»Memoiren und Falschinformationen« ist ein furchtloser semi-autobiographischer Roman, eine Dekonstruktion der Person Jim Carrey, eine Geschichte über die Schauspielerei, Hollywood, Privilegien, Freundschaft, Romantik, die Sucht nach Relevanz, die Angst vor persönlicher Auslöschung, Kanada, und ein katastrophales Ende der Welt - Apokalypsen innen und außen.
Jim Carrey ist ein wahnsinnig erfolgreicher und beliebter Filmstar, der in Reichtum und Privilegien ertrinkt - aber er ist einsam. Vielleicht hat der Schauspieler seine Blütezeit hinter sich. Vielleicht wird er sogar fett. Er hat es mit Diäten, Gurus und Kuscheln mit seinen israelischen Militär-Wachhunden versucht, aber nichts kann die Wolke der Leere aufheben. Selbst der kluge Rat seines besten Freundes, des Schauspielers und Dinosaurier-Schädelsammlers Nicolas Cage, hilft ihm nicht. Doch dann trifft Jim Carrey auf Georgie: skrupellose Ingénue, die Liebe seines Lebens. Und mit Hilfe des Drehbuchautors Charlie Kaufman erhält er endlich seine Chance auf einen Oscar! Es geht aufwärts! Aber das Universum hat andere Pläne ...
Jim Carrey ist ein wahnsinnig erfolgreicher und beliebter Filmstar, der in Reichtum und Privilegien ertrinkt - aber er ist einsam. Vielleicht hat der Schauspieler seine Blütezeit hinter sich. Vielleicht wird er sogar fett. Er hat es mit Diäten, Gurus und Kuscheln mit seinen israelischen Militär-Wachhunden versucht, aber nichts kann die Wolke der Leere aufheben. Selbst der kluge Rat seines besten Freundes, des Schauspielers und Dinosaurier-Schädelsammlers Nicolas Cage, hilft ihm nicht. Doch dann trifft Jim Carrey auf Georgie: skrupellose Ingénue, die Liebe seines Lebens. Und mit Hilfe des Drehbuchautors Charlie Kaufman erhält er endlich seine Chance auf einen Oscar! Es geht aufwärts! Aber das Universum hat andere Pläne ...
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensentin Sofia Glasl bespricht diesen ersten Roman des amerikanischen Schauspielers, den er mit einem Schriftsteller zusammen geschrieben hat, mit vollem Ernst. Sie findet in ihm eine Darstellung der Spannung zwischen Selbstdarstellungslust und Opfer des alles beherrschenden Showgeschäfts, potenziert durch Einfälle digitaler Weiterentwicklung, groteske Satire und nachgerade "überdrehten Wahnsinn". Die vielen Hinweise auf zeitgenössische Schauspieler haben sie amüsiert, und ihr Bedürfnis nach dem Auffinden der wahren Begebenheiten hinter den Kulissen interpretiert sie als einen von den Autoren einkalkulierten "Voyeurismus", mit dem man dieses Buch liest. Insgesamt findet die Kritikerin diese Ansammlung von überschnappenden und übergeschnappten Charakterisierungen und Szenen in und aus Hollywood eine höchst vergnügliche Angelegenheit.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.01.2021Vom Irrsinn, Jim Carrey zu sein
Der Schauspieler und Komiker hat eine bissige, beinah autobiografische Satire
über Hollywood geschrieben: „Memoiren und Falschinformationen“
VON SOFIA GLASL
Ein Scheinwerfer fällt vom blauen Himmel und landet mitten in der Einfahrt. Am Anfang des Films „Die Truman Show“ gerät die Welt des Bilderbuch-Normalos Truman Burbank gehörig aus den Fugen. Er wird bald herausfinden, dass sein Heimatort Seahaven nur ein gigantisches Filmstudio und er selbst Star eines lebenslangen Reality-TV-Experiments ist. „War gar nichts echt?“, fragt er den gottähnlichen Showrunner Christof am Ende. „Du warst echt, deshalb hat man dir so gerne zugesehen,“ entgegnet dieser väterlich.
