Entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten, möchte ich ein Zitat an den Beginn dieser Rezension stellen. "Heute hat mich der Gedanke erschreckt, dereinst einfach aus dem Leben zu gehen, ohne auf der Welt irgendetwas abgeschlossen zu haben, schreibe ich dem Künstler auf sein Texttelefon. Außer dein
Leben, schreibt er mir zurück und beruhigt mich gehörig." (S. 177) Wer solche Formulierungen und…mehrEntgegen meiner sonstigen Gewohnheiten, möchte ich ein Zitat an den Beginn dieser Rezension stellen. "Heute hat mich der Gedanke erschreckt, dereinst einfach aus dem Leben zu gehen, ohne auf der Welt irgendetwas abgeschlossen zu haben, schreibe ich dem Künstler auf sein Texttelefon. Außer dein Leben, schreibt er mir zurück und beruhigt mich gehörig." (S. 177) Wer solche Formulierungen und Gedankengänge gerne liest, dem sei der Roman "Meine Nachbarin, der Künstler, die Blumen und der Revolutionär" von Martin Felder wärmstens empfohlen.
Dieser erzählt - auf eine einzigartige und den Leser sofort in den Bahn ziehende Art und Weise- von der Suche des namenlosen Ich-Erzählers nach seiner ehemaligen Nachbarin, mehr oder weniger unterstützt bzw. begleitet von Künstler und Revolutionär.
Hierbei weißt der Roman eine gänzlich ungewöhnliche Gestaltung und Struktur auf. So finden sich auf den 263 Seiten einzelne Sätze, kurze Texte und Überlegungen, die auf den ersten Blick weder miteinander in Beziehung stehen noch die Handlung wirklich vorantreiben und dennoch eine tiefergehende Beschreibung der Protagonisten vermitteln. Sätze die einerseits durch das Spiel mit der Sprache "Jemand fasst mich an, ich erschrecke, ich fasse mich." (S.188) andererseits durch Situationskomik überzeugen. Sätze, die man immer wieder lesen kann und müsste, die in Erinnerung verbleiben und doch bei einer erneuten Lektüre ihre Bedeutung ändern.
Man kann das Buch gewiss chronologisch lesen, man kann aber ebenso eine beliebige Seite aufschlagen und sich an den obskuren und dennoch überzeugenden Ideen des Autors erfreuen. Ein Roman also, dem man immer und immer wieder zur Hand nehmen kann, der stets neue Eindrücke vermittelt. Ja, ich gestehe, ich habe mich ein klitzekleines bisschen in dieses Buch verliebt und würde wirklich gern all meine Mitmenschen zu dessen Lektüre drängen...Gleichwohl ich will meine despotische Ader im Zaum halten und so notiere ich an dieser Stelle lediglich eine absolute Leseempfehlung.