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Ein Sommer in naher Zukunft. Harriet wird von Erinnerungen heimgesucht, die ihr vollkommen fremd vorkommen. Nach und nach tauchen immer mehr Bruchstücke auf, und Harriet muss sich eingestehen, dass das, was sie bislang für ihr Leben hielt, vielleicht niemals so stattgefunden hat.
Harriet stand einmal vor einer Karriere als Konzertpianistin, bis eine scheinbar harmlose Operation an der Hand ihren großen Traum zerstörte. Zumindest ist es das, was sie bisher glaubte. Aber seit sie eine Frau vor einem Waldbrand gerettet hat, wird sie von seltsamen Erinnerungen geplagt: Szenen, die aus einem…mehr

Produktbeschreibung
Ein Sommer in naher Zukunft. Harriet wird von Erinnerungen heimgesucht, die ihr vollkommen fremd vorkommen. Nach und nach tauchen immer mehr Bruchstücke auf, und Harriet muss sich eingestehen, dass das, was sie bislang für ihr Leben hielt, vielleicht niemals so stattgefunden hat.

Harriet stand einmal vor einer Karriere als Konzertpianistin, bis eine scheinbar harmlose Operation an der Hand ihren großen Traum zerstörte. Zumindest ist es das, was sie bisher glaubte. Aber seit sie eine Frau vor einem Waldbrand gerettet hat, wird sie von seltsamen Erinnerungen geplagt: Szenen, die aus einem anderen Leben zu stammen scheinen - und immer wieder Bilder von Gewalt, die sie selbst ausübt ...

Harriet zweifelt an ihrem Verstand und begibt sich auf eine Reise in ihre Vergangenheit. Doch damit scheint sie etwas loszutreten, das sie nicht mehr kontrollieren kann, und mit jeder verborgenen Erinnerung, die zurückkehrt, kommt sie einer gefährlichen Wahrheit bedrohlich nahe ...

Nach ihrem preisgekrönten Bestseller Paradise City entwirft Zo Beck eine neue erschreckend aktuelle Zukunftsvision: Wie zuverlässig sind unsere Erinnerungen? Was machen sie mit uns? Und wer bestimmt, was wir vergessen dürfen?
Autorenporträt
Zoë Beck, geboren 1975, ist Schriftstellerin, Übersetzerin (u. a. Amanda Lee Koe und James Grady), Verlegerin (CulturBooks) und Synchronregisseurin für Film und Fernsehen. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Zoë Beck zählt zu den wichtigsten deutschen Krimiautor*innen und wurde mit zahlreichen Preisen, unter anderem mit dem Friedrich-Glauser-Preis, dem Radio-Bremen-Krimipreis und dem Deutschen Krimipreis, ausgezeichnet. Edvard ist ihr erstes Jugendbuch.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

Rezensent Kolja Mensing verspricht mit Zoë Becks neuem Buch einen "spannenden Krimi im Hitchcock-Format". In einer nahen Zukunft, in der sich die Lage klimatechnisch noch weiter zugespitzt hat, geht es um Harriet, die nach der spontanen Rettung einer Frau aus einem Waldbrand vor wichtige Fragen gestellt wird, wie Mensing wiedergibt: Warum konnte sie die Frau problemlos mit dem Auto ins Krankenhaus fahren, obwohl sie nie Autofahren gelernt hat? War der Tod ihrer Mutter wirklich ein Unfall? Und wie genau wird ihr demenzkranker Vater in einer Spezialklinik behandelt? Ausgehend von diesem Ereignis und Harriets Misstrauen entfalte Beck äußerst gekonnt, so Mensing, ein apokalyptisches, aber dennoch erschreckend realistisches Zukunftsszenario, in dem unter dem Deckmantel des "neural engeneering" ein böses Spiel mit menschlichen Erinnerungen getrieben wird. "Raffiniert", temporeich und "unbehaglich" - für den Kritiker zeigt Beck sich hier als Meisterin ihres Fachs.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.11.2023

In naher Zukunft, ganz fern
Leben zwischen Künstlicher und menschlicher Intelligenz: Zoë Becks "Memoria"

Rapide kommen die Flammen näher, und hinter den Fensterscheiben des mitten in der Brandschneise gelegenen Häuschens scheint sich noch eine alte Frau zu regen. Harriet schaltet aus der Schockstarre in den Krisenbewältigungsmodus. Wie auf Autopilot befreit sie die Frau, schnappt sich den Wagen in der Einfahrt und bringt sie alle in Sicherheit. Ein heldenhafter Auftritt, aber als der Adrenalinrausch nachlässt, fällt Harriet ein, dass sie eigentlich gar nicht Autofahren kann.