Der Schauspieler Jim Carrey, zuvor nur als Chef-Grimassenschneider Hollywoods aus Blockbustern wie „Ace Ventura“ und „Die Maske“ bekannt, umgibt diesen aufrichtigen „true man“ mit einer tragikomischen Aura aus übertriebener Höflichkeit und Trauer. Intuitiv scheint er schon immer zu wissen, dass etwas nicht ganz stimmt, und empfindet eine sehnsüchtige Unvollständigkeit. Ob es Truman außerhalb dieser Scheinwelt besser gehen wird, steht in den Studio-Sternen, diese Frage bleibt offen.
Wie eine makabre Fortsetzung wirkt nun das, was Schauspieler Jim Carrey in seinem ersten Roman präsentiert. Der bewegt sich genau zwischen dieser Bereitschaft zur Selbsttäuschung und der Selbstinszenierung als Opfer des Systems. Der Titel „Memoiren und Falschinformationen“ weist ihn zwar als fiktionalisierte Autobiografie aus, gibt aber kaum den überdrehten Wahnsinn wieder, der die Leser hier erwartet. Gemeinsam mit dem Autor Dana Vachon schreibt Carrey eine bitterböse Satire auf das selbsterhaltende System der Dauerinszenierung und Egomanie Hollywoods.
In der Geschichte geht ein Schauspieler namens Jim Carrey auf eine durchgeknallte und spirituelle Suche nach dem eigenen Ich. Dieses Alter Ego hat eine ähnliche Karriere hingelegt wie der echte Jim Carrey, er verkehrt in denselben Kreisen und lebt ein ähnlich komfortables Leben. Wie die künstliche Bubble in der „Truman Show“ ist das Showbusiness für ihn ein goldener Käfig aus Wohlstand und Glückseligkeit, in dem man aber leicht wahnsinnig werden kann.
Auslöser für die surrealen Ereignisse, die dann über den Helden hereinbrechen, ist ein existenzieller Moment, der an den herabstürzenden Scheinwerfer erinnert, aber makaberer klingt: Jim Carrey sieht eines Abends in einer Doku über John Lennon Aufnahmen von dessen totem Körper in einer Leichenhalle und ist sich plötzlich sicher, dass es auch von ihm unvorteilhafte Leichenbilder geben wird, wenn er einmal stirbt. Sofort legt er etwas Concealer auf, um vorbereitet zu sein, falls ihn der Tod im Schlaf heimsucht.
Nach und nach entpuppt sich der Protagonist als ein netflixsüchtiger suizidaler Irrer, der seine Ehefrau mit einer Marilyn-Monroe-Imitatorin betrügt und einem Celebrity-Guru namens Natchez Gushue folgt. Der war mal in einen Vorfall mit Methamphetamin, einer Uzi und einer Jim-Morrison-Erscheinung involviert, was aber lange vergessen ist, denn in seinem Meditationsseminar sitzen neben Jim Carrey nun Goldie Hawn, Sofia Coppola und Gwyneth Paltrow. Letztere äußert im Wahn den Wunsch, ein Schwein zu sezieren.
Tom Cruise kommt auch vor, aus rechtlichen Gründen allerdings nur unter dem Pseudonym „Laser Jack Lightning“. Das liest sich wie eine endlose Comedynummer auf Speed und verknotet auch Carrey selbst das Gehirn. „Wo war Jim in diesem Augenblick? Wer war Jim? Was würde ein Jim überhaupt sein, wenn Jim letztlich nur die Schöpfung einer Milliarde fremder Köpfe war?“
Das klingt in der deutschen Übersetzung bisweilen verschachtelter als im englischen Original, ist aber dennoch sehr unterhaltsam. „Memoiren und Fehlinformationen“ ist genauso laut und aufdringlich wie Jim Carreys Dauergrinsen, doch diese unbändige Lust am überdrehten Unfug hat etwas merkwürdig Befreiendes in einer Welt, in der jeder mit Bierernst an der eigenen Inszenierung arbeitet.
