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Putins Gefangener: Michail Chodorkowski erzählt sein Leben
Seit seiner Verhaftung im Jahr 2003 ist Michail Chodorkowski der bekannteste Häftling Russlands. 2011 wurde er erneut zu mehreren Jahren Haft verurteilt, in einem Prozess, den viele als Farce kritisieren.
In diesem Buch, das während des vergangenen Jahres in der Haft entstand und kapitelweise herausgeschmuggelt wurde, erzählt Chodorkowski erstmals ausführlich und offen von seiner Kindheit und Jugend, seinem Aufstieg zu einem der reichsten Ölunternehmer Russlands und von seinen Überzeugungen, die ihn zum Gegner Wladimir Putins…mehr

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Produktbeschreibung
Putins Gefangener: Michail Chodorkowski erzählt sein Leben

Seit seiner Verhaftung im Jahr 2003 ist Michail Chodorkowski der bekannteste Häftling Russlands. 2011 wurde er erneut zu mehreren Jahren Haft verurteilt, in einem Prozess, den viele als Farce kritisieren.

In diesem Buch, das während des vergangenen Jahres in der Haft entstand und kapitelweise herausgeschmuggelt wurde, erzählt Chodorkowski erstmals ausführlich und offen von seiner Kindheit und Jugend, seinem Aufstieg zu einem der reichsten Ölunternehmer Russlands und von seinen Überzeugungen, die ihn zum Gegner Wladimir Putins werden ließen. Wir erleben einen Mann, der sich nicht leicht in eine Schublade stecken lässt, der sich mutig für eine offene Gesellschaft engagiert in einem Staat, in dem Regimekritiker gefährlich leben, und der sich auch in der Haft noch unbeugsam zeigt. Die russische Journalistin Natalija Geworkjan ergänzt die Aufzeichnungen Chodorkowskis um Kapitel, die die Hintergründe weiter ausleuchten.
Autorenporträt
Michail Borissowitsch Chodorkowski, geboren 1963 in Moskau, studierte Chemie und Volkswirtschaft, war zunächst Funktionär in der kommunistischen Jugendorganisation Komsomol und gründete 1989 eine der ersten Privatbanken Russlands mit. 1997 wird er Vorstandsvorsitzender des Ölkonzerns Jukos, im Jahr 2001 initiiert er die Stiftung Offenes Russland , die u.a. Schulen und Waisenhäuser unterhält. 1992 gehörte er zum Beraterstab von Boris Jelzin, 1993 war er stellvertretender Energieminister. Seit 2003 ist er wegen angeblicher Steuerhinterziehung und Diebstahl von Ölfördermengen in Sibirien und Moskau in Haft. Chodorkowski ist mit Inna Chodorkowskaja verheiratet und Vater von vier Kindern.

Natalia Geworkjan, 1956 in Moskau geboren, arbeitet seit 1996 für die angesehene russische Zeitung Kommersant, zunächst als Sonderkorrespondentin für Politik und Wirtschaft, heute als Pariser Korrespondentin des Blatts. 1991 erhielt sie die amerikanischen Auszeichnung Freedom of Press .
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.10.2012

