Wie kann man eine fürsorgliche Mutter sein, ohne sich selbst zu verlieren?
Nach der Geburt ihres Sohns verliert die Schriftstellerin Anna ihren Platz in der Welt. Noch im Schwebezustand nach der Entbindung zieht sie mit ihrem schwedischen Freund Aksel und ihrem kleinen Sohn ins verschneite Stockholm. Viel zu bald fällt das Paar gegen seinen erklärten Willen in überkommen geglaubte Geschlechterrollen. Anna ist völlig eingenommen von der Realität des neuen Lebens, das ihre komplette Aufmerksamkeit verlangt. Ihr bleibt nicht einmal Zeit für einen einzigen klaren Gedanken. Die Frustration zwischen ihr und Aksel wird so groß, dass ihre Beziehung daran zu zerbrechen droht.
Um ihre immer stärker werdende Angst zu bekämpfen, beginnt Anna unzählige Online-Artikel zu lesen und teure Kleidung zu kaufen, die sie sich überhaupt nicht leisten kann. Anna ist sich sicher, dass es nur einen Weg gibt, dem drohenden Wahnsinn zu entkommen: Sie muss lesen und schreiben. Nur so kann sie wieder ein Teil der Welt werden.
Meine Arbeit handelt von der einzigartigen und grundlegenden Erfahrung der Geburt eines Kindes. Prosa, Gedichte, Tagebuch, Briefe - jede literarische Form dient der Erforschung der Beziehung zwischen Mutterschaft und Schreiben. Meine Arbeit ist auch: Ein Buch über Wochenbettdepression, Haushalt und Einkaufen. Vor allem aber ist es ein großer Roman über die Frage nach der Vereinbarkeit von künstlerischem Schaffen, Alltag und Mutterschaft. Und darüber, wie man das beängstigende Leben mit einem Kind lieben lernen kann.
Nach der Geburt ihres Sohns verliert die Schriftstellerin Anna ihren Platz in der Welt. Noch im Schwebezustand nach der Entbindung zieht sie mit ihrem schwedischen Freund Aksel und ihrem kleinen Sohn ins verschneite Stockholm. Viel zu bald fällt das Paar gegen seinen erklärten Willen in überkommen geglaubte Geschlechterrollen. Anna ist völlig eingenommen von der Realität des neuen Lebens, das ihre komplette Aufmerksamkeit verlangt. Ihr bleibt nicht einmal Zeit für einen einzigen klaren Gedanken. Die Frustration zwischen ihr und Aksel wird so groß, dass ihre Beziehung daran zu zerbrechen droht.
Um ihre immer stärker werdende Angst zu bekämpfen, beginnt Anna unzählige Online-Artikel zu lesen und teure Kleidung zu kaufen, die sie sich überhaupt nicht leisten kann. Anna ist sich sicher, dass es nur einen Weg gibt, dem drohenden Wahnsinn zu entkommen: Sie muss lesen und schreiben. Nur so kann sie wieder ein Teil der Welt werden.
Meine Arbeit handelt von der einzigartigen und grundlegenden Erfahrung der Geburt eines Kindes. Prosa, Gedichte, Tagebuch, Briefe - jede literarische Form dient der Erforschung der Beziehung zwischen Mutterschaft und Schreiben. Meine Arbeit ist auch: Ein Buch über Wochenbettdepression, Haushalt und Einkaufen. Vor allem aber ist es ein großer Roman über die Frage nach der Vereinbarkeit von künstlerischem Schaffen, Alltag und Mutterschaft. Und darüber, wie man das beängstigende Leben mit einem Kind lieben lernen kann.
»Olga Ravn hat ihrem Gesamtwerk nicht nur einen äußerst persönlichen und literarischen Pageturner hinzugefügt, sondern leistet mit diesem Roman auch einen mutigen und wichtigen Beitrag zur Literaturgeschichte und gesellschaftlichen Debatte, die seit den 1970er-Jahren dringend eines Schreibens bedurfte, das gelebte Erfahrungen einbezieht.«
- Børsen
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Ein großartiges Buch über Mutterschaft ist das, jubelt Rezensentin Cornelia Geißler. Olga Ravns Buch hat 13 Anfänge, im weiteren setzt es sich aus diversen Textsorten zusammen, darunter Lyrik und Tagebuchpassagen, aber auch innere Monologe, lernen wir. Ob Schreiben auch eine Form von Hausarbeit sein kann, ist eine der Fragen, die im Buch gestellt sind, und überhaupt geht es, erläutert Geißler, zentral ums Schreiben sowie um das Verhältnis zwischen Schreiben und Leben. Die Autorin beobachtet Geißler zufolge, was Mutterschaft mit dem Leben einer Frau macht, der Geburtsvorgang wird detailliert beschrieben, ebenso wie die oft ambivalenten Gefühle dem Kind gegenüber sowie Probleme in der Paarbeziehung. Toll, wie innere Zustände in Prosa übersetzt werden, wie etwa Wiederholung mal zur Qual, mal aber auch zur Entspannung führen kann, lobt die Rezensentin, die das Buch insgesamt als befreiend empfindet.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.06.2024Lob der Milchpumpe
Olga Ravns Roman "Meine Arbeit"
Massiver und umfangreicher ist vermutlich das Thema Mutterschaft und Geburt noch nie in der europäischen Literatur traktiert worden als im jetzt auf Deutsch vorliegenden Roman "Meine Arbeit" der dänischen Autorin Olga Ravn. Das Buch der 1986 geborenen Schriftstellerin ist ebenso ein Rätsel wie ein Ärgernis, aber auch eine Überraschung. Man kann aus ihm wieder einmal folgern, dass ein Gegenstand, ein Sujet eine massive Aufwertung und vollkommen neue Gestalt erfährt, sobald sich jemand als Künstler darum kümmert.
