In der Wirtschaft geht es um Lösung von Alltagsproblemen wie Produktion von Nahrung, Kleidung und Unterkunft, Dienstleistungen. Die westlichen Gesellschaften haben die dringendsten dieser Probleme so gut gelöst, dass viele Bürger, vor allem auch junge Menschen, vergessen, dass eine umfassende Versorgung mit Gütern aller Art keine Selbstverständlichkeit ist. Es wird so getan, als ob wir im Westen materielle Versorgungsprobleme vergessen könnten, um uns der "höheren" Aufgabe zuzuwenden, eine "bessere", "egalitärere" oder "gerechtere" Gesellschaft aufzubauen.
Die Überzeugung, dass es uns heute nur darum gehe und nicht mehr um wirtschaftliche Effizienz und Arbeitsanreize gehen müsse, ist doppelt gefährlich. Die erste Herausforderung besteht in einem rapide zunehmenden Anteil alter Menschen an der Bevölkerung. Die zweite resultiert aus der Globalisierung, aus einer Verschärfung des weltweiten Wettbewerbs.
Der Autor zeigt die Gefahren einer von Illusionen geprägten Politik auf. Ausgehend von einer Analyse des Menschenbildes in den Sozialwissenschaften werden Erfordernisse an Organisation und institutionellem Rahmen des Wirtschaftens erörtert sowie die Notwendigkeit, Wettbewerb zu gewährleisten. Globalisierung, Nord/Süd-Problematik und Sicherheitsaspekte werden einbezogen und abschließend die ordnungspolitischen Konsequenzen dargestellt.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Die Überzeugung, dass es uns heute nur darum gehe und nicht mehr um wirtschaftliche Effizienz und Arbeitsanreize gehen müsse, ist doppelt gefährlich. Die erste Herausforderung besteht in einem rapide zunehmenden Anteil alter Menschen an der Bevölkerung. Die zweite resultiert aus der Globalisierung, aus einer Verschärfung des weltweiten Wettbewerbs.
Der Autor zeigt die Gefahren einer von Illusionen geprägten Politik auf. Ausgehend von einer Analyse des Menschenbildes in den Sozialwissenschaften werden Erfordernisse an Organisation und institutionellem Rahmen des Wirtschaftens erörtert sowie die Notwendigkeit, Wettbewerb zu gewährleisten. Globalisierung, Nord/Süd-Problematik und Sicherheitsaspekte werden einbezogen und abschließend die ordnungspolitischen Konsequenzen dargestellt.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.09.2003Verschwörung als Volkssport
Erich Weede skizziert eine Theorie des Demokratieversagens
Erich Weede: Mensch, Markt und Staat. Plädoyer für eine Wirtschaftsordnung für unvollkommene Menschen. Verlag Lucius & Lucius, Stuttgart 2003, 157 Seiten, 14,90 Euro.
Erich Weede gehört zu jener Minderheit von Soziologen und Politikwissenschaftlern, die nicht dem Glauben an die Unvermeidlichheit und Überlegenheit bürokratischer Herrschaft anhängen. In solch exponierter Lage neigt man dazu, umfassende Gegenkonzepte anzubieten, also auch in einem schmalen Band nichts Geringeres als Mensch, Markt und Staat zu behandeln. Den Konflikt zwischen begrenztem Umfang und unbegrenztem Thema bewältigt der Autor, indem er sehr kompakt formuliert und auf viele Gewährsleute verweist. Dies könnte die Leser dazu verleiten, das kleine Buch, das die Ludwig-Erhard-Stiftung herausgegeben hat, nur als enzyklopädische Hinführung zu verschiedenen Themen (von Demographie bis Globalisierung) zu benutzen - doch das wäre schade. Denn überall, wo er die Funktionsweise des Marktes mit den politischen Mechanismen des Wohlfahrtsstaates vergleicht, führt Weede Hinweise aus der wiederbelebten politischen Ökonomie zu einer Theorie des Demokratieversagens zusammen, so daß er eine weit plausiblere Schilderung dessen anbieten kann, was Politikwissenschaft und Soziologie unter der Überschrift "Strukturprobleme der Demokratie" traktieren.
Der Wettbewerb unter den Produzenten führt zu dem, was Ludwig von Mises die "Tyrannei der Verbraucher" nannte; er ist sozial, weil er den subjektiven Interessen der einzelnen dient. Die Demokratie dagegen (besonders wenn sie sich mit dem Konzept des Leistungsstaates verbindet) läuft keineswegs zwangsläufig auf die "Tyrannei der Mehrheit" hinaus - und daher führt sie auch nicht zu der Beseitigung der Ungleichheit, die ihr gemeinhin unterstellt wird.
