Als einer der stärksten Köpfe, einer der radikalsten Denker unter den Mystikern, gilt der zeitgenössischen Theologie Meister Eckehart. Jahrhunderte bevor sich die Wissenschaft an die Entmythologisierung der Bibel machte, löste sich Eckehart von einem oberflächlichen, fundamentalistischen Verständnis der Heiligen Schrift. Dabei prägen vor allem die Erkenntnisse, die er in der Tiefe seines Selbst, in der Berührung mit dem Absoluten erfahren hat, seine Sicht biblischer Texte. In seinen deutschen Predigten versucht er das Unaussprechliche in Worte zu fassen. Hier geht er weit über den vordergründigen Sinn der Schrift hinaus und wendet sich direkt an das Innere seiner Zuhörer, an das Selbst, an die Seele. So stoßen wir bei Eckehart auf Begriffe, wie sie heute wieder - z.B. in der tiefenpsychologischen Interpretation der Bibel bei Eugen Drewermann - als letzte Rettung angesichts einer offensichtlich irreführenden historisch-kritischen Exegese verwendet werden. Gerade in Zeiten, in denen Menschen sich auf ihrer Suche nach einem Mehr an Spiritualität enttäuscht vom Althergebrachten abwenden, kann Eckehart neue Wege weisen - eine Herausforderung an die moderne Homiletik.
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