Die Arbeit analysiert die Entstehung, Formierung und Wandlungen einer spezifischen politischen Rationalität in Groß-britannien von der Mitte des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie fragt nach den gesellschaftlichen Problematiken, den politischen Konflikten und den diskursiven Reflexionen, die diese politische Rationalität als eine im 19. Jahrhundert in ganz Europa wirkungsmächtige Konfiguration entstehen ließen. Sie rekonstruiert die Genese und die Metamorphosen eines liberalen Regierungsdenkens, das sich mit der Wissenschaft von der politischen Ökonomie, der Problematisierung des Pauperismus und der programmatischen Reformierung des administrativen Regierungsapparates zu einem relativ stabilen, kohärenten und vorherrschenden Ensemble von sozialen, politischen und ökonomischen Deutungspraktiken ausbilden konnte.'Liberal' wird dieses Regierungsdenken deshalb genannt werden dürfen, weil es die Rationalisierung des Verhältnisses von Regierenden und Regierten - sei dies nun das Verhältnis Souverän-Bürger, Herr-Knecht oder Mann-Frau - auf die Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstverantwortung der Regierten gründet. Und als 'Regierungsdenken' (Foucault) kann dieser Typ politischer Rationalität bezeichnet werden, weil im Mittelpunkt seiner Formierung die Problematisierung dreier Regierungsbeziehungen steht: (1) die Frage nach der Regierbarkeit der Menschen in einer zivilen Verkehrsgesellschaft, aus der Adam Smith' Politische Ökonomie entsteht; (2) die Frage nach der Regierbarkeit der Armen in einer in Eigentümer und Eigentumlose gespaltenen kapitalistischen Gesellschaft; (3) die Frage nach der Regierbarkeit des Staates, nach der Möglichkeit einer staatlichen Regierungsweise, die die Stabilität der Gesellschaft sichert, ohne ihre notwendige Distanz zu Freiheit und Produktivität der Gesellschaft zu verlieren. Die hier vorgelegte Untersuchung hat die diskursive Praxis einer Problematisierung des Regierens zum Gegenstand. Sie will zeigen, wie zwischen 1750 und1850 im Zuge ganz spezifischer Problematisierungsschübe ein liberales Regierungsdenken sich formieren und ausbilden konnte. Dabei geht es weniger um eine sozialhistorische oder ideengeschichtliche Darstellung einer politischen Strömung oder Tradition des politischen Denkens, sondern darum, ausgehend von der Problematik des Regierens den Metamorphosen einer politischen Rationalität zu folgen. Und das heißt: (1) Man muss auf die Infragestellung und Ausarbeitung des Wissens und der Wissensformen achten, welche die Wahrheit über die Regierung der Menschen und der Dinge auszusagen beanspruchen. (2) Man muss auf die Auseinandersetzungen Bezug nehmen, die um die richtigen und angemessenen Praktiken und Technologien des vernünftigen Regierens geführt werden, und (3) ist es notwendig, die umstrittenen und umkämpften Diskurse zu verfolgen, in denen die Ziele und Objekte des Regierens bestimmt und festgelegt werden.Allerdings ist ein solches Analyseraster kein Passepartout, kein methodisches Allzweckinstrument. Es markiert zunächst die Differenz zu einer historischen Soziologie, politischen Theorie und Historiografie, die sich in getrennte Bereiche der Ideen-, Rechts-, Kultur-, Sozial-, Wissenschafts- und Wirtschaftsgeschichte ent-wickelt haben und die transversale Problematik eines liberalen Regierungsdenkens schwer zu erfassen vermögen. Sobald man die Politische Ökonomie als ein Wissens- und Wahrheitsprogramm des Regierens begreift, muss man sie auf die Praktiken und Technologien beziehen, die infolge des Programms ausgearbeitet, verworfen oder neu konstituiert werden: das Armenrecht, das Arbeitshaus, das Lohnverhältnis, das Polizei-, Fabrik- und Gesundheitswesen. Und es ist notwendig, die Ziele und Objekte zu beschreiben, die diesen Praktiken und Technologien zugrunde liegen: die Idee einer über freie Lohnarbeit integrierten und regulierten Gesellschaft. Ohne die Vorstellung eines einheitlichen, natürlichen, sich selbst regulierenden sozialen Raumes, in dem die 'Menschen' untere
