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Sieben Jahre hat Klaus Seehafer an seiner lebendigen und fundierten Biographie gearbeitet, die durch ihre unkonventionelle Herangehensweise einen neuen Zugang zu dem Menschen Goethe schafft, einem Menschen, der nicht zuletzt aus Zwängen, Irrwegen und Niederlagen zu immer wieder neuer Produktivität fand. "Dieser Mann hat zweierlei Werk geschaffen: ein niedergeschriebenes - und ein gelebtes": In diesem Sinne erzählt Klaus Seehafer das abenteuerliche Leben Goethes, spürt den Antrieben und wiederkehrenden Konstellationen eines Klassikers nach, den Wegen und Fluchtwegen, der produktiven Energie wie…mehr

Produktbeschreibung
Sieben Jahre hat Klaus Seehafer an seiner lebendigen und fundierten Biographie gearbeitet, die durch ihre unkonventionelle Herangehensweise einen neuen Zugang zu dem Menschen Goethe schafft, einem Menschen, der nicht zuletzt aus Zwängen, Irrwegen und Niederlagen zu immer wieder neuer Produktivität fand. "Dieser Mann hat zweierlei Werk geschaffen: ein niedergeschriebenes - und ein gelebtes": In diesem Sinne erzählt Klaus Seehafer das abenteuerliche Leben Goethes, spürt den Antrieben und wiederkehrenden Konstellationen eines Klassikers nach, den Wegen und Fluchtwegen, der produktiven Energie wie den Irrgängen, Verstörungen und Sinnkrisen. Immer aber ist es die Intensität des Erlebens, die in diesem Buch hervortritt und die Distanz von mehr als zwei Jahrhunderten spielend und spielerisch über-
windet.
Wie Goethe, der große Wegbereiter, sich selbst die Bahn brach, wie er den Weg der Selbstbefreiung, aber auch der Selbstzucht ging, den Mitlebenden oft unberechenbar erschien und doch dem Gesetz seines Schöpfertums folgte, davon liefert Klaus Seehafers Biographie ein anschauliches Bild. Die Distanz zum "Dichterfürsten" schwindet, und gern folgt der Leser dem Biographen zu den Orten, wo er die Zeugen des Goetheschen Lebens noch aufsuchen kann: Frankfurt am Main, Leipzig, Wetzlar, Weimar, Rom, ins Thüringer Land und zu den böhmischen
Bädern. Die originelle Konstruktion, die auf die großen biographischen Kapitel kleine Reise-Intermezzi folgen läßt, belebt die Darstellung und ermuntert dazu, den Spuren vergangenen Lebens nachzugehen.
Autorenporträt
Klaus Seehafer wurde 1947 in Alsfeld/Hessen geboren und wuchs in Bayern auf. Nach einer Buchhändlerlehre besuchte er die Fachhochschule für Bibliothekswesen in Stuttgart. Seit 1976 ist er Leiter der Stadtbibliothek in Diepholz/Niedersachsen. Er ist Mitglied des Verbandes Deutscher Schriftsteller, Sektion Niedersachsen und Bremen, deren Vorstand er seit 2000 angehört.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.04.1998

Butterfahrt nach Weimar
Ach, du lieber Wolfgang: Klaus Seehafer begleitet Goethe

Goethe-Biographien für Wissenschaftler, Goethe-Biographien für Bildungsbürger, Goethe-Biographien für Liebende, die sich in des Dichters Verhältnis zu Charlotte von Stein wiedererkennen, für Soldaten, die den großen deutschen Geist im Rucksack mitherumtragen wollen - all das hat es schon gegeben. Eine Goethe-Biographie für Touristen ist eine zeitgemäße Neuigkeit. Es gehört zur Hagiographie dieses Dichterlebens, daß es mit Orten und Kultstätten verbunden ist, mit Frankfurt, Leipzig, Straßburg, Weimar, Karlsbad. Aus der Wallfahrt zwischen diesen Kultstätten zimmert Klaus Seehafer das Gerüst seines Buches, indem er zwischen die biographischen Kapitel über Goethe Berichte seiner eigenen Branche an den Aufenthaltsorten des Dichters einfügt.

