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Auf Druck Amerikas öffnete sich Japan nach 260-jähriger Abschottung um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die fast rückhaltlose Offenheit für alles Westliche, mit der die Meiji-Regierung die Modernisierung Japans vorantrieb, bewirkte jedoch sehr schnell eine Besinnung auf die eigenen kulturellen Werte. Auf den Weltausstellungen im Westen löste japanisches Kunstgewerbe Faszination für alles Japanische - den Japonismus - aus. In Japan hingegen faszinierten die neuen Techniken - die Regierung erkannte in der Steigerung der Exportproduktion ein vortreffliches Mittel, den Aufbau und das Ansehen Japans…mehr

Produktbeschreibung
Auf Druck Amerikas öffnete sich Japan nach 260-jähriger Abschottung um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die fast rückhaltlose Offenheit für alles Westliche, mit der die Meiji-Regierung die Modernisierung Japans vorantrieb, bewirkte jedoch sehr schnell eine Besinnung auf die eigenen kulturellen Werte. Auf den Weltausstellungen im Westen löste japanisches Kunstgewerbe Faszination für alles Japanische - den Japonismus - aus. In Japan hingegen faszinierten die neuen Techniken - die Regierung erkannte in der Steigerung der Exportproduktion ein vortreffliches Mittel, den Aufbau und das Ansehen Japans in der Welt zu stärken.Die Publikation zeigt detailliert die Entwicklung der Exportkeramik im Spannungsfeld des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Hintergrunds. Letztlich zeichnet sich die Stilentfaltung nicht durch eine einseitige Verwestlichung, sondern durch gegenseitige Inspiration aus, so zum Beispiel beim Entstehen des Jugendstils und dessen Rückwirkung nach Japan.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.07.2004

Dicker Fisch auf Vase

Von Japan aus in die Welt: In der Meiji-Keramik flossen die Moden zusammen: Ihre Renaissance gefällig?

VON BRITA SACHS

Als der amerikanische Commodore Matthew Perry 1853 vor Tokio aufkreuzte und im Jahr darauf Zoll- und andere Konzessionen für sein Land im Vertrag von Kanagawa erzwang, war es mit Japans jahrhundertelanger Abschottung gegen den Rest der Welt vorbei. In rasantem Tempo entsteht unter Kaiser Meiji (1868 bis 1912) das moderne Japan, das die Erschütterung durch die abrupte Konfrontation mit dem Westen bewältigen mußte und zugleich den Anschluß an die Weltwirtschaft schaffen wollte.

Das internationale Publikum staunte, als es all die schönen Dinge sah, die Rutherford Alcock als Englands erster Botschafter in Japan gesammelt hatte, um sie 1862 auf der Weltausstellung in London zu präsentieren. 1867 wiederholte sich das Entzücken in Paris, wo Japan bereits selbst ausstellte. Eine Manie für alles Japanische brach aus, der "Japonismus" zog Spuren durch Kunst und Kunsthandwerk, vor allem der aufkommende Jugendstil stärkte sich an der herrlich exotischen Quelle. Japan erkannte die Chance, Märkte für seine Produkte zu erschließen: Es bedient die Japan-Mode, in legendärer Anpassungsfähigkeit darum bemüht, es dem Japan-Bild der fremden Geschmäcker recht zu machen, ohne die eigene Tradition zu verleugnen. Aber die Nachwelt haderte mit diesem Eiertanz - Meiji-Keramik zum Beispiel, üppig dekoriert und von feinster Machart, zunächst ein echter Exportschlager, gilt zu Hause als unjapanisch und verwestlicht - in Europa bald als eklektizistisch.

Diese Vorurteile kann Gisela Jahn nun überraschend korrigieren, indem sie nach jahrelanger Forschung belegt, daß in der Meiji-Keramik asiatische Stilelemente durchweg bestimmender blieben als westliche - während übrigens zur gleichen Zeit nicht nur Sèvres oder Kopenhagen sich gnadenlos des japanischen Formen- und Dekorfundus bedienten. Gisela Jahn legt jetzt das wissenschaftliche Grundlagenwerk zu den vielfach bezaubernden, manchmal auch skurrilen Schöpfungen der Meiji-Ära in einem prächtigen, reichbebilderten Band vor. Die Autorin, die selbst eine Ausbildung als Keramikerin besitzt und sich seit langem kuratorisch und wissenschaftlich mit japanischer Keramik befaßt, bettet ihr Sujet sorgfältig in die Historie, erörtert Marketing- und Technologiefragen, beleuchtet die wichtigsten Töpferzentren, die nun nahe den Überseehäfen entstanden, und stellt die großen, stilprägenden Meister der verschiedenen Schulen sowie deren prägnante Merkmale vor. Glossar, Signaturverzeichnis und Bibliographie runden das Opus ab.

Ganz versessen auf Fortschritt, griffen die Keramikschaffenden dank der neuen interkontinentalen Kontakte westliches Know-how auf. Entwurf und Ausführung erledigen nun verschiedene Werkstätten, und jetzt erst bekommt die Malerei dank verfeinerter Mal-, Glasur- und Brandtechniken Vorrangstellung auf den Vasen und Schalen: Erstmals reist die hochgeschätzte japanische Naturidylle, reisen prächtige Blüten, große Vögel, kapitale Fische auf bauchigen Porzellan-Gründen außer Landes - die frappante Wirkung auf die Kunst der europäischen Moderne via Art nouveau und Jugendstil ist bekannt.

Just die neu erlernten Techniken und Dekorweisen dienen nach etwa zehn Jahren emsigen Streckens nach westlichen Angeboten einer Rückbesinnung auf fernöstliche, vor allem chinesische Stilelemente. Von französischen Keramikern vorgestellte Seladon-, Teestaub-, Ochsenblut- und andere interessante Glasuren gelangen ins japanische Repertoire, und über den Ausflug in den fernen Westen kehrt auch die zeitgenössische japanische Malerei zur Weiterentwicklung in die Heimat zurück. Mit Meistern wie Miyagawa Kozan oder Kato Tomotaro erreicht die Produktion im späten 19. Jahrhundert den Stand einer neuen selbstbewußten "Klassik". Betrachten läßt sich Meiji-Keramik in Europa zum Beispiel im Victoria & Albert Museum in London oder im Bremer Übersee-Museum. Sammler durchforsten die einschlägigen Kataloge von Christie's und Sotheby's, in Deutschland könnten sie unter anderen bei den Kölner Auktionshäusern Klefisch und Lempertz fündig werden oder bei Spezialhändlern für Kunst aus Asien wie Hans-Martin Schmitz in Wuppertal.

Gisela Jahn: "Meiji-Ceramics. The Art of Japanese Export Porcelain and Satsuma Ware 1868 - 1912". Arnoldsche Art Publishers, Stuttgart 2004. Geb., 360 S., 253 Abb. 99.80 [Euro].

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