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Vitomil Zupan (1914-1987) verfasste mit »Menuett für Gitarre (zu 25 Schuss)« einen der bedeutendsten slowenischen Romane überhaupt. Die autobiografisch grundierte Erzählung handelt vom bewaffneten Partisanenwiderstand der Slowenen gegen die italienischen und deutschen Besatzer. Mit sportlichem Elan und in Erwartung des ohnehin bevorstehendes Sieges ist der Ich-Erzähler Jakob Bergant-Berk in den Kampf gezogen, erlebt diesen aber zusehends als chaotischen Überlebenskampf in einem unübersichtlichen und nicht enden wollenden Krieg. Der anarchistisch angehauchte Berk wird trotz seines verdächtigen…mehr

Produktbeschreibung
Vitomil Zupan (1914-1987) verfasste mit »Menuett für Gitarre (zu 25 Schuss)« einen der bedeutendsten slowenischen Romane überhaupt. Die autobiografisch grundierte Erzählung handelt vom bewaffneten Partisanenwiderstand der Slowenen gegen die italienischen und deutschen Besatzer. Mit sportlichem Elan und in Erwartung des ohnehin bevorstehendes Sieges ist der Ich-Erzähler Jakob Bergant-Berk in den Kampf gezogen, erlebt diesen aber zusehends als chaotischen Überlebenskampf in einem unübersichtlichen und nicht enden wollenden Krieg. Der anarchistisch angehauchte Berk wird trotz seines verdächtigen Individualismus Kommandant einer Kompanie, die während der deutschen Offensive im Herbst 1943 aufgerieben wird. In einem zweiten Erzählstrang trifft Berk dreißig Jahre später als Tourist in Spanien auf einen ehemaligen Wehrmachtssoldaten, der ihm damals in Slowenien hätte gegenüberstehen können.Meisterhaft und mit unbestechlich präzisem Blick beschreibt Vitomil Zupan den historischen Moment,in dem sich der Volksbefreiungskrieg zum revolutionären Kampf wandelt, und kontrastiert ihn mit dem Chaos, den Zufällen und Widersprüchen, die den hauptsächlich durch Flucht geprägten Alltag der Kämpfer prägen. Erwin Köstler verliert in seiner hellhörigen und nuancenreichen Übersetzung nie den Erzählfaden, in dem Bericht und philosophische Reflexion ineinander verwirkt sind und um den sich Leitmotive, Abschweifungen und Lektürefetzen winden. Mit seinem zersplitterten, vielgestaltigen Eindruck bildet der Roman die menschliche Wahrnehmung in Kriegszeiten ab - und wird zu einem Abgesang auf den falschen Glanz des Kampfes und des Heroischen.
Autorenporträt
Vitomil Zupan (1914-1987) war zwei Jahre alt, als sein Vater als Frontsoldat fiel. Die Mutter heiratete in Ljubljana einen Germanistikprofessor, der kurz darauf starb. Als beim Spiel mit einer Waffe ein Freund tödlich verwundet wurde, entfloh Zupan trotz Freispruch der Situation, indem er auf einem Schiff anheuerte. Auf Wunsch seiner Mutter kehrte er zurück, um ein Studium des Bauingenieurswesens aufzunehmen. 1933 erschien sein erster Prosatext, er schrieb nun unablässig, konnte vieles aber nur mit mehrjähriger Verzögerung veröffentlichen. Er bereiste die Welt und schlug sich als Berufsboxer und Gelegenheitsarbeiter durch. 1941 ging er in den Widerstand, wurde 1942 verhaftet und in italienische Lager gesteckt. 1943 schloss er sich endgültig den Partisanen an, zuerst im Kampf und dann als Sprecher und Autor für das Partisanenradio. Nach dem Krieg stürzte er sich in ein Leben als Bohemien. Fast jede seiner Publikationen wurde sowohl kontrovers diskutiert als auch mit Preisen bedacht. 1948 wurde Zupan angeklagt: wegen Unmoral, versuchten Mordes, staatsfeindlicher Aktivitäten. Er wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, die nach Berufung auf 18 Jahre aufgestockt wurden. Nach sieben Jahren wurde er begnadigt. Fortan lebte er ein stürmisches, legendenbehaftetes Privatleben und durfte ab 1960 wieder Romane, Filmdrehbücher, Lyrik und Theaterstücke veröffentlichen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Katharina Teutsch lobt den Guggolz-Verlag für sein Verdienst, unermüdlich literarische Schätze aus Ost- und Nordeuropa zu bergen. Mit diesem "Partisanen-Road-Movie" des slowenischen Autors Vitumil Zupan, einst ein "Kultbuch" der rebellischen Jugend in Slowenien, hält sie einen 600-Seiten-Brocken in den Händen, der sie an der Seite des Partisanen Bergant durch ein Leben unter Kriegsbedingungen führt. Teutsch liest hier von der Internierung des Heldens im italienischen KZ Gonar, von dessen Zeit bei der Stadtguerilla von Ljubljana, von Liebe, Männerfreundschaften und Machismo. Der Mix aus Volksliedern, Jargon und Dialekt, die "Drastik" und die vielen Verweise auf die Kriegsgeschichte machen die Lektüre für die Rezensentin nicht immer einfach. Dank einiger besinnlicher Passagen nimmt sie die Mühen aber auf sich.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.2021

