141 Briefe schrieb Hedwig Pringsheim zwischen 1900 und 1922 an den streitbaren und berühmten Publizisten Maximilian Harden. Es sind 141 literarische Kabinettstücke, in denen auch die alltäglichste Beobachtung zum geistreichen Bonmot wird. Es sind 141 Lebensreflexionen der "schönsten und klügsten femme du monde" (Klaus Mann). Und es sind 141 temperamentvolle, kluge und herzliche Freundschaftsbekundungen. Reicher Lesestoff für die Freunde der Familie Thomas Manns. Die Themen der Briefe sind vielfältig: Hedwig Pringsheim berichtet von Theaterpremieren und Soireen, sie kritisiert das Kaiserreich und verurteilt den Ersten Weltkrieg scharf. Sie erzählt von ihrem Alltag in dem herrschaftlichen Haus in der Münchener Arcisstraße, von den Sorgen um die erwachsenen Kinder, berichtet aus dem Leben der Tochter Katia und über deren Ehemann Thomas Mann. Sie erzählt von den Enkelkindern und vertraut sich dem Freund an, als ihr Lieblingssohn Erik, ein charmanter Versager, im Sommer 1909 stirbt. Und sie berichtet ihm von ihren Reisen nach Argentinien, Italien, Griechenland und Paris. Aus einem Lungensanatorium in Davos, in dem Katia Mann sich zu erholen versucht, schreibt sie den herrlichsten Bericht. Auch wenn sie "dem Schwieger-tommy nicht ins Handwerk pfuschen" will: Es sind die Urbilder des "Zauberberg"-Personals.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.12.2006Tommy und die Katjastrophen
Die Mann-Schwiegermutter schreibt Maximilian Harden Briefe
Gäbe es Thomas Mann nicht, dann wären viele Bücher ungeschrieben geblieben, die sich mit seinem familiären Umkreis befassen; dann wäre auch Hedwig Pringsheim unbekannt geblieben, und das wäre schade gewesen, denn sie war eine originelle Persönlichkeit. Trotzdem wollen wir als erstes heraussuchen, was es in diesem Buch an Neuigkeiten über Thomas Mann gibt - den Vorwurf in Kauf nehmend, daß wir beitrügen zur Verdunkelung seiner Mitwelt durch seinen Schattenfall.
Hedwig Pringsheim war Thomas Manns Schwiegermutter. Sie verhielt sich au fond rollengemäß: Sie sah den "Schwiegertommy" aus der eifersüchtigen Perspektive der Mutter, die ihr Lieblingskind weggeben muß. Stellen Sie sich vor, schreibt sie an Maximilian Harden nach Katjas Hochzeit, "Ihre Maxa ginge mit einem fremden Mann, den sie vor Jahresfrist noch nicht gekannt, auf und davon und säße mutterseelenallein mit ihm im Baur au Lac in Zürich und schriebe Ihnen noch dazu sehnsüchtige und wehmütige Briefe".
Sie ist nicht gerade begeistert von dieser Ehe - "sie sind ein miesepetriges Pärchen". In den ersten, sehr angespannten Ehejahren sieht Katja oft allzu "blaßschnutig" aus, ihr Mann ist keine Hilfe; die Mutter wird manchmal richtig böse: "Ihr Tommy-Männchen", schreibt sie spitz, "fährt fort, eine Ungeschicklichkeit nach der anderen zu begehen." Dann purzeln die Enkel ins Haus, sechs an der Zahl im Verlauf von vierzehn Jahren, ständige Krankheiten, Anspannungen, Sorgen über Sorgen, und schließlich kommt auch noch der Krieg. Wie Katja das alles durchhält! "Einen Säugling stillen, keine Köchin haben und mit einem Dichter verheiratet sein - es ist wirklich ein bißchen viel auf einmal für solch ein zartes Wesen."
Was dieser Dichter treibt, interessiert Hedwig nur marginal. Sie liefert ein paar biographische Krümel, etwa zu Thomas Manns Nachmusterung 1916, zu den Dienstbotenkämpfen im Hause Mann oder daß Thomas Mann Hardens "Zukunft" abonniert hatte. Aber weder von "Königliche Hoheit" noch vom "Tod in Venedig" findet sich in Hedwigs Briefen an Harden eine nennenswerte Spur, und über die "Betrachtungen eines Unpolitischen", die Thomas Mann während des Ersten Weltkriegs schrieb, gibt es allenfalls ein Seufzen dann und wann.