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.09.2008Damit die Politik nicht nur von der Hand in den Mund lebt
Erst nachdenken, dann Interviews geben: Matthias Bohlender erklärt unseren Abgeordneten die Geschichte des Liberalismus
Die Geschichtsschreibung des Liberalismus, so erklärt Matthias Bohlender, folgte bisher nahezu ausschließlich dem Modell von Aufstieg und Fall. Nur hinsichtlich der Niedergangsursache gingen die Meinungen auseinander. Während die einen einen Meinungsumschwung zugunsten kollektivistischer Anschauungen im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts für das Ende der liberalen Tradition verantwortlich machten, sahen andere den Liberalismus an seiner Geringschätzung des Institutionellen zugrunde gehen; hier ein Verschwinden der ideologischen Gefolgschaft, dort ein radikales Zerstörungswerk im Namen einer abstrakten Freiheit, die die inneren Widerstandskräfte des Gemeinwesens so sehr schwächte, dass es zur leichten Beute des Faschismus werden konnte. Gemeinsam ist beiden Deutungen, dass sie den Liberalismus vor allem als ideologische Formation verstehen und den utopischen Kapitalismusentwurf Adam Smiths als interpretatives Raster benutzen.
Aber die wirklichkeitsaufmerksame Geschichtsschreibung hat längst erkannt, dass die reale Entwicklung der liberalen Gesellschaft nicht als Geschichte des Scheiterns der Utopie des freien Marktes beschrieben werden kann. Will man diese Entwicklung begreifen, dann darf man sich nicht die Begriffe durch die normativen Verheißungen der politischen Ökonomie vorgeben lassen, dann muss man den Wegen der politischen Rationalität folgen, die das liberale Gemeinwesen entwickelt hat, um die Marktgesellschaft stabil durch den Sturm der Zeiten zu steuern. Es gilt, eine Geschichtsschreibung des Liberalismus zu versuchen, die das liberale Regieren in den Mittelpunkt stellt.
Bohlender widmet sich zunächst der "Krise der politischen Rationalität und der Entdeckung der Gesellschaft" durch David Hume. Dem Empiristen gelang es, mit seinen wirklichkeitsbegabten Augen an den Konstruktionen der kontraktualistischen Legitimationstheorie des klassischen Souveränitätskonzepts vorbeizuschauen. So konnte er feststellen, dass das Bild, das Hobbes vom Zusammenleben der Menschen entwarf, zu korrigieren und die diesem Bild korrespondierende politische Vernunftgestalt zu revidieren ist. Gesellschaft ist nicht ein konfliktgeladenes Gewimmel atomistischer Elemente, das durch die übergestülpte Repressionsrationalität des leviathanischen Staates in eine friedliche Form gezwängt werden muss. Gesellschaft ist vielmehr ein kreativer Raum institutioneller Selbstregulation.
Um hierfür ein Regime der Freiheit zu entwickeln, bedurfte es aber zuerst einer Möglichkeit, Gesellschaft als einheitlichen Raum ökonomischer Kommunikation zu erfassen, bedurfte es einer Theorie, die der Regierung ermöglichte, das Wissen zu erlangen, um ein solches, mit der ökonomischen Rationalität in Übereinstimmung befindliches Freiheitsregime zu denken. Eine solche Theorie wurde von dem zweiten der großen schottischen Aufklärer entwickelte, von Adam Smith. In seinem großen Werk über den Wohlstand der Nationen wurde die politische Ökonomie entworfen, die die eigenständigen Gesetzmäßigkeiten der bürgerlichen Erwerbs- und Wettbewerbsgesellschaft herausstellt, Gesetzmäßigkeiten, denen das politische Regime zur Entfaltung verhelfen muss.
