit thermomechanischen Belastungs- und Zustandsgrößen auf Basis numerischer FE-Berechnungen verknüpft. Hierzu wurde die thermomechanische Belastung auf der Mikroskala im Linear-Orthogonalschnitt mittels 2D-FE-Simulationen analysiert. Variiert wurden die Schnittgeschwindigkeit, die Spanungsdicke, der Wirk-Spanwinkel sowie der Schneidkantenradius. Auf Basis der FE-Simulationsergebnisse wurden analytische Modelle zur Approximation der Zerspankraftkomponenten und Temperaturkenngrößen abgeleitet und parametriert.Die parametrierten Modellgleichungen wurden anschließend auf den Wälzfräsprozess skaliert. Hierzu wurden zunächst die zeitlich und lokal entlang der Schneidkante aufgelösten Spanungs- und Prozesskenngrößen mittels einer ebenenbasierten Durchdringungsrechnung bestimmt. Diese dienen als Eingangsgrößen zur Berechnung der Zerspankraftkomponenten sowie der Temperaturverteilung auf der Spanfläche. Die Validierung des Mehrskalenmodells erfolgte einerseits anhand von Drehmomentmessungen im Schlagzahnversuch und andererseits durch einen Abgleich der Spanflächentemperatur mit 3D-FE-Simulationen.Das Mehrskalenmodell wurde im Hinblick auf eine Bewertung des Werkzeugverschleißes und die Verschleißprognose von PM-HSS S390 Werkzeugen analysiert. Hierzu erfolgte eine Gegenüberstellung zwischen den experimentell erfassten Verschleißkurven und rechnerisch ermittelten Verschleißbeträgen. Abschließend wurde die geometrische Unabhängigkeit von der Verzahnungs- und Werkzeuggeometrie sowie die praktische Anwendung des Modells zur systematischen Prozess- und Werkzeugauslegung anhand eines alternativen Verzahnungsfalls aufgezeigt.Das Modell erlaubt eine anwendungsgerechte sowie rechen- und zeiteffiziente Ermittlung des werkzeugseitigen, thermomechanischen Belastungskollektivs beim Wälzfräsen für unterschiedliche Prozessauslegungen mit geometrischer Unabhängigkeit. Die Kenntnis über das vorherrschende, werkzeugseitige Belastungskollektiv unterstützt bei der Interpretation und Beschreibung der daraus resultierenden Verschleißmechanismen und -formen. Durch ein besseres Verständnis der Werkzeugbelastung und des sich ergebenden Werkzeugverschleißes wird die wissensbasierte Auslegung von Werkzeug und Prozess unterstützt und folglich eine Prozessoptimierung ermöglicht.