"Meine Arbeit" bezieht sich auf die Geburt eines Sohnes der Protagonistin Anna und all die Umstände darum herum. Nachdem sie den Sohn geboren hat, zieht sie mit ihrem schwedischen Mann Aksel in das zur erzählten Zeit schneestöbrige Stockholm. Unmittelbar nach der Geburt hatte sie ihren Platz in der Welt vollständig verloren und war aller sozialen Orientierung bar. Einschließlich ihrer beruflichen als Journalistin. In Stockholm fällt das Paar absolut widerwillig in alte Geschlechterrollen zurück - sie erleben alle bekannten und unbekannten Abgründe in ihrer Partnerschaft in diesem Umfeld. Anna streunt zu viel im Netz herum und kauft zu viele Sachen, die sie nicht recht bezahlen kann. Sie ist mit dem Risiko einer umfassenden Verrücktheit konfrontiert und weiß, dass sie nur auf die Füße kommt, wenn sie wieder anfängt zu lesen und zu schreiben. Ob das klappt, erfahren die Leser nicht.
Denn das Buch ist alles andere als straight erzählt. Es ist ein gigantischer Essay. Es mischt Erzählprosa, Lyrik, Briefe, medizinische Berichtsprosa, kleinere Essays und noch vieles andere, um möglicherweise herauszufinden, wie das Verhältnis von Mutterschaft und Schreiben darstellbar wäre. Vermutlich ist im Buch von Ravn auch das einzige auf dieser Welt bekannte Gedicht auf - doch, doch - zwei Milchpumpen aufgehoben; allerdings ist es von der Qualität, welche die ganzen lyrischen Zwischenstücke des Romans kennzeichnet: Würde man die Versumbrüche weglassen, hätten wir es mit banalster Prosa zu tun: "ich wollte / betonen / dass ich zwei / milchpumpen habe // aber bevor / ich das schreiben konnte / fingst du an / dich mit mir zu streiten".
Das Werk hat nicht weniger als dreizehn Anfänge; es gibt noch mehr Fortsetzungen und insgesamt neun Mal einen Schluss. Vermutlich soll damit ein Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Angst abgebildet werden. Denn es geht durchgängig auch um die ästhetisch-literarische Bewältigung umfassender Tabuisierungen. Massive Wahn- und Wunschvorstellungen von der Tötung eines Neugeborenen sind genauso dabei wie die problematische Pflicht, nach einer Geburt glücklich zu sein und die Welt um eine weitere liebevolle Mutter zu bereichern.
Olga Ravns literarische Großcollage haut auf alle im thematischen Umfeld herumstehenden soziokulturellen und feministischen Pauken ein. Das geht so weit, dass das Paar, angetrieben von der Frau, sich auf Berechnungen von Anna zustehender Arbeitszeit einlässt; die auf diese Weise zustande kommenden zwei Stunden (oder genauer: eine Stunde und 38 Minuten) werden als kostbarer Besitz außerhalb von Mutterschaftspflichten eisern verstanden, die vermeintlich natürlich in einer in nichtsnutzigen Geschlechterrollen verharrenden Gesellschaft verankert sind. Derlei Einzelheiten gehören eher zum Potential des oben schon genannten Ärgernisses. Allerdings darf man nicht übersehen, dass der Roman, den man, siehe auch schon oben, gut als Großessay verstehen darf, das Ängste provozierende und umfassend überwältigende Thema Mutterschaft entwickelt. Da mag es auf ein paar umgeknickte Gräser am Wegesrand nicht so sehr ankommen müssen. Schließlich kämpft diese Mutter Anna (der im Roman mittels Briefen noch ein anderes Ich zugeführt wird) genau damit, diese Mutter zu sein. Sie schreibt sich so weg vom individuellen Schicksal und ins Erlebnis hinein und wieder hinaus, so auch in das und aus dem Phänomen Mutterschaft. Das muss man erst einmal wollen. Und dann eine Form für dieses Anliegen finden. STEPHAN OPITZ
Olga Ravn: "Meine Arbeit". Roman.
