Produktdetails
- Verlag: ars una
- Seitenzahl: 303
- Erscheinungstermin: 27. August 2008
- Deutsch
- Abmessung: 245mm
- Gewicht: 674g
- ISBN-13: 9783893918607
- ISBN-10: 3893918604
- Artikelnr.: 24822349
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2008Franz Josef Strauß ist tot!
Der größte Intimus und Strauß' Sohn blicken zurück
Seit 20 Jahren hoffen Freunde und Feinde des am 3. Oktober 1988 verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, dass endlich Licht ins Dunkel um Vermutungen und Unterstellungen gebracht wird, die untrennbar mit seiner Person und seiner Politik verbunden sind. Doch bleiben viele Fragen noch unbeantwortet. Die große Aufarbeitung des umfänglichen Strauß-Nachlasses steht noch aus. Bleibt also nur zu hoffen, dass Zeitzeugen und Weggefährten das Schweigen zwischenzeitlich brechen und die interessierte Öffentlichkeit an ihren Erinnerungen teilhaben lassen.
Mit diesem Ziel vor Augen hat der frühere Chefredakteur des "Bayernkuriers" Wilfried Scharnagl ein Buch vorgelegt, das die Schlucht zwischen, wie Scharnagl meint, "veröffentlichtem Klischee und politischer wie menschlicher Wirklichkeit" einebnen und die "verleumderischen Zerrbilder" glätten soll. Scharnagl kann sich dabei auf die große Nähe zu Strauß und dessen Familie berufen, die er auf vielen Reisen begleiten durfte und der er häufig beistand. Es besteht kein Zweifel, dass er vieles gehört und gesehen haben muss, was nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. Doch (leider) bewahrt Scharnagl dem Freund und Staatsmann gegenüber Loyalität und schweigt wie ein Grab. Stattdessen betet er einen 300 Seiten langen Kreuzweg von Strauß' Geburt in der Münchner Schellingstraße bis hin zu seinem Tode in einem Regensburger Krankenhaus herunter - einem Tod, den der Freund gleich mehrfach erleiden muss: zu Beginn des Buches, am Ende des Buches und zwischendurch auch das eine oder andere Mal. Auf den Seiten 273 bis 277 beginnen neun Absätze in Folge mit den Worten "Franz Josef Strauß ist tot". Scharnagls Mantra zeigt, was er und die halbe CSU bis heute nicht verwunden haben: Der große Vorsitzende ist nicht mehr!
Wer sich zuvor gelegentlich mit Straußens Leben und Wirken beschäftigt hat, erfährt - von einigen Anekdoten abgesehen - kaum etwas Neues über die Person und die Politik des faszinierend widersprüchlichen Bajuwaren. Kritik an Strauß sucht man in Scharnagls Werk vergebens. Die Mehrzahl der Leser wird das kaum stören, denn wer sich zum Kauf eines Werkes mit dem Titel "Mein Strauß. Staatsmann und Freund" entschließt, der weiß, was ihn erwartet.
Auch der jüngere Strauß-Sohn Franz Georg hegt den Wunsch, einiges "richtig darzustellen". Das Ergebnis ist ein kurzweiliges, hier und dort etwas sprunghaftes, aber immer unterhaltsames Buch über das letzte Lebensjahrzehnt des Vollblutpolitikers. Der Verfasser ist selbstkritisch genug, um einzuräumen, dass sich seine Erinnerungen und Einschätzungen nicht durch Objektivität auszeichnen können, doch ist festzustellen, dass er sich um ein Mindestmaß an Distanz bemüht und in Darstellung und Urteil auch kontroverser Episoden größtmögliche Ausgewogenheit anstrebt. Freilich, die üblichen Lobgesänge auf die überragende Intelligenz, insbesondere auf das phänomenale Gedächtnis und die unglaubliche Lernfähigkeit des Übervaters, dürfen auch bei ihm nicht fehlen. Doch die Preisungen werden konterkariert durch das für ein Familienmitglied erstaunliche Eingeständnis, dass der Franz Josef gelegentlich auch Fehler gemacht habe. Besondere Aufmerksamkeit ist der Familie gewidmet, zuvörderst der 1984 verunglückten Ehefrau und Mutter Marianne, aber auch den Großeltern väterlicher- und mütterlicherseits, der Schwester beziehungsweise Tante Maria und im Rahmen privater und beruflicher Anekdoten natürlich auch dem Verfasser selbst.