Voller Hoffnung durch einen wirren Krieg
Ein Jahrtausende übergreifendes Schlachtengedächtnis: Vitumil Zupans slowenischer Partisanenroman "Menuett für Gitarre (zu 25 Schuss)"

"Ich müsste mir Gedanken über meine Nationalität machen, einmal wenigstens", schreibt der Partisan aus den slowenischen Wäldern. "Für die Italiener sind wir Schiavi, für die Österreicher windische Hunde, für Europa Balkaner, für den Balkan ewige Austriaken, und für den Großteil der Welt etwas zwischen Türkei und Tschechei." Nach dem Krieg aus Sicht der westlichen Welt der Ostblock.

Gemeinsam mit der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee waren slowenische Männer und Frauen im Krieg gegen die Besatzungsmächte Italien und Deutschland aktiv geworden. Und obwohl auch "klassisch" an der Front gekämpft wurde, hatte der Partisanenkampf für die Identitätsbildung in der späteren Volksrepublik enorme Bedeutung. Sie wurde im Verbund mit einer sozialistisch-realistischen Staatskunst zur Verteidigungsdoktrin der Föderation erklärt - und verklärt. Entsprechend fasste jeder Autor ein heißes Eisen an, wenn er vom Partisanenkrieg anders als im Brustton heroischer Opferbereitschaft erzählen wollte.

Dass Kollaborateure oder Sympathisanten als mehr oder weniger notleidende Menschen dargestellt werden könnten oder Partisanen als Egoisten, Wendehälse oder wenigstens ideologisch unmusikalisch, passte nicht ins Bild. Auch nicht, dass der Krieg ein wirres, widersprüchliches Unterfangen voller peinlicher Episoden war. Doch "Menuett für Gitarre (zu 25 Schuss)", ein von Vitomil Zupan 1975 veröffentlichtes Roman-Kaleidoskop über die kriegerischen Auseinandersetzungen in und um Ljubljana, wurde zum Kultbuch der rebellischen Jugend in Slowenien. Denn die empfand die offizielle Staatsideologie zunehmend als starr und lebensfremd.

Das "Menuett", so informiert der Übersetzer Erwin Köstler im Nachwort, wurde noch zu jugoslawischen Zeiten als Teil einer autobiographischen Trilogie drei Mal nachgedruckt. Der auf Wiederentdeckungen aus Ost- und Nordeuropa spezialisierte Guggolz Verlag hat den monumentalen Roman nun erstmals auf Deutsch zugänglich gemacht. Übersetzerisch vollbringt Köstler eine Glanzleistung, wenn er durch das mit Realien (Volkslieder, Dialekt, Partisanenjargon, Geowissen) gespickte Dickicht hindurchführt. Denn dieses Buch über die Partisanentätigkeit des Helden Jakob Bergant-Berk ist kein Roman über den Krieg, sondern einer über das Leben unter den Bedingungen des Krieges. Zufall und Improvisation färben auf die Ästhetik der Kriegserinnerungen des Helden ab. Drastik wiederum strukturiert das Chaos. Reflexion schließlich löst den Krieg von der konkreten zeithistorischen Ebene ab und verleiht ihm eine kulturanthropologische Bedeutung. Das Schlachtengedächtnis Vitomil Zupans reicht vom Trojanischen über den Dreißigjährigen bis hin zum Hitler-Krieg.

