Peter Hermes, ab 1975 Staatssekretär im Aus-wärtigen Amt, zwischen 1979 und 1984 deutscher Botschafter in den USA und danach bis 1987 beim Heiligen Stuhl, schildert anschaulich die verschiedenen Stationen seines Lebens im Lichte der allgemeinen Zeitgeschichte: das Schicksalsjahr 1933 mit der Verhaftung des Vaters, die Trennung der Familie, seine Soldatenzeit im Zweiten Weltkrieg, die Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion. Höhepunkt ist die Begegnung mit seinem Vater, Andreas Hermes, im KZ Ravensbrück und nach dem Todesurteil gegen den Vater kurz vor Kriegsende im Berliner Gefängnis. Im Auswärtigen Dienst führte ihn sein Weg nach dem Zweiten Weltkrieg fast durch die ganze Welt. 1955 trat der promovierte Jurist in den Auswärtigen Dienst ein. Über die Generalkonsulate in San Francisco und Basel sowie die Vatikanbotschaft kam er 1961 zur OECD nach Paris. Zwischen 1965 und 1970 war er im Auswärtigen Amt zuständig für Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen, ehe er schließlich in der sozialliberalen Ära unter den Bundesministern Scheel und Genscher in die Führungsebene des Auswärtigen Amts aufstieg und 1975 beamteter Staatssekretär mit der Zuständigkeit für Wirtschafts-, Rechts- und Kulturfragen wurde. Seine beiden letzten Stationen führten schließlich nach Washington und Rom. Hermes' Erinnerungen bieten einen eindrucksvollen autobiographischen Einblick in das von nationalsozialistischer Diktatur, Krieg und 'Bonner Republik' gekennzeichnete Deutschland des 20. Jahrhunderts.
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Diplomatenerinnerungen
Deutsche Zeitgeschichte im Spiegel einer individuellen Lebensgeschichte bietet das Buch von Peter Hermes, Staatssekretär im Auswärtigen Amt in den 1970er Jahren, danach Botschafter in Washington und zuletzt bis 1987 beim Heiligen Stuhl in Rom. Der Sohn des bedeutenden Zentrumspolitikers Andreas Hermes, der als Mitglied des Widerstands gegen Hitler den Krieg in der Todeszelle überlebte und Ende 1945 als CDU-Vorsitzender in der Sowjetischen Besatzungszone abgesetzt wurde, beschreibt ohne jede Eitelkeit seinen Werdegang: die Schulzeit im Berlin der frühen 1930er Jahre, die im bekennenden Katholizismus wurzelnde Antipathie gegen den Nationalsozialismus, die Kriegserlebnisse als Soldat, die Gefangenschaft in der Sowjetunion und die Stationen der diplomatischen Karriere. Die bewegendsten Phasen dieses Lebens füllen auch die bewegendsten Seiten des Buches. Sie gipfeln in der ergreifenden Schilderung des Abschieds vom Vater, dessen Hinrichtung nach dem Urteil des Volksgerichtshofs im Januar 1945 unabwendbar schien. Die geistige Größe, die Tapferkeit und der unerschütterliche christliche Glaube der Familie, die schon zwei Söhne beziehungsweise Brüder in dem sinnlosen Krieg verloren hatte, gehören zum besten Erbe der Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert.
Diese Tugenden mussten sich ein zweites Mal bewähren, als nach Kriegsende der letzte Sohn zum Spielball mächtiger Interessen wurde. Die Entlassung des Kriegsgefangenen Peter Hermes wäre leicht zu erreichen gewesen, wenn der zum führenden CDU-Politiker avancierte Vater der sowjetischen Besatzungsmacht Konzessionen gemacht hätte. Er tat es nicht und konnte sich dafür der vollen Zustimmung des Sohnes sicher sein, der deshalb für fünf Jahre in der Gefangenschaft bleiben musste.
Diese Erfahrungen brachte der Heimkehrer 1950 mit, als er sein Studium fortsetzte und 1955 in den Auswärtigen Dienst eintrat. Den Aufstieg der Bundesrepublik beobachtete er als Experte für die Außenwirtschaftsbeziehungen aus nächster Nähe.
DANIEL KOSTHORST
Peter Hermes: Meine Zeitgeschichte 1922-1987. Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2007. 342 S., 44,90 [Euro].
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