Unglaubwürdig erscheinen die rechtfertigenden Passagen über die Verbindungen zu Karlheinz Schreiber, dem private Gelder der Familie zur Vermehrung anvertraut worden waren, bis sich schließlich herausstellte, dass Schreiber nicht zum Anlageberater taugte und der größte Teil des Vermögens verloren war. Kannte der ehemalige Bundesfinanzminister tatsächlich keine zuverlässigeren Berater als diesen windigen Schreiber im fernen Kanada? Verfügte Strauß nicht selbst über genügend Sachverstand, um sich der gewinnbringenden Anlage seines Vermögens persönlich zu widmen? Ein besonderer Reiz des Buches von Franz Georg Strauß geht von zahlreichen Reiseerlebnissen aus, die er zu schildern vermag, da er seinen Vater oft begleiten durfte. Nicht zuletzt deswegen sind diese Erinnerungen eine empfehlenswerte Lektüre und darüber hinaus ein weiteres Plättchen im immer noch nicht vollendeten großen Strauß-Mosaik.
STEFAN FINGER
Wilfried Scharnagl: Mein Strauß. Staatsmann und Freund. Verlag Ars Una, München 2008. 303 S., 29,80 [Euro].
Franz Georg Strauß: Mein Vater. Erinnerungen. Herbig Verlag, München 2008. 295 S., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der größte Intimus und Strauß' Sohn blicken zurück
Seit 20 Jahren hoffen Freunde und Feinde des am 3. Oktober 1988 verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, dass endlich Licht ins Dunkel um Vermutungen und Unterstellungen gebracht wird, die untrennbar mit seiner Person und seiner Politik verbunden sind. Doch bleiben viele Fragen noch unbeantwortet. Die große Aufarbeitung des umfänglichen Strauß-Nachlasses steht noch aus. Bleibt also nur zu hoffen, dass Zeitzeugen und Weggefährten das Schweigen zwischenzeitlich brechen und die interessierte Öffentlichkeit an ihren Erinnerungen teilhaben lassen.
Mit diesem Ziel vor Augen hat der frühere Chefredakteur des "Bayernkuriers" Wilfried Scharnagl ein Buch vorgelegt, das die Schlucht zwischen, wie Scharnagl meint, "veröffentlichtem Klischee und politischer wie menschlicher Wirklichkeit" einebnen und die "verleumderischen Zerrbilder" glätten soll. Scharnagl kann sich dabei auf die große Nähe zu Strauß und dessen Familie berufen, die er auf vielen Reisen begleiten durfte und der er häufig beistand. Es besteht kein Zweifel, dass er vieles gehört und gesehen haben muss, was nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. Doch (leider) bewahrt Scharnagl dem Freund und Staatsmann gegenüber Loyalität und schweigt wie ein Grab. Stattdessen betet er einen 300 Seiten langen Kreuzweg von Strauß' Geburt in der Münchner Schellingstraße bis hin zu seinem Tode in einem Regensburger Krankenhaus herunter - einem Tod, den der Freund gleich mehrfach erleiden muss: zu Beginn des Buches, am Ende des Buches und zwischendurch auch das eine oder andere Mal. Auf den Seiten 273 bis 277 beginnen neun Absätze in Folge mit den Worten "Franz Josef Strauß ist tot". Scharnagls Mantra zeigt, was er und die halbe CSU bis heute nicht verwunden haben: Der große Vorsitzende ist nicht mehr!
