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From the author of ALL THE LIGHT WE CANNOT SEE, a collection of stories about memory: the source of meaning and coherence in our lives, the fragile thread that connects us to ourselves and to others.

Produktbeschreibung
From the author of ALL THE LIGHT WE CANNOT SEE, a collection of stories about memory: the source of meaning and coherence in our lives, the fragile thread that connects us to ourselves and to others.
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Autorenporträt
Anthony Doerr is the author of three books, The Shell Collector, About Grace, and Four Seasons in Rome. Doerr's short fiction has won three O. Henry Prizes and has been anthologized in The Best American Short Stories, The Anchor Book of New American Short Stories, and The Scribner Anthology of Contemporary Fiction. He has won the Rome Prize, and shared the New York Public Library's Young Lions Fiction Award with Jonathan Safran Foer. In 2007 Granta placed Doerr on its list of the '21 Best Young American novelists'. Doerr lives in Boise, Idaho, with his wife and two sons.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.06.2016

Schlauer Schädelspalter
Anthony Doerrs futuristische Novelle "Memory Wall"

Alma Konachek ist Mitte Siebzig und verliert ihr Gedächtnis. Aber weil die Novelle "Memory Wall" in einer nicht näher bestimmten Zukunft spielt, gibt es Hilfsmittel. Ärzte installieren Ports an ihrem Schädel und zapfen Erinnerungen ab, die Alma sich dann in den Tagen des Vergessens mittels eines Simulators wie ein Surround-Video anschauen kann. Es ist jedes Mal, als würde die reale Welt weggesaugt und durch eine andere, frühere ersetzt. Mit Hilfe dieser Konserven soll der Verfallsprozess aufgehalten werden. Auf zahllosen Kassetten (merkwürdige Retro-Technik in der Zukunft!) gespeichert, lagern die Erinnerungen in Almas Haus oberhalb von Kapstadt. Eine dieser Gedächtnisspuren birgt ein Geheimnis.

Alma war mit einem erfolgreichen Immobilienmakler verheiratet, der nach der Pensionierung eine Leidenschaft fürs Fossiliensammeln entwickelte. Bei der letzten Expedition begleitete Alma ihn schlecht gelaunt, und sie erlebte, wie Harold nach langen Stunden völlig außer sich zum Auto zurückkehrte. Er hatte das Skelett eines Dinosauriers gefunden. Und brach im nächsten Moment tot zusammen; Herzinfarkt. Im Nachruf war zwar von einem Sensationsfund die Rede, Nachforschungen ergaben jedoch nichts. Alma hatte in der Aufregung wohl die Orientierung verloren.

Ein schlauer Ganove namens Roger ist auf die Sache aufmerksam geworden. Er weiß, dass Sammler für guterhaltene Fossilien Millionensummen bezahlen. Deshalb schleicht er sich nun Nacht für Nacht, wenn Almas Pfleger Pheko gegangen ist, ins Haus der alten Frau und macht sich an der Wand mit den Gedächtniskonserven zu schaffen. Er hat seinen Gehilfen Luvo dabei, einen Slum-Jungen, den er als "Erinnerungszapfer" missbraucht. Luvo muss sich mit seinen stümperhaft implantierten Ports, die schwere Kopfschmerzen verursachen, durch Almas ungeordnete Kassettensammlung arbeiten, immer auf der Suche nach jener einen, auf der womöglich der letzte Ausflug mit Harold aufgezeichnet ist. Bald kennt sich Luvo in Almas Leben besser aus als die alte Frau selbst.

Der 1973 in Cleveland geborene Anthony Doerr ist um eine kühn konstruierte Handlung nicht verlegen; das bewies bereits sein international gefeierter und mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Bestseller "Alles Licht, das wir nicht sehen". Die dort gebotene Mischung aus History und Mystery, Nazi-Grusel und letzten Kämpfen in der Normandie, dazu die über Hunderte von Seiten aufeinander zufahrenden Schicksalszüge eines blinden französischen Mädchens und eines funktechnisch hochbegabten Waisenjungen aus Dunkeldeutschland - das alles war zwar nicht fugendicht hochliterarisch, ergab aber doch eine außergewöhnliche Lektüre. Auch "Memory Wall" entwickelt sich zu einer gleichermaßen abenteuerlichen und hintergründigen Geschichte, die man mit wachsender Spannung und Faszination liest. Klug ist das dichte Netz der Motive geknüpft, die das breite Themenfeld von Gedächtnis und Erinnerung abdecken: biographisch, medizinisch, ur- und erdgeschichtlich, futuristisch.

Wenn sich der arme Luvo, der nach der Zwangsoperation zum Erinnerungszapfer nur noch eine geringe eigene Lebenserwartung hat, Schlüsselszenen aus Almas Leben aneignet, dann hat das etwas von der Art, wie Schriftsteller in fremde Existenzen dringen und sie wie ein leeres Gebäude möblieren und mit Lebensdetails füllen. So wird Almas Biographie zum exemplarischen literarischen Puzzle. Die kurzen, prägnanten, rhythmisch gefügten Kapitel ergeben wie die Teile eines verstreuten Skeletts den wohlstrukturierten Organismus der Novelle. Es finden sich atmosphärische Beschreibungen, die sich wie Lyrik in Prosa lesen, insbesondere wenn am Ende Luvo für mehrere Tage und Nächte in die Wildnis aufbricht, um nach dem Saurier zu suchen. Licht und Farben und die saugende Stille in dieser Einöde, in der Luvo sogar das Aufbrechen der Blüten zu hören vermag, bekommen überwirkliche Qualität.

Das Leben balanciert auf der Kuppe des Augenblicks; alles Gewesene ist Schein und Nicht-Sein, alle Zukunft Schimäre. Trotzdem besteht jedes Leben aus nichts als Vergangenheit; alles kommt aus ihr, ob Landschaften, Städte, Dinge oder Menschenkörper. Oder eben die von einem einzelnen beglückten Mann kaum zu schleppende, jahrmillionenalte Versteinerung eines Gorgonops-Schädels. Doerrs Novelle lädt zum Philosophieren über die Schrecken der Zeitlichkeit ein. In der Originalausgabe ist "Memory Wall" die Titelgeschichte eines Bandes mit sechs Erzählungen. Wenn die übrigen fünf auch so gut sind, möchte man das Buch bald ganz in der luziden Übersetzung von Werner Löcher-Lawrence lesen.

WOLFGANG SCHNEIDER

Anthony Doerr: "Memory Wall". Novelle.

Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence. Verlag C. H. Beck, München 2016. 135 S., geb., 14,95 [Euro].

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