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»Du solltest aber doch auch an die Luft gehn, Papa!« sagte Frau Annie zu ihrem Mann. »Den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen ¿?« Sie nannte ihn fast immer »Papa«, obgleich er nicht ihr, sondern der Papa ihrer Kinder war; aber sie sah ja alles mit den Augen der Kinder. »Wo geht ihr hin?« fragte der Professor, zerstreut aufblickend. »Zum Wohltätigkeitsfest. Man ist doch wenigstens den Abend ein bissel im Grünen. Und die Kinder möchten natürlich den Jahrmarkt sehn.« »Natürlich, ja, ja, geht nur!« sagte er wie geistesabwesend. Minni, das neunjährige Mädchen, und der zwölfjährige Rolf öffneten die…mehr

Produktbeschreibung
»Du solltest aber doch auch an die Luft gehn, Papa!« sagte Frau Annie zu ihrem Mann. »Den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen ¿?« Sie nannte ihn fast immer »Papa«, obgleich er nicht ihr, sondern der Papa ihrer Kinder war; aber sie sah ja alles mit den Augen der Kinder. »Wo geht ihr hin?« fragte der Professor, zerstreut aufblickend. »Zum Wohltätigkeitsfest. Man ist doch wenigstens den Abend ein bissel im Grünen. Und die Kinder möchten natürlich den Jahrmarkt sehn.« »Natürlich, ja, ja, geht nur!« sagte er wie geistesabwesend. Minni, das neunjährige Mädchen, und der zwölfjährige Rolf öffneten die Türe und schoben sich zögernd in Vaters Arbeitszimmer herein. Draußen hörte man die gedämpfte Stimme Gretlis, die im Alter zwischen diesen beiden stand: »Nicht hineingehn! Papa hat doch zu arbeiten!« »Tür zu, bitte, es zieht!« rief der Papa. Minni und Rolf wollten zurückprallen, aber die Mama sagte: »Also rasch herein! Papa erlaubt schon, daß ihr ihm Guten Tag sagt.« »Aber gewiß!« sagte er und malte nervös Krakelfüße auf den Rand eines Blattes, an dem er eben geschrieben hatte. »Lebt wohl und gute Unterhaltung!« Nun trat auch Gretli ein, das schüchterne, großäugige Kind, in ihrem Strohhut mit weißen Bändern. Der Reihe nach küßten sie ihn auf die Wange, erst Minni, dann Rolf, dann Gretli, und entfernten sich gesittet und eilfertig. Im Vorzimmer sagte Mama: »Gott, was für ein Stoß Drucksachen und Briefe! Trag sie hinein, Gretli!« »Was gibt es denn schon wieder?« fuhr der Professor auf. »Nur Zeitschriften und Briefe, Papa,« sagte Gretli, gleichsam sich entschuldigend. »Danke, schon recht, leg sie hin.«
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Autorenporträt
Emil Ertl entstammte einer Seidenweber-Familie und wuchs am Schottenfeld, im 7. Wiener Gemeindebezirk, auf. Sein Bruder war der spätere Ackerbauminister Moritz Ertl. Bis 1873 besuchte er das Marianische Gymnasium in der Amerlingstraße, danach übersiedelte die Familie nach der Wiederverheiratung der verwitweten Mutter nach Meran. Nach dem frühen Tod des Vaters erhielt er den Architekten und Baurat Friedrich von Stach (1830¿1906) zum Stiefvater, der eine wichtige Rolle in seiner Erziehung einnahm. Ertl studierte bis zur ersten Staatsprüfung Rechtswissenschaften an der Wien, wechselte aber, nach kunstgeschichtlichen Bildungsreisen nach Paris, London und Venedig zum Studium der Philosophie in Graz; 1886 wurde er im Wege der Arbeit Utilitarismus und Positivismus ¿ eine Untersuchung im Anschluss an Bentham, Mill, Darwin, Spencer und Comte zum Dr. phil. promoviert.[1] Ab 1889 war Ertl Bibliotheksbeamter, später Bibliotheksdirektor an der Technischen Hochschule Graz (Technische Universität Graz) und zuletzt in dieser Funktion in Wien.