Aus dem Dänischen von Alexander
Sitzmann und Clara Sondermann. März Verlag, Berlin 2024. 459 S., geb., 29,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
Olga Ravns Roman "Meine Arbeit"
Massiver und umfangreicher ist vermutlich das Thema Mutterschaft und Geburt noch nie in der europäischen Literatur traktiert worden als im jetzt auf Deutsch vorliegenden Roman "Meine Arbeit" der dänischen Autorin Olga Ravn. Das Buch der 1986 geborenen Schriftstellerin ist ebenso ein Rätsel wie ein Ärgernis, aber auch eine Überraschung. Man kann aus ihm wieder einmal folgern, dass ein Gegenstand, ein Sujet eine massive Aufwertung und vollkommen neue Gestalt erfährt, sobald sich jemand als Künstler darum kümmert.
"Meine Arbeit" bezieht sich auf die Geburt eines Sohnes der Protagonistin Anna und all die Umstände darum herum. Nachdem sie den Sohn geboren hat, zieht sie mit ihrem schwedischen Mann Aksel in das zur erzählten Zeit schneestöbrige Stockholm. Unmittelbar nach der Geburt hatte sie ihren Platz in der Welt vollständig verloren und war aller sozialen Orientierung bar. Einschließlich ihrer beruflichen als Journalistin. In Stockholm fällt das Paar absolut widerwillig in alte Geschlechterrollen zurück - sie erleben alle bekannten und unbekannten Abgründe in ihrer Partnerschaft in diesem Umfeld. Anna streunt zu viel im Netz herum und kauft zu viele Sachen, die sie nicht recht bezahlen kann. Sie ist mit dem Risiko einer umfassenden Verrücktheit konfrontiert und weiß, dass sie nur auf die Füße kommt, wenn sie wieder anfängt zu lesen und zu schreiben. Ob das klappt, erfahren die Leser nicht.
Denn das Buch ist alles andere als straight erzählt. Es ist ein gigantischer Essay. Es mischt Erzählprosa, Lyrik, Briefe, medizinische Berichtsprosa, kleinere Essays und noch vieles andere, um möglicherweise herauszufinden, wie das Verhältnis von Mutterschaft und Schreiben darstellbar wäre. Vermutlich ist im Buch von Ravn auch das einzige auf dieser Welt bekannte Gedicht auf - doch, doch - zwei Milchpumpen aufgehoben; allerdings ist es von der Qualität, welche die ganzen lyrischen Zwischenstücke des Romans kennzeichnet: Würde man die Versumbrüche weglassen, hätten wir es mit banalster Prosa zu tun: "ich wollte / betonen / dass ich zwei / milchpumpen habe // aber bevor / ich das schreiben konnte / fingst du an / dich mit mir zu streiten".
Das Werk hat nicht weniger als dreizehn Anfänge; es gibt noch mehr Fortsetzungen und insgesamt neun Mal einen Schluss. Vermutlich soll damit ein Zusammenhang zwischen Mutterschaft und Angst abgebildet werden. Denn es geht durchgängig auch um die ästhetisch-literarische Bewältigung umfassender Tabuisierungen. Massive Wahn- und Wunschvorstellungen von der Tötung eines Neugeborenen sind genauso dabei wie die problematische Pflicht, nach einer Geburt glücklich zu sein und die Welt um eine weitere liebevolle Mutter zu bereichern.
Olga Ravns literarische Großcollage haut auf alle im thematischen Umfeld herumstehenden soziokulturellen und feministischen Pauken ein. Das geht so weit, dass das Paar, angetrieben von der Frau, sich auf Berechnungen von Anna zustehender Arbeitszeit einlässt; die auf diese Weise zustande kommenden zwei Stunden (oder genauer: eine Stunde und 38 Minuten) werden als kostbarer Besitz außerhalb von Mutterschaftspflichten eisern verstanden, die vermeintlich natürlich in einer in nichtsnutzigen Geschlechterrollen verharrenden Gesellschaft verankert sind. Derlei Einzelheiten gehören eher zum Potential des oben schon genannten Ärgernisses. Allerdings darf man nicht übersehen, dass der Roman, den man, siehe auch schon oben, gut als Großessay verstehen darf, das Ängste provozierende und umfassend überwältigende Thema Mutterschaft entwickelt. Da mag es auf ein paar umgeknickte Gräser am Wegesrand nicht so sehr ankommen müssen. Schließlich kämpft diese Mutter Anna (der im Roman mittels Briefen noch ein anderes Ich zugeführt wird) genau damit, diese Mutter zu sein. Sie schreibt sich so weg vom individuellen Schicksal und ins Erlebnis hinein und wieder hinaus, so auch in das und aus dem Phänomen Mutterschaft. Das muss man erst einmal wollen. Und dann eine Form für dieses Anliegen finden. STEPHAN OPITZ
Olga Ravn: "Meine Arbeit". Roman.
Aus dem Dänischen von Alexander
Sitzmann und Clara Sondermann. März Verlag, Berlin 2024. 459 S., geb., 29,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.