Zwei Autorinnen hatten die gleiche gute Idee: die berühmtesten klassischen Parks und Gärten darzustellen - ihre Schöpfer, ihre Erscheinung im Spiegel der Geschichte, ihre Einbindung in die verwandten Künste der Malerei und Architektur und ihre Rolle als Ruhmesblatt, Refugium, Sinnbild, Gegenwelt oder Bildungsanstalt. Daß sie sich dabei oft in denselben Anlagen begegnen würden - Versailles, Sanssouci, Bomarzo, Rousham, Villa d'Este, Sissinghurst, Wörlitz, Kew, Giverny, Parc Güell -, liegt in der Natur des Themas. Wie sie das Gesehene interpretieren, ist eine Frage der Perspektive und des Temperaments. Christa Hasselhorst, die siebzehn europäische Parks und Gärten betrachtet, nähert sich der Hortikultur von der biographischen Seite, da sie ein Würdigungsdefizit auf seiten der Gärtner zu spüren meint. Den Ruhm hätten allein die Besitzer der "grünen Wunderwerke" eingeheimst, die jene erschaffen haben. Doch fallen Schöpfer und Eigner oft in einer Person zusammen wie bei Claude Monet, Vita Sackville-West oder Hermann von Pückler-Muskau. Gaudí ist vermutlich besser bekannt als Güell und Gertrude Jekyll prominenter als ihre verblichenen Auftraggeber. Von ihren Gärten als den "letzten unberührten Refugien" zu sprechen ist angesichts von zweihunderttausend Besuchern pro Jahr in Sissinghurst oder der vielen, die sich in Giverny auf die Fersen treten, eine geneigte Untertreibung. "Abschalten und auftanken" läßt sich eher an einer nächtlichen Tankstelle als in einem berühmten Garten. Hasselhorsts Buch hat den Vorteil des großen Formats, in dem ein Barockgarten oder ein Tempel am Ende einer langen Blickachse erst richtig zur Geltung kommt. Es ist ein Sofabuch zum Schwelgen und Nachlesen bei einer gebildeten und begeisterten Führerin, die kein ketzerisches Wort hören will, wenn wir ihr ins Broderie-Parterre folgen. "Die Gärten von Versailles können furchtbar langweilig sein", schreibt dagegen die Kunsthistorikerin Ira Diana Mazzoni, "zu groß, zu weit, zu leer, zu still, zu monoton grün." Die fünfzig Anlagen, die sie vorstellt, reichen von den Hängenden Gärten von Babylon über Pompeji, St. Gallen, den Zen-Garten Ryoanji, den Central Park und den Prater bis zum Landschaftspark Duisburg Nord. Um all das in einem reisetauglichen Buch unterzubringen, erlaubt sich die Autorin keine Schnörkel, schreibt aber dennoch bildhaft und anmutig; über die "Saubeuteleien des Wäldchens", die unverschämten Skulpturen im Park Bomarzo des freigeistigen Fürsten Vicino Orsini oder die subtile Propaganda des üppigen Het Loo, in dem die Wasserhähne nicht zugedreht werden mußten wie in Versailles, sobald der König den Rücken gekehrt hatte. Jedem Gartenporträt folgt eine übersichtliche Seite mit Eckdaten, Biographien, Gartentheorien, Wissenswertem über Wassertheater, Labyrinthe, Friedhöfe, zoologische Gärten, Industrie- und Vergnügungsparks. Wunderbar, auf welche verschlungenen Pfade und lichte Höhen die Rubriken Lesens-, Hörens-, Sehens- und Anklickenswertes führen: zu passenden Opern von Händel und Monteverdi, schöner und sachlicher Literatur, Filmen und Museen. Das Buch schließt jede Bildungslücke so zuverlässig wie Septemberphlox die spätsommerliche Rabatte.
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"Meister der Gartenkunst" von Christa Hasselhorst, Nicolai Verlag, Berlin 2005. 160 Seiten, 130 Abbildungen. Gebunden. 29,90 Euro. ISBN 3-89479-138-1.
"Fünfzig Klassiker - Gärten und Parks" von Ira Diana Mazzoni. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2005. 280 Seiten, zahlreiche Fotos. Broschiert, 19,95 Euro. ISBN 3-8067-2543-8.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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