Wer heute nach Capri reist, dem kann vieles von dem alten Zauber, der den
legendären Ruf der Insel begründet hat, entgehen. Claretta Cerio aber hat jene
Zeit selbst erlebt: Als Tochter eines Deutschen und einer Italienerin auf Sylt und
Capri aufgewachsen, verbrachte sie ihre intensivsten Jahre auf der Insel im
Tyrrhenischen Meer, wo sie 1953 den Schriftsteller Edwin Cerio heiratete und
zahlreichen Künstlerpersönlichkeiten begegnete. Jetzt erzählt sie die Geschichte
der Capreser Villen und ihrer Bewohner: Sie weiß, in welcher Gesellschaft
Wladimir Iljitsch Uljanow in der Villa Rossa feierte, bevor er als Lenin bekannt
wurde, weshalb Alfred Krupp sich von den Capresen verstanden fühlte und
warum Brecht die Insel eine "verdammte blaue Limonade" nannte. Sie berichtet
von der parabelhaften Feindschaft zwischen dem Küstenstädtchen Capri und
dem Bergdorf Anacapri, von der Schrulligkeit der deutschen Pensionsgäste der
1930er Jahre und von Göttern und Naturgeistern, die der einsame Wanderer
noch heute trifft, wenn er sich fern von allem Massentourismus auf die steilen
Pfade des Monte Solaro wagt.
Auf unwiderstehlich charmante Weise lässt Claretta Cerio den Glanz vergangener
Zeiten lebendig werden. Zugleich zeichnet sie klarsichtig und mit
feinem Humor ein differenziertes Bild der Insel jenseits aller Klischees,
die uns von Postkarten und Schlagern bekannt sind, und bringt uns so ihr
Capri nahe.
legendären Ruf der Insel begründet hat, entgehen. Claretta Cerio aber hat jene
Zeit selbst erlebt: Als Tochter eines Deutschen und einer Italienerin auf Sylt und
Capri aufgewachsen, verbrachte sie ihre intensivsten Jahre auf der Insel im
Tyrrhenischen Meer, wo sie 1953 den Schriftsteller Edwin Cerio heiratete und
zahlreichen Künstlerpersönlichkeiten begegnete. Jetzt erzählt sie die Geschichte
der Capreser Villen und ihrer Bewohner: Sie weiß, in welcher Gesellschaft
Wladimir Iljitsch Uljanow in der Villa Rossa feierte, bevor er als Lenin bekannt
wurde, weshalb Alfred Krupp sich von den Capresen verstanden fühlte und
warum Brecht die Insel eine "verdammte blaue Limonade" nannte. Sie berichtet
von der parabelhaften Feindschaft zwischen dem Küstenstädtchen Capri und
dem Bergdorf Anacapri, von der Schrulligkeit der deutschen Pensionsgäste der
1930er Jahre und von Göttern und Naturgeistern, die der einsame Wanderer
noch heute trifft, wenn er sich fern von allem Massentourismus auf die steilen
Pfade des Monte Solaro wagt.
Auf unwiderstehlich charmante Weise lässt Claretta Cerio den Glanz vergangener
Zeiten lebendig werden. Zugleich zeichnet sie klarsichtig und mit
feinem Humor ein differenziertes Bild der Insel jenseits aller Klischees,
die uns von Postkarten und Schlagern bekannt sind, und bringt uns so ihr
Capri nahe.
Der Familienname Cerio hat auf der Mittelmeerinsel Capri einen besonderen Klang. Eine der Letzten aus dieser international verzweigten Familie von Ärzten, Forschern, Inselbürgermeistern, Hoteliers und Ingenieuren ist die Schriftstellerin Claretta Cerio. Als Witwe des Inselhistorikers Edwin Cerio und Enkelin des legendären capresischen Hoteliers August Weber gehört Claretta Cerio selbst zum illustren Inselpersonal, für das Capri so berühmt ist. Nun hat die Schriftstellerin zur Freude ihrer Leser ihr schmales aber schönes OEuvre um einen autobiographischen Erzählband ergänzt. Es ist schwer zu sagen, was an diesem Buch mehr gefällt: die elegante Schlichtheit der Sprache oder der ironisch melancholische, nie aber zynische Blick auf die Wirklichkeiten des Lebens. Dabei könnte eine Jahrhundertzeitzeugin wie Claretta Cerio angesichts der touristischen Verheerungen auf Capri durchaus etwas verbittert sein. Doch bei aller gedanklichen Schärfe und Genauigkeit verliert diese Prosa nie ihren manchmal an Truman Capote erinnernden, heiteren Charme. In den fünfziger und sechziger Jahren war der Salon der Cerios so etwas wie das intellektuelle Zentrum der Insel. Die Autorin jedoch, lebendige dreiundachtzig Jahre alt, verzichtet auf nostalgisch verklärte Reminiszenzen an lang vergangene Tage. Sie verarbeitet in den dreizehn Kapiteln des Buches die Biographie ihrer Familie, verknüpft diese mit der Geschichte der Insel und lässt dabei - ohne jede Sentimentalität - eine Vergangenheit lebendig werden, wie sie über das Capri des zwanzigsten Jahrhunderts so bislang noch nicht erzählt worden ist. Die Regale der Bibliotheken ächzen schwer unter der Vielzahl an Büchern über die vermeintlich schönste Insel der Welt. Bislang war eigentlich nur Humbert Kesels Inselbiographie empfehlenswert. Nun hat die Capri-Expertin schlechthin - und ganz nebenbei war Claretta Cerio ein halbes Leben lang mit Humbert Kesel befreundet - ein bezaubernd kluges Buch vorgelegt, das zweifellos zu einem Klassiker der Capri-Literatur werden wird.
üte
"Mein Capri" von Claretta Cerio, Mare Verlag, Hamburg 2010. 192 Seiten.Gebunden, 18,50 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Ebenso vornehm wie matt fällt die Besprechung von Thomas Steinfeld aus, seines Zeichens selbst Capri-Kenner und Verfasser einer Biografie über den illustren schwedischen Inselbewohner, Arzt und Schriftsteller Axel Munthe. Neue Erkenntnisse scheint er nach der Lektüre des autobiografisch und anekdotisch gehaltenen Buches von Claretta Cerio nicht gewonnen zu haben. Die Erinnerungen der "Schriftstellerin von eigenen Verdiensten" (die leider unerwähnt bleiben) und Witwe von Edwin Cerio (dem 1960 verstorbenen intellektuellen Vermittler zwischen zugereister Boheme und einheimischer Bevölkerung) gehören für den Rezensenten in die Kategorie "beseelte Nachrede, höherer Tratsch, ganz ohne Bosheit".
© Perlentaucher Medien GmbH
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