Schon bald ist auch vollkommen egal, ob der Autor hier auch nur ansatzweise wahre Ereignisse aus seinem eigenen Leben verarbeitet. Allein die Tatsache zählt, dass all die Absurdität plausibel erscheint. Der Suchmaschinen-Finger zuckt zwar beim Lesen immer wieder (Jim Carrey in einem Jiu-Jitsu-Match gegen Nicolas Cage! Fressgelage mit einem Knarren schwingenden Anthony Hopkins!), aber damit erreicht Carrey, was er will. Unser aller Drang, hinter den Kulissen des Showbiz nach der Wahrheit zu fahnden, wird verhöhnt und gibt den Voyeurismus dahinter preis.
Dass die Erkenntnis des Irrsinns alleine keine Veränderung herbeiführt, ist aber klar. Carrey offenbart vielmehr ein Dilemma des Entertainers, der immer auch etwas von sich selbst preisgeben muss, um authentisch zu wirken, das aber mit dem Als-ob seiner Schauspielerei herbeiführen soll. Wie schnell man dabei in einer Rolle verlorengehen kann, hat er selbst schon erlebt. Während der Dreharbeiten zu Milos Formans Filmbiografie „Der Mondmann“ ging er so in der Rolle als Komiker Andy Kaufman auf, dass seine Kollegen ihn für schizophren hielten. Der Dokumentarfilm „Jim und Andy“ verdeutlicht das Ausmaß dieses Selbstverlusts. Carrey berichtet darin, dass der Regisseur Michel Gondry ihn kurz darauf traf und ihm sagte, er sei so schön traurig und gebrochen – und solle diesen Zustand doch bitte für ihre Zusammenarbeit an „Vergiss mein nicht“ ein Jahr später aufrechterhalten.
Ein surreales Gegenstück zu dieser Art des Selbstverlusts ist nun der Roman. Hier soll der Held etwa für den Drehbuchautor Charlie Kaufman Mao Zedong darstellen. Seine Bedenken, er als Weißer könne ja nicht einfach einen Asiaten spielen, wischt Kaufman mit einem irren Gedankenkonstrukt beiseite. „Ich besetze Maos Geist im Kopf eines Weißen. Und biete beide als Avatare des Überdämonen an, eines rasselosen, geschlechtslosen Verschlingers von Generationen.“
Der Autor Jim Carrey dekonstruiert in diesen fiktiven Memoiren damit nicht nur das Klischee vom traurigen Clown. Die Selbst-Dekonstruktion ist zu seinem natürlichen Zustand geworden, um die Selbstinszenierung am Laufen zu halten, bittere Ironie immer inbegriffen – etwa wenn er zu einem Deepfake-Porno masturbiert, in dem alle Akteure sein Gesicht tragen. Dass er als vor der Digitalisierung berühmt gewordener Komiker von der digitalen Generation für wichtig genug gehalten wird, um mit einem anzüglichen Deepfake bedacht zu werden, ist Bestätigung und Hohn zugleich. Hat man erst einmal die Risse in den Kulissen des eigenen Lebens gesehen, durch die ein Scheinwerfer herabfallen kann, gibt es keinen Weg zurück.
Jim Carrey und Dana Vachon: Memoiren und Falschinformationen. Ein (fast) autobiographischer Hollywood-Roman. Aus dem Englischen von Johannes Sabinski. Droemer, 272 Seiten, 20 Euro.
Der Drang, hinter den Kulissen
des Showbiz nach der Wahrheit
zu fahnden, wird verhöhnt
Die Selbst-Dekonstruktion ist zum
Dauerzustand geworden, um die
Selbstinszenierung zu wahren
Mit dieser Rolle wechselte er vom komischen ins ernste Fach: Jim Carrey 1997 als Truman Burbank in Peter Weirs Film „The Truman Show“, in der ein Mann feststellt, dass sein Leben eine Realityshow ist. Jetzt schreibt der Schauspieler Motive des Films literarisch fort.
Foto: Imago images/Prod.DB/Paramount Pictures
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Der Schauspieler und Komiker hat eine bissige, beinah autobiografische Satire
über Hollywood geschrieben: „Memoiren und Falschinformationen“
VON SOFIA GLASL
Ein Scheinwerfer fällt vom blauen Himmel und landet mitten in der Einfahrt. Am Anfang des Films „Die Truman Show“ gerät die Welt des Bilderbuch-Normalos Truman Burbank gehörig aus den Fugen. Er wird bald herausfinden, dass sein Heimatort Seahaven nur ein gigantisches Filmstudio und er selbst Star eines lebenslangen Reality-TV-Experiments ist. „War gar nichts echt?“, fragt er den gottähnlichen Showrunner Christof am Ende. „Du warst echt, deshalb hat man dir so gerne zugesehen,“ entgegnet dieser väterlich.