Wer sich zuvor gelegentlich mit Straußens Leben und Wirken beschäftigt hat, erfährt - von einigen Anekdoten abgesehen - kaum etwas Neues über die Person und die Politik des faszinierend widersprüchlichen Bajuwaren. Kritik an Strauß sucht man in Scharnagls Werk vergebens. Die Mehrzahl der Leser wird das kaum stören, denn wer sich zum Kauf eines Werkes mit dem Titel "Mein Strauß. Staatsmann und Freund" entschließt, der weiß, was ihn erwartet.
Auch der jüngere Strauß-Sohn Franz Georg hegt den Wunsch, einiges "richtig darzustellen". Das Ergebnis ist ein kurzweiliges, hier und dort etwas sprunghaftes, aber immer unterhaltsames Buch über das letzte Lebensjahrzehnt des Vollblutpolitikers. Der Verfasser ist selbstkritisch genug, um einzuräumen, dass sich seine Erinnerungen und Einschätzungen nicht durch Objektivität auszeichnen können, doch ist festzustellen, dass er sich um ein Mindestmaß an Distanz bemüht und in Darstellung und Urteil auch kontroverser Episoden größtmögliche Ausgewogenheit anstrebt. Freilich, die üblichen Lobgesänge auf die überragende Intelligenz, insbesondere auf das phänomenale Gedächtnis und die unglaubliche Lernfähigkeit des Übervaters, dürfen auch bei ihm nicht fehlen. Doch die Preisungen werden konterkariert durch das für ein Familienmitglied erstaunliche Eingeständnis, dass der Franz Josef gelegentlich auch Fehler gemacht habe. Besondere Aufmerksamkeit ist der Familie gewidmet, zuvörderst der 1984 verunglückten Ehefrau und Mutter Marianne, aber auch den Großeltern väterlicher- und mütterlicherseits, der Schwester beziehungsweise Tante Maria und im Rahmen privater und beruflicher Anekdoten natürlich auch dem Verfasser selbst.
Unglaubwürdig erscheinen die rechtfertigenden Passagen über die Verbindungen zu Karlheinz Schreiber, dem private Gelder der Familie zur Vermehrung anvertraut worden waren, bis sich schließlich herausstellte, dass Schreiber nicht zum Anlageberater taugte und der größte Teil des Vermögens verloren war. Kannte der ehemalige Bundesfinanzminister tatsächlich keine zuverlässigeren Berater als diesen windigen Schreiber im fernen Kanada? Verfügte Strauß nicht selbst über genügend Sachverstand, um sich der gewinnbringenden Anlage seines Vermögens persönlich zu widmen? Ein besonderer Reiz des Buches von Franz Georg Strauß geht von zahlreichen Reiseerlebnissen aus, die er zu schildern vermag, da er seinen Vater oft begleiten durfte. Nicht zuletzt deswegen sind diese Erinnerungen eine empfehlenswerte Lektüre und darüber hinaus ein weiteres Plättchen im immer noch nicht vollendeten großen Strauß-Mosaik.
STEFAN FINGER
Wilfried Scharnagl: Mein Strauß. Staatsmann und Freund. Verlag Ars Una, München 2008. 303 S., 29,80 [Euro].
Franz Georg Strauß: Mein Vater. Erinnerungen. Herbig Verlag, München 2008. 295 S., 19,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Seine Annahme, dass von einem Strauß-Freund keine objektive oder kritische Darstellung zu erwarten sei, sieht Peter Fahrenholz bestätigt. Und er ist nicht weiter überrascht, in einem Buch mit dem Titel "Mein Strauß" zum 20. Todestag einen "Strauß für Feinschmecker und Liebhaber" zu finden. Überraschend waren für den Rezensenten nur Interna über Spannungen in der Union und der CSU, die Strauß durch sein autoritäres Auftreten ausgelöst hat. Im "Bayernkurier", dem CSU-Hausblatt, dessen Chefredakteur der Autor lange Jahre war, schwieg sich Scharnagl darüber aus, so der Rezensent. Die Politik des mächtigen Freundes ziehe er nie in Zweifel: Selbst die "Spiegel"-Affäre, wohl eines der schwärzesten Kapitel in Strauß' Karriere, findet der SZ-Kritiker in ein mildes Licht getaucht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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