Hat nie den Führerschein gemacht, vermeidet es seit dem tödlichen Unfall ihrer Mutter, auch nur in einen Wagen zu steigen. Ausgehend von dieser im Moment der Lektüre zweifellos aufwühlenden, wenngleich noch nicht in ihrer ganzen Tragweite fassbaren Begebenheit, inszeniert Zoë Beck in ihrem neuem Krimi "Memoria" das Wegbrechen aller fundamentalen Gewissheiten. Langsam und stetig wächst die Paranoia Harriet über den Kopf, droht alles zu erdrücken, denn ihr geht auf, dass sie sich auf nichts und niemanden verlassen kann. Nicht auf Vertraute in ihrem Umfeld, nicht auf Familie, nicht auf ihre eigenen Erinnerungen.

Frankfurt am Main in nicht allzu entfernter Zukunft. Die globalen Temperaturen steigen, ganz im Gegenteil zur Qualität von Trinkwasser und Nahrungsmitteln, die Überwachungsmechanismen sind allumfassend, die Gesellschaft ist gespaltener als je zuvor. Nach oben hin sind dem Reichtum keine Grenzen gesetzt, aber wie die meisten Mittellosen, die sich nicht einmal mehr den sozialen Wohnungsbau leisten können, lebt Harriet mit nicht viel mehr als einem Rucksack voller Habseligkeiten im kahlen Zimmer eines umfunktionierten Büroturms.

Mit umwerfender Aussicht zwar, aber auch inmitten eines Szenarios, das einem Roman von J.G. Ballard entsprungen sein könnte. Mit "Memoria" lehnt sich Zoë Beck in die Sphäre der Slipstream-Literatur hinein, in den Grenzbereich zwischen postmodernem Roman und Science-Fiction - wo wirklich alles passieren kann, ohne dabei die Bänder zu unserer gegenwärtigen Realität durchzuschneiden, die ihre finsteren Nahzukunftsvisionen so unendlich viel beunruhigender machen.

Von dem Tag an, an dem Harriet die Frau aus dem Feuer rettet, häufen sich die Ungereimtheiten, dringen seltsame Bilder aus ihrem Unterbewusstsein an die Oberfläche. Unklar bleibt zunächst, ob es sich dabei um Erinnerungen, Träume oder eingepflanzte Visionen handelt, sicher ist nur, dass sie Harriets Selbstbild, ihren Wesenskern, ihre ganze Geschichte grundlegend infrage stellen: die Geschichte einer Konzertpianistin, deren Traum kurz vor dem Durchbruch wegen einer vermeintlich unkomplizierten Handoperation platzte, die sich seither unter der Armutsgrenze durchschlägt.

Aber nach der Vergangenheit kann Harriet niemanden mehr fragen. Ihr Vater lebt wegen fortgeschrittener Demenz in einem Sanatorium und erkennt seine Tochter nur an seinen besseren Tagen. Kurz entschlossen fährt sie also nach München, auf Forschungsreise in das alte Leben, das ihr inzwischen kaum fremder erscheinen könnte, nur um dort im potentiell tödlichen Kreuzfeuer eines anonymen Gegners zu landen.

Zoë Beck ist keine Autorin, die zu Beginn einer Geschichte sofort alle relevanten Eckdaten und inneren Zusammenhänge ihrer fiktiven Welt preisgibt. Man muss sie sich über die gesamte Handlung hinweg erlesen, und dank der effizienten, schnörkellos geschmeidigen Sätze, der knappen Kapitel und wirkungsvoll eingesetzten Cliffhanger fällt das leicht.