Die bürgerliche Gesellschaft kann nur florieren, so führt Bohlender aus, wenn sie ein Regime freier Lohnarbeit entwickelt, die produktive Arbeit in den Mittelpunkt ihrer Anstrengungen stellt und die Arbeiterschaft an der Prosperität teilhaben lässt. Der Liberalismus wird nicht begriffen, wenn man nicht sieht, dass gerade die neue Wissenschaft der politischen Ökonomie dazu geführt hat, dass die Emanzipation des Bürgers durch die Emanzipation des Lohnarbeiters vervollständigt werden muss, dass der freie Markt der Leistungen durch den freien Markt der Arbeit ergänzt werden muss.
Während der Leviathan über Untertanen herrscht, ist die liberale Regierung eine Regierung von freien Bürgern. Liberale Regierungskunst zeigt sich daher darin, sich sowohl der inneren Gesetzmäßigkeit des komplexen gesellschaftlichen Tauschverkehrs anzuschmiegen als auch die Menschen dazu zu bringen, sich selbst zu regieren. Regierungserfolg zeigt sich in erreichter Mündigkeit. Und Mündigkeit zeigt sich in Selbstregierungskompetenz. Insofern rechnet gerade die liberale Regierungskunst nicht mit den Homunculi der entsoziologisierenden und entmoralisierenden Rationalwahltheorie, sondern mit moralischen Subjekten. Deshalb gehören die beiden Smith'schen Werke "Theory of Moral Sentiments" und "Wealth of Nations" zusammen: Ersteres liefert die ethische Innenansicht der Gesellschaftsmitglieder, die Letzteres von außen betrachtet.
Diese Smith'sche Vision der ethischen Integration des freien Lohnarbeiters freilich verblasste völlig angesichts des Pauperismus, der in England um die Jahrhundertwende die Politik zwang, neue Regierungsweisen zu finden, eine Regierung der Armen zu entwickeln. Mit dem aufkommenden Industriezeitalter wuchsen die Herausforderungen, denen sich die liberale Regierungskunst in immer neuen Anläufen zu stellen hatte. Bohlender verfolgt all diese Bemühungen, den sozialen und wirtschaftlichen Raum vor allen Elendsbedrohungen, die ökonomische Produktivität und politische Stabilität gefährden könnten, zu schützen.
Dabei kommt es zu keinen neuen Entdeckungen. Die Sozialgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts ist gerade im Stammland des Demiurgen des bürgerlichen Kosmos gut erforscht. Und Bohlender hat von den Ergebnissen dieser Forschung reichen Gebrauch gemacht. So wird dem Leser eine materialgesättigte Darstellung der sozialreformerischen Regierungsarbeit der liberalen Gesellschaft des neunzehnten Jahrhunderts in England geliefert, die sich zwar vom Foucault'schen Programm der Gouvernementalitätserforschung anregen lässt, jedoch glücklicherweise auf alle modischen Foucaultismen verzichtet.
Noch ein abschließendes Wort zur Quellenbehandlung: Zu bedauern ist, dass der Leser nicht die Möglichkeit bekommt, die vielen aufschlussreichen Zitate aus den diversen Programmschriften, Zeitungsartikeln und Kommissionsberichten, mit denen diese gelungene und auch sprachlich erfreulich souveräne Arbeit gespickt ist, in ihrer Originalversion - etwa in Gestalt von Fußnoten - kennenzulernen. So hat er nur ihre Übertragungen in ein flüssiges Berliner Politologendeutsch zur Hand, das naturgemäß nicht nur alle Unterschiedlichkeit des sprachlichen Ausdrucks einebnet, sondern darüber hinaus auch den Eindruck erweckt, alles entstamme irgendwelchen Referentenvorlagen oder Gutachterberichten aus dem gegenwärtigen Berliner Sozialministerium.
