Es ist ein schmales Buch, aber ein großartiges. Elisabeth Marrion erzählt ihre Familiengeschichte von 1926 bis zur Zeit des Dritten Reichs, im Mittelpunkt steht ihre Mutter Hilde.
Wie die Autorin diese furchtbare Epoche schildert ist große Literatur. Dabei verzichtet sie weitestgehend auf
reißerische Schreckensbilder, es sind kleine Begebenheiten im Alltag, mit denen sie das unfassbare Grauen…mehrEs ist ein schmales Buch, aber ein großartiges. Elisabeth Marrion erzählt ihre Familiengeschichte von 1926 bis zur Zeit des Dritten Reichs, im Mittelpunkt steht ihre Mutter Hilde.
Wie die Autorin diese furchtbare Epoche schildert ist große Literatur. Dabei verzichtet sie weitestgehend auf reißerische Schreckensbilder, es sind kleine Begebenheiten im Alltag, mit denen sie das unfassbare Grauen des Naziregimes sichtbar macht. So etwa, als Hilde durch die Ungewissheit über den Verbleib jüdischer Freunde gequält ist, zu einer Zeit als es weder E-Mails noch WhatsApp, sondern nur wenige Festnetztelefone gab, und diese auch noch abgehört wurden. Oder als Hildes Mann als Kriegsheimkehrer in der Tür steht, so verdreckt und verlaust, dass sie den älteren Kindern verbieten muss, ihm um den Hals zu fallen, während der jüngste Sohn seinen Vater als fremden Mann wahrnimmt. Fast nebenbei erfährt man, wie Hilde ihren Kindern eingeschärft hat, sich bei nächtlicher Störung sofort anzuziehen und mit Gasmasken abmarschbereit zu stehen.
Beeindruckt hat mich die Entwicklung der Protagonistin: Als Kind ein schüchternes, zurückhaltendes Mädchen wird Hilde schnell selbständig und selbstbewusst, nachdem sie - gegen ihren Willen - erst vierzehnjährig zur Arbeit in einen Haushalt nach Berlin geschickt wird. Sie hat das Glück, gegen den Willen ihrer Schwiegereltern ihre große Liebe Karl heiraten zu können, aber auch das Pech, dass ihr Ehemann bei der Wehrmacht als Offizier Karriere macht und ihnen abgesehen von einigen Heimaturlauben nur wenig gemeinsame Zeit bleibt. Doch Hilde lässt sich nicht unterkriegen. Sie sorgt nicht nur für die stets wachsende Kinderschar, sondern zeigt auch Zivilcourage, als das Café von jüdischen Freunden beschmiert wird oder ein Junge aus der Hitlerjugend einen älteren Juden anpöbelt.
Ich kann dieses Buch nur uneingeschränkt empfehlen, es kommt ohne erhobenen Zeigefinger daher und hat bei mir dennoch einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.
Es ist ein wunderbares Werk gegen das Vergessen, und es zeigt, wie was Liebe und Freundschaft auch in schwersten Zeiten vermögen.
Einziger Kritikpunkt: Der Titel legt den Fokus meines Erachtens zu sehr auf Generalfeldmarschall Rommel, dem im Roman - zu Recht - eher eine Nebenrolle zukommt.
Übrigens - "Mein Tanz mit Rommel" ist der erste Band einer Trilogie, und ich warte schon gespannt auf die Fortsetzung.