"Ein abgesprochenes Spiel mit verteilten Rollen" hätten Schäuble und Merkel inszeniert, schreibt Kohl in dem Tagebuch. Sich selbst sieht Kohl als Opfer, verlassen von politischen Gefolgsleuten, verfolgt von einer "Kampagne der Medien". Der Ex-Kanzler beklagt, dass ungeachtet seines Geständnisses, Millionenspenden an Rechenschaftsberichten vorbeigeführt zu haben, sein politisches Leben "kriminalisiert" werden solle. Erstmals schildert er auch präzise, wie es in einem Telefongespräch am ersten Weihnachtsfeiertag 1999 zum Bruch mit Schäuble kam: "Das Gespräch hat mir klar gemacht, was ich bisher nicht glauben wollte: Dass Wolfgang Schäuble den endgültigen Bruch, dass er die Trennung von mir will."
Kohl sieht sich vor allem als Opfer der Medien: Journalisten hätten sich dafür eingesetzt, ihn als "korrupten und machtgierigen Politiker" darzustellen.
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Die Abrechnung
Die Aufzeichnungen Helmut Kohls umfassen die für ihn wahrscheinlich bittersten Jahre: Die schwere Wahlniederlage im Herbst 1998, den Bruch mit Wolfgang Schäuble und den Parteispendenskandal.
Vom Staatsmann zum Verdächtigen
Das Buch war mit Spannung erwartet worden, hofften doch viele auf neue Erkenntnisse zum Parteispendenskandal und der Leuna-Affäre. Doch nicht hier liegt die Stärke des Buches. Zwar gesteht Kohl "Fehler" ein, doch dabei bleibt es. Das Buch ist das sehr persönliche Dokument eines tiefen Falls, den Kohl bis heute nicht versteht: Er sieht sich kriminalisiert und in der Opferrolle. Er fühlt sich als Opfer einer Intrige innerhalb der Partei, einer beispiellosen Medienkampagne und verraten von seinem Ziehsohn Wolfgang Schäuble. Letzteres erfüllt Kohl mit besonderer Bitterkeit, und hier liegt die Stärke des Buches: Kohl spricht zum ersten Mal mit einer beeindruckenden Offenheit, wie er seinen tiefen Sturz erlebte. Man erlebt hautnah mit, wie ein Mensch sein Lebenswerk in Trümmern sieht und wie er von alten Weggefährten fallen gelassen wird. Wünschenswert wäre es gewesen, wenn diese schmerzvollen Erfahrungen zu mehr Selbstreflexion geführt hätten, wünschenswert für Kohl und auch wünschenswert für eine interessierte Öffentlichkeit, die endlich Aufklärung über die vielen Skandale der Kohl-Ära erwartet. (Henrik Flor, literaturtest.de)
Die Aufzeichnungen Helmut Kohls umfassen die für ihn wahrscheinlich bittersten Jahre: Die schwere Wahlniederlage im Herbst 1998, den Bruch mit Wolfgang Schäuble und den Parteispendenskandal.
Vom Staatsmann zum Verdächtigen
Das Buch war mit Spannung erwartet worden, hofften doch viele auf neue Erkenntnisse zum Parteispendenskandal und der Leuna-Affäre. Doch nicht hier liegt die Stärke des Buches. Zwar gesteht Kohl "Fehler" ein, doch dabei bleibt es. Das Buch ist das sehr persönliche Dokument eines tiefen Falls, den Kohl bis heute nicht versteht: Er sieht sich kriminalisiert und in der Opferrolle. Er fühlt sich als Opfer einer Intrige innerhalb der Partei, einer beispiellosen Medienkampagne und verraten von seinem Ziehsohn Wolfgang Schäuble. Letzteres erfüllt Kohl mit besonderer Bitterkeit, und hier liegt die Stärke des Buches: Kohl spricht zum ersten Mal mit einer beeindruckenden Offenheit, wie er seinen tiefen Sturz erlebte. Man erlebt hautnah mit, wie ein Mensch sein Lebenswerk in Trümmern sieht und wie er von alten Weggefährten fallen gelassen wird. Wünschenswert wäre es gewesen, wenn diese schmerzvollen Erfahrungen zu mehr Selbstreflexion geführt hätten, wünschenswert für Kohl und auch wünschenswert für eine interessierte Öffentlichkeit, die endlich Aufklärung über die vielen Skandale der Kohl-Ära erwartet. (Henrik Flor, literaturtest.de)
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Gleich einen Tag nach Erscheinen des Buches gab es bereits vier gedruckte Auflagen. Eigentlich erstaunlich, stellt der Rezensent mit dem Kürzel "de" fest, weil doch das Buch nichts Neues zum Thema Parteispendenaffäre beizutragen hat. Schon der Titel sei irreführend, da es sich nicht um ein Tagebuch handele, sondern um eine im nachhinein verfasste "Apologie eines zutiefst Gekränkten". Der Rezensent sieht ein grobes Freund-Feind-Schema, eine simplifizierende gut-böse-Abrechnung am Werk: "Das Gute bleibt dabei sehr klein", schreibt "de" böse, während das Böse, all die Rufmörder, Intriganten, Unpersonen, Hetzer, Agitatoren, um nur einige Reizwörter aus Kohls Vokabular zu zitieren, den größten Teil des Buches ausmachten. Eine beschwerliche Lektüre, stellt der Rezensent fest, und enttäuschend unkritisch außerdem, wenn man sie mit Schäubles fast zeitgleich erschienenen Erinnerungen vergleiche. Kohl begnüge sich nach wie vor mit der Feststellung, er habe einen Fehler gemacht. Dass man von ihm Aufklärung und Rechtfertigung erwartet, sei dem Politiker nach wie vor so unverständlich wie jene zurückschlagende "Mechanik der Macht", die sich nun, statt gegen andere, gegen ihn selbst gerichtet habe.
© Perlentaucher Medien GmbH
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