Das alles also befindet sich in diesem Buch. Und deswegen ist seine Lektüre uferlos. Unkonzentrierte Passagen gehen über in intensive Szenen, den natürlichen Rhythmen des Lebens oder der menschlichen Wahrnehmung nachgebaut.

Der Romanheld gehört - wie Zupan selbst bis zu seiner Internierung im italienischen KZ Gonars im Friaul - der Stadtguerilla von Ljubljana an. Dann schließt sich der erklärte Einzelkämpfer einer multinationalen Kampftruppe an. Dabei hat er stets den menschlichen Blickwinkel, nie den eines politischen Ideologen: "Jetzt gibt es einen Krieg auf Leben und Tod zwischen verschiedenen Arten von Menschen. Auch ich stehe in einer Armee. Auf unserer Seite ist das Recht - auf der anderen Seite das Unrecht. Denen von der anderen Seite wird dasselbe beigebracht." Politisch sei er "naiv", sogar "anarchistisch angehaucht". Jedenfalls "voller Hoffnung", heißt es einmal. Und auch: "Ich wünschte mir angenehme Überraschungen." Und die lauern eigentlich überall.

Als Partisan beginnt Bergant Liebschaften und schließt Freundschaften, etwa mit dem introvertierten Spanienkämpfer Anton, dessen Tod er später zu beklagen hat. Der Krieg, das sei nichts weiter als ein Tanz, sagt er bei einer Begegnung in der siebziger Jahren mit einem früheren deutschen "Kriegsgegner" auf Mallorca. Das ist die zweite Handlungsebene des Romans. Hier kommen zwei Männer zusammen, die einander ehedem nach dem Leben trachteten. Nun raisonniert man über die Sinnlosigkeit dieser Konstellation auf einer allgemeinen Ebene des Menschlichen und Allzumenschlichen.

In den deftigen Liebesszenen des Romans wird ein problematisches Verhältnis zum anderen Geschlecht sichtbar. Der supervirile Held, den sein "blöder Schwengel" noch nie im Stich gelassen hat, pflegt eine Hassliebe zu den Damen. Immer ist sein Begehren geknüpft an eine misogyne Empfindung, die ihn kurz vor oder nach der Eroberung heimsucht. Einmal heißt es: "Vesna, das ist ein Körper von guter Qualität, in dem eine eher kleinliche Seele wohnt." Ein anderes Mal: "Du bist wie die Heimat anziehend nur in der Nacht, aber blind und gefühllos für deine Liebhaber, tugendhaft untreu, ohne richtige Schmerzen und ohne merkliche Leidenschaft." Vitomil Zupan zeigt sich hier als habitueller Macho. Und hätte er nicht auch ein paar nachdenkliche Seiten, man würde dieses Partisanen-Road-Movie irgendwann genervt aus der Hand legen.

Dass Zupan im echten Leben sieben Jahre lang wegen Verstößen gegen die öffentliche Moral einsaß - damit waren vor allem Orgien mit bisexuellen Konstellationen gemeint -, macht ihn zu einer schillernden Figur der europäischen Kriegsliteratur. Wir lernen jedenfalls einen Mann voller zweifelhaftem Tatendrang kennen. Und darum geht es vor allem in diesem "Menuett für Gitarre (zu 25 Schuss)". KATHARINA TEUTSCH

Vitumil Zupan: "Menuett für Gitarre (zu 25 Schuss)". Roman.

Aus dem Slowenischen und mit einem Nachwort von Erwin Köstler. Guggolz Verlag, Berlin 2021. 600 S., geb., 28,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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