WOLFGANG KERSTING
Matthias Bohlender: "Metamorphosen des liberalen Regierungsdenkens". Politische Ökonomie, Polizei und Pauperismus. Verlag Velbrück Wissenschaft, Weilerswist 2007. 415 S., geb., 45,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Erst nachdenken, dann Interviews geben: Matthias Bohlender erklärt unseren Abgeordneten die Geschichte des Liberalismus
Die Geschichtsschreibung des Liberalismus, so erklärt Matthias Bohlender, folgte bisher nahezu ausschließlich dem Modell von Aufstieg und Fall. Nur hinsichtlich der Niedergangsursache gingen die Meinungen auseinander. Während die einen einen Meinungsumschwung zugunsten kollektivistischer Anschauungen im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts für das Ende der liberalen Tradition verantwortlich machten, sahen andere den Liberalismus an seiner Geringschätzung des Institutionellen zugrunde gehen; hier ein Verschwinden der ideologischen Gefolgschaft, dort ein radikales Zerstörungswerk im Namen einer abstrakten Freiheit, die die inneren Widerstandskräfte des Gemeinwesens so sehr schwächte, dass es zur leichten Beute des Faschismus werden konnte. Gemeinsam ist beiden Deutungen, dass sie den Liberalismus vor allem als ideologische Formation verstehen und den utopischen Kapitalismusentwurf Adam Smiths als interpretatives Raster benutzen.
Aber die wirklichkeitsaufmerksame Geschichtsschreibung hat längst erkannt, dass die reale Entwicklung der liberalen Gesellschaft nicht als Geschichte des Scheiterns der Utopie des freien Marktes beschrieben werden kann. Will man diese Entwicklung begreifen, dann darf man sich nicht die Begriffe durch die normativen Verheißungen der politischen Ökonomie vorgeben lassen, dann muss man den Wegen der politischen Rationalität folgen, die das liberale Gemeinwesen entwickelt hat, um die Marktgesellschaft stabil durch den Sturm der Zeiten zu steuern. Es gilt, eine Geschichtsschreibung des Liberalismus zu versuchen, die das liberale Regieren in den Mittelpunkt stellt.
Bohlender widmet sich zunächst der "Krise der politischen Rationalität und der Entdeckung der Gesellschaft" durch David Hume. Dem Empiristen gelang es, mit seinen wirklichkeitsbegabten Augen an den Konstruktionen der kontraktualistischen Legitimationstheorie des klassischen Souveränitätskonzepts vorbeizuschauen. So konnte er feststellen, dass das Bild, das Hobbes vom Zusammenleben der Menschen entwarf, zu korrigieren und die diesem Bild korrespondierende politische Vernunftgestalt zu revidieren ist. Gesellschaft ist nicht ein konfliktgeladenes Gewimmel atomistischer Elemente, das durch die übergestülpte Repressionsrationalität des leviathanischen Staates in eine friedliche Form gezwängt werden muss. Gesellschaft ist vielmehr ein kreativer Raum institutioneller Selbstregulation.
Um hierfür ein Regime der Freiheit zu entwickeln, bedurfte es aber zuerst einer Möglichkeit, Gesellschaft als einheitlichen Raum ökonomischer Kommunikation zu erfassen, bedurfte es einer Theorie, die der Regierung ermöglichte, das Wissen zu erlangen, um ein solches, mit der ökonomischen Rationalität in Übereinstimmung befindliches Freiheitsregime zu denken. Eine solche Theorie wurde von dem zweiten der großen schottischen Aufklärer entwickelte, von Adam Smith. In seinem großen Werk über den Wohlstand der Nationen wurde die politische Ökonomie entworfen, die die eigenständigen Gesetzmäßigkeiten der bürgerlichen Erwerbs- und Wettbewerbsgesellschaft herausstellt, Gesetzmäßigkeiten, denen das politische Regime zur Entfaltung verhelfen muss.
Die bürgerliche Gesellschaft kann nur florieren, so führt Bohlender aus, wenn sie ein Regime freier Lohnarbeit entwickelt, die produktive Arbeit in den Mittelpunkt ihrer Anstrengungen stellt und die Arbeiterschaft an der Prosperität teilhaben lässt. Der Liberalismus wird nicht begriffen, wenn man nicht sieht, dass gerade die neue Wissenschaft der politischen Ökonomie dazu geführt hat, dass die Emanzipation des Bürgers durch die Emanzipation des Lohnarbeiters vervollständigt werden muss, dass der freie Markt der Leistungen durch den freien Markt der Arbeit ergänzt werden muss.