Weder seiner dichterischen Leistung noch seiner patrizischen Herkunft zollt sie irgendeinen Respekt. Dabei ist sie nicht hochnäsig, sondern auch in ihrer Begrenztheit so natürlich, daß es schon wieder charmant wirkt und man ihr nichts verübeln kann. Sie gehört zu den allerersten Kreisen Münchens, gesellschaftlich wie kulturell, und tut sich schwer, Thomas Mann den gleichen Rang zuzubilligen.
Allerdings kann fast niemand vor ihr bestehen. Ein spöttisch absprechender Ton gehört zu ihrem Stil. Und sie kann schreiben, die feine Dame! Keck und frei, witzig und scharfsichtig, anekdotisch und pointiert, gelegentlich auch wehmütig und gefühlvoll nehmen ihre Briefe den Leser rasch gefangen. Sie liebt Wortspiele wie "die Männin im Wochenbett, eine Katjastrophe" (über Katjas fünfte Geburt). Ein voyeuristisches Interesse, das nippen will an der Welt des Luxus, kommt nicht auf seine Kosten; denn es zeigt sich, daß es unter den Reichen, menschlich gesehen, nicht viel anders zugeht als in der Mittelklasse. Auch die Reichen weinen, schrieb Heinrich Mann damals in seinem Roman "Die Armen", wofür er von seinem Bruder Thomas ätzend verspottet wurde.
Hedwig Pringsheim ist durchaus kein empfindliches Luxusblümchen. Sie läuft zu großer Form auf, als die Not wächst, die Privilegien ihre Wirkung verlieren, als im Krieg auch die Reichen schlechtes Essen (es gibt "Konserven-Aal mit Steinpilztunke"), Todesfälle, Fliegerangriffe, Internierungen, Einquartierungen und Einsamkeit ertragen mußten. "Ich sehe und spreche buchstäblich keine Menschenseele, außer Alfreden, der doch bloß mein Mann ist." Sogar das Geld wurde eines Tages knapp. Bereits 1920 mußten Pringsheims Bilder verkaufen und "von der Wand in den Mund" leben.
Auf ein hohes Niveau nötigt sie freilich auch ihr Briefpartner. Maximilian Harden, der Herausgeber der Wochenschrift "Die Zukunft", war der Rudolf Augstein der Kaiserzeit. Niemandes Freund, von den Politikern gefürchtet, wegen Majestätsbeleidigung einige Zeit im Gefängnis, immer wieder verboten, teilte er Woche für Woche nach allen Seiten Bissigkeiten aus. Hedwig Pringsheim bewundert ihn und preist seine Artikel wortreich und enthusiastisch. Politisch folgt sie ihm aufs Wort - wie er ist sie im Kriege antipatriotisch, amerikafreundlich und liberal. Aber darüber hinaus liebt sie ihn auch auf irgendeine Weise und hält an dieser Liebe über Jahrzehnte fest. Nicht von Bettgeschichten ist die Rede, aber durchaus von starken Gefühlen. Auch er wird sie wohl einmal geliebt haben, aber sein Engagement wird immer schwächer, bis es ganz erlischt.
Das Verhältnis der reichen Münchener Gesellschaftsdame zu dem jüdischen Intellektuellen aus Berlin ist nicht ohne Pikanterie. Sie war natürlich verheiratet, aber sie versicherte: "Alfred erlaubt's" - hatte Alfred Pringsheim doch selber zahlreiche Affären, für die offenbar, solange alles diskret vonstatten ging, die Regel "Hedwig erlaubt's" in Kraft war. Sie hatte Harden um 1892 kennengelernt, als er einunddreißig und sie siebenunddreißig war. Die Briefe sind lückenhaft erhalten von 1900 bis 1922, meistens zwei bis sechs Briefe pro Jahr, nur im Ersten Weltkrieg deutlich mehr. Ganz offensichtlich ist viel verlorengegangen oder aus irgendwelchen Rücksichten vernichtet worden - möglicherweise die stärker persönlichen Stücke; denn erhalten sind vorwiegend Briefe, in denen das Zeitgeschichtliche das Private überwiegt. Das Ende ist trübsinnig: Er antwortet immer weniger und schließlich gar nicht mehr, sie grämt sich. "Nun sitzt man da, mit weißen Haaren und traurig vereinsamtem Herzen", und hat sich auseinandergelebt. Auseinandergelebt? Hedwig besteht auf Präzision: "Sie sind auseinander. Ich ja kein bißchen." Der Kommentar schiebt den Bruch auf einen mißglückten Geburtstagsartikel, den Thomas Mann 1921 für Harden schrieb. Das überzeugt nicht, denn schon lange vorher war Hardens Liebe zu Hedwig restlos erkaltet.
