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Ausgehend von der Geschichte seines Großvaters, der als Soldat im Ersten Weltkrieg war, geht der Autor den Fragen nach, was es mit diesem Krieg auf sich hatte, was er noch mit unserer Welt heute zu tun hat und was überhaupt Menschen dazu bringt, gegen andere Menschen in den Krieg zu ziehen. Das Buch wurde im März 2014 für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2014 in der Sparte Sachbuch nominiert.

Produktbeschreibung
Ausgehend von der Geschichte seines Großvaters, der als Soldat im Ersten Weltkrieg war, geht der Autor den Fragen nach, was es mit diesem Krieg auf sich hatte, was er noch mit unserer Welt heute zu tun hat und was überhaupt Menschen dazu bringt, gegen andere Menschen in den Krieg zu ziehen. Das Buch wurde im März 2014 für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2014 in der Sparte Sachbuch nominiert.
Autorenporträt
Nützel, Nikolaus
Nikolaus Nützel arbeitet als freier Journalist und Buchautor. Für seine Jugend-Sachbücher hat er verschiedene Preise erhalten, unter anderem zwei Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis, zweimal die Auszeichnung Bestes Junior-Wissensbuch des österreichischen Wissenschaftsministeriums und den Luchs von Radio Bremen und der Wochenzeitung DIE ZEIT.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.10.2013

Der Großvater aller Dinge

Zwischen Helden und treulosen Tomaten: Nikolaus Nützel macht leichthändig deutlich, warum wir uns mit dem Ersten Weltkrieg beschäftigen müssen.

Von Ramona Lenz

Hä?", fragt Nikolaus Nützel, der Autor des Buches "Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg". Da erschießt ein serbischer Gymnasiast einen österreichischen Adligen, wenige Wochen später marschiert Deutschland in Belgien ein und nach vier Jahren sind weltweit 17 Millionen Menschen tot und zwanzig Millionen verwundet. Lange Zeit habe er nicht verstanden, wie das "Attentat von Sarajevo" vom 28. Juni 1914 einen Krieg solchen Ausmaßes auslösen konnte, gibt Nützel zu und macht sich daran, diesen und viele andere komplexe Zusammenhänge für Jugendliche ab zwölf Jahren verständlich zu erklären.

Dass ihm dies so ausnehmend gut gelingt, hat drei Gründe: Zum einen bedient sich Nützel der bewährten Methode, aus den unvorstellbar großen Menschenmassen vorstellbare Individuen herauszugreifen und die große Weltgeschichte so im Kleinen lebendig werden zu lassen. Zum anderen ist seine Perspektive auf den Krieg und vor allem auf die darüber hinausgehenden Zusammenhänge explizit subjektiv; er schreibt nicht nur in der Ich-Form, er schreibt auch über sich. Immer wieder stellt er Bezüge her zu dem, was der Große Krieg mit seinem Leben in der Gegenwart zu tun hat. Diese Verbindungen zur Gegenwart sind es schließlich drittens und hauptsächlich, mit denen Nützel seinen Lesern und Leserinnen hundert Jahre nach dessen Ausbruch den Ersten Weltkrieg wirklich nahezubringen vermag.

Über seinen Opa stellt Nützel den ausführlichsten konkreten und persönlichen Bezug zum Krieg her. Schon bald nach Kriegsausbruch war dem jungen Soldaten ein Bein von einem Granatsplitter zerfetzt worden, und er trug fortan eine Prothese aus Holz. Nützel denkt sich in die Welt vor, während und nach dem Krieg hinein, um zu verstehen und zu erklären, mit welchen Gefühlen und Gedanken sein Großvater wohl in den Ersten Weltkrieg gezogen war und was ihn und seine Frau später zu überzeugten Anhängern Hitlers machte.

Aber nicht nur seinen Großvater August Müller lässt Nützel mit einem Namen und einer konkreten Biographie aus den Millionen hervortreten, die den Ersten Weltkrieg erlebten. Er erwähnt auch den 26-jährigen Algerier Kalfa Zerbib, der im ostfranzösischen Verdun begraben liegt, den 19-jährigen Briten Thomas Highgate, der 1914 wegen Fahnenflucht erschossen wurde, und den 22-jährigen Italiener Luciano Zamboni, der 1945 im KZ Flossenbürg starb. Der Verlauf ihrer Leben sowie die Todesumstände dieser Männer geben Auskunft über bedeutsame Daten des Krieges und seiner Folgen sowie über einige der internationalen Verstrickungen, die den Krieg zu einem Weltkrieg machten, in den Menschen aus allen Kontinenten involviert waren.