Sie lassen einen kaum den Blick abwenden von dem reizvollen Kontrast zwischen dystopischem Inhalt und geradezu utopischer Form, der "Memoria" ausmacht: Beck entwirft in wenigen Strichen komplexe Protagonistinnen und Antagonistinnen, die sich das Leben schwer machen, aber auch warme Momente weiblicher Solidarität miteinander teilen. Ihre Figuren heißen Elin und Sanjay, Xiaomeng und Kovács, manchmal sind sie krank, behindert, neurodivergent oder traumatisiert, und dieser mit gelassener Selbstverständlichkeit eingelöste Diversitätsanspruch spendet ein bisschen Trost und Zuversicht angesichts der verdichteten Analyse unserer drängendsten Zivilisationsbaustellen, die "Memoria" nun einmal auch ist.

Die gesellschaftliche Sollbruchstelle verortet Zoë Beck irgendwo zwischen den fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten dieser Welt, den Verheißungen und Unwägbarkeiten der Künstlichen Intelligenz auf der einen und der frustrierend häufig den gleichen überkommenen Denk- und Verhaltensmustern folgenden menschlichen Psyche auf der anderen Seite. Wie eine kleine anachronistische Oase wirkt da die Dunkelkammer, auf die Harriet - ironischerweise im Sanatorium ihres Vaters - stößt. In der analogen Fotografie gibt es noch das Original, das Negativ, Lichtimpulse, die sich in Silbersalze einschreiben wie die Erkenntnisse in Harriets Geist. Hat sie einmal die Wahrheit erkannt, gibt es für sie kein Zurück mehr. KATRIN DOERKSEN

Zoë Beck: "Memoria". Thriller.

Suhrkamp Verlag, Berlin 2023. 281 S., br.,

16,95 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Kühne und darum besondere Spannungsliteratur.« Sylvia Staude Frankfurter Rundschau 20231212
»Sprecherin Milena Karas liest mit einer stets der Situation angepassten Stimme entweder verunsichert, ruhig und zurückhaltend - oder laut, energisch und spannungsgeladen, so dass man direkt in Harriet und ihre Geschichte hineinfindet.« Christiane Seipel BUCHSZENE.DE 20240325
In naher Zukunft, ganz fern
Leben zwischen Künstlicher und menschlicher Intelligenz: Zoë Becks "Memoria"

Rapide kommen die Flammen näher, und hinter den Fensterscheiben des mitten in der Brandschneise gelegenen Häuschens scheint sich noch eine alte Frau zu regen. Harriet schaltet aus der Schockstarre in den Krisenbewältigungsmodus. Wie auf Autopilot befreit sie die Frau, schnappt sich den Wagen in der Einfahrt und bringt sie alle in Sicherheit. Ein heldenhafter Auftritt, aber als der Adrenalinrausch nachlässt, fällt Harriet ein, dass sie eigentlich gar nicht Autofahren kann.

Hat nie den Führerschein gemacht, vermeidet es seit dem tödlichen Unfall ihrer Mutter, auch nur in einen Wagen zu steigen. Ausgehend von dieser im Moment der Lektüre zweifellos aufwühlenden, wenngleich noch nicht in ihrer ganzen Tragweite fassbaren Begebenheit, inszeniert Zoë Beck in ihrem neuem Krimi "Memoria" das Wegbrechen aller fundamentalen Gewissheiten. Langsam und stetig wächst die Paranoia Harriet über den Kopf, droht alles zu erdrücken, denn ihr geht auf, dass sie sich auf nichts und niemanden verlassen kann. Nicht auf Vertraute in ihrem Umfeld, nicht auf Familie, nicht auf ihre eigenen Erinnerungen.

Frankfurt am Main in nicht allzu entfernter Zukunft. Die globalen Temperaturen steigen, ganz im Gegenteil zur Qualität von Trinkwasser und Nahrungsmitteln, die Überwachungsmechanismen sind allumfassend, die Gesellschaft ist gespaltener als je zuvor. Nach oben hin sind dem Reichtum keine Grenzen gesetzt, aber wie die meisten Mittellosen, die sich nicht einmal mehr den sozialen Wohnungsbau leisten können, lebt Harriet mit nicht viel mehr als einem Rucksack voller Habseligkeiten im kahlen Zimmer eines umfunktionierten Büroturms.