Generell ist dieser Kommentar sehr unausgewogen. Manchmal ist er gut, manchmal schlecht, und allzuoft gibt es ihn überhaupt nicht. Manches Unwichtige wird erläutert, manches Wichtige nicht, einige Anspielungen werden entschlüsselt, andere nicht - man verliert schnell das Vertrauen, zumal unbegründete Wertungen dazukommen ("eine Ansammlung von Taktlosigkeiten" sei Manns Geburtstagsbrief für Harden gewesen) und auch krasse Fehler. Heinrich Manns Drama "Madame Legros" (Uraufführung 1917), wird behauptet, "fand den ungeteilten Beifall Thomas Manns", während er doch in Wahrheit, vom Bruderhaß vergiftet, in dem gutgemeinten Lehrstück "eine Entsetzen erregende Rechthaberei, eine aggressive Selbstgerechtigkeit, eine jakobinische Humanitätsprinzipienreiterei" sah (in einem Brief vom Februar 1917).
Aber diese Schönheitsfehler ändern nichts daran, daß hier ein lesenswertes Buch vorliegt, das die Katja-Mann-Biographie von Inge und Walter Jens auf willkommene Weise ergänzt. Weitere Pringsheimiana (Kinderbüchlein, Notizbücher, Tagebuch der Argentinien-Reise) liegen vor oder werden von anderer Seite folgen.
HERMANN KURZKE
Hedwig Pringsheim: "Meine Manns". Briefe an Maximilian Harden 1900-1922. Hrsg. von Helga und Manfred Neumann. Aufbau-Verlag, Berlin 2006. 381 S., geb., 24,90 [Euro].
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Die Mann-Schwiegermutter schreibt Maximilian Harden Briefe
Gäbe es Thomas Mann nicht, dann wären viele Bücher ungeschrieben geblieben, die sich mit seinem familiären Umkreis befassen; dann wäre auch Hedwig Pringsheim unbekannt geblieben, und das wäre schade gewesen, denn sie war eine originelle Persönlichkeit. Trotzdem wollen wir als erstes heraussuchen, was es in diesem Buch an Neuigkeiten über Thomas Mann gibt - den Vorwurf in Kauf nehmend, daß wir beitrügen zur Verdunkelung seiner Mitwelt durch seinen Schattenfall.
Hedwig Pringsheim war Thomas Manns Schwiegermutter. Sie verhielt sich au fond rollengemäß: Sie sah den "Schwiegertommy" aus der eifersüchtigen Perspektive der Mutter, die ihr Lieblingskind weggeben muß. Stellen Sie sich vor, schreibt sie an Maximilian Harden nach Katjas Hochzeit, "Ihre Maxa ginge mit einem fremden Mann, den sie vor Jahresfrist noch nicht gekannt, auf und davon und säße mutterseelenallein mit ihm im Baur au Lac in Zürich und schriebe Ihnen noch dazu sehnsüchtige und wehmütige Briefe".
Sie ist nicht gerade begeistert von dieser Ehe - "sie sind ein miesepetriges Pärchen". In den ersten, sehr angespannten Ehejahren sieht Katja oft allzu "blaßschnutig" aus, ihr Mann ist keine Hilfe; die Mutter wird manchmal richtig böse: "Ihr Tommy-Männchen", schreibt sie spitz, "fährt fort, eine Ungeschicklichkeit nach der anderen zu begehen." Dann purzeln die Enkel ins Haus, sechs an der Zahl im Verlauf von vierzehn Jahren, ständige Krankheiten, Anspannungen, Sorgen über Sorgen, und schließlich kommt auch noch der Krieg. Wie Katja das alles durchhält! "Einen Säugling stillen, keine Köchin haben und mit einem Dichter verheiratet sein - es ist wirklich ein bißchen viel auf einmal für solch ein zartes Wesen."
