Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 15,00 €
  • Broschiertes Buch

Als die Autobiografie Lujo Brentanos kurz vor seinem Tod erschien, konnte er auf sechs Jahrzehnte aktiven wissenschaftlichen und politischen Lebens zurückblicken. Als Professor nacheinander an den Universität in Breslau, Straßburg, Wien, Leipzig und München tätig, entfaltete er vom Katheder und im wesentlich von ihm initiierten Verein für Sozialpolitik eine umfangreiche sozialpolitische und -reformerische Tätigkeit. Brentano war dabei einer der wenigen 'liberalen Sozialreformer', für die Sozialpolitik und Arbeitsrecht nicht einfach paternalistischer Schutz der Schwächeren bedeutete, sondern…mehr

Produktbeschreibung
Als die Autobiografie Lujo Brentanos kurz vor seinem Tod erschien, konnte er auf sechs Jahrzehnte aktiven wissenschaftlichen und politischen Lebens zurückblicken. Als Professor nacheinander an den Universität in Breslau, Straßburg, Wien, Leipzig und München tätig, entfaltete er vom Katheder und im wesentlich von ihm initiierten Verein für Sozialpolitik eine umfangreiche sozialpolitische und -reformerische Tätigkeit. Brentano war dabei einer der wenigen 'liberalen Sozialreformer', für die Sozialpolitik und Arbeitsrecht nicht einfach paternalistischer Schutz der Schwächeren bedeutete, sondern die gerade umgekehrt im Sinne eines konsequent praktizierten Liberalismus durch eine Gestaltung der Ordnungsbedingungen vor allem die abhängig Beschäftigten und deren Interessenvertretungen in den Stand setzen wollten, als gleichberechtigte und artikulationsfähige Verhandlungspartner gegenüber Wirtschaft und Staat aufzutreten.

In den lebendig geschriebenen Memoiren werden seine Auseinandersetzungen mit Bismarck wie auch mit Karl Marx, seine linksliberale Meinungsführerschaft im Verein für Sozialpolitik, die Gegnerschaft gegenüber der alten und neuen Feudalität wie gegenüber dem wirtschaftlichen Manchestertum, das Zusammengehen mit dem großen Althistoriker Theodor Mommsen für die Freiheit der Wissenschaft als auch bemerkenswerte Urteile über Wilhelm II. transparent. Das Ganze ist eine spannend zu lesende, überaus informative und quellenreiche Überschau seines gesamten Wirkens, in dem sich deutsche und Weltgeschichte, die Geburt und Entwicklung der deutschen Sozialpolitik und die Geschichte der Wirtschaftswissenschaft zu einer erstaunlichen Synthese verbinden.

Diese Selbstdarstellung Brentanos ist zum Verständnis seiner Person und seines Werkes deswegen von so großer Bedeutung, weil sie nicht nur über ein langes und reiches Gelehrtenleben informiert, sondern darüber hinaus wichtige Einsichten in die komplizierte Interaktion zwischen den zeitgenössischen ökonomisch-theoretischen Diskussionen und den gleichzeitig stattfindenden Auseinandersetzungen in Wirtschaft, Politik und Recht ermöglicht: Auf dem Hintergrund der tagespolitischen Auseinandersetzungen werden die 'wissenschaftlichen' Erörterungen und die dabei jeweils eingenommenen Standpunkte besser verständlich, und umgekehrt kann man auch die tagespolitischen Auseinandersetzungen jener Zeit besser und umfassender verstehen, wenn man sie nicht nur unter dem Gesichtspunkt erkennbarer wirtschaftlicher Interessen, sondern auch der theoretischen Denkmuster dieser Periode betrachtet.
Autorenporträt
Lujo Brentano, geboren 1844, gestorben 1931, war Nationalökonom. uf einer 1868 mit dem Statistiker Ernst Engel unternommenen Reise nach England gewann Brentano Einblick in die Arbeits- und Lebensverhältnisse der englischen Arbeiterschaft und ihrer Gewerkschaftsbewegung. Deren Studium legte den Grund für sein sozialpolitisches Lebenswerk, das der materiellen sowie geistigen Hebung und Wohlfahrt der Arbeiter galt. 1872 beteiligte er sich an der Gründung des Vereins für Sozialpolitik. Seine akademische Lehrtätigkeit begann er 1871 nach seiner Habilitation als Privatdozent in Berlin; er setzte sie fort als Professor für Nationalökonomie, Finanzwissenschaft und Wirtschaftsgeschichte an den Universitäten Breslau, Straßburg, Wien, Leipzig und zuletzt München, wo er auch nach seiner Emeritierung (1914) seine Lehrtätigkeit nicht aufgab. Zahlreiche wissenschaftliche Ehrungen wurden ihm zuteil.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2005