Mit umwerfender Aussicht zwar, aber auch inmitten eines Szenarios, das einem Roman von J.G. Ballard entsprungen sein könnte. Mit "Memoria" lehnt sich Zoë Beck in die Sphäre der Slipstream-Literatur hinein, in den Grenzbereich zwischen postmodernem Roman und Science-Fiction - wo wirklich alles passieren kann, ohne dabei die Bänder zu unserer gegenwärtigen Realität durchzuschneiden, die ihre finsteren Nahzukunftsvisionen so unendlich viel beunruhigender machen.

Von dem Tag an, an dem Harriet die Frau aus dem Feuer rettet, häufen sich die Ungereimtheiten, dringen seltsame Bilder aus ihrem Unterbewusstsein an die Oberfläche. Unklar bleibt zunächst, ob es sich dabei um Erinnerungen, Träume oder eingepflanzte Visionen handelt, sicher ist nur, dass sie Harriets Selbstbild, ihren Wesenskern, ihre ganze Geschichte grundlegend infrage stellen: die Geschichte einer Konzertpianistin, deren Traum kurz vor dem Durchbruch wegen einer vermeintlich unkomplizierten Handoperation platzte, die sich seither unter der Armutsgrenze durchschlägt.

Aber nach der Vergangenheit kann Harriet niemanden mehr fragen. Ihr Vater lebt wegen fortgeschrittener Demenz in einem Sanatorium und erkennt seine Tochter nur an seinen besseren Tagen. Kurz entschlossen fährt sie also nach München, auf Forschungsreise in das alte Leben, das ihr inzwischen kaum fremder erscheinen könnte, nur um dort im potentiell tödlichen Kreuzfeuer eines anonymen Gegners zu landen.

Zoë Beck ist keine Autorin, die zu Beginn einer Geschichte sofort alle relevanten Eckdaten und inneren Zusammenhänge ihrer fiktiven Welt preisgibt. Man muss sie sich über die gesamte Handlung hinweg erlesen, und dank der effizienten, schnörkellos geschmeidigen Sätze, der knappen Kapitel und wirkungsvoll eingesetzten Cliffhanger fällt das leicht.

Sie lassen einen kaum den Blick abwenden von dem reizvollen Kontrast zwischen dystopischem Inhalt und geradezu utopischer Form, der "Memoria" ausmacht: Beck entwirft in wenigen Strichen komplexe Protagonistinnen und Antagonistinnen, die sich das Leben schwer machen, aber auch warme Momente weiblicher Solidarität miteinander teilen. Ihre Figuren heißen Elin und Sanjay, Xiaomeng und Kovács, manchmal sind sie krank, behindert, neurodivergent oder traumatisiert, und dieser mit gelassener Selbstverständlichkeit eingelöste Diversitätsanspruch spendet ein bisschen Trost und Zuversicht angesichts der verdichteten Analyse unserer drängendsten Zivilisationsbaustellen, die "Memoria" nun einmal auch ist.

Die gesellschaftliche Sollbruchstelle verortet Zoë Beck irgendwo zwischen den fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten dieser Welt, den Verheißungen und Unwägbarkeiten der Künstlichen Intelligenz auf der einen und der frustrierend häufig den gleichen überkommenen Denk- und Verhaltensmustern folgenden menschlichen Psyche auf der anderen Seite. Wie eine kleine anachronistische Oase wirkt da die Dunkelkammer, auf die Harriet - ironischerweise im Sanatorium ihres Vaters - stößt. In der analogen Fotografie gibt es noch das Original, das Negativ, Lichtimpulse, die sich in Silbersalze einschreiben wie die Erkenntnisse in Harriets Geist. Hat sie einmal die Wahrheit erkannt, gibt es für sie kein Zurück mehr. KATRIN DOERKSEN

Zoë Beck: "Memoria". Thriller.

Suhrkamp Verlag, Berlin 2023. 281 S., br.,

16,95 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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