Das liegt an dem sogenannten Rentseeking. In den Worten Weedes: "Nichts an der Mehrheitsdemokratie verhindert, daß die einen beschließen, die anderen zu belasten." Während "Tauschgeschäfte auf dem Markt der Besserstellung aller Beteiligten dienen", weil sie auf deren Zustimmung beruhen, gilt für den politischen Betrieb der wohlfahrtsstaatlichen Demokratie das Gegenteil. Schon Adam Smith befürchtete, daß Kaufleute kaum je zusammenkommen, ohne sich gegen die Interessen der Allgemeinheit zu verabreden, ohne ein Kartell zu bilden. Aus solchen Hinterzimmer-Verschwörungen wird jedoch ein demokratischer Volkssport. Denn, wie Weede es beschreibt, die Produzenten (zu denen die Arbeitnehmer ebenso gehören wie die Kapitaleigner) sind gemeinsam daran interessiert, sich dem Wettbewerb zu entziehen, der die erkämpften Löhne bedroht.
Da hilft es wenig, daß die Produzenten auch Konsumenten sind. Erstens bewerten sie, völlig korrekt, die Nachteile, die sie als Käufer von Lebensmitteln oder als Stromabnehmer erleiden, geringer als die Vorteile, die sie als subventionierte Bauern oder Bergleute erwarten können. Zweitens ist dies der Grund für die unrühmliche, aber ebenfalls rationale Rolle der Politiker: Sie bedienen in der Demokratie nicht das als Allgemeinwohl denkbare Interesse einer fiktiven Mehrheit, sondern die konkreten, organisierten, artikulierten Wünsche von Minderheiten. Die Produzenten setzen sich gegen die Konsumenten durch. Wenn die Politiker ihnen ein solches Geschäft zu Lasten aller anderen anbieten (wenn die Politik keine Anteilseigner und Arbeitnehmer mehr kennt, sondern nur noch Produzenten), gewinnen sie offenbar so viel, daß es lohnender erscheint, den ursprünglichen Gegensatz zu vernachlässigen.
So steigt nicht nur die offiziell zugegebene Staatsverschuldung. Weede betont zutreffend, daß die mit dem Ziel der Gerechtigkeit begründete Umverteilung ihren eigenen Anspruch verfehlt und verfehlen muß. Vorrang hat nicht der Abbau von Ungleichheit (zum Beispiel durch eine auf Vermögensbildung zielende Politik), sondern die Zustimmung einer Mehrheit organisierter Minderheiten, und entsprechend sieht die Bilanz der Umverteilung aus: Ein ständig wachsender Umverteilungs-Mittelstand erhält den Löwenanteil der Wohltaten und trägt den entsprechenden Anteil der Lasten.
MICHAEL ZÖLLER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Erich Weede skizziert eine Theorie des Demokratieversagens
Erich Weede: Mensch, Markt und Staat. Plädoyer für eine Wirtschaftsordnung für unvollkommene Menschen. Verlag Lucius & Lucius, Stuttgart 2003, 157 Seiten, 14,90 Euro.
Erich Weede gehört zu jener Minderheit von Soziologen und Politikwissenschaftlern, die nicht dem Glauben an die Unvermeidlichheit und Überlegenheit bürokratischer Herrschaft anhängen. In solch exponierter Lage neigt man dazu, umfassende Gegenkonzepte anzubieten, also auch in einem schmalen Band nichts Geringeres als Mensch, Markt und Staat zu behandeln. Den Konflikt zwischen begrenztem Umfang und unbegrenztem Thema bewältigt der Autor, indem er sehr kompakt formuliert und auf viele Gewährsleute verweist. Dies könnte die Leser dazu verleiten, das kleine Buch, das die Ludwig-Erhard-Stiftung herausgegeben hat, nur als enzyklopädische Hinführung zu verschiedenen Themen (von Demographie bis Globalisierung) zu benutzen - doch das wäre schade. Denn überall, wo er die Funktionsweise des Marktes mit den politischen Mechanismen des Wohlfahrtsstaates vergleicht, führt Weede Hinweise aus der wiederbelebten politischen Ökonomie zu einer Theorie des Demokratieversagens zusammen, so daß er eine weit plausiblere Schilderung dessen anbieten kann, was Politikwissenschaft und Soziologie unter der Überschrift "Strukturprobleme der Demokratie" traktieren.