Während der Leviathan über Untertanen herrscht, ist die liberale Regierung eine Regierung von freien Bürgern. Liberale Regierungskunst zeigt sich daher darin, sich sowohl der inneren Gesetzmäßigkeit des komplexen gesellschaftlichen Tauschverkehrs anzuschmiegen als auch die Menschen dazu zu bringen, sich selbst zu regieren. Regierungserfolg zeigt sich in erreichter Mündigkeit. Und Mündigkeit zeigt sich in Selbstregierungskompetenz. Insofern rechnet gerade die liberale Regierungskunst nicht mit den Homunculi der entsoziologisierenden und entmoralisierenden Rationalwahltheorie, sondern mit moralischen Subjekten. Deshalb gehören die beiden Smith'schen Werke "Theory of Moral Sentiments" und "Wealth of Nations" zusammen: Ersteres liefert die ethische Innenansicht der Gesellschaftsmitglieder, die Letzteres von außen betrachtet.
Diese Smith'sche Vision der ethischen Integration des freien Lohnarbeiters freilich verblasste völlig angesichts des Pauperismus, der in England um die Jahrhundertwende die Politik zwang, neue Regierungsweisen zu finden, eine Regierung der Armen zu entwickeln. Mit dem aufkommenden Industriezeitalter wuchsen die Herausforderungen, denen sich die liberale Regierungskunst in immer neuen Anläufen zu stellen hatte. Bohlender verfolgt all diese Bemühungen, den sozialen und wirtschaftlichen Raum vor allen Elendsbedrohungen, die ökonomische Produktivität und politische Stabilität gefährden könnten, zu schützen.
Dabei kommt es zu keinen neuen Entdeckungen. Die Sozialgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts ist gerade im Stammland des Demiurgen des bürgerlichen Kosmos gut erforscht. Und Bohlender hat von den Ergebnissen dieser Forschung reichen Gebrauch gemacht. So wird dem Leser eine materialgesättigte Darstellung der sozialreformerischen Regierungsarbeit der liberalen Gesellschaft des neunzehnten Jahrhunderts in England geliefert, die sich zwar vom Foucault'schen Programm der Gouvernementalitätserforschung anregen lässt, jedoch glücklicherweise auf alle modischen Foucaultismen verzichtet.
Noch ein abschließendes Wort zur Quellenbehandlung: Zu bedauern ist, dass der Leser nicht die Möglichkeit bekommt, die vielen aufschlussreichen Zitate aus den diversen Programmschriften, Zeitungsartikeln und Kommissionsberichten, mit denen diese gelungene und auch sprachlich erfreulich souveräne Arbeit gespickt ist, in ihrer Originalversion - etwa in Gestalt von Fußnoten - kennenzulernen. So hat er nur ihre Übertragungen in ein flüssiges Berliner Politologendeutsch zur Hand, das naturgemäß nicht nur alle Unterschiedlichkeit des sprachlichen Ausdrucks einebnet, sondern darüber hinaus auch den Eindruck erweckt, alles entstamme irgendwelchen Referentenvorlagen oder Gutachterberichten aus dem gegenwärtigen Berliner Sozialministerium.
WOLFGANG KERSTING
Matthias Bohlender: "Metamorphosen des liberalen Regierungsdenkens". Politische Ökonomie, Polizei und Pauperismus. Verlag Velbrück Wissenschaft, Weilerswist 2007. 415 S., geb., 45,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Zufrieden zeigt sich Wolfgang Kersting mit dieser Geschichte des Liberalismus von Matthias Bohlender. Zwar bietet die Arbeit seines Erachtens nichts grundsätzlich Neues. Aber er schätzt sie als materialreiche Analyse der sozialreformerischen Regierungsarbeit der liberalen Gesellschaft im England des 19. Jahrhunderts, die die Ergebnisse der Forschung bestens auswertet. Kersting lobt die gut lesbare Darstellung und hebt die zahlreichen instruktiven Zitate aus diversen Programmschriften, Zeitungsartikeln und Kommissionsberichten hervor. Allerdings bedauert er in diesem Zusammenhang, dass diese Zitate dem Leser nicht im Original - etwa in Fußnoten - geboten werden.
© Perlentaucher Medien GmbH
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