Nicht erst seit der letzten Wirtschaftskrise rückt die ethische Dimension unseres ökonomischen Handelns zunehmend in den Mittelpunkt interdisziplinärer Forschungsfragen. Damit kündigt sich in den Wirtschaftswissenschaften ein Paradigmenwechsel an: Die Bedeutung von Fairness, Kooperation und Emotionen im wirtschaftlichen Handeln wird betont. Aus Sicht der Philosophie ist diese Entwicklung mehrfach bedeutsam: Wirtschaft ist eine Kulturtätigkeit des Menschen und somit Gegenstand philosophischer Reflexion. Sowohl Wirtschaft als auch Wirtschaftsethik sind auf eine anthropologische Basis angewiesen. Gerade für die moderne Ökonomik gilt, dass das Bild vom Menschen den paradigmatischen Kern der Theorie bildet. Das Verhaltensmodell, das dieser Perspektive zugrunde liegt, ist das des rationalen Eigennutzmaximierers, des Homo oeconomicus. Christian Haller geht der Bedeutung und den Inhalten des Homo-oeconomicus-Modells als Grundannahme der Wirtschaftswissenschaften nach und analysiert, kritisiert und erweitert das Modell aus philosophischer Perspektive. Im Sinne des sich abzeichnenden Paradigmenwechsels wird ein den wissenschaftlichen Anforderungen sowohl in deskriptiver als auch ethisch-normativer Hinsicht gerecht werdendes Modell entwickelt, das aus philosophischer Perspektive schließlich zu einer ansatzweisen Neubestimmung des ökonomischen Menschenbildes führt und ebenso als Grundlage einer Ethik des Wirtschaftens dient.