Was dieser Dichter treibt, interessiert Hedwig nur marginal. Sie liefert ein paar biographische Krümel, etwa zu Thomas Manns Nachmusterung 1916, zu den Dienstbotenkämpfen im Hause Mann oder daß Thomas Mann Hardens "Zukunft" abonniert hatte. Aber weder von "Königliche Hoheit" noch vom "Tod in Venedig" findet sich in Hedwigs Briefen an Harden eine nennenswerte Spur, und über die "Betrachtungen eines Unpolitischen", die Thomas Mann während des Ersten Weltkriegs schrieb, gibt es allenfalls ein Seufzen dann und wann.
Weder seiner dichterischen Leistung noch seiner patrizischen Herkunft zollt sie irgendeinen Respekt. Dabei ist sie nicht hochnäsig, sondern auch in ihrer Begrenztheit so natürlich, daß es schon wieder charmant wirkt und man ihr nichts verübeln kann. Sie gehört zu den allerersten Kreisen Münchens, gesellschaftlich wie kulturell, und tut sich schwer, Thomas Mann den gleichen Rang zuzubilligen.
Allerdings kann fast niemand vor ihr bestehen. Ein spöttisch absprechender Ton gehört zu ihrem Stil. Und sie kann schreiben, die feine Dame! Keck und frei, witzig und scharfsichtig, anekdotisch und pointiert, gelegentlich auch wehmütig und gefühlvoll nehmen ihre Briefe den Leser rasch gefangen. Sie liebt Wortspiele wie "die Männin im Wochenbett, eine Katjastrophe" (über Katjas fünfte Geburt). Ein voyeuristisches Interesse, das nippen will an der Welt des Luxus, kommt nicht auf seine Kosten; denn es zeigt sich, daß es unter den Reichen, menschlich gesehen, nicht viel anders zugeht als in der Mittelklasse. Auch die Reichen weinen, schrieb Heinrich Mann damals in seinem Roman "Die Armen", wofür er von seinem Bruder Thomas ätzend verspottet wurde.
Hedwig Pringsheim ist durchaus kein empfindliches Luxusblümchen. Sie läuft zu großer Form auf, als die Not wächst, die Privilegien ihre Wirkung verlieren, als im Krieg auch die Reichen schlechtes Essen (es gibt "Konserven-Aal mit Steinpilztunke"), Todesfälle, Fliegerangriffe, Internierungen, Einquartierungen und Einsamkeit ertragen mußten. "Ich sehe und spreche buchstäblich keine Menschenseele, außer Alfreden, der doch bloß mein Mann ist." Sogar das Geld wurde eines Tages knapp. Bereits 1920 mußten Pringsheims Bilder verkaufen und "von der Wand in den Mund" leben.
Auf ein hohes Niveau nötigt sie freilich auch ihr Briefpartner. Maximilian Harden, der Herausgeber der Wochenschrift "Die Zukunft", war der Rudolf Augstein der Kaiserzeit. Niemandes Freund, von den Politikern gefürchtet, wegen Majestätsbeleidigung einige Zeit im Gefängnis, immer wieder verboten, teilte er Woche für Woche nach allen Seiten Bissigkeiten aus. Hedwig Pringsheim bewundert ihn und preist seine Artikel wortreich und enthusiastisch. Politisch folgt sie ihm aufs Wort - wie er ist sie im Kriege antipatriotisch, amerikafreundlich und liberal. Aber darüber hinaus liebt sie ihn auch auf irgendeine Weise und hält an dieser Liebe über Jahrzehnte fest. Nicht von Bettgeschichten ist die Rede, aber durchaus von starken Gefühlen. Auch er wird sie wohl einmal geliebt haben, aber sein Engagement wird immer schwächer, bis es ganz erlischt.