Vom Fall eines Schnäppchenjägers
Michail Chodorkowski ist Russlands berühmtester Gefangener. Nun hat er eine Biographie geschrieben. „Mein Weg“ ist ein Abenteuerbuch aus der Wirtschaft
Heute ist mir das klar, aber damals habe ich das noch nicht so gesehen, konnte es noch nicht so sehen.“ Michail Chodorkowskij, der russische Raubtierkapitalist und Ölmagnat, der von einem der reichsten und einflussreichsten Manager des Landes zu seinem prominentesten Gefangenen wurde, hat eine Autobiografie geschrieben und dieser Satz bestimmt den Ton. Er kommt – so oder ähnlich formuliert – immer wieder vor auf diesen 640 Seiten und er zeigt: Hier rechtfertigt sich niemand, hier zeigt auch niemand demonstrativ Reue. Chodorkowskijs Autobiografie ist keine neue Verteidigungsschrift geworden. Wer bisher unbekannten Beweise für die Unschuld des einstigen Yukos-Chefs erwartet, wird enttäuscht. Dafür lesen sich die mehr als 640 Seiten wie ein Wirtschaftsabenteuerbuch, in dem die Akteure des frühen Wildost-Kapitalismus erzählen, wie es damals zuging und was sie angetrieben hat. Chodorkowskijs Erinnerungen wechseln sich ab mit Kapiteln, in denen die Journalistin Natalija Geworkjan die Ereignisse in den Kontext einordnet und Weggefährten Chodorkowskijs zu Wort kommen lässt (Michail Chodorkowskij mit Natalija Geworkjan: Mein Weg. Ein politisches Bekenntnis, DVA 22,99 Euro).
  Die Sowjetunion Mitte der 80er Jahre: Die Planwirtschaft ist am Ende, aber niemand weiß, wie Marktwirtschaft funktioniert, die alten Regeln gelten nicht mehr, aber neue Regeln gibt es noch keine. Also wird experimentiert: Die Jugendorganisation Komsomol baut Zentren für junge Forschung und Technik auf, die als einzige im Land die Erlaubnis erhalten, Buchgeld in Bargeld umzuwandeln. Weil viele Staatsbetriebe große Summen an Buchgeld angehäuft haben ohne es wirklich investieren oder gar an Mitarbeiter auszahlen zu können, werden die Komsomol-Zentren zu einem Ventil, durch das bald Millionen fließen. Als Leiter des Zentrums an Moskauer Mendelejew-Institut für Chemie und Technik stehen der Komsomol Chodorkowskij alle Türen zu Partei und Verwaltung offen.
  Durch seine Nähe zur Politik erfährt stets er als erster von neuen Regelungen und findet auch als erster einen Weg, sie zu Geld zu machen – ein Muster, das sich durch die ganze Laufbahn des selfmade man zieht. Als der Staat die Gründung privater Kooperativen erlaubt, importiert Chodorkowskij gemeinsam mit seinen Mitstreitern Computer, rüstet sie für den russischen Markt nach und verkauft sie. Das Geschäft läuft bestens, aber um noch schneller zu wachsen, müssen Kredite her. Die dürfen die staatlichen Banken aber nicht an Privatunternehmen vergeben. Chodorkowskij erfährt, dass Banken sich Geld von der Zentralbank leihen dürfen, gründet kurzerhand seine eigene und gibt die Kredite weiter an sein Unternehmen. Sein Kompagnon Wladimir Dubow erinnert sich, wie die Menatep-Bank Anfang der 1990er Jahre eine Genehmigung für Devisengeschäfte von der Staatsbank einholte: Der zuständige Beamte zog es vor, in die Mittagspause zu gehen und lies Dubow die Genehmigung selbst ausstellen. Am Telefon diktierte Chodorkowskij umfangreiche Vollmachten – und die Staatsbank segnete sie arglos ab.
  Bei der Privatisierung räumten die späteren Oligarchen dann zum Schnäppchenpreis Unternehmen ab, die heute Weltkonzerne sind. 2003 führte das Magazin Forbes den damals 40-Jährigen Chodorkowskij mit acht Milliarden als reichsten Russen und seine Firma Yukos hinsichtlich der Kapitalrendite als das führende Unternehmen in der Weltwirtschaft. Der Börsenwert lag bei 32,8 Milliarden Dollar. Kurz darauf wurde Chodorkowskij auf dem Rollfeld des Flughafens Nowosibirsk von Spezialkräften festgenommen. Er und sein Partner Platon Lebedew wurden in einem spektakulären Prozess wegen Steuerhinterziehung ins sibirische Lager geschickt, Yukos zerschlagen und über eine Strohfirma an Rosneft übertragen. Heute steht die Staatsfirma unter Leitung des Putin-Vertrauten Igor Setschin davor, zum größten Erdölförderer der Welt aufzusteigen.
  Ist Chodorkowskij nun ein Schurke oder ein Gerechter? In den Augen der meisten Russen, deren Ersparnisse in der Hyperinflation verdampft waren, während einige wenige fast über Nacht zu Milliardären wurden, waren die Reichen allesamt Räuber und Verbrecher. Aber wie sollten die ersten Kapitalisten nach 70 Jahren Sowjetunion vorgehen? „Unerschrockene Narren“, so schreibt Geworkjan, seien in dieser Stunde vorangeprescht. Die Erkenntnis, welche schweren Folgen das Handeln hatte – selbst wenn es nach der aktuellen Gesetzeslage nicht verboten war - setzt erst dann ein, wenn der Rausch vorbei ist, das Geld verdient und der Schaden angerichtet. Aus Selbstlosigkeit hat dieser Manager nicht gehandelt. Aber er hat vielleicht früher als andere verstanden, dass es im eigenen Interesse ist, wenn verbindliche Regeln für alle eingeführt werden, wenn auch russische Unternehmen transparenter werden und wenn unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen und Ideologien Einfluss auf die Politik haben können.
  Wenn aber alle Schurken sind, dann ist Chodorkowskij zumindest einer, der aus seinen Fehlern lernt.
JULIAN HANS
Bei der Privatisierung
räumten die späteren
Oligarchen billig ab
Bild aus guten Zeiten: Michail Chodorkowskij und seine Familie 1997.
FOTO: IMAGO
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"Chodorkowskijs Autobiografie ist keine neue Verteidigungsschrift. [...] Dafür lesen sich die mehr als 640 Seiten wie ein Wirtschaftsabenteuerbuch [...] des frühen Wildost-Kapitalismus [...]." Süddeutsche Zeitung, 22.10.2012