Nun wäre es originell gewesen, die Geschichte Goethes allein vom Lokal her zu entwickeln, das Große an kleine Erinnerungsstücke und die Idee der Poesie an faßliche Relikte zu binden, an Zeichen, welche Erlebnisse aus der Vergangenheit heute noch vergegenständlichen. Eine Realienkunde des Lebens, die im Falle Goethes freilich zur Reliquienkunde geworden wäre, böte die Chance, der reiselustigen Bundesrepublik ihre Butterfahrten durch ein Bildungserlebnis zu verklären. Eine solche Art Baedeker der poetischen Existenz ist mittlerweile nicht mehr unbekannt: Der Prag-Tourist, der auf sich hält, durchwandert die Stadt auf den Spuren Kafkas zusammen mit Klaus Wagenbach, der Proust-Kenner begibt sich in Paris auf die Suche nach dem lokalen Flair der Romangesellschaft der "Recherche", mit Fontane geht es durch die Mark Brandenburg.

Die Reisekapitel in Seehafers Goethe-Biographie aber sind nur Intermezzi, in denen der Autor selber sich mit wenig interessanten Beobachtungen in den Vordergrund rückt, wie etwa der, daß es an den geheiligten Stätten des Dichterlebens Jogger, wie allerorten sonst, zu sehen gebe. Die viel umfangreicheren Kapitel zu Goethes Leben wiederum leiden darunter, daß sie keine Akzente setzen. Sie sind kursorisch, sie erzählen nicht, sondern zählen aus. Der Konsens, der sich in der Geschichte der Goethe-Biographien als Maßstab über das, was wichtig sei in diesem Leben, herausgebildet hat, ist auch die Richtschnur für Seehafers Werk. Aus der Erzählung der vielen Fakten wäre ein viel besseres Buch zu machen gewesen, wenn alles, was darin steht, unter Lemmata gefaßt und alphabetisch geordnet worden wäre. Bei der Charakterisierung des unzähligen Personals fühlt man sich gelegentlich an "Goethes Weimar" von Effi Biedrzynski erinnert, die die lexikalische Methode zur Darstellung von Goethes Umgebung gewählt hat, wobei es allerdings ihrer stilistischen Eleganz gelang, aus einem Lexikon ein Lesebuch zu machen.

Seehafer hingegen sucht Lebendigkeit zu erzielen, indem er in einem falschen Verständnis von Popularität mit seinem Dichter allzu schulterklopfend umgeht. Er verwechselt Bildung mit Materialfülle und Popularität mit plumper Vertraulichkeit. Goethe selbst hätte es übel aufgenommen, sich von seinem Biographen mit "Wolfgang" angesprochen zu sehen. Auch daß jener gar so mühelos in sein Inneres meint eindringen zu können, indem er sich bei vielen Gelegenheiten fragt: "Was mag in Goethes Kopf und Herzen vorgegangen sein?", würde der Dichter als Ungehörigkeit empfunden haben. Mit der Frage, wann zum ersten Mal Goethe mit einer Frau geschlafen habe, sind ihm schon viele zu nahe getreten, diesmal aber behauptet Seehafer das Rätsel lösen zu können durch die Deutung seiner Poesien. Mit väterlicher Aufdringlichkeit belobigt schließlich Seehafer die Gelehrigkeit des Dichters: "Noch kein halbes Jahr ist vergangen, aber wieviel hat er schon wieder erlebt und in sich aufgenommen!"

Nicht selten wird Verständlichkeit mit Anbiederungen an das Publikum verwechselt; wer dessen Ton wählt, löscht aber die Individualität seines Gegenstandes aus. Was soll schon ein Goethe, der fühlt wie jedermann? Warum überhaupt bräuchte es ihn, wenn er so leicht durchschaubar wäre wie der Nachbar? Die Nähe, in die Seehafer Goethe rückt, erschreckt den Biographen aber schließlich selbst, und er versteckt ihn immer wieder hinter einem Gestrüpp aus lauter klein gehäckselten Tatsachen. Von dort leuchtet er nur dem entgegen, der ihn ohnehin schon kennt. HANNELORE SCHLAFFER

Klaus Seehafer: "Mein Leben ein einzig Abenteuer". Johann Wolfgang Goethe. Biografie. Aufbau-Verlag, Berlin 1998. 496 S., geb., 49,90 DM.

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