Der Wettbewerb unter den Produzenten führt zu dem, was Ludwig von Mises die "Tyrannei der Verbraucher" nannte; er ist sozial, weil er den subjektiven Interessen der einzelnen dient. Die Demokratie dagegen (besonders wenn sie sich mit dem Konzept des Leistungsstaates verbindet) läuft keineswegs zwangsläufig auf die "Tyrannei der Mehrheit" hinaus - und daher führt sie auch nicht zu der Beseitigung der Ungleichheit, die ihr gemeinhin unterstellt wird.
Das liegt an dem sogenannten Rentseeking. In den Worten Weedes: "Nichts an der Mehrheitsdemokratie verhindert, daß die einen beschließen, die anderen zu belasten." Während "Tauschgeschäfte auf dem Markt der Besserstellung aller Beteiligten dienen", weil sie auf deren Zustimmung beruhen, gilt für den politischen Betrieb der wohlfahrtsstaatlichen Demokratie das Gegenteil. Schon Adam Smith befürchtete, daß Kaufleute kaum je zusammenkommen, ohne sich gegen die Interessen der Allgemeinheit zu verabreden, ohne ein Kartell zu bilden. Aus solchen Hinterzimmer-Verschwörungen wird jedoch ein demokratischer Volkssport. Denn, wie Weede es beschreibt, die Produzenten (zu denen die Arbeitnehmer ebenso gehören wie die Kapitaleigner) sind gemeinsam daran interessiert, sich dem Wettbewerb zu entziehen, der die erkämpften Löhne bedroht.
Da hilft es wenig, daß die Produzenten auch Konsumenten sind. Erstens bewerten sie, völlig korrekt, die Nachteile, die sie als Käufer von Lebensmitteln oder als Stromabnehmer erleiden, geringer als die Vorteile, die sie als subventionierte Bauern oder Bergleute erwarten können. Zweitens ist dies der Grund für die unrühmliche, aber ebenfalls rationale Rolle der Politiker: Sie bedienen in der Demokratie nicht das als Allgemeinwohl denkbare Interesse einer fiktiven Mehrheit, sondern die konkreten, organisierten, artikulierten Wünsche von Minderheiten. Die Produzenten setzen sich gegen die Konsumenten durch. Wenn die Politiker ihnen ein solches Geschäft zu Lasten aller anderen anbieten (wenn die Politik keine Anteilseigner und Arbeitnehmer mehr kennt, sondern nur noch Produzenten), gewinnen sie offenbar so viel, daß es lohnender erscheint, den ursprünglichen Gegensatz zu vernachlässigen.
So steigt nicht nur die offiziell zugegebene Staatsverschuldung. Weede betont zutreffend, daß die mit dem Ziel der Gerechtigkeit begründete Umverteilung ihren eigenen Anspruch verfehlt und verfehlen muß. Vorrang hat nicht der Abbau von Ungleichheit (zum Beispiel durch eine auf Vermögensbildung zielende Politik), sondern die Zustimmung einer Mehrheit organisierter Minderheiten, und entsprechend sieht die Bilanz der Umverteilung aus: Ein ständig wachsender Umverteilungs-Mittelstand erhält den Löwenanteil der Wohltaten und trägt den entsprechenden Anteil der Lasten.
MICHAEL ZÖLLER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Erich Weede, erläutert Rezensent Michael Zöller zu Beginn seiner Besprechung, gehöre "zu jener Minderheit von Soziologen und Politikwissenschaftlern, die nicht dem Glauben an die Unvermeidlichkeit und Überlegenheit bürokratischer Herrschaft anhängen." In solcher Lage, meint Zöller, neige man dazu, "umfassende Gegenkonzepte" anzubieten, und also auch in einem schmalen Band wie diesem gleich nicht weniger als Mensch, Markt und Staat zu behandeln. Zöller bedauert diese schwierige Ausgangslage, denn für ihn ist es Weede gelungen unter dem Stichwort "Rentseeking" "Hinweise aus der wiederbelebten politischen Ökonomie" zu einer "Theorie des Demokratieversagens" zusammenzuführen, mit der der Autor eine "weit plausiblere Schilderung dessen anbieten kann, was Politikwissenschaft und Soziologie unter dem Stichwort 'Strukturprobleme der Demokratie' traktieren." Im Wesentlichen geht es darum, wie man erfährt, dass Weede die Strukturprobleme der Demokratie darauf zurückführt, dass alle "Produzenten (zu denen die Arbeitnehmer ebenso gehören wie die Kapitaleigner) gemeinsam daran interessiert sind, sich dem Wettbewerb zu entziehen, der die erkämpften Löhne bedroht", und die demokratische Politik diesem Drängen nachgibt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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