Der Schauspieler Jim Carrey, zuvor nur als Chef-Grimassenschneider Hollywoods aus Blockbustern wie „Ace Ventura“ und „Die Maske“ bekannt, umgibt diesen aufrichtigen „true man“ mit einer tragikomischen Aura aus übertriebener Höflichkeit und Trauer. Intuitiv scheint er schon immer zu wissen, dass etwas nicht ganz stimmt, und empfindet eine sehnsüchtige Unvollständigkeit. Ob es Truman außerhalb dieser Scheinwelt besser gehen wird, steht in den Studio-Sternen, diese Frage bleibt offen.
Wie eine makabre Fortsetzung wirkt nun das, was Schauspieler Jim Carrey in seinem ersten Roman präsentiert. Der bewegt sich genau zwischen dieser Bereitschaft zur Selbsttäuschung und der Selbstinszenierung als Opfer des Systems. Der Titel „Memoiren und Falschinformationen“ weist ihn zwar als fiktionalisierte Autobiografie aus, gibt aber kaum den überdrehten Wahnsinn wieder, der die Leser hier erwartet. Gemeinsam mit dem Autor Dana Vachon schreibt Carrey eine bitterböse Satire auf das selbsterhaltende System der Dauerinszenierung und Egomanie Hollywoods.
In der Geschichte geht ein Schauspieler namens Jim Carrey auf eine durchgeknallte und spirituelle Suche nach dem eigenen Ich. Dieses Alter Ego hat eine ähnliche Karriere hingelegt wie der echte Jim Carrey, er verkehrt in denselben Kreisen und lebt ein ähnlich komfortables Leben. Wie die künstliche Bubble in der „Truman Show“ ist das Showbusiness für ihn ein goldener Käfig aus Wohlstand und Glückseligkeit, in dem man aber leicht wahnsinnig werden kann.
Auslöser für die surrealen Ereignisse, die dann über den Helden hereinbrechen, ist ein existenzieller Moment, der an den herabstürzenden Scheinwerfer erinnert, aber makaberer klingt: Jim Carrey sieht eines Abends in einer Doku über John Lennon Aufnahmen von dessen totem Körper in einer Leichenhalle und ist sich plötzlich sicher, dass es auch von ihm unvorteilhafte Leichenbilder geben wird, wenn er einmal stirbt. Sofort legt er etwas Concealer auf, um vorbereitet zu sein, falls ihn der Tod im Schlaf heimsucht.
Nach und nach entpuppt sich der Protagonist als ein netflixsüchtiger suizidaler Irrer, der seine Ehefrau mit einer Marilyn-Monroe-Imitatorin betrügt und einem Celebrity-Guru namens Natchez Gushue folgt. Der war mal in einen Vorfall mit Methamphetamin, einer Uzi und einer Jim-Morrison-Erscheinung involviert, was aber lange vergessen ist, denn in seinem Meditationsseminar sitzen neben Jim Carrey nun Goldie Hawn, Sofia Coppola und Gwyneth Paltrow. Letztere äußert im Wahn den Wunsch, ein Schwein zu sezieren.
Tom Cruise kommt auch vor, aus rechtlichen Gründen allerdings nur unter dem Pseudonym „Laser Jack Lightning“. Das liest sich wie eine endlose Comedynummer auf Speed und verknotet auch Carrey selbst das Gehirn. „Wo war Jim in diesem Augenblick? Wer war Jim? Was würde ein Jim überhaupt sein, wenn Jim letztlich nur die Schöpfung einer Milliarde fremder Köpfe war?“
Das klingt in der deutschen Übersetzung bisweilen verschachtelter als im englischen Original, ist aber dennoch sehr unterhaltsam. „Memoiren und Fehlinformationen“ ist genauso laut und aufdringlich wie Jim Carreys Dauergrinsen, doch diese unbändige Lust am überdrehten Unfug hat etwas merkwürdig Befreiendes in einer Welt, in der jeder mit Bierernst an der eigenen Inszenierung arbeitet.