Das Verhältnis der reichen Münchener Gesellschaftsdame zu dem jüdischen Intellektuellen aus Berlin ist nicht ohne Pikanterie. Sie war natürlich verheiratet, aber sie versicherte: "Alfred erlaubt's" - hatte Alfred Pringsheim doch selber zahlreiche Affären, für die offenbar, solange alles diskret vonstatten ging, die Regel "Hedwig erlaubt's" in Kraft war. Sie hatte Harden um 1892 kennengelernt, als er einunddreißig und sie siebenunddreißig war. Die Briefe sind lückenhaft erhalten von 1900 bis 1922, meistens zwei bis sechs Briefe pro Jahr, nur im Ersten Weltkrieg deutlich mehr. Ganz offensichtlich ist viel verlorengegangen oder aus irgendwelchen Rücksichten vernichtet worden - möglicherweise die stärker persönlichen Stücke; denn erhalten sind vorwiegend Briefe, in denen das Zeitgeschichtliche das Private überwiegt. Das Ende ist trübsinnig: Er antwortet immer weniger und schließlich gar nicht mehr, sie grämt sich. "Nun sitzt man da, mit weißen Haaren und traurig vereinsamtem Herzen", und hat sich auseinandergelebt. Auseinandergelebt? Hedwig besteht auf Präzision: "Sie sind auseinander. Ich ja kein bißchen." Der Kommentar schiebt den Bruch auf einen mißglückten Geburtstagsartikel, den Thomas Mann 1921 für Harden schrieb. Das überzeugt nicht, denn schon lange vorher war Hardens Liebe zu Hedwig restlos erkaltet.
Generell ist dieser Kommentar sehr unausgewogen. Manchmal ist er gut, manchmal schlecht, und allzuoft gibt es ihn überhaupt nicht. Manches Unwichtige wird erläutert, manches Wichtige nicht, einige Anspielungen werden entschlüsselt, andere nicht - man verliert schnell das Vertrauen, zumal unbegründete Wertungen dazukommen ("eine Ansammlung von Taktlosigkeiten" sei Manns Geburtstagsbrief für Harden gewesen) und auch krasse Fehler. Heinrich Manns Drama "Madame Legros" (Uraufführung 1917), wird behauptet, "fand den ungeteilten Beifall Thomas Manns", während er doch in Wahrheit, vom Bruderhaß vergiftet, in dem gutgemeinten Lehrstück "eine Entsetzen erregende Rechthaberei, eine aggressive Selbstgerechtigkeit, eine jakobinische Humanitätsprinzipienreiterei" sah (in einem Brief vom Februar 1917).
Aber diese Schönheitsfehler ändern nichts daran, daß hier ein lesenswertes Buch vorliegt, das die Katja-Mann-Biographie von Inge und Walter Jens auf willkommene Weise ergänzt. Weitere Pringsheimiana (Kinderbüchlein, Notizbücher, Tagebuch der Argentinien-Reise) liegen vor oder werden von anderer Seite folgen.
HERMANN KURZKE
Hedwig Pringsheim: "Meine Manns". Briefe an Maximilian Harden 1900-1922. Hrsg. von Helga und Manfred Neumann. Aufbau-Verlag, Berlin 2006. 381 S., geb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Tolles Buch, tolle Besprechung! Hermann Kurzke weiß nicht nur, worüber er spricht, er kann es auch mitteilen. Sein Enthusiasmus wirkt sofort ansteckend und man bekommt Lust, diesen Briefwechsel zu lesen. Bemerkenswert dabei: Thomas Mann und sein Werk müssen genauso draußen bleiben wie der das Interesse an den Manns oft zu Grunde liegende Voyeurismus. Kurzke stört das nicht, im Gegenteil: Die Korrespondenz zwischen Hedwig Pringsheim und Maximilian Harden verfolgt er wie ein Stück ganz eigener Klasse, geprägt sowohl von "hohem Niveau" wie von "starken Gefühlen", pikant, obgleich die turbulente Zeitgeschichte dem Privaten schließlich den Rang abläuft, wie Kurzke bemerkt. Weniger froh macht Kurzke jedoch der Kommentarteil des Bandes. "Unausgewogen" sei der, derart, dass der Rezensent "schnell das Vertrauen" verliert. Ein lässlicher "Schönheitsfehler" dieses Buches, das Kurzke behutsam ins Regal neben die Katja-Mann-Biografie von Inge und Walter Jens stellt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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