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Im Jahre 1715 bereiste der hessische Metallurge und spätere königliche und kaiserliche Berghauptmann Marcus Fulda vier europäische Messingwerke. In einer bisher unveröffentlichten Handschrift notierte er die sonst streng gehüteten technologischen Betriebsdaten. Das ermöglichte es ihm, danach selbst das Messingwerk in Kassel/Bettenhausen zu leiten. Auch dessen Arbeitsweise nahm er in seine Beschreibung auf. Zwei weitere Handschriften des 18. Jahrhunderts aus Tirol und Bayern, die ebenfalls von Praktikern in den damaligen Fertigungsstätten verfasst wurden, ergänzen und bestätigen die Angaben…mehr

Produktbeschreibung
Im Jahre 1715 bereiste der hessische Metallurge und spätere königliche und kaiserliche Berghauptmann Marcus Fulda vier europäische Messingwerke. In einer bisher unveröffentlichten Handschrift notierte er die sonst streng gehüteten technologischen Betriebsdaten. Das ermöglichte es ihm, danach selbst das Messingwerk in Kassel/Bettenhausen zu leiten. Auch dessen Arbeitsweise nahm er in seine Beschreibung auf. Zwei weitere Handschriften des 18. Jahrhunderts aus Tirol und Bayern, die ebenfalls von Praktikern in den damaligen Fertigungsstätten verfasst wurden, ergänzen und bestätigen die Angaben Fuldas. Diese drei Handschriften werden in der vorliegenden Studie erstmals vollständig transkribiert und veröffentlicht.
Eine geschichtliche Betrachtung stellt die Situation der in den Manuskripten beschriebenen Messingwerke in den wirtschaftlichen Zusammenhang des mitteleuropäischen Raumes nach dem Dreißigjährigen Krieg und der Zeit des Merkantilismus bis zum Untergang der meisten Betriebe nach der Aufhebung der Gewerbeordnungen durch Napoleon. Die Angaben werden durch die Auswertung der bisher vorliegenden Literatur zur Geschichte des Messings und dessen Etymologie ergänzt.
Auf dieser Grundlage wurde der gesamte historische Herstellungsprozess des Messings in praxisnahen Versuchen rekonstruiert. Die Kupfer-Zink-Legierung wurde durch Zusammenschmelzen von Kupfer und Galmei erzeugt, wie es seit der Antike üblich war, bis das Legierungsmetall Zink auf dem europäischen Kontinent erstmals im Jahre 1799 in technischem Maßstab zur Verfügung stand. Als authentischer Rohstoff konnte Galmei aus einem um 1500 angelegten Bergwerk am Feigenstein und aus Stolberg eingesetzt werden. Die Weiterverarbeitung zu Blech und Draht erfolgte durch Hämmern und Ziehen. Der Schmelzofen und die Werkzeuge für die mechanische Bearbeitung des Gussmaterials wurden in strenger Anlehnung an die historischen Gegebenheiten selbst gebaut, die mechanischen und technologischen Eigenschaften des Halbzeugs während des Herstellungsprozesses durch modernste Analytik erfasst.
Die Schmelzversuche zeigen, dass die bisher geübte Altersbestimmung für Messingartefakte nach dem Zinkgehalt nicht mehr zulässig ist, weil auch nach dem Galmeiverfahren erzeugtes Messing viel mehr als 30 % Zink enthalten kann. Durch die Untersuchung von Handelsgütern aus Messing, die aus einer gesunkenen venezianischen Galeere stammen, werden die Angaben in den genannten Handschriften und die eigenen Versuchsergebnisse glänzend bestätigt.
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Autorenporträt
Karl Hachenberg wurde 1937 in Neuwied geboren. Nach seiner Lehre zum Betriebsschlosser arbeitete er u.a. im Bereich der Werkstoffprüfung in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Er legte im Rahmen des 2. Bildungsweges Prüfungen als Industriemeister und Werkstofftechniker ab. Anschließend war er über zwanzig Jahre in leitender Stellung in den Versuchsanstalten namhafter Hüttenwerke in Deutschland tätig. Nebenberuflich war er passionierter Sammler von historischen Blechblasinstrumenten und bestrebt, seine Fachkenntnisse in die Diskussion über die Herstellung von Messing und dessen Weiterverarbeitung zu Halb- und Fertigfabrikaten in der Zeit bis 1800 durch Aufsätze und Vorträge auf Fachtagungen (u.a. in Basel, Essen, Nürnberg, Paris und Rostock) einzubringen. Als er um 1990 in den Besitz der Kopie einer bisher unbekannten Handschrift des Hütten- und Messingfachmannes Fulda aus dem Jahre 1717 kam und den einschlägig forschenden Helmut Ullwer kennenlernte, kam es spontan zu dem Entschluss, anhand dieser Unterlage das Erschmelzen von Messing und seine Weiterverarbeitung zu Blech und Draht unter praxisnahen Bedingungen zu simulieren. Die Ergebnisse dieser gemeinsamen Versuche und Untersuchungen sind in diesem Buch wiedergegeben. Helmut Ullwer wurde 1942 in Böhmen geboren. Dem Abitur folgte ein Praktikum bei der geophysikalischen Erkundung des VEB Geophysik Leipzig und auf verschiedenen Hüttenwerken des VEB Mansfeld Kombinat Eisleben. Von 1961 bis 1966 studierte der Autor Metallhüttenkunde bei Professor Alfred Lange an der Bergakademie Freiberg. Seine berufliche Tätigkeit begann in der Vakuumgießerei des VEB Walzwerk Hettstedt. Nach zwei Jahren erfolgte der Wechsel zur Forschungsabteilung des Betriebes mit Aufgaben in der Gießerei und zur Herstellung von Drähten und Bändern aus Kupfer und Buntmetalllegierungen. Von 1989 bis zum Rentenalter war er technischer Leiter der Gießerei bei der MKM Mansfelder Kupfer und Messing GmbH. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich mit der Geschichte der Messingherstellung.