Schon bald ist auch vollkommen egal, ob der Autor hier auch nur ansatzweise wahre Ereignisse aus seinem eigenen Leben verarbeitet. Allein die Tatsache zählt, dass all die Absurdität plausibel erscheint. Der Suchmaschinen-Finger zuckt zwar beim Lesen immer wieder (Jim Carrey in einem Jiu-Jitsu-Match gegen Nicolas Cage! Fressgelage mit einem Knarren schwingenden Anthony Hopkins!), aber damit erreicht Carrey, was er will. Unser aller Drang, hinter den Kulissen des Showbiz nach der Wahrheit zu fahnden, wird verhöhnt und gibt den Voyeurismus dahinter preis.
Dass die Erkenntnis des Irrsinns alleine keine Veränderung herbeiführt, ist aber klar. Carrey offenbart vielmehr ein Dilemma des Entertainers, der immer auch etwas von sich selbst preisgeben muss, um authentisch zu wirken, das aber mit dem Als-ob seiner Schauspielerei herbeiführen soll. Wie schnell man dabei in einer Rolle verlorengehen kann, hat er selbst schon erlebt. Während der Dreharbeiten zu Milos Formans Filmbiografie „Der Mondmann“ ging er so in der Rolle als Komiker Andy Kaufman auf, dass seine Kollegen ihn für schizophren hielten. Der Dokumentarfilm „Jim und Andy“ verdeutlicht das Ausmaß dieses Selbstverlusts. Carrey berichtet darin, dass der Regisseur Michel Gondry ihn kurz darauf traf und ihm sagte, er sei so schön traurig und gebrochen – und solle diesen Zustand doch bitte für ihre Zusammenarbeit an „Vergiss mein nicht“ ein Jahr später aufrechterhalten.
Ein surreales Gegenstück zu dieser Art des Selbstverlusts ist nun der Roman. Hier soll der Held etwa für den Drehbuchautor Charlie Kaufman Mao Zedong darstellen. Seine Bedenken, er als Weißer könne ja nicht einfach einen Asiaten spielen, wischt Kaufman mit einem irren Gedankenkonstrukt beiseite. „Ich besetze Maos Geist im Kopf eines Weißen. Und biete beide als Avatare des Überdämonen an, eines rasselosen, geschlechtslosen Verschlingers von Generationen.“
Der Autor Jim Carrey dekonstruiert in diesen fiktiven Memoiren damit nicht nur das Klischee vom traurigen Clown. Die Selbst-Dekonstruktion ist zu seinem natürlichen Zustand geworden, um die Selbstinszenierung am Laufen zu halten, bittere Ironie immer inbegriffen – etwa wenn er zu einem Deepfake-Porno masturbiert, in dem alle Akteure sein Gesicht tragen. Dass er als vor der Digitalisierung berühmt gewordener Komiker von der digitalen Generation für wichtig genug gehalten wird, um mit einem anzüglichen Deepfake bedacht zu werden, ist Bestätigung und Hohn zugleich. Hat man erst einmal die Risse in den Kulissen des eigenen Lebens gesehen, durch die ein Scheinwerfer herabfallen kann, gibt es keinen Weg zurück.
Jim Carrey und Dana Vachon: Memoiren und Falschinformationen. Ein (fast) autobiographischer Hollywood-Roman. Aus dem Englischen von Johannes Sabinski. Droemer, 272 Seiten, 20 Euro.
Der Drang, hinter den Kulissen
des Showbiz nach der Wahrheit
zu fahnden, wird verhöhnt
Die Selbst-Dekonstruktion ist zum
Dauerzustand geworden, um die
Selbstinszenierung zu wahren
Mit dieser Rolle wechselte er vom komischen ins ernste Fach: Jim Carrey 1997 als Truman Burbank in Peter Weirs Film „The Truman Show“, in der ein Mann feststellt, dass sein Leben eine Realityshow ist. Jetzt schreibt der Schauspieler Motive des Films literarisch fort.
Foto: Imago images/Prod.DB/Paramount Pictures
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