Waren diese jungen Männer Helden? In dem Kapitel "Was ist ein Held?" geht Nützel der Frage nach, was es zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten bedeutete und bedeutet, ein Held zu sein. Wenngleich es ihm einerseits angesichts unzähliger "zerfetzter Menschenleiber" höchst zweifelhaft erscheint, dass die Schlacht von Verdun viel mit Heldentum zu tun hatte und ihm Heldentum heute überhaupt suspekt ist, räumt er andererseits ein, in jüngeren Jahren selbst "romantische Fantasien vom heldenhaften Kampf" gehabt zu haben. Dabei bezieht er sich auf seine Verehrung Che Guevaras und die Kampagne "Waffen für El Salvador", für die er selbst Geld gesammelt habe. Dass er nun "europäische Kriegshelden" und "lateinamerikanische Revolutionshelden" mal eben über einen Kamm schert ist genauso verkürzt, wie die Forderungen der Bolschewiki in Russland einfach als "Spinnerei" abzutun, wie er es an anderer Stelle tut.

Man muss seine Positionen jedoch nicht ausnahmslos teilen, um sich darüber zu freuen, dass Nützel sie in einem Geschichtsbuch für Jugendliche so explizit zum Ausdruck bringt und dabei auch mehrmals eigenes Unwissen vor Beginn der Recherchen zu seinem Buch zugibt. Damit macht er nicht nur die Perspektive kenntlich, von der aus er auf den Krieg blickt, sondern er dekliniert zugleich immer wieder an seinem eigenen Beispiel durch, "was der Erste Weltkrieg mit uns zu tun hat", wie es im Untertitel heißt.

Freilich richtet der Autor sein Augenmerk aber nicht nur auf Parallelen und Auswirkungen des Krieges, die ihn unmittelbar selbst betreffen. Beginnend bei der bis heute unterschiedlichen Benennung von Straßen, Plätzen und Schulen in Ost- und Westdeutschland, die Nützel auf den Ersten Weltkrieg und seine Folgen zurückführt, über die Herleitung von Redewendungen wie "treulose Tomate", "Grabenkrieg" und "08/15" aus dem Ersten Weltkrieg bis hin zu dem ausführlichen Kapitel mit der Überschrift "Krieg als Geschäft" über die Ursprünge des Vermögens der heute reichsten Deutschen im Ersten Weltkrieg zeigt der Autor auf vielfältige Weise, inwiefern der Krieg bis heute fortwirkt.

Anstatt sich in Details über den jahrelangen Kampf an der Ostfront zu verlieren, erklärt Nützel in den knappen Kapiteln des übersichtlichen Buches konzise und verständlich unter anderem "die Aufteilung der Welt" in Kolonialreiche, die Russische Revolution als "Umsturz, der die Welt veränderte", und "vergessene Gefechte" wie den Völkermord an den Armeniern im Kontext des Ersten Weltkriegs.

Insgesamt beinhaltet das Buch 21 Kapitel, die jeweils zwischen drei und neun Seiten umfassen. Die einzelnen Kapitel sind farblich voneinander abgesetzt; Fotos, Zeichnungen, Karten, Tabellen und Infokästen lockern den Text auf. Das Buch ist gestaltet wie ein gutes Schulbuch, übersichtlich und lesefreundlich mit vielen Absätzen und Bildern. Vor allem aber weiß der Autor, dass es nicht genügt, Informationen zusammenzutragen, wenn man Jugendliche erreichen möchte. Man muss Wissen vermitteln. Und darin ist er virtuos. Die vielfältigen Verbindungen, die Nützel über den Krieg hinaus zieht, und die subjektiven Bewertungen, die er sich durchgängig erlaubt, legitimieren auch ohne vollständige Kenntnis der umfangreichen Literatur zum Thema die Behauptung, dass so noch nie über den Ersten Weltkrieg geschrieben wurde.

Nikolaus Nützel: "Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg".

ArsEdition, München 2013. 144 S., geb., 14,99 [Euro]. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Liest man die Besprechung von Ramona Lenz, hat man den Eindruck, das Buch von Nikolaus Nützel sei mindestens 300 (statt bloß 144) Seiten lang. Derart viel packt der Autor in seine Geschichte des Ersten Weltkriegs für Kinder und Jugendliche ab 12 hinein. Lenz liest über die Motivation zum Krieg, seine Folgen, über Verdun, darüber, wann und warum jemand ein Held ist (und ob man das braucht), über lateinamerikanische Revolutionäre, den Völkermord an den Armeniern etc. Das Besondere an dem Buch, das, was den Leser reinzieht und bei der Stange hält, ist für Lenz jedoch seine Machart: Betont subjektiv, das Besondere im Allgemeinen suchend, Individuen in den Mittelpunkt stellend, wie etwa den Großvater des Autors mit seinem Holzbein. Auch wenn Lenz nicht alles, was der Autor hinschreibt, absegnen möchte, über den Ersten Weltkrieg lernt sie doch eine Menge, auch weil Nützel seinen Text übersichtlich und verständlich präsentiert und ihn mit Karten, Tabellen und Zeichnungen appetitlich garniert, wie sie uns mitteilt.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Vor allem aber weiß der Autor, dass es nicht genügt, Informationen zusammenzutragen, wenn man Jugendliche erreichen möchte. Man muss Wissen vermitteln. Und darin ist er virtuos.", Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ramona Lenz, 05.10.2013