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Der erste Teil des Buches, 'Erkenntnispolitiken imAbendland', (re)konstruiert einen historisch-politischenÜbergang: von der mittelalterlichen Menschenaufzeichnungstechniknamens Heraldik zu einem anders geartetenneuzeitlichen Aufzeichnungssystem. Mit der Heraldik,also dem Wappensystem, haben sich die 'besseren' Leute,aber auch alle juristischen Personen, also Herrschaftenoder Institutionen, selber bezeichnet: distinguiert und assoziiert.Sie tat es mittels einer luxuriösen Bilderschrift, diestrengen Regeln folgte und doch auch der Erfindung unddem Übermut Raum ließ. Obwohl dieses Zeichenwesendie…mehr

Produktbeschreibung
Der erste Teil des Buches, 'Erkenntnispolitiken imAbendland', (re)konstruiert einen historisch-politischenÜbergang: von der mittelalterlichen Menschenaufzeichnungstechniknamens Heraldik zu einem anders geartetenneuzeitlichen Aufzeichnungssystem. Mit der Heraldik,also dem Wappensystem, haben sich die 'besseren' Leute,aber auch alle juristischen Personen, also Herrschaftenoder Institutionen, selber bezeichnet: distinguiert und assoziiert.Sie tat es mittels einer luxuriösen Bilderschrift, diestrengen Regeln folgte und doch auch der Erfindung unddem Übermut Raum ließ. Obwohl dieses Zeichenwesendie 'Oberfläche' des Abendlandes bis zum Ende des 18.Jahrhunderts beherrschte, wurde sie doch seit der frühenNeuzeit von einer anderen Aufzeichnungstechnik in Fragegestellt. Und zwar von 'oben' wie von 'unten': die monarchischenObrigkeiten versuchten, die Präsenz und dieRessourcen aller Leute, der namenlosen Vielen wie auchder aufstrebenden Bürger, aufzuschreiben und schriftlichdingfest zu machen; und so ein 'Staatswissen', das seitdem 16. Jahrhundert 'Statistik' genannt wurde, zu generieren.Seine Medien sind das Papier und die Schrift, dieListe und die Tabelle. Das Buch geht dem Prozess dieserWissenserzeugung bis zum späten 17. Jahrhundert nach:bis zur Schwelle der Mathematisierung. Es beschäftigtsich nicht mit den Feinheiten der Wahrscheinlichkeitsrechnung,vielmehr schildert es die groben Machenschaften,die Entscheidungen und die Zwangsmaßnahmen, dienötig waren, um diese Erfassung überhaupt in die Wegezu leiten und durchzusetzen. Auf diese Weise zeigt es, dassdie Erfindung und Durchsetzung einer bloßen 'Technik',der es noch dazu um 'bloße' Erkenntnis geht, nicht ohnedas auskommt, was man Politik nennt: Machtziele undMachtmittel und ihre Operationalisierung.Hat die historische Fallstudie 'empirisch' aufgewiesen,dass Politik auch dort im Spiel ist, wo man sie nichtunbedingt vermutet, so sucht der zweite Teil des Buchesunter dem Titel 'Erkenntnispolitik als eine Seite des Politischen' theoretisch nachzuweisen, dass das Politische einanthropologisches Existenzial ist, das aus den menschlichenAngelegenheiten nicht wegzudenken ist, wiewohlman in vielen Epochen der Menschengeschichte versuchthat, es zu verdrängen oder gar zu verteufeln. Seit dem 19.Jahrhundert hat man etwa die 'Bedürfnisbefriedigung'zur wichtigsten und angeblich leicht organisierbaren Aufgabenstellungerklärt - um so etwas wie Politik umgehenzu können. Die Menschenfassungen zeigen, dass es sinnvollist, einen 'Begriff des Politischen' zu konstruieren,der sich von der bekannten Formulierung Carl Schmittsabsetzt, und unter Heranziehung anderer Theoretikerdes 20. Jahrhunderts, insbesondere von Helmuth Plessnerund Jacques Lacan, dem Politischen in der Conditiohumana einen Platz zuzuweisen. Zum Einsatz gelangenBegriffe wie 'Unbestimmtheit und Bestimmungszwang','Produktion als Überproduktion und Koproduktion','Verhaltensweisen und Verhaltensverhältnisse', 'Unvermeidlichkeitder Akzidenzien', 'Öffentlichkeit zwischenKontingenz und Übermacht'.
Rezensionen
Aus Pressestimmen zur 1985 im Klaus Boer Verlag erschienenen Erstausgabe:Seitters 'Menschenfassungen' sind eine Einführung in eine Politikauffassung,die die Engführung unserer gegenwärtigen Lage aufzubrechenin der Lage sein wird. (Universitas)Walter Seitter hat Prolegomena zu einer 'Erkenntnispolitikwissenschaft' vorgelegt, die einen neuen, einen ungewohnten, einen unbequemenUmgang mit der Moderne wie auch mit der Postmoderneermöglichen. Dieser so einfach wirkende, so lustvoll zu genießendeSprach- und Denkprozess versucht etwas besonders Schwieriges:sich selbst und seinen Welt-Verhältnissen gegenüber schonungsloszu sein und sich keine Denkverbote zu verordnen, bloß weil etwasunangenehm ist oder weil die Versuchung groß ist, es für unwichtig,nicht dazugehörig oder gar unsinnig zu erklären.(MERKUR. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken)Anhand verschiedenster Untersuchungen führt der Verfasser vor,wie das Subjekt Machwerk ist und Machenschaften, d.h. Politikenunterstellt ist, und er demonstriert zugleich, wie eine bestimmteWirklichkeitssorte, eine bestimmte Form der Praxis, immer Theorieist, und wie umgekehrt auch ein Erkenntnisparadigma, eine Theoriealso, eine Form der Praxis annimmt und die Logik des Politischenprägt. (Der Wunderblock)Eine für die Vertiefung des Begriffs des Politischen wichtige Arbeit.(Zeitschrift für Politik)Aufschlussreich und erkenntnisfördernd ist eine Auseinandersetzungmit denjenigen Autoren, die einer Leviathan-Lösung im Sinnevon Thomas Hobbes das Wort reden. Alles in allem steckt dieseArbeit voller wertvoller Einsichten und wichtiger Belehrungen ...(Das Historisch-Politische Buch)…mehr