Wassermanns beklemmende Bekenntnis- und Weckschrift aus dem Jahr 1921, jetzt neu ediert und umfangreich kommentiert - eine erhellende Lektüre in unserer politisch wirren Zeit»Ich weiss nicht, ob ich Ihnen von diesem Versuch einer Selbstbiographie erzählt habe, 'Mein Weg als Deutscher und Jude' ist der Titel; es war eine wichtige Sache, die mir wie Eisenlast monatelang auf der Brust lag, bis ichs endlich herunterschrieb. Sie werden es ja bald lesen. Wenn es nur hundert Köpfe in Deutschland zur Besinnung bringt, hat es schon seine Schuldigkeit getan.« So schrieb Wassermann am 1. Dezember 1920 an den Schauspieler Hans Aufricht. Das Buch wurde eine Bekenntnis- und Anklageschrift, worin der damals berühmte Romanautor berichtet, wie ihm immer aufs Neue das Gefühl gegeben wurde, dass er als 'Jude' nicht 'deutsch', als 'Deutscher' nicht 'Jude' sein könne. Wassermann erzählt dabei von Erfahrungen auch gerade mit Wohlmeinenden, die ihm seine Selbsteinschätzung 'Deutscher und Jude' bestreiten wollten, verbunden mit Argumentationsmustern, die heute nicht nur von rechter oder rechtsradikaler, sondern auch von 'bürgerlicher' Seite her wieder zu hören sind. Wassermann schreibt ausführlich und detailliert, in neutraler Diktion, doch nicht ohne die Ursache anzuprangern, die für ihn »der deutsche Haß« war.Gedacht war die Schrift, die nun, reich kommentiert und mit vielen Dokumenten, neu vorgelegt wird, als Weckruf - der vergeblich blieb.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Eine wichtige Wiederentdeckung ist die Autobiografie des Schriftstellers Jakob Wassermann laut Rezensent Matthias Arning. Wassermann, rekapituliert Arning die Lebensgeschichte des Autors entlang der Lektüre, wurde 1873 geboren, in Fürth, er fühlte sich zeitlebens einerseits als Deutscher, andererseits als Jude. Er hatte eine Vorliebe für historische Sujets, unter anderem verfasste er einen Roman über Caspar Hauser, für ihn ein durch und durch deutscher Stoff, das Publikum verstand das Buch allerdings aus Wassermanns Sicht falsch, so Arning. Immer wieder weise Wassermann auf die Vorurteile gegen Juden hin, auf die Weigerung vieler Deutschen, Juden als Deutsche zu akzeptieren - eine Sicht, die Thomas Mann, mit dem Wassermann korrespondierte, nicht teilte. Insgesamt ein relevantes Buch auch noch lange nach seiner Erstveröffentlichung, schließt der Rezensent, ein Buch, das etwas in den Lesern bewirken wolle.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Selbst mehr als ein Jahrhundert nach ihrer Erstveröffentlichung sollte man Wassermanns überaus beeindruckende Autobiografie noch lesen.« (Matthias Arning, Frankfurter Rundschau, 24.10.2024) »Dieser Essay -und das macht ihn zum Fanal - benennt in jedem Moment radikal die Furcht vor der großen Ausrottung.« (Bernd Noack, Nürnberger Nachrichten, 16.10.2024)