Kathedersozialist
Lujo Brentanos Autobiographie

Lujo Brentano: Mein Leben im Kampf um die soziale Entwicklung Deutschlands (1931). Herausgegeben von Richard Bräu und Hans G. Nutzinger. Metropolis-Vertrag, Marburg 2004, 518 Seiten, 28 Euro.

"Doch muß ich zugeben, daß ich auf Entstehung und Entwicklung der deutschen Sozialpolitik Einfluß geübt habe; desgleichen habe ich an den Erörterungen über Wirtschaftspolitik lebhaften Anteil genommen und mit ganzer Seele für die Freiheit der Wissenschaft gestritten. Ich kann nicht leugnen, daß man ein Recht hat, mich selber darüber zu hören." Mit diesen Worten rechtfertigt Lujo (so genannt nach seinen Paten Louis Brentano und Joseph Merkel) Brentano, Vertreter der Jüngeren Historischen Schule und Gründungsmitglied des Vereins für Socialpolitik, seine Autobiographie. Man braucht sich in dem umfangreichen Werk nicht auf übermäßige Eitelkeit gefaßt zu machen. Was den Leser erwartet, ist ein elegant geschriebener, kultivierter und oft selbstkritisch-vergnüglicher Rückblick, der das Persönliche mit dem Wissenschaftlichen und der Politik verzahnt - vom eigenen Werdegang bis hin zur "sozialen Frage" und zum Methodenstreit. Brentano (1844 bis 1931) sprengt jedes Klischee: als Anhänger des historischen Ansatzes, dem die theoretische Deduktion durchaus nicht fremd war, wie als Sozialreformer liberalen Geistes, der in tiefer Fehde mit Karl Marx lag. Er entstammte einer großen deutschen Intellektuellenfamilie mit italienischen Wurzeln, der Dichter Clemens Brentano war sein Onkel. Er war Doktor sowohl der Rechte als auch der Nationalökonomie, er lehrte an den Universitäten Breslau, Straßburg, Wien, Leipzig und München; Theodor Heuss war sein Student. Das Buch, neu aufgelegt in der von Birger Priddat und Heinz Rieter verantworteten Reihe der "Beiträge zur Geschichte der deutschsprachigen Ökonomie", begeistert als Zeitzeugenbericht.

KAREN HORN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Außerordentlich angetan zeigt sich Karen Horn von dieser Autobiografie Lujo Brentanos (1844 bis 1931), der Vertreter der Jüngeren Historischen Schule und Gründungsmitglied des Vereins für Socialpolitik war. Die Rezensentin verspricht einen "elegant geschriebenen, kultivierten und oft selbstkritisch-vergnüglichen Rückblick", der das Persönliche mit dem Wissenschaftlichen und der Politik verzahne - vom eigenen Werdegang bis hin zur "sozialen Frage" und zum Methodenstreit. Sie hebt hervor, dass Brentano jedes Klischee sprenge: als Anhänger des historischen Ansatzes, wie als Sozialreformer liberalen Geistes, der in tiefer Fehde mit Karl Marx lag. Brentano lehrte Jura und Nationalökonomie an den Universitäten Breslau, Straßburg, Wien, Leipzig und München; Theodor Heuss war sein Student. Das Resümee der Rezensentin: "Das Buch... begeistert als Zeitzeugenbericht."

